Von Cornelius Schmidt.
Falschgeld läuft um. Misstrauisch hält der Kellner im Café, der Beamte am Postschalter, der Kassierer in der Bank, der Kaufmann im Laden den Geldschein gegen das Licht, um nach dem Wasserzeichen zu forschen, lassen sie die Münzen auf den Tisch springen, um am Klang des Metalls die Fälschung zu entlarven. Parallel mit wirtschaftlicher Not und dem Arbeitsloswerden selbst der besten „Fachleute“ schwillt die Flut der Fälschungen immer mehr an. Nach § 146 des Strafgesetzbuches wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft, wer inländisches oder ausländisches Metallgeld oder Papiergeld nachmacht, um das nachgemachte Geld als echtes zu gebrauchen oder sonst in den Verkehr zu bringen, oder in anderer Weise Geld verfälscht. Aber die schweren Strafen, die das Gesetz androht, schrecken längst nicht jeden ab.
Alle Fäden der Falschmünzer-Bekämpfung laufen zusammen in den Diensträumen der „Deutschen Zentralstelle zur Bekämpfung von Geldfälschungen“ unter Leitung des bekannten Kriminalkommissars Liebermann von Sonnenberg, die ihre Büros in der Alten Leipziger Straße 16 in Berlin unterhält und aufs engste mit der Kriminalpolizei und der Reichsbank zusammenarbeitet. Im Laufe des Jahres 1931 musste diese Dienststelle immer weiter ausgebaut werden. Jetzt gibt es dort drei Dezernate: für Papiergeld, für Metallgeld und für den Nachrichten-Dienst.
„Wieviel Falschgeld in Deutschland im Umlauf ist, ist schwer genau zu sagen. Ich glaube jedoch, dass die Verbreitung von Falschgeld in Deutschland allgemein überschätzt wird. Die meisten Hersteller von Falschgeld werden sehr schnell gefasst. Die Berliner Zentralstelle hält sogar den Weltrekord in der Aushebung von Falschmünzer-Werkstätten. Wenn man von den verhältnismäßig wenigen internationalen Notenfälscher-Banden absieht, gibt es allerdings wohl bei uns die meisten Fälscher.“
Abb. 1: Erich Liebermann von Sonnenberg, Wie schütze ich mich vor Falschgeld? Berlin-Lichterfelde 1935.
Wieviel Falschmünzer gibt es?
„Im Jahr 1931 wurden fünf Werkstätten für falsche Geldscheine und zehn Betriebe zur Herstellung von falschem Metallgeld in Berlin ausgehoben. Nur zwei Werkstätten sind noch nicht bekannt, die offenbar von Einzelgängern betrieben werden, wie sich z. B. aus den vertriebenen Mengen ergibt. Jeder der beiden Fälscher bringt monatlich nur 20 bis 30 Geldscheine in Umlauf, der eine Zehnmarkscheine, der andere Zwanzigmarkscheine."
Was wird am meisten gefälscht?
„Welche Scheine oder Münzen am meisten gefälscht werden, ist je nach Wirtschaftslage sehr verschieden. In der Inflation wurden in Deutschland mit Vorliebe Zweidollar-Noten in Zweihundertdollar-Noten umgefälscht. Auch das Inflationspapiergeld wurde sehr viel nachgemacht, was ziemlich leicht war. Auch während der Jahre 1924 bis 1925 blühte die Notenfälschung. Nicht weniger als 500 Fälscher wurden damals festgenommen.
Jetzt werden die deutschen Geldscheine wieder sehr viel sorgfältiger gedruckt.
Zur Herstellung einer brauchbaren Fälschung gehört daher ziemlich viel Betriebskapital, so paradox das klingen mag. Aber um den Neunfarbendruck der deutschen Noten nachzuahmen, müssen Zeichnungen und Druckplatten angefertigt werden, Pressen aufgestellt und ein 'Arbeitsraum' beschafft werden, der Jahre hindurch geheim bleibt, denn die Vorbereitung dauert allein 8 Monate und der Druck erfordert mindestens 12 Arbeitsgänge, so dass die Banknotenfälschung nur auf lange Sicht betrieben werden kann. Leichter, aber auch weniger lohnend, ist die Herstellung von Metallgeld.
