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Aus dem Archiv: "Blätter und Blüthen – Französische Banknoten"

Aktualisiert: 8. Feb.

Ein spannender historischer Artikel aus dem Jahr 1869 über die Herstellung, Sicherheitsmaßnahmen und Fälschungen von französischen Banknoten.


"Die Gartenlaube – Illustrirtes Familienblatt", Jahrgang 1869, Titelseite und Seiten 705 und 706 mit dem Artikel über französische Banknoten. Abb. Wikimedia Commons.


Das Papiergeld des Landes und der Banken gegen Fälscher zu schützen, ist das allgemeine Streben sämmtlicher Staaten. Unter den verschiedenen Systemen, welche man zu diesem Zwecke gewählt hat, ist das französische wohl das künstlichste. Man giebt die Banknoten in Gruppen oder sogenannten Alphabeten aus, von denen jedes fünfundzwanzigtausend Stück enthält, so daß auf jeden der fünfundzwanzig Buchstaben tausend Stück kommen, und numerirt die Alphabete der Reihenfolge nach. Jede Note hat nicht blos gewisse Bezeichnungen, welche sie von allen anderen unterscheiden, sondern trägt auch eine Zahl, welche angiebt, wie viel Noten desselben Werths bereits ausgegeben sind. Nehmen wir eine Tausend-Franken-Note zum Beispiel. Sie enthält das vollständige Datum ihrer Ausgabe: 25. Mai 1869; in zwei Ecken bezeichnet die Zahl 32 das zweiunddreißigste Alphabet, während ein T auf den bestimmten Buchstaben jenes Alphabets hinweist. In den beiden anderen Ecken steht die Zahl 369 und sagt, daß diese Note die dreihundertneunundsechszigste im Buchstaben T ist, und die Zahl 0,793,369 giebt an, daß am 25. Mai 1869, dem Datum dieser Note, 793,369 Banknoten, jede zu tausend Franken, gedruckt und ausgegeben waren. Unser Beispiel wird gezeigt haben, daß nicht zwei Banknoten einander vollständig ähnlich sein können, und schon dieser Umstand ist ein mächtiger Schutz gegen Fälschung.

Frankreich, Banque de France: 1000 Francs der Serie 1862–1889 (FRA-54d) vom 30. April 1889, Vorder- und Rückseite. Abb. www.banknote.ws.


Alles, was mit der Anfertigung der Noten in Verbindung steht, wird mit außerordentlicher Vorsicht behandelt. Das Papier wird in der Nähe von Coulommiers in einer Papiermühle gemacht, die keine andere Arbeit vornehmen darf. Ein Aufsichtsbeamter, den die Bank besoldet, verläßt die Fabrik nie. Das Papier wird mit der Hand und in ganz kleinen Stücken von der Größe der Banknoten gemacht. Jede Note trägt ein Wasserzeichen, welches nach einem gewissen Systeme wechselt. Alle Papierstücke werden hinsichtlich ihrer Stärke, Größe und Reinheit genau geprüft und so sorgfältig gesichtet, daß von je hundert sechszig verworfen und zur Stampfe geschickt werden. Die tadellosen Blätter werden von dem Aufsichtsbeamten in eiserne Kasten gepackt, verschlossen, versiegelt und der Bank von Paris zugeschickt, wo man sie einer zweiten Prüfung unterwirft. Haben sie auch diese bestanden, so legt man sie in einen größern Kasten von starkem Eisen mit zwei Schlössern. Zu jedem Schloß hat ein höherer Beamter, der Generalsecretair und der Controleur, einen Schlüssel, und ohne das Zusammenwirken dieser beiden Herren können die kostbaren Papierstückchen nicht aus dem Kasten genommen werden.

Frankreich, Menschenmenge vor dem Sitz der Banque de France in Paris, 39 rue Croix-des-Petits-Champs, während der Währungskrise zu Beginn des Ersten Weltkriegs im Juli 1914. Aufnahme vom 31. Juli 1914, Abb. Wikimedia Commons.


Frankreich, Banque de France: 100 Francs der Serie 1862–1889 (FRA-52b) vom 1. August 1869, Vorder- und Rückseite. Abb. www.banknote.ws.

