Die offizielle Währung in Großbritannien und Nordirland ist der Pfund Sterling, der im Dezember 2021 etwa 1,18 € entsprach. Neben den staatlichen Münzen sind die Banknoten der Bank of England im gesamtem Vereinigten Königreich gesetzliche Zahlungsmittel. Daneben sind auch Noten schottischer und nordirischer Banken im Umlauf, ohne jedoch gesetzliche Zahlungsmittel zu sein. Daher kann es vorkommen, dass ihre Annahme bei Zahlungen verweigert wird.
1974 gelangten in Cornwall Geldscheine in Umlauf, auf denen „Arghow Kenethlek Kernow“ als Emittent genannt wird. Dies ist Cornish, die keltische Sprache der Urbewohner Cornwalls und bedeutet so viel wie „Kornischer Nationalfond“, hinter dem das „Stannary Parlament“ stand.
Die kornische Sprache (auch Kornisch; neukornisch: Kernewek, Kernowek oder Kernuak) ist eine dem Walisischen und Bretonischen naheverwandte keltische Sprache, die bis ins späte 18. Jahrhundert in Cornwall gesprochen und dann vom Englischen verdrängt wurde.
Im 20. Jahrhundert bildeten sich verschiedene Bewegungen, die es sich zum Ziel setzten, die Sprache wiederzubeleben. Eine von der britischen Regierung in Auftrag gegebene Studie (MacKinnon-report 2000) ergab, dass nur etwa 250 Personen die Sprache fließend beherrschen und weitere ca. 3.000 (< 0,7 % der Bevölkerung Cornwalls) über teils minimale Grundkenntnisse verfügen. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Kornische_Sprache (16.12.2021)
Das Wort „stannary“ leitet sich von „stannum“ ab, dem lateinischen Wort für Zinn, das über dreitausend Jahre in Cornwall abgebaut wurde. Im Mittelalter erlangte der Zinnbergbau eine solche Bedeutung, dass den Zinnbergleuten besondere königliche Privilegien gewährt wurden. Danach hatten die Bewohner Cornwalls das Recht, ihre eigenen Gerichte abzuhalten. Die Charter of Pardon bestätigte 1508 nicht nur die Privilegien, sondern erweiterte sie dahingehend, dass die Bürger Cornwalls ein Vetorecht gegen in Westminster erlassene Gesetze bekamen.
In jedem der vier Stannaries – Foymore, Blackmore, Tywarnhalle sowie Penwith und Kerrier – wurden sechs Stannators gewählt, die das Stannary Parlament bildeten. Parallel zum Niedergang der Zinnbergbaus verfiel im achtzehnten Jahrhundert die Tradition des Stannary Parlaments. In den 1970er Jahren strebten kornische Nationalisten nach einer Wiederbelebung des Stannary Parlaments und der teilweisen Selbstregierung Cornwalls.
Zur Geldbeschaffung dieses Vorhabens wurde der Kornische Nationalfond gegründet und 1974 Geldscheine mit den Nennwerten 5 und 10 Schilling, sowie 1 und 5 Pfund emittiert.
Abb. 1: Arghow Kenethlek Kernow (Cornish National Fund), 1974, 1 Pfund, Vorderseite.
Abb. 2: Arghow Kenethlek Kernow (Cornish National Fund), 1974, 1 Pfund, Rückseite.
Der 5-Schilling-Schein zeigt auf der Vorderseite zwei Schilde. Das linke steht für den Heiligen Piran, den Schutzpatron der Zinnbergleute. Der irische Mönch wirkte um das fünfte Jahrhundert herum in Cornwall. Sein Banner – ein weißes Kreuz auf schwarzem Grund – wird seit vielen Jahren als Flagge Cornwalls verwendet und wurde angeblich von den kornischen Truppen in der Schlacht von Agincourt (25. Oktober 1415) getragen.
Die 10-Shilling-Note trägt auf der Vorderseite eine Zeichnung des Kreuzes von St. Piran und die 1-Pfund-Note das Siegel des stannarischen Parlaments.
Der kornische Text auf den Scheinen ist weitgehend gleich und kann wie folgt übersetzt werden: „Der Nationalfonds von Cornwall verspricht dem Überbringer, einen Tag nach Sicht den Betrag von fünf [10] Schilling bzw. 1 Pfund auszuzahlen“.
Durch die Verwendung der „Sicht“-Klausel umging man eine gesetzliche Beschränkung für Emission von Banknoten in England und Wales. Nach dem Bank Notes Act von 1826 müssen „demand“-Noten [der Betrag ist sofort bei Vorlage zahlbar] mindestens über einen Betrag von 5 Pfund lauten.
Der 5-Pfund-Schein bildet das alte Benediktinerkloster auf dem St. Michael‘s Mount vor der Küste Cornwalls ab. Nach dem kornischen Text war dieser Wert sofort zahlbar.
Die fast identischen Rückseiten der vier Nominale bilden Restormal Castle in der Zinnstadt Lostwithiel ab. Oben links die Initialen „AKK“ für „Arghow Kenethlek Kernow“ und rechts unten die Initialen der englischen Bezeichnung „CNF“ (Cornish National Fond).
Die Scheine wurden von Brian Hambley entworfen, der zu dieser Zeit Lord Protector des Parlaments war. Über ihre Ausgabe ist nur sehr wenig bekannt, weder wie viele Scheine ausgegeben noch, ob sie mit einem Aufschlag verkauft wurden.
Eine Unterschrift auf den Scheinen stammt von Frederick Trull, der als "clerk to the Stannary" bezeichnet wurde. Am 26. Februar 1975 stand er wegen eines Verkehrsdeliktes vor dem St. Austell Magistrate's Court. Dabei kam es zu einem ungewöhnlichen Vorfall. Trull versuchte den Gerichtsschreiber und den Richter zu verhaften. Am 2. Juni 1975 wurde er deswegen wegen Landfriedensbruch für schuldig befunden und zu einer Geldstrafe sowie zur Zahlung der Gerichtskosten verurteilt. Es nutzte ihm auch nichts, dass er in einer fünfundzwanzigseitigen Dokumentation nachzuweisen versuchte, dass das Gericht nicht zuständig sei. Anschließend wurde er von seinem Posten als Sekretär des Stannary entlassen und aus der Organisation ausgeschlossen. Die Geldscheine, die Trulls Unterschrift trugen, wurden verbrannt.
Im Jahr 1985 gab das Cornish Stannary Parliament 50-Pence- und 1-Pfund-Scheine heraus, die mit einem Aufgeld verkauft wurden. 2000 folgten dann ein Schein zu 500 Dynars. Der erinnert auf der Rückseite an Richard Trevithicks Dampfauto-Fahrt auf den Camborne Hill am Weihnachtsabend 1801.
Uwe Bronnert
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