Dazu gehört nur eine Metall-Legierung und ein Prägestempel, die beide verhältnismäßig leicht herzustellen sind – einige Fachkenntnisse natürlich vorausgesetzt.“
Abb. 2: Reichsbank, 11. Oktober 1924, 10 Reichsmark, Fälschung, Vorder- und Rückseite.
Abb. 3: Deutsches Reich, 1928, Mzst. D, 5 Reichsmark, Fälschung, Vorder- und Rückseite.
Damit kein Missbrauch mit den Fälschungen betrieben werden konnte, wurde der Schein gestempelt und die Münze durch einen Einhieb entwertet!
Wie arbeiten die Fälscher?
„Die meisten Fälscher sind Drucker, die nach Lichtdruck-, Buch- oder Steindruckverfahren arbeiten, je nachdem, welches 'Handwerkszeug' ihnen zur Verfügung steht. Manche beschaffen sich sogar richtige Druckplatten, indem sie bei verschiedenen Klischeefabriken unter falschem Namen Bestellungen auf Klischeeteile aufgeben, deren Zweck durch irgendwelche Zusätze verschleiert wird. Die überflüssigen Teile werden dann weggeschnitten und aus den richtigen Stücken ein 'echtes' Klischee zusammengestellt. Das Papier wird im freien Handel bezogen und entsprechend präpariert, da das richtige Banknotenpapier nur in den drei Reichsdruckereien hergestellt wird [es müsste hier Papierfabriken heißen, Anm. d. Verf.], wo das unbedruckte Papier unter denselben Vorsichtsmaßregeln gezählt und bewacht wird, wie gedruckte Banknoten.“
Wie entdeckt man Fälscher?
„Jeder falsche Schein läuft höchstens drei Monate. Innerhalb dieses Zeitraums wird der falsche Schein irgendwo angehalten und an uns weitergegeben. Wir stellen genaue Recherchen an, der Schein wird untersucht, nach bestimmten Merkmalen klassifiziert und in unserer Kartei registriert. Wenn ein Schein von gleicher Fabrikation in vielen Exemplaren in derselben Gegend erscheint, kann man daraus oft gewisse Rückschlüsse auf den Ort der Herstellung und die Vertriebsmethoden der Fälscher ziehen.
Die benachbarten Polizeireviere, Hotels, Banken und Geschäfte werden gewarnt.
Oft kann man genau den Weg des Fälschers verfolgen, ja sogar vorhersagen, wo er das nächste Mal auftauchen wird. Unsere besten Helfer sind vor allem die Postbeamten, die alles eingelöste Falschgeld aus eigener Tasche bezahlen müssen und daher besonders vorsichtig sind.
Zur Bekämpfung der internationalen Fälscherbanden erscheint in Wien für die Polizeistationen in aller Welt regelmäßig eine Zeitung mit den Erkennungszeichen der zuletzt aufgetauchten Falschgeldscheine. Sie wird an die Polizeistationen der ganzen Welt versandt, aber auch an die Banken, großen Hotels und Firmen, um internationale Fälscher möglichst schnell hinter Schloss und Riegel zu bringen.“
Abb. 4: Internationales Organ für Erkennungszeichen echter und gefälschter Banknoten und anderer Werte, hrsg. vom Bankenverband (Fachverband der Aktienbanken und Bankgewerbetreibenden), Wien, 15. Jahrgang, 1938.
Abb. 5: Ebenda, S. 8/9. Erkennen von 100-US-Dollars-Fälschungen anhand der Kennnummer.
Und das Publikum?
„Das Publikum versucht meistens, das falsche Geld mit möglichst harmloser Miene wieder loszuwerden, obwohl auch das strafbar ist (bis drei Monate Gefängnis! Auch der Versuch ist strafbar!). Die größte Hilfe der Falschgeldfabrikanten ist die Leichtgläubigkeit des Publikums, das sich von den geschickt auftretenden Falschgeldvertreibern allzu oft bluffen lässt, selbst wenn eine falsche Note oder Münze angehalten wird.“
Uwe Bronnert
Quelle: Siegener Zeitung, Nr. 297 vom 20. Dezember 1933; ergänzt mit verschiedenen Abbildungen
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