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AutorenbildMichael H. Schöne

Aus privaten Sammlungen: Britisches Kantinengeld über eine Sechstel-Mark aus Bad Oeynhausen

Historischer Kontext:

Am 3. April 1945 war der Krieg im westfälischen Bad Oeynhausen zu Ende. Die Stadt wurde vom Stabsarzt Dr. Werner Aly kampflos gegen 14.00 Uhr an Einheiten der 5th Armored Division der US-Armee unter Leutnant Enno Hobbing übergeben. Eine Woche später übernahm die britische 21st Army Group die Kurstadt. Dort richteten sie im Badehotel „Königshof“ ihr Hauptquartier ein; fortan war es das Befehlszentrum der British Army of the Rhine (BAOR) in der Britischen Besatzungszone.

Die britische Militärverwaltung ordnete am 3. Mai 1945 die Evakuierung der Innenstadt an; über 9.000 Einwohner mussten bis 12. Mai innerhalb von 24 Stunden ihre Wohnungen in 959 Häusern verlassen. Diese musste sich am Rande der Stadt einrichten und Unterkünfte mit den Flüchtlingen aus den deutschen Ostgebieten und den Evakuierten aus dem Ruhrgebiet teilen. Die Innenstadt wurde zur verbotenen Zone, mit einem Stacheldrahtzaun abgeriegelt und strengstens bewacht. Etwa 6.000 Briten lebten darin.


Abb. 1: „Am Kurpark 5“ = Adresse des Hauptquartiers der britischen Rheinarmee von 1945 bis Oktober 1954; im Sprachgebrauch nannten die Briten die Stadt „Bad-O“.


An der Ecke Klosterstraße 2/Herforder Straße wurde zur Betreuung, Versorgung und für Vergnügungen der Militärangehörigen ein YMCA-Klub eingerichtet.


Abb. 2: YMCA-Club im ehemaligen „Modenhaus Eisenreich“, bis 1937 im Besitz der jüdischen Familie Rüdenberg.


Wie an anderen Orten in der britischen Zone auch wurde in unterschiedlichen Einrichtungen wie Klubs und Gaststätten auch in Bad Oeynhausen Kantinengeld verwendet – meist in Reichsmark-Währung und in der Wertstufe 1/6 Mark. Nach der Festlegung des alliierten Militär-Rechnungskurses vom Oktober 1944 galt 1 Pfund = 40 RM; die Sechstel-Mark-Scheine entsprachen damit einem Wert von 1 Penny und wurden bis März 1948 verwendet.


Abb. 3: Kantinengeld, Vs., 80 × 70 mm, „TOKEN VOUCHER FOR ONE SIXTH OF A MARK“ / „VALID AT Y.M.C.A. CANTEEN

BAD OEYNHAUSEN ONLY“; bisher sind nur 4 Exemplare dieser Ausgabe belegt.


Die Gestaltung der Scheine ähnelt sehr den alliierten Militärmark-Scheinen zu einer halben Mark mit Datum 1944. Diese hatten jedoch die Größe von 78 × 67 mm. Derartige Scheine sind aus weiteren Städten bekannt:


  • Token Voucher for One Sixth of a Mark / Y.M.C.A. canteen Herford & Bad Salzuflen;

  • One Sixth Mark Token / TOC H Restaurant „Krefelder Hof“ Süchteln;

  • One Sixth Mark Token TOC H Restaurant Lübbecke;

  • One Sixth Mark Token „Empire Club“ Salzuflen und in vereinfachter Gestaltung

  • One Sixth Mark Token TOC H Service Club Hanover;

  • ebenso eine Ausgabe über 1/6 Mark YMCA Bad Lippspringe.


Im „Empire Club“ Bad Salzuflen wurden (möglicherweise nach der Währungsreform im Juni 1948) ähnliche Scheine zu 1 Penny und zu 6 Pence verwendet. Von einigen Scheinen existieren Druckvarianten – sie sind allesamt selten bis sehr selten zu finden und kommen auf dem Sammlermarkt kaum vor.


Abb. 4: alliierter Militärmark-Schein ½ Mark/50 Pfennig 1944, Vs.


Abb. 5: Kantinengeld, Vs., 80 × 70 mm, in zwei Druckvarianten bekannt – rot und grün (mit Stempel „HQ GHQ TPS“ = Headquarters General Headquarters Troops“; die Scheine zeigen eine Distel (für Schottland) und ein Ahornblatt (für Kanada).


Es ist nicht belegt, dass die Oeynhausener Scheine auch im Offiziersklub „Margarethenhof“ oder im „Victory Club“ verwendet wurden. Und auffallend ist das Fehlen weiterer Kantinengelder höherer Wertstufen. Wahrscheinlich dienten die Sechstel-Mark-Scheine als Kleingeld für die ab 1. August 1946 geltenden British Armed Forces Special Vouchers.

Die erste Serie und die folgenden Serien hatten als niedrigsten Wert die 3-Pence-Militärgeld-Scheine; die 50 Reichspfennig entsprachen.

Hinweise auf die ausführende Druckerei und die Menge der gedruckten Scheine ließen sich bis heute in den alliierten Archiven nicht finden.


Land/Region/Ort:

Deutschland, Britische Besatzungszone, Nordrhein-Westfalen, Bad Oeynhausen

Objekttyp:

Kantinengeld, Sammlung M. H. Schöne

Emittent:

YMCA (Young Men‘s Christian Association; deutscher Ableger ist der CVJM =

Christlicher Verein Junger Männer)

Nominal:

1/6 Mark = One Sixth of a Mark (= 1 Penny)

Datum:

ohne Datum

Umlauf:

1947/48

Vorderseite:

Text und Wertangabe im Ornamentrahmen, YMCA-Emblem

Rückseite:

unbedruckt

Material:

Karton

Wasserzeichen:

ohne

Format:

80 × 76 mm

Nummerierung:

ohne

Authentizität:

Original

Zitat:

Schöne # 3101 in: „Militär-, Kantinen- und Lagergeld-Ausgaben der Alliierten seit 1944 in Deutschland“ (2013)


Michael H. Schöne


Quellen

https://www.vorablesen.de, Rezensionen zu Theresia Graw „Don’t kiss Tommy“, 2024

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