Mit noch größerer Sorgfalt als das Papier werden die Platten behandelt. An der Stahlplatte, die bei der Herstellung der heutigen Tausend-Franken-Noten benutzt wird, hat Herr Barre drei Jahre gearbeitet. Von dieser Platte nimmt man Elektrotypen, von denen jede fünfzigtausend Abdrücke liefert, ehe sie sich abnutzt. Bei Banknoten von geringerm Werth nimmt man die Photographie zur Hülfe. Man entwirft eine Zeichnung in großem Maßstabe, nimmt von ihr eine verkleinerte Photographie, gravirt nach derselben eine Platte und macht nun elektrotypische Abgüsse. Das Hinzuziehen der Photographie soll das Verfahren schneller, sicherer und wohlfeiler machen. Die Platte für die heutigen Hundert-Franken-Noten ist so fein gearbeitet, daß ihre Herstellung fünf Jahre gekostet haben soll. Wenn neue Noten gedruckt werden sollen, so übergiebt man dem Factor der Druckerei eine entsprechende Anzahl der sorgfältig vorbereiteten und aufbewahrten Papierstücke. Diese Druckerei befindet sich in einem der neuen Gebäude der Bank von Frankreich und steht unter der strengsten Aufsicht. Die Arbeiter sind lauter ausgesuchte Leute, geschickt, fleißig und verschwiegen. Die Papierstückchen, die Druckerfarbe und die Abgüsse von den Platten werden bis zu dem Augenblick, in dem man sie braucht, unter sicherem Verschluß gehalten. Der Druck erfolgt auf Dampfpressen. Die Druckerfarbe ist blau und nur wenige Beamte kennen ihre Bestandtheile. So lange gearbeitet wird, macht ein Aufseher die Runde und beobachtet jede Presse, jeden Arbeiter und jede Handlung. Zum Druck der wechselnden Zahlen auf den einzelnen Noten dient eine besondere Presse, die so sinnreich eingerichtet ist, daß sie tausend Banknoten hintereinander druckt und die Lettern mit den Zahlen selbst wechselt. Man braucht sie kaum zu berühren, denn auch das Fortschieben der fertigen Banknote und das Unterlegen einer neuen besorgt sie allein. Nach jeder der vorkommenden Arbeiten wird die Banknote geprüft. Es wird so genau Buch geführt, daß stets ein Register zur Hand liegt, aus dem man ersieht, wie viele Banknoten seit der Gründung der Bank von Frankreich wegen Fehler im Papier, im Druck oder im Numeriren verworfen worden sind. Wenn der Factor seine fertigen Pakete abgegeben hat, so wird jede Banknote mit den Namensunterschriften des Generalsecretairs und des Controleurs gestempelt. Nun ist sie fertig und wird in einen eisernen Schrank gelegt, zu dem die beiden genannten Beamten die Schlüssel haben und in dem sie bis zum Tage der Ausgabe bleiben. Diese erfolgt erst, nachdem der Hauptcassirer an den Director berichtet hat, daß er neue Noten einer gewissen Classe braucht, worauf der Director dem Verwaltungsrath Mittheilung macht und der letztere den Generalsecretair und den Controleur ermächtigt, ihren eisernen Schrank aufzuschließen und die verlangten Noten abzuliefern. Eigentliches Geld sind diese noch nicht und werden es erst dann, nachdem der Hauptcassirer jede mit seiner Unterschrift versehen und ihre Zahl in ein Buch eingetragen hat. Das Leben einer französischen Banknote dauert durchschnittlich zwei bis drei Jahre und endet nicht früher, als bis sie sich in einem ganz traurigen Zustande befindet, beschmutzt, zerknittert und halb zerrissen ist. Manche sind halb verbrannt eingeliefert worden, eine hatte sich im Magen einer Ziege gefunden und eine war von einer Wäscherin in einer Westentasche verbrüht worden. Ist es dem Cassirer der Bank irgend möglich, die Banknoten noch zu entziffern und als echt zu erkennen, so giebt er eine neue dafür. Die Bank bewahrt als Merkwürdigkeiten kleine Papierfetzen auf, die auf Pappe aufgeklebt sind und einen hohen Begriff von dem scharfen Auge des Cassirers geben, der in diesen Ueberresten Bruchstücke ehemaliger Banknoten entdeckte. Sehr wenige gehen vollständig verloren. In den letzten siebenundzwanzig Jahren sind 24,000 Banknoten zu tausend Franken ausgegeben worden und von diesen hat die Bank im vorigen Januar 23,958 zurückerhalten, so daß blos 42 nicht eingereicht worden sind. Von 25,000 Noten zu fünfhundert Franken sind 24,935 zurückgekehrt. Die Bank hält sich verpflichtet, diese nicht eingereichten Banknoten jederzeit einzulösen. Die alten Banknoten werden immer wieder in Umlauf gesetzt, nachdem man sie untersucht hat. Sind sie zu schlecht geworden, so cassirt man sie, indem man sie mit einem Stempel durchlöchert. Diese cassirten Banknoten gehen durch die Hände mehrerer Beamten und werden nach Classen zu Bündeln geordnet. In das Buch, welches den Geburtstag jeder Note angiebt, wird nun der Todestag eingetragen. Nachdem die ungültig gewordenen Noten drei Jahre in einer großen eisernen Kiste eingekerkert gewesen sind, werden sie verbrannt. Auf einem offenen Hofe zündet man ein mächtiges Feuer an und legt die Papiere in einen Drahtkäfig, der über dem Feuer hängt und in Drehung gesetzt wird. Durch die Maschen wirbeln die Aschenstäubchen in die Luft und verschwinden im unendlichen Raum. Jeden Monat einmal, wenn etwa 150,000 cassirte Banknoten sich angesammelt haben, wird ein großer Brand veranstaltet. Im vorigen Jahre wurden 2,711,000 Banknoten im Werthe von 904,750,000 Franken ausgegeben und 1,927,192 Banknoten im Werthe von 768,854,900 Franken verbrannt. Es klingt erschrecklich, daß zweihundert Millionen Thaler Banknoten in einem einzigen Jahre absichtlich verbrannt worden sind. Glücklicherweise kann die Bank ebenso schnell schaffen, als sie zerstört. Banknoten von dem hohen Betrage, der in England und auch bei uns ausnahmsweise vorkommt, sind in Frankreich nicht gebräuchlich. Die umlaufenden Noten lauten alle auf 1000, 500, 100 und 50 Franken. Im Jahre 1846 wurden hübsche roth gedruckte Noten von 5000 Franken in Umlauf gesetzt, fanden aber beim Publicum eine so schlechte Aufnahme, daß sie eingezogen und verbrannt wurden.

