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AutorenbildMichael H. Schöne

Alles Makulatur?

Einige Sammler legen sich Papiergeldscheine ausschließlich in absolut bankfrischer Erhaltung in ihre Alben. Sie verschließen sich dadurch möglicherweise der Bedeutung von allerlei Abarten bei der Papiergeld-Herstellung.

Solche Abarten – keine Varianten – sind bspw. Probedrucke, Farbmuster, Specimen-Scheine, Austauschscheine, Fehldrucke/Fehlschnitte und Fälschungen/Verfälschungen sowie ... Ausschussscheine.

Was sind also Makulatur-Scheine? Das sind die Ausschussscheine! Unterscheiden muss man dabei, dass es sich a) um gewollten, b) um nicht beabsichtigten und c) um illegal beschafften Ausschuss handeln kann. Vereinzelt tauchen ganze Druckbogen auf, die zum Einrichten und den gewünschten Stand der Druckformen und Nummerierwerke dienen – auch Teile und Einzelscheine sind bekannt.


Abb. 1: 500.000 Mark, Rs., 17. August 1923, Beispiel eines aus einem Druckbogen herausgeschnittenen Scheins – gut zu erkennen, dass der Einrichtebogen mehrmals bedruckt wurde, bis die Nummerierwerke an richtiger Stelle platziert waren

(Druckerei: Stengel & Co. GmbH Dresden).


Im Hauptstaatsarchiv Dresden/Sächsisches Staatsarchiv befinden sich sog. Einrichtebogen mit 42 Nutzen der 50-RM-Notgeldscheine von 1945. In der Niedersedlitzer Druckerei verwendete man unfertige Bogen mit Karton-Rückseiten von Reklame-Drucken.

Ungewollte Makulatur sind alle Scheine, die mit unterschiedlichen Fehlern gedruckt wurden, also alle Fehldrucke. Ein gutes Beispiel sind die hohen Ausschuss-Mengen bei der Herstellung der 5-DM-Banknoten (Europa auf dem Stier).


Abb. 2: 5 D-Mark, 9. Dezember 1948, Vs., Fehldruck einer BdL-II-Note, mit sog. Abklatsch, Teile der Rückseite, 1959 hergestellt, nicht entdeckt und in Umlauf gegeben

(Bundesdruckerei Westberlin).


Abb. 3: Schreiben der Direktion der Bundesdruckerei vom 3. September 1956

über die Verbrennung von 5-DM-Banknoten in einer Menge von 5.036.975 Stück –

innerhalb einer Gesamtauflage von 41,0 Mio. Stück (!).

In einem Vernichtungsprotokoll von 1961 wird ein Druckausschuss beim Druck

der Serie 12 SBst. A...V von weiteren 1.639.800 Stück genannt (!).


Abb. 4: Bescheinigung der Direktion der Bundesdruckerei über die Verbrennung

von 5-DM-Banknoten in einer Menge von 2.099.880 Stück – innerhalb einer Gesamtauflage von 20,0 Mio. Stück (!).



Die hohen Ausschuss-Quoten beim Druck der 5-DM-Banknoten BdL II bei der Bundesdruckerei in den 1950er Jahren ist bemerkenswert. Wie hoch die Menge beim Banknotendruck anderer Firmen war, lässt sich weder schätzen noch genau bestimmen.

Nur aus der Registrierung der Kontrollnummern von Austauschscheinen kann man auf dortige, aber ungenaue Ausschussmengen schließen. Fehlerhafte Scheine wurden gefunden: bei den 1-Militärmark-Scheinen 1944 wurden bei einer Auflage von 41,0 Mio. Stück nur 0,4 Mio. Stück Austauschscheine gedruckt; bei den 132,5 Mio. von 2-DM-Banknoten 1948 waren es über 2,0 Mio. fehlerhafte Scheine.


Abb. 5: 1 Mark 1944, Vs., Fehldruck ohne Kontrollnummer (Druckerei: Forbes Lith. Mfg. Co.).


