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AutorenbildErwin Beyer

Bankhaus Xīntàihòu in China

Aktualisiert: 26. März 2021

Das Bankhaus (新泰厚) gehörte in den beiden letzten Regierungsepochen der Qingzeit, Guāngxù und Xuāntǒng, zu den größten Bankhäusern in China. Zuerst war die Firma ein Seidengeschäft in Píngyáo (平遥) in der Provinz Shanxi, aber ihre Besitzer, ein Herr Hou und ein Herr Zhao, wandelten die Firma 1826 in ein Geldwechslergeschäft um.

Aus kleinen Anfängen entwickelte sich eine der größten Bankhäuser der damaligen Zeit, mit Filialen im ganzen Land, hauptsächlich aber im Norden Chinas. Das Anfangskapital betrug 150.000 Liang (auch Tael genannt) Silber.



Die Provinz Shanxi war damals, was das Finanzwesen betraf, eine der fortschrittlichsten. Hier gab es insgesamt 32 unabhängige Bankhäuser, mit zusammen über 400 Filialen in ganz China und einigen im Ausland (Yokohama, Singapur, Kalkutta, Moskau, um nur wenige zu nennen). Diese Banken waren gewissermaßen Aktiengesellschaften, den Inhabern der Anteile wurden alle drei bzw. vier Jahre Dividenden ausgezahlt.

Die wichtigsten dieser Bankhäuser gaben eine Art Geldscheine heraus, genannt Qiántiē (錢帖) oder Yínpiào (銀票). Denn es gab damals kein anderes funktionierendes Geldschein-System in China. Die Geldscheine, die in der Periode Xiánfēng 咸豐 (1851–1861) ausgegeben worden waren, hatten sich als Fehlschlag erwiesen, sie waren durch Inflation völlig entwertet worden.

Die von den Bankhäusern, darunter der hier in Rede stehenden Bank Xīntàihòu ausgegebenen Noten waren noch keine echten Geldscheine im heutigen Sinne.

Die Wertstufen wurden von Hand ausgefüllt und waren oft keine Standardwerte.

Mir liegen z.B. Scheine über 2370 Liang vor. Auch das Ausgabedatum (Jahr, Monat, Tag) wurde exakt von Hand eingetragen.

Mit diesen Scheinen ging man nicht in ein Geschäft, um etwas zu bezahlen. Aber wenn man  z.B. Schulden beglich, so wurden diese Scheine ebenso wie wirkliches Silber akzeptiert. Wie bei unseren heutigen Geldscheinen, wurde der Gegenwert jedem ausgezahlt, der den Schein vorlegte, der Schein war also nicht an eine bestimmte Person gebunden.

Die Abbildung zeigt einen Schein über 20 Liang, datiert Guāngxù Jahr 32, Monat 3, Tag 3, das heißt 3. März 1894. Links unten steht die Adresse der ausgebenden Filiale in Běijīng.

Wer einen solchen Schein weitergab, garantierte mit seinem Namen (Siegel und Handzeichen) für die Echtheit. Die vielen Einträge auf der Rückseite des Scheins zeigen, dass er bei zahlreichen Transaktionen benutzt wurde.

Die Bedeutung des Bankhauses Xīntàihòu war so groß, dass die kaiserliche Regierung dieser Bank oft den Auftrag erteilte, riesige Summen von einer Provinz zur anderen zu transferieren, etwa zur Bezahlung von Soldatensold. An „Überweisungsgebühr“ kassierte die Bank jeweils 1 oder 2 Prozent des Überweisungsbetrags, abhängig von der Entfernung des Empfängers von der überweisenden Filiale. Weiter verdiente die Bank Geld, indem sie Geld verlieh, an staatliche Organisationen ebenso wie an Privatpersonen. Eine andere Geldquelle erschloss sich durch das Gießen von standardisierten Silberbarren. Fabriken konnten meist nur gebaut, Eisenbahnlinien nur errichtet werden, weil die „Shanxibanken“ die entsprechenden Kredite gewährten. Zinsen für Einlagen waren sehr niedrig, Zinsen für Kredite aber sehr hoch.

Über die Wertentwicklung der Anteilscheine des Bankhauses Xīntàihòu selbst liegen mir keine Daten vor, wohl aber von einer ähnlich großen Shanxibank. Der Wert einer Einzelaktie dieser Bank entwickelte sich wie folgt: 1889=850 Liang, 1896=3.150 Liang, 1900=4.024 Liang, 1908=17.000 Liang.

Vielleicht seit 1880 entwickelten sich in der Provinz Zhèjiāng eine Reihe von Geschäftsbanken. Diese waren zunächst von den Shanxibanken abhängig, weil sie von ihnen Geld leihen mussten. Aber später entwickelten sie sich zu einer großen Konkurrenz der Shanxibanken, deren Höhepunkt nach 1900 überschritten war.

Es kam hinzu, dass es nun staatliche Banken gab, die Geldscheine emittierten, z.B. die Bank of Communications oder die Bank of China. Zusätzlich wurden in fast jeder Provinz eigene