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AutorenbildUwe Bronnert

Banker will Schwarzen eigenes Geld geben

Aktualisiert: 15. Sept. 2022

African-American Face Reserve Obligations

Am 11. Januar 1991 titelte die „Chicago Tribune“ einen Bericht mit „Banker wants to give Blacks own Money“ [Banker will Schwarzen eigenes Geld geben].[1] In ihm berichtete A. Dahleen Glanton, dass der Banker Derric Price gerade 70 Millionen US-Dollars in 5-,10- und 20-Dollars-Scheinen habe drucken lasse. Die Währung, die er A.F.R.O-Dollar nennt, sei natürlich kein echtes Geld, vielmehr handele es sich um Zertifikate, die in verschiedenen Geschäften in Chicago zur Bezahlung von Waren und Dienstleistungen benutzt werden können. „Und jedes Mal, wenn die Kunden die roten, schwarzen und grünen Scheine für irgendetwas verwenden - von einer Rolle Toilettenpapier bis zur Hypothekenzahlung - tragen sie dazu bei, dass Schwarze auf der wirtschaftlichen Leiter ein oder zwei Stufen höher steigen, so Price.“ Dem 32-jährigen Investmentbanker kam die Idee der eigenen Geldausgabe für Schwarze, als er sich fragte, warum Afroamerikaner als ethnische Gruppe auf der wirtschaftlichen Leiter ganz unten stehen, obwohl sie 300 Milliarden Dollars pro Jahr ausgeben würden. Diese Kaufkraft wollte er mithilfe des A.F.R.O-Dollars bündeln und bei sozialen Projekten nutzen.


Sein Plan sah vor, dass bei Ausgabe jedes A.F.R.O.-Dollars ein Prozent in einen kommunalen Treuhandfonds fließt. Dieses Geld sollte gemeinnützigen Organisationen zur Verfügung stehen, die sich für die Bereitstellung von Wohnraum für einkommensschwache Bevölkerungsschichten, Risikokapital für kleinere Unternehmen und Bildungsmöglichkeiten für benachteiligte Jugendliche einsetzen. Price war überzeugt, dass sich die schwarzen Amerikaner durch Verwendung der A.F.R.O.-Dollars selbst helfen könnten. Er schätzte, dass allein in Chicago jeden Monat „African-American Face Reserve Obligations“ für 100 Millionen Dollars ausgegeben werden könnten und somit der Trust jährlich 10 Millionen Dollars einbringen würde.


Nicht nur unterprivilegierte Schwarze könnten vom Gebrauch des „neuen Geldes“ profitieren, sondern jeder der mit A.F.R.O.-Dollars in Berührung kommt. Verbraucher, die 100 US-Dollars bei ihrer örtlichen Bank gegen A.F.R.O.-Dollars eintauschen, erhalten zwei Dollars in Punkten, die sie beim Kauf von Lebensmitteln bis hin zu Luxusautos verwenden können. Price argumentierte ferner, dass Geschäfte, die A.F.R.O.-Dollars akzeptieren würden, eine Fülle neuer Kunden gewännen. Zusätzlich würden sich auch die Geldverkehrskosten der Unternehmen verringern; 4 bis 7 Prozent des Zahlungsbetrags koste die Zahlung mit Kreditkarten, aber nur 2,9 Prozent bei Umtausch der A.F.R.O.-Dollars in US-Dollars.


Abb. 1: Vorderseiten der vier A.F.R.P.-Dollar-Scheinen, Quelle: <https://www.afrodollarstock.com/> (05.02.2022)


Die Ausgabe der ersten Obligationen der „African-American Face Reserve Obligation, Inc.“ gelangten wohl bis zum 1. Februar 1991 in Umlauf, gerade rechtzeitig zum „Black History Month“.[2] Die Serie umfasst vier Nominale, die bei „Northern Bank Note“ in Countryside gedruckt wurden und auf deren Vorderseite prominente schwarze Amerikaner abgebildet sind: Beim 1-A.F.R.O.-Dollar-Schein das Gesicht von Booker T. Washington[3], beim 5-A.F.R.O.-Dollar-Nominal Louis Armstrong[4] beim 10-A.F.R.O.-Dollars-Wert George Washington Carver[5] und schließlich bei der Note zu 20-A.F.R.O.-Dollars Frederick Douglass.

Die Wertzeichen wurden auf festem Papier ohne Wasserzeichen banknotenmäßig hergestellt.

Price ist mit seinem A.F.R.O.-Dollar einer der frühen Pioniere und Gründer der lokalen Währungsbewegung. Sie ist die Einzige, die vom Finanzministerium in den USA als Umlaufwährung zugelassen wurde. Jeder A.F.R.O.-Dollar ist durch einen US-Dollar gedeckt und wird von den teilnehmenden Banken garantiert. Das Konzept schien so erfolgversprechend, dass sich von Anfang an etwa 15 Banken aus ganz Chicago, mehrere Lebensmittelgeschäfte, Kaufhäuser, Restaurants und andere Unternehmen bereit erklärt haben, A.F.R.O.-Dollars zu verwenden.