Abb. 6: 2 D-Mark 1948, Vs., Fehldruck, die Rückseite wurde korrekt gedruckt = falsch platzierte Vorderseiten (Druckerei: Tudor Press Co.).


Nach dem kompletten Druck von Banknoten mit entsprechender Nummerierung werden die Bogen und nach dem Zuschnitt nochmals die Einzelscheine auf Druckfehler kontrolliert, entsprechend ausgesondert und durch Austauschscheine ersetzt.

Bei aller Gewissenhaftigkeit werden nicht alle Fehldrucke als solche erkannt ... und gelangen somit in den Umlauf. Peinlich sind dann solche Beispiele eines 1-Militärmark-Scheins von 1944 oder eines 5-Mark-Scheins der DDR von 1975.


Abb. 7: 1 Mark 1944, Vs., fehlerhafter Herausschnitt eines Austauschscheins

(Druckerei: Forbes Lith. Mfg. Co.).


Abb. 8: Mark 1975, Vs., fehlerhafte Nummerierung = hängengebliebenes Nummerierwerk (Druckerei: Staatsdruckerei der DDR).


Makulatur sind nicht nur schadhafte Druckbogen sondern auch unbrauchbare Einzelscheine. Der Begriff „Makulatur“ bezeichnete ursprünglich ein „beflecktes Papier“ (= lat. „macula“ = dtsch. „Fleck“). Dieser Abfall ist demnach Altpapier im weitesten Sinne, wird aber von Sammlern gern in die Alben genommen – vor allem, wenn er außergewöhnlich ist.


Abb. 9: 20 Reichsmark 22. Januar 1929, Vs., mit „entwertet“ gestempelte fehlerhafte Banknote mit zeitgenössischer Perforation und (Druckerei: Reichsdruckerei Berlin).


Abb. 10: 50 Reichsmark 30. März 1933, Vs., ausgesonderter Fehldruck mit farbschwachem Unterdruck (Reichsdruckerei Berlin).


Abb. 11: 1 Rentenmark 30. Januar 1937, Rs., Serie H, Ausschussschein durch umgeschlagenem Bogenteil (Druckerei: Otto Elsner KG Berlin).


Abb. 12: 2 Rentenmark 30. Januar 1937 und 5 Reichsmark 1. August 1942, Vs.,

Teilbogen aus der letzten Lieferung Mitte März 1945 (Druckerei: Albert Fritsch Berlin).


Abb. 13: 10 Reichsmark 22. Januar 1929, Rs. mit Übergröße, einseitiger Unterdruck-Abklatsch mit Teilen der Vorderseite (Reichsdruckerei Berlin).


Abb. 14: 20 Reichsmark 22. Januar 1929, Vs., einseitiger Unterdruck-Abklatsch

mit Teilen der Rückseite (Reichsdruckerei Berlin).


Abb. 15: 50 Reichsmark 30. März 1933, Vs., seitenverkehrter Hauptdruck-Abklatsch

auf der Vorderseite (Druckerei: Reichsdruckerei Berlin).


Eine Besonderheit sind die oft vorkommenden unfertigen Banknoten und Teilbogen, die nach dem Krieg von Leuten mitgenommen wurden, die sie dann von Hand zuschnitten und manchmal mit Kontrollnummern versahen. Herbert Seemer [1] ist ein Zitat zuzuschreiben, dass sich das so im brandenburgischen Spechthausen zugetragen hat.

