Objekttyp: Notgeldschein
Sammlung: Archiv für Geld- und Zeitgeschichte, Sammlung Grabowski
Historischer Kontext:
Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen gehörten bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs zum Russischen Zarenreich. Nachdem russischen Armeen ohne Kriegserklärung am 1. August 1914 die deutsche Grenze überschritten hatten und in Ostpreußen eingefallen waren, kam es zu erbittertem deutschen Widerstand. Nach den deutschen Siegen in den Schlachten von Tannenberg und in den Masuren zogen sich die russischen Armeen zurück, und der Krieg weitete sich auch auf das Baltikum aus.
Unter deutscher Besatzung gaben verschiedene lettische Städte Notgeldscheine aus, die zum Teil auch in Deutsch verfasst und deshalb schon lange für deutsche Sammler von Interesse sind. Berücksichtigt man, dass der Einfluss der deutschen Kultur und Sprache (Deutscher Orden und Hanse) im Baltikum, besonders in Lettland (dem früheren Kurland, Südlivland und Lettgallen), sehr groß war und in diesem Gebiet damals auch noch sehr viele Deutsche lebten (viele Stadtgründungen gehen auf Deutsche zurück), so wird klar, dass der teils in Deutsch ausgeführte Druck der Notgeldscheine nicht zuletzt kulturelle und ethnische Gründe hat, aber wohl auch der deutschen Besatzung geschuldet ist.
Die Stadt Libau in Kurland (Russisch Libawa, Lettisch Leepaja, heute Liepāja) hatte 1897 rund 64.500 Einwohner (meist Deutsche, Letten, Juden und Russen). Sie verfügte durch ihren Hafen über bedeutende Handelsbeziehungen. Ab 1890 entstand außerdem ein Kriegshafen und Libau sollte zu einer russischen Festungsstadt ausgebaut werden. Nach der Schlacht um Schaulen besetzten deutsche Truppen am 7. Mai 1915 Libau. Im gleichen Jahr gab die Stadtverwaltung eigenes Notgeld aus. Bis auf den hier vorgestellten höchsten Wert zu 10 Rubel in Deutsch sind alle anderen Scheine in Russisch verfasst.
Ab 23. Juni 1915 wurde vom deutschen Oberkommando in den eroberten Gebieten Kurland, Litauen und Bialystok-Grodno eine Militärverwaltung (Oberkommando Ost) eingesetzt. Während der deutschen Besatzung im Ersten Weltkrieg waren die Scheine der „Darlehnskasse Ost“ sowie der „Ostbank für Handel und Gewerbe“ gesetzliche Zahlungsmittel, die auch noch kurze Zeit nach der Unabhängigkeit Lettlands
ihre Gültigkeit behielten.
Land/Region/Ort: Zarenreich Russland, Gouvernement Kurland, Libau
Emittent: Libausche Stadt-Verwaltung
Nominal: 10 Rubel
Datum: 1915
Vorderseite: Wappenschild mit Stadtwappen von Libau in der Mitte, schwarzer Text auf rotem Gitter-Unterdruck mit Zierrahmen und Guillochen.
Rückseite: Wie Vorderseite.
Umschrift: Die libausche Stadtverwaltung verpflichtet sich diesen Schuldschein sofort nach Friedensschluß einzulösen. Nachahmungen werden strafrechtlich verfolgt.
Material: Papier ohne Wasserzeichen
Format: 130 mm x 78 mm
Nummerierung: ohne Kontrollnummer (unfertiger Druck aus Restbeständen)
Authentizität: Original
Zitate:
LE-15 (Grabowski/Huschka/Schamberg: Ausländische Geldscheine unter deutscher Besatzung im Ersten und Zweiten Weltkrieg)
Hans-Ludwig Grabowski
Wenn auch Sie ein besonderes Stück aus einer Sammlung vorstellen möchten, dann schicken Sie einfach eine E-Mail an: info@geldscheine-online.com.
Literaturhinweis:
Grabowski | Huschka | Schamberg
Ausländische Geldscheine unter deutscher Besatzung im Ersten und Zweiten Weltkrieg
320 Seiten, komplett in Farbe
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