Schon im September 1945 wurden in den Westsektoren von Berlin offizielle Märkte genehmigt, die gegen die Auswüchse des Schwarzhandels gerichtet waren. Im US-Sektor: Neukölln, Neckarstraße; im BR-Sektor: Wilmersdorf, Kaiserplatz; im FR-Sektor: Wedding, Triftstraße. Ein halbes Jahr später kam Marjorie Clay nach Westberlin. Sie war die Ehefrau des damaligen stellv. US-Militärgouverneurs Lucius Clay. Nach ihrem Eintreffen machte sie sich mit den Bedingungen der Bevölkerung im viergeteilten Berlin vertraut. Ihr wird die Idee zur Einrichtung der sog. Barter Marts in Westberlin zugesprochen.
Abb. 1: Marjorie M. Clay und 4-Sterne-General Lucius D. Clay; das Ehepaar ist auch durch die sog. "Berliner Luftbrücke" bekannt – Lucius Clay setzte sich stark für die "Operation Vittel" ein; Frau Clay organisierte als langjährige Freiwillige für die Unterstützung von Kindern und andere Wohltätigkeitszwecken den Abwurf von kleinen Fallschirmen mit Süßigkeitenpaketen aus Versorgungsflugzeugen für Westberliner Kinder.
In einem „Staff Memorandum OMGUS, Office of the Headquarters Commandant“ vom Juli 1946 wurde folgendes vom Adjutant General’s Department US-Oberstleutnant G. H. Garde bekanntgegeben:
„1. General – A Barter Center will be established at Leichardstrasse effective July 1946. Purpose of the center is to provide facilities of the barter of goods between German and U. S. Personnel with the view to utilizing items of due which are currently held in reserve in households and stores, by placing them on a market for commodity exchange. The facilities of the Barter Store are available to German Civilians or agencies and to all U. S. personnel subject to the provisions enumerated herein.
2. Organization a. – The operation of the Barter Center will be responsibility of the OMGUS Post Exchange Officer. It will be consist of a Barter Department and such other clerks an supervisory personnel as are necessary.
b. The Barter Department will determine the acceptability of the article and will appraise its value in accordance with standard price list prescribed by the Price Control Section, Economic Division, OMGUS. ...
4. Barter Procedure a. ... b. ... c. – Upon acceptance of an item, Barter Center will issued barter certificates in an amount equal to the appraised value of the item. These certificates will be serially numbered in denomination of 10.00 Reichsmark and may be used for the purchase of other barter items at any time within six (6) months after the date of issue.
d. Barter goods will be sold only in exchange for barter certificates, plus 10 % in Marks to cover cost of handling and overhead. ...“
Der an der Leichhardtstraße (!) in Dahlem am 10. August 1946 eröffnete Tauschring wurde in der „New York Times“ vom 16. August 1946 unter der Überschrift „Shop For Barter Opened In Berlin“ beschrieben. Man konnte auch mit der wertlosen Reichsmark einkaufen; der Kurs lag bei 10 RM = 1 US-Dollar = 20 BU/TE und man musste 10 Prozent Provision an das BC zusätzlich entrichten.
Die Tauschmärkte in Berlin, Frankfurt a. M., München und wahrscheinlich auch in Heidelberg wurden schon seit Kriegsende betrieben. Einer der ersten Artikel wurde von W. R. Carpenter in der New Yorker Oktoberausgabe der „Numismatic Review“ von 1946 veröffentlicht.