„Im zweiten Weltkrieg wurden die Druckmaschinen für Banknoten von Berlin in die Papierfabrik nach Spechthausen ausgelagert. Jetzt wurden die Banknoten auch in Spechthausen gedruckt.“ Und Karin Friese schieb darüber: „Als am 22. April 1945 die sowjetischen Truppen einrückten, hätten ungeschnittene Bogen für Briefmarken und Papiergeld, aber auch halbfertige und fertige Scheine, allerdings ohne Kontrollnummer, im Ort verstreut gelegen.“

Auch von Diebstählen in der Berliner Reichsdruckerei zu Kriegsende wurde berichtet, wo ebenfalls ganze Bogen geplündert wurden. Einige Veröffentlichungen berichteten davon: „Amtsblatt der Reichsbahndirektion Erfurt“, 15. September 1945; „Sächsische Volkszeitung“, Dresden 13. Dezember 1945; „Amtliche Bekanntmachungen für das Bundesland Sachsen“, Dresden 18. März 1946. Eine Berliner Tageszeitung schrieb 1945: „Wer durch Einfügen von Nummern oder anderen Druckteilen versucht, den wertlosen Drucken den Anschein von gültigen Reichsbanknoten zu geben, macht sich des Münzverbrechens schuldig, worauf heute, je nach Schwere der Tat, u. U. auch die Todesstrafe verhängt werden kann.“ [2]


Abb. 16: 20 Reichsmark 22. Januar 1929, Vs., unfertiger Schein aus Druckbogen

mit Hand ausgeschnitten und handschriftlich ergänzter Kontrollnummer

(Druckerei: „Reichsdruckerei“ Spechthausen).


Abb. 17: 20 Reichsmark 22. Januar 1929, Vs., unfertiger Schein aus Druckbogen

(Druckerei: „Reichsdruckerei“ Spechthausen).


Abb. 18: 20 Reichsmark 22. Januar 1929, Vs., Teilbogen mit Z(eile) 1,

auch unnummerierte Bogenteile mit Z. 4 bekannt (Druckerei: Ernst Steininger Berlin).


Abb. 19: 50 Reichsmark 30. März 1933, Vs., angehaltener unfertiger Schein,

mit Stempel „wertlos“ (Druckerei: Reichsdruckerei Berlin).


Der Journalist Raymond Daniell kabelte an die „New York Times“ von einem Ereignis,

von dem am 4. August 1945 unter der Überschrift „Berliner Fälscherring zerschlagen:

US-Soldaten entdecken Betrug“ berichtet wurde: „45 Deutsche sitzen seit heute in Haft.

Sie werden beschuldigt, eine riesige Fälscherwerkstatt betrieben zu haben und Reichsmarknoten im Wert von über 100.000 US-Dollar hergestellt zu haben. ... Soldaten der US 2nd Armored Division machten auf Hinweis eines deutschen Zivilisten die Werkstatt im Keller eines Hauses in Berlin-Neukölln ausfindig. ... Dort stellten sie sechs Männer, die von Originalplatten 10- und 20-RM-Banknoten druckten. Die Druckplatten hatten sie offenbar in den chaotischen Tagen nach dem Einmarsch der Roten Armee gestohlen. Sie besaßen auch verschiedene Bogen des Wasserzeichen-Papiers. ... Das Falschgeld wurde noch nicht gezählt, es wird geschätzt, dass bei der Razzia etwa 4 bis 5 Millionen Reichsmark in unfertigen Druckbogen gefunden wurden. ... 29 weitere Personen waren an den Fälschungsaktionen beteiligt. ...“

Bemerkenswert und selten vorkommend sind unfertige oder fertige Druckbogen von Fälschungen, da sie kaum in die Öffentlichkeit gelangen und meist in den Asservatenkammern der zuständigen Behörden liegen.


Abb. 20: 20 D-Mark 1948, Vs., Makulatur-Bogenteil von 20-DM-Fälschungen = Plattennummer 31 auf jedem Schein und oberer Schein mit unterschiedlichen Kontrollnummern.


Michael H. Schöne


Quellen

[1] Friese, K.: „Papierfabriken im Finowtal“, S. 242, Eberswalde 2000

[2] Schöne, M. H.: „Berlin 1945: Gestohlene Druckbogen von Reichsmark-Banknoten“, „Der Geldscheinsammler“ Nr. 4, Regenstauf 1991

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