Frankreich, Banque de France: 5000 Francs der Serie 1842–1846 (FRA-42) vom 28. Mai 1846, Vorder- und Rückseite. Abb. www.banknote.ws.

Bis zur Erfindung der Photographie druckte man die Banknoten schwarz. Man befürchtete aber, daß solche Noten leicht nachgemacht werden könnten, und ging deshalb zur blauen Farbe über. Um Fälschungen anderer Art auf die Spur zu kommen, hat die Bank einen erfahrenen Chemiker angestellt, der alle neuen Erfindungen, mit denen ein Mißbrauch getrieben werden könnte, studiren muß. Fälschungen kommen äußerst selten vor. Um so größer war der Schrecken der Bankbeamten, als im Jahre 1853 falsche Hundertfranken-Noten in großer Zahl und rasch hintereinander bei der Bank einliefen. Sie waren so vorzüglich gearbeitet, daß kein Bankier, Geldwechsler oder Kaufmann den Betrug entdeckt hat. Selbst die Sachverständigen der Bank konnten die falschen Noten nur an einer kleinen schwarzen Stelle in der Nähe der Figur des Mercur von den echten unterscheiden. Acht Jahre lang machten diese Banknoten regelmäßig ihre Aufwartung und alle Bemühungen der Behörden, ihre Quelle zu entdecken, blieben ohne Erfolg. Die Bank schwieg über die Fälschung, um das Vertrauen des Publicums zu den Hundertfrankennoten nicht zu erschüttern. Endlich entdeckte man den klugen Verbrecher in der Person eines Kupferstechers, dem es gelungen war, für beinahe 200,000 Franken falsche Banknoten in Umlauf zu setzen. Im Jahre 1862 nach Cayenne transportirt, suchte er in die holländischen Niederlassungen zu entfliehen, blieb aber schwach und erschöpft im zähen Schlamme eines Flusses stecken und wurde von Krabben lebendig gefressen.

Frankreich, Banque de France: 100 Francs der Serie 1847–1848 (FRA-45) vom 30. November 1848, Vorder- und Rückseite. Abb. www.banknote.ws.

Die Bank von Frankreich leistet alle ihre Zahlungen in Banknoten, doch kann Jeder diese Papiere an einer anstoßenden Casse sofort in baares Geld umsetzen. Im vorigen Jahre wurden dort 722,000,000 Franken in Geld ausgezahlt. Eine Million Franken in größern Banknoten wiegt blos 1644 Gramm und findet in einem Paket von der Größe eines starken Octavbandes Platz. Welchen Raum diese Noten trotzdem einnehmen, wenn sie in großer Menge beisammen sind, beweist eine Anekdote von einem Gerber in Dijon, welcher öffentlich behauptet hatte, daß die französischen Staatsausgaben, die etwa 2,000,000,000 Franken betragen, in Banknoten bis zur Spitze des Thurms der St. Benigna-Kirche reichen würden. Der Gerher wurde wegen staatsgefährlicher Aeußerungen vor die Polizei geladen, aber er bewies, daß er noch zu wenig gesagt habe, da zwei Millionen von Tausend-Franken-Noten eine Säule von zweihundert Meter Höhe bilden würden. Zu den Gewölben der Bank von Frankreich steigt man auf einer steinernen Treppe hinunter, die so eng ist, daß zwei Personen nicht nebeneinander gehen können. Um zu dem Schatze der Bank zu gelangen, muß man vier eiserne Thüren aufschließen, von denen jede mit drei Schlössern versehen ist, zu denen zwei Beamte die Schlüssel haben. In den Gewölben stehen bleierne Kisten, welche mit Säcken zu zehntausend Franken in Silber und mit kleinern Beuteln zu zehntausend Franken in Gold gefüllt sind. Silber- und Goldbarren, als Pfänder für Vorschüsse von Bankiers und Geldwechslern deponirt, sind symmetrisch zu Massen geordnet. In diesem Jahre lagen einmal für siebenhundertsechsundzwanzig Millionen Franken gemünztes und ungemünztes Gold und Silber im Gewölbe der Bank.

Historischer Artikel aus "Die Gartenlaube – Ilustrirtes Familienblatt", Verlag von Ernst Keil, Leipzig, Heft 44 von 1869 (S. 705/706). Illustriert von Hans-Ludwig Grabowski.

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