Aus privaten Sammlungen: Verrechnungsschein der Wehrmacht mit belgischem Lagerstempel
- Michael H. Schöne
- vor 17 Stunden
- 3 Min. Lesezeit
Keller: —, Pick: — oder Grabowski: — bedeutet bei Auktionen, dass bei den entsprechenden Angeboten der abgebildete Geldschein in deren Katalogen nicht gelistet ist. Im Englischen bezeichnet man solch eine Angabe mit „NL“ = „not listed“. Das gilt auch für den vorgestellten Geldschein.
Am Kriegsende waren die Verrechnungsscheine für die Deutsche Wehrmacht spätestens nach der Kapitulation vom 8. Mai 1945 völlig wertlos. Die Reichskreditkassenscheine verloren schon ab 1. Januar 1945 ihre Gültigkeit als Zahlungsmittel. Auch das 1942 für die deutsche Wehrmacht eingeführte Behelfsgeld wurde zum 31. Dezember 1944 ungültig.
Neueste Erkenntnisse belegen, dass auch nach Kriegsende Soldzahlungen an Wehrmachtsangehörige mit Verrechnungsscheinen (1, 5, 10 und 50 Reichsmark) erfolgten. Möglicherweise wurde diese RM-Gelder auch während der sog. „Flensburger Regierung“ unter Großadmiral Dönitz (im Flensburger Ortsteil Mürwick vom 3. bis 23. Mai 1945) ausgezahlt. Nachgewiesen ist die Verwendung der Verrechnungsscheine bei den 375.000 deutsche Gefangenen in Norwegen. Die letzten deutschen Soldaten kamen am 4. September 1945 auf der Spitzbergen-Insel Nordaustlandet in britische Kriegsgefangenschaft.
Bis Ende August 1945 wurden 281.805 Belgier in ihre Heimat zurückgeführt. Das waren belgische Kriegsgefangene, ehem. Häftlinge aus Konzentrationslagern sowie Fremdarbeiter. Die meisten wurden vorübergehend in Sammellager (franz.: Centre de Rassemblement/ niederl.: Verzamelcentrum) nach vier Kategorien erfasst: 1. allgemeine Identifizierung,
2. Suche nach Kollaborateuren, 3. Gesundheitsuntersuchung und 4. Kontrolle des mitgeführten Geldes. Außer den Lagern in Jambes, Namur, Uccle und Vautour gab es elf weitere Lager, in denen deutsche Geldscheine mit französischsprachigen Lagerstempel versehen und so für den Umtausch in neues belgisches Geld registriert wurden. Solch ein Umtauschstempel ist auf einem Verrechnungsschein belegt. Wie der alliierte 5-Militärmark-Schein von 1944 mit Stempel ist auch der 50-RM-Verrechnungsschein mit Stempel ein Unikat.




Historischer Kontext:
Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Belgien ab 10. Mai 1940 wurde durch die Verordnung vom 22. Juli 1940 der Belga (= 5 belg. Francs) für 50 Reichspfennig festgelegt, ab 22. Juli 1941 auf 40 Rpfg. verringert. Schon vor der Befreiung großer Teile von Belgien druckten die Westalliierten neue belgische Geldscheine. Am 9. September 1944 wurde in Brüssel eine neue belgische Zivilregierung eingerichtet. Eine nötige Währungsreform wurde für den 7. Oktober 1944 angekündigt, in der alle deutschen Geldscheine und alte belgische Banknoten für die Registrierung und den Umtausch bis zum 13. Oktober 1944 vorgelegt werden mussten. Dafür wurden belgische Gemeindestempel (franz.-, niederl.- oder deutsch-sprachig) verwendet. 100 neue Francs wurden für 100 Reichsmark sofort in bar ausgezahlt. Bei den Heimkehreraktionen 1945 wurden hingegen Lagerstempel verwendet: auch in den französischen Versionen „ECHANGE MONETAIRE“, „ECHANGE 100 FR.“ und „REMIS 100 FR.“ sowie in den niederländischen Entsprechungen „VERZAMELCENTRUM“, „MONETAIRE OMWISSELING“, OMWISSELING VAN 100 FR.“ und „100 FR. TOEGESTAAN“.
Neben den Reichsbanknoten, Rentenbankscheinen, Reichskreditkassenscheinen und Militärmarkscheinen können die genannten Stempel auch auf den deutschen Kriegsgefangen-Lagerscheinen vorkommen. Nach den Gesetzen vom 6. September 1944 und vom 24. Januar 1945 wurden die Umtauschsätze für deutsches Geld festgelegt:
100 RM/RentM = 100 neue belg. Francs, 100 Militärmark-Scheine = 400 neue belg. Francs und 100 KGL-RM = 1000 neue belg. Francs. Interessant ist die unterschiedliche Einstufung der jeweiligen Geldzeichen! Vermutlich wurden die Verrechnungsscheine den Reichskreditkassenscheinen gleichgesetzt.
Es bleibt zu wünschen, dass der beschriebene Verrechnungsschein mit belg. Lagerstempel Eingang in künftige Kataloge findet – bspw. unter # DWM-11.c) in „Die deutschen Banknoten ab 1871“ von Hans-Ludwig Grabowski.
Objekttyp:
Verrechnungsschein für die deutsche Wehrmacht mit belgischem Lagerstempel
Sammlung:
Sammlung M. H. Schöne
Authentizität:
Original
Land/Region/Ort:
Belgien, Sammellager für Kriegsheimkehrer
Emittent:
Hauptverwaltung der Reichskreditkassen
Nominal:
50 Reichsmark
Datierung:
15. September 1944 (abgestempelt 1945)
Vorderseite:
Text und Wertangabe in Wort und Zahlen
Rückseite:
Text im und Wertzahlen im Rahmenornament
Material:
Papier mit Wasserzeichen Ornament/Schuppen
Format:
152 mm x 83 mm
Nummerierung:
8575997 in Rot
Zitate:
Michael H. Schöne: Abstempelungen deutscher Geldscheine 1944 in Luxemburg und Belgien“, 2010
Michael H. Schöne
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