Im Buch von Stivers und Carter liest man auf Seite 120:
„Als letzten Ausweg, um die aufkeimende Schwarzmarktaktivität einzudämmen, gründeten Clays Mitarbeiter einen Konkurrenzmarkt, das ,Berlin Barter Center‘, um das Geschäft in legale Kanäle umzuleiten. Das Zentrum wurde im August 1946 eröffnet. Deutsche ,Verkäufer‘ brachten langlebige Gegenstände mit – Silberwaren, Kristall, Gemälde, Porzellanfiguren, Öfen, Radios, Teppiche und Kleidung. Gutachter bewerteten die Objekte auf der Grundlage von Vorkriegspreisen, bereinigt um die Wertminderung, und gaben Gutscheine in verschiedener Höhe von ,Tauscheinheiten‘ aus. Die Amerikaner brachten Verbrauchsgüter mit – normalerweise Kaffee, Toilettenartikel, Zigaretten und Lebensmittel –, die von Gutachtern auch in Tauschgeschäften geschätzt wurden. Anschließend gaben beide Seiten ihre Scheine im offiziellen Tauschgeschäft aus, die bald mit ,Waren von guter Qualität‘ in ,neuem oder ausgezeichnetem Zustand‘ gut gefüllt waren.” *)
Tauschscheine in Form von „BU/TE“ (= Barter Unit/Tauscheinheiten) sind jedoch nur aus Westberlin und Frankfurt a. M. nachweisbar. Die Berliner OMGUS-Serie umfasste sechs Wertstufen zu 1, 5, 10, 25, 50 und 100 BU/TE. Sie kommen auf dem Sammlermarkt so gut wie nicht vor; in Sammlungen befinden sich nur die Scheine zu 1, 5 und 10 BU/TE, die allesamt extrem selten sind. Bildbelege für die Berliner 25- und 100-BU/TE-Scheine sind bis heute nicht bekannt geworden. Noch 1974 war nur die Wertstufe zu 1 BU/TE bekannt; ein Schein zu 5 BU/TE wurde dann 1995 und ein Schein zu 10 BU/TE im Jahr 2011 nachgewiesen.
Ein Schein zu 50 BU/TE ist in einer mit vielen anderen abgebildet. Von den 1-BU/TE-Scheinen wurden mindestens 20.000 Exemplare in einer Berliner Druckerei hergestellt (möglicherweise bei der Fa. Erich Blaschker).
Abb. 2: Tauschscheine des OMGUS Barter Center Berlin 4 × 50, 2 × 10 und 1 × 1 BU/TE, abgebildet in „HEUTE/Neue Illustrierte Zeitschrift“ München vom 1. November 1946; die Scheine hatten alle eine einheitliche Größe, wurden aber unterschiedlich farbig gedruckt.
Abb. 3: Verkaufsbeleg des OMGUS Barter Center Berlin über 66 BU/TE (= 33 Reichsmark/3,30 $) für den Kauf von Alkohol – vom Oberleutnant der US Army James Marasco aus dem Frankfurt HQ am 21. Oktober 1946 bezahlt.
Unter der Überschrift „U.S. Barter Center in Berlin Failing“ beschrieb Delbert Clark von der New York Times in einem Beitrag auf Seite 25 ihrer Sonntagsausgabe vom 15. Dezember 1946 die Probleme im OMGUS Barter Center Berlin. Es wurden viele Unregelmäßigkeiten festgestellt, General L. D. Clay wurde zum Mittelpunkt hitziger Kontroversen – sein Stellvertreter General Clarence R. Huebner forderte die Schließung des Tauschladens.
Objekttyp: Gutschein (Barter Unit)
Sammlung: Michael H. Schöne
Authentizität: Original (es sind möglicherweise nur noch ein Dutzend dieser Scheine
vorhanden; die belegten Kontrollnummern liegen zwischen 030447 ❉ und 048624 ❉)
Land/Region/Ort: Deutschland/Amerikanischer Sektor von Berlin
Emittent: Berlin Military District / Berlin Command
Nominal: 1 Barter Unit / Tauscheinheit
Datierung: ohne Datum (1946)
Vorderseite: Text O.M.G.U.S. BARTER CENTER/ TAUSCH RING und Wertangabe in Englisch
Rückseite: Text BARTER UNIT / TAUSCH GELD, Wertangabe nur in Englisch in Wellenlinien
Material: Papier ohne Wasserzeichen
Format: 91 mm x 58 mm
Druck: Fa. Erich Blaschker, Berlin?
Nummerierung: 030447 ❉
Gültigkeit: 10. August 1946 bis 1. Mai 1948
Zitate:
Nr. 1/BUC, in: „World War II Allied Military Currency“ (Toy, R. S./ Schwan, C. F., 1974)
Nr. 601/Joint Issues, in: „World War II Remembered“ (Schwan, C. F./Boling, J. E., 1995)
Nr. 2101, in: „Militär-, Kantinen- und Lagergeld-Ausgaben der Alliierten seit 1944 in Deutschland“ (Schöne, M. H., 2013)
Michael H. Schöne
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Anmerkungen:
*) W. Stivers/D. A. Carter: „The City Becomes a Symbol – The U.S. Army in the Occupation of Berlin, 1945–1949“, Washington 2017.
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