Objekttyp: Gutschein (Unterstützungsschein)
Sammlung: Uwe Bronnert
Historischer Kontext:
Mit tschingderassabum waren die Soldaten am 2. August 1914 in den Krieg gezogen. Spätestens Weihnachten sei man wieder zu Hause und der Krieg zu Ende, so die gängige Meinung in der Bevölkerung. Doch schon bald wich der ersten Kriegseuphorie die Angst um die im Felde stehenden Männer, Söhne und Brüder und der Sorge um das tägliche Brot.
Bei Kriegsende leisteten 20 Prozent der deutschen Bevölkerung oder anders ausgedrückt
13 Millionen deutsche Männer Kriegsdienst. Beinahe alle Männer im wehrpflichtigen Alter,
d. h. über 80 Prozent der erwachsenen Männer, wurden zum Militär eingezogen. Weil es sich ausschließlich um erwerbsfähige und zum größten Teil auch um erwerbstätige Personen handelte, hatte die Mobilisierung auch erhebliche finanzielle Folgen für die Familien.
Gleich zu Kriegsbeginn traten massive Armutsprobleme auf, da nun bei vielen Familien das Arbeitseinkommen des/der Ernährer/s (Familienväter und/oder Söhne) fehlte. Nur Reichsbahn- und Postbeamtete erhielten nach dem Reichsmilitärgesetz ihr Gehalt weiterhin. Der Masse der Eingezogenen stand nur der karge Wehrsold zur Verfügung, um ihre Familien zu unterstützen. So erhielt beispielsweise der gemeine Soldat monatlich 15,90 M, ein Gefreiter 18,90 M und ein Unteroffizier 40,00 M. Zum Vergleich: Ein Tagelöhner verdiente täglich 3,20 M (= 83,20 M monatlich), ein Maurer täglich 4,00 M (= 104,00 M monatlich), ein Bergmann kam auf monatlich 125,12 M.
Das Gros der „Kriegerfamilien“ war daher auf Hilfe angewiesen. Am 4. August 1914 beschloss der Reichstag ein Familien-Unterstützungsgesetz. Danach hatten Familien bei Bedürftigkeit einen Rechtsanspruch auf Kriegsfürsorgeleistungen. Die Unterstützung für Ehefrauen eingezogener Soldaten betrug in den Sommermonaten (Mai bis Oktober) monatlich 9,00 Mark und in den Wintermonaten (November bis April) monatlich 12,00 Mark, für jedes Kind unter 15 Jahren kamen 6,00 Mark hinzu. Wegen der einsetzenden Preissteigerungen erhöhten sich die Sätze ab Januar 1916 auf 15,00 Mark bzw. 7,50 Mark. Im weiteren Kriegsverlauf wurde die Unterscheidung zwischen Winter- und Sommermonaten aufgegeben.
Neben der Kriegsfürsorge des Reiches traten häufig Leistungen der „Kriegswohlfahrtspflege“ kommunaler und privater Träger. So auch in Köln. „Am 4. November 1915 beschloss der Rat der Stadt, dass die seit dem 1. September 1915 angesammelten Spenden ‚einem besonderen Fonds für Cölner Kriegswitwen und -waisen zugeführt werden.‘ Ein weiter Spendentopf wurde mit der vom Rat der 1914 begründeten ‚Städtischen Kriegssammlung‘ geöffnet. Dafür wurden am 14. Dezember 1916 zu den bereits bewilligten fünf Millionen Mark noch zwei Millionen zusätzlich zur Verfügung gestellt. Damit konnten neben den Kriegswitwen und Waisen weitere 25000 Kölner Familien mit insgesamt 87000 Personen unterstützt werden.“ (Schäfke, S. 18).
Zu diesem Zweck gab die Stadt Köln „Gutscheine der Kriegssammlung 1914“ über 50 Pfennig und 1 Mark aus. Mit ihnen konnte der Inhaber in beliebigen Geschäften der Stadtgemeinde Köln, Brot, Kartoffeln, Gemüse, Mehl, Grießmehl, Fleisch, Fett, Marmelade, Käse, Reis, Hülsenfrüchte, Grütze, Gerstengraupen oder Briketts zu den ortsüblichen Preisen kaufen.
Die Geschäftsleute lösten die Gutscheine bei der Stadthauptkasse oder Steuerzahlstelle ein. Am rechten Rand der Scheine befindet sich das Ausgabedatum in Lochschrift.
Land/Region/Ort: Deutschland, Preußen, Rheinprovinz, Köln (Cöln)
Emittent: Stadt Köln (Cöln)
Nominal: 50 Pfennig
Datum: 22. Oktober 1917
Vorderseite: Text und Siegel der Stadt Köln (Cöln) Rückseite: Text mit Einlösungsbestimmungen
Material: Dünnes rosa Papier
Wasserzeichen: Ohne
Druck: Unbekannt
Format: 216 mm x 165 mm
Nummerierung: 2 257576
Authentizität: Original (Blankette)
Zitate: Werner Schäfke, Die Große Inflation 1914 bis 1924, Eine Kölner Geldgeschichte, Köln 2022, S. 18 f.
Uwe Bronnert
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