Objekttyp: Belagerungsgeld
Sammlung: Uwe Bronnert
Historischer Kontext:
Die Französische Revolution wirkte auch auf die übrigen europäischen Staaten.
Der geflohene französische Adel wünschte nichts sehnlicher als die Wiederherstellung der alten Ordnung. Unterstützung fand er in Österreich und Preußen. Ihr gemeinsamer Feldzug endete am 20. September 1792 im Dauerregen und Morast der Champagne in einem Fiasko.
Die französischen Revolutionsarmeen fielen nach ihrem Sieg in Valmy in die Nachbarstaaten ein. Im Verlauf des Ersten Koalitionskriegs eroberten französische Revolutionstruppen unter General Adam-Philippe de Custine am 30. September 1792 Speyer und zwangen am
21. Oktober 1792 die schwache Garnison der Festung Mainz zur Aufgabe.
Am 23. Oktober 1792 erfolgte in Mainz mit Billigung Custines die Gründung der radikaldemokratischen „Gesellschaft der Freunde der Freiheit und Gleichheit“ nach dem Vorbild der Pariser und Straßburger Jakobinerklubs. Im französisch besetzten Gebiet, das etwa dem heutigen Rheinhessen und der Pfalz entsprach, ließ Custine auf Anordnung des Pariser Nationalkonvents am 24. Februar 1793 Wahlen zu einer gesetzgebenden Körperschaft abhalten. Die Deputierten des frei gewählten Rheinisch-Deutschen Nationalkonvents traten erstmals am 17. März 1793 im Mainzer Deutschhaus zusammen und erklärten einen Tag später sämtliche Bande zum Reich als zerrissen und riefen die „Mainzer Republik“ aus. Die staatliche Gewalt übte aber weiter der Kriegsrat der französischen Garnison in Mainz aus. In dessen Hände lag auch die Gestaltung der Währungsverhältnisse.
In der Zwischenzeit waren die Koalitionstruppen zum Gegenangriff übergegangen. Am 14. April 1793 schloss sich der Belagerungsring um Mainz. Den 24.000 französischen Soldaten standen 16.000 Soldaten aus Preußen, 10.000 Österreicher, 4.000 aus Kursachsen, 3.000 aus Hessen-Kassel, 3.000 aus Hessen-Darmstadt und 1.000 Kurpfälzer gegenüber.
Mit den französischen Truppen gelangten auch die französischen Münzen und Assignaten in die besetzten Gebiete. Die in Mainz dringend benötigten Geldlieferungen blieben nun aus, sodass die Zahlungsmittel knapp wurden. Für Soldzahlungen benötigte man täglich 15.000 bis 22.500 Livres. Bis etwa Dezember 1792 zahlte die Französische Republik den Sold ihrer Soldaten weitgehend mit werthaltigen Münzen. Angesichts des Metallgeldmangels erfolgte später die Löhnung zu einem immer größeren Anteil durch Assignaten und schließlich vollkommen mit Papiergeld. Der Kurs der Assignaten sank von Ende 1792 bis zum Spätsommer 1793 um rund die Hälfte ihres damaligen Wertes auf 22 Livres in Silber für 100 Livres Papier.
In ihrer Not beschloss der Kriegsrat, eigenes Papiergeld in Mainz auszugeben. Der Wert der vorhandenen französischen Assignate wurde kurzerhand verdoppelt. Der handschriftliche französische Text der in Belagerungsgeld umgewandelten Scheine lautet der Verordnung vom 9. Mai 1793 entsprechend: „No [lfd. Nummer] Assignat-Monnoye de Siège de [Betrag in Worten (Sous oder Livres)] remboursable en espèces.“ Darunter die sechs eigenhändigen Unterschriften von Regierungskommissar und Konventsmitglied Reubelll, Kriegskommissar Blanchard, Nationalkommissar Simon, General d’Oyre, Brigadegeneral Schaal und Armeezahlmeister Hertzog. Der rote Stempelabdruck „SIÈGE DE MAYENCE MAI 1793 2E [ANNÉE] DE LA RÉP[UBLIQUE] FRANÇ[OISE]“.
Angesichts der schweren Beschießung kapitulierte die Festung Mainz am 22. Juli 1793. Gegen das Versprechen, ein Jahr nicht gegen die Preußen zu kämpfen, durfte die Besatzungsarmee ehrenvoll abziehen. Alle Bewohner von Mainz konnte ihre Belagerungsscheine binnen 24 Stunden beim Kriegszahlmeister Hertzog zur Einlösung vorlegen.
Land/Region/Ort: Heiliges Römisches Reich deutscher Nation, Festung Mainz
Emittent: Armée du Rhin in Mainz
Nominal: 20 Livres
Datum: Mai 1793
Vorderseite: Handschriftliche Wertangabe und sechs eigenhändige Unterschriften
sowie ein roter Rundstempel „SIEGE DE MAYENCE / MAI 1793 / 2E De La REP. / FRANÇ“. Rückseite: Assignat (Domaines-nationaux) über 10 Livres vom 16. Dezember 1791.
Material: Weißes Papier mit zwei Trockenstempeln
Wasserzeichen: Ohne
Druck: Unbekannt
Format: 155 mm x 113 mm
Nummerierung: Série 401me
Authentizität: Original
Zitate: GK-730 (Grabowski/Kranz: Das Papiergeld der altdeutschen Staaten,
Geldscheine der Staaten auf dem Gebiet des 1871 gegründeten
Deutschen Reichs von den Anfängen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts,
Regenstauf 2020, S. 313.
Tilman Huber, Belagerungsgeld der Armée du Rhin in Mainz 1793,
Ausgabe und Einlösung im Lichte der französischen
Währungsgesetzgebung, Selbstverlag, Frankfurt am Main 2014
Uwe Bronnert
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