A.F.R.O.-Dollar-Noten haben unabhängig von ihrem Wert die Größe von 151 mm x 67 mm – sie sind damit ca. 5 mm kürzer als die US-Banknoten der Federal Reserve Bank. Ihre Gestaltung lehnt sich an den damals umlaufenden US-Banknoten an, weist jedoch bereits farbige Bereiche auf. Die Vorderseite ist vorwiegend in Grün gehalten, im mittigen Oval das schwarze Brustbild eines bekannten Afroamerikaners, links davon die Wertangabe in großen Ziffern und unterlegt in roten Buchstaben, rechts vom Oval das US-amerikanische Wappentier, der Weißkopfadler auf einer Felsspitze, am unteren Rand die Wertabgabe in Buchstaben und in den Ecken in roten Ziffern, am oberen Rand „AFRICAN-AMERICAN FACE RESERVE OBLIGATION“, es folgt darunter „PAY IN UNITED STATES (WERT) DOLLARS“ [ZAHLBAR IN (WERT) DOLLAR DER VEREINIGTEN STAATEN], über dem Adler klein zweizeilig „THE FACE AMOUNT DENOMINATION IS REDEEMABLE / IN U.S. DOLLARS AT PARTICIPATING BANKS“ [Der Nennwert ist bei den teilnehmenden Banken in U.S. Dollar rückzahlbar], unter dem Adler eine siebenstellige Kennnummer mit zwei vorangestellten Großbuchstaben, über der großen Wertziffer „Chicago, Illinois“, darunter eine faksimilierte Unterschrift der im Oval abgebildeten Person.


Abb. 2: 20 Dollars der „African-American Face Reserve Obligation, Inc.“, Vorderseite.

Abb. 3: 20 Dollars der „African-American Face Reserve Obligation, Inc.“, Rückseite.

Im Banknotenhandel wird wohl ausschließlich der Wert über 20 A.F.R.O.-Dollars angeboten. Im Oval der Vorderseite befindet sich hier das Brustbild des ehemaligen Sklaven und späterer Abolitionisten und Schriftstellers Frederick Douglass. Er wurde 1817 oder 1818 im Talbot County, Maryland als Frederick Augustus Washington Bailey in Sklaverei geboren.

1838 gelang ihm die Flucht nach New York, in die Freiheit. Dort änderte er seinen Namen, wie es bei entkommenen Sklaven üblich war, in Frederick Douglass. Er starb am 20. Februar 1895 in Washington, D.C.


Die Rückseite des 20-A.F.R.O.-Dollars-Scheins zeigt in schwarzer Farbe sein Wohnhaus in den Hügeln von Anacostia, direkt gegenüber dem Anacostia River vom Kapitol und dem Weißen Haus, aber immer noch innerhalb der Stadtgrenzen von Washington, D. C.

Cedar Hill wurde ein Wallfahrtsort für Journalisten, Fans und Machthaber, die Douglass hier von 1877 bis zu seinem Tod im Jahr 1895 besuchten. Eingerahmt wird die Abbildung durch einen roten Schmuckrahmen, in deren Ecken jeweils der Wert in Ziffern angegeben wird. Oben im Rahmen „PAY IN UNITED STATES TWENTY DOLLARS“ und unten im Rahmen die Wertangabe „TWENTY DOLLARS“. Über dem Haus „IN GOT WE TRUST“. Links und rechts des Hauses das Einlösungsversprechen: „This Certificate is redeemable form all trade, merchandise or services for business under / Agreement with African-American Face Reserve Obligation or those displaying this logo“ [Dieses Zertifikat kann bei allen Geschäften, Waren oder Dienstleistungen eingelöst werden, die dem System der African-American Face Reserve Obligation angeschlossen sind oder die dieses Logo tragen]. Das Logo befindet sich oberhalb mit der Abkürzung „A.F.R.O.“.


Aus dem alternativen Währungsprojekt ist im Laufe der Jahre ein mobiles Banking-System entstanden, das Zahlungen, Hypotheken, Kreditvergaben für Privatpersonen und kleine Unternehmen sowie gemeinnützige Spenden auf seiner Plattform auch digital ermöglicht.

Der Community Fund unterstützt lokale Unternehmen bei der Deckung der Kosten für die Einstellung von Arbeitslosen und hilft gemeinnützigen Organisationen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in der Gemeinde.[6]


Uwe Bronnert

[2] „Der Black History Month wird in Kanada und in den Vereinigten Staaten alljährlich im Februar gefeiert. Dem Black History Month ging die Negro History Week voraus, die in der zweiten Februarwoche gefeiert wurde. Diese Feierbewegung schwarzer Geschichte in den Vereinigten Staaten wurde 1926 von Carter G. Woodson initiiert, womit er die breite Öffentlichkeit auf den Beitrag von Afroamerikanern zur Geschichte ihres Landes aufmerksam machen wollte. Woodson wählte den Februar deshalb, weil in diesem Monat Abraham Lincoln, Frederick Douglass und Langston Hughes geboren wurden. Zur Gründungszeit des Black History Month wurden die Geschichte und Traditionen der schwarzen Bevölkerung kaum in Geschichtsbüchern behandelt. Die Darstellung Schwarzer in Geschichtsbüchern beschränkte sich auf ihren niederen sozialen Status.“ <https://de.wikipedia.org/wiki/Black_History_Month> (05.02.2022)

[3] Booker Taliaferro Washington [* 5. April 1856 auf der Burroughs Farm, Hale’s Ford, Franklin County, Virginia; † 14. November 1915 in Tuskegee, Alabama] war ein US-amerikanischer Pädagoge, Sozialreformer und Bürgerrechtler.

[4] Louis Daniel „Satchmo“ Armstrong [* 4. August 1901 in New Orleans; † 6. Juli 1971 in New York City] war ein US-amerikanischer Jazztrompeter, Sänger und Schauspieler.

[5] George Washington Carver [* um 1864 in Missouri; † 5. Januar 1943 in Tuskegee, Alabama] war ein Botaniker, Chemiker und Erfinder in der Landwirtschaftsforschung in den Südstaaten der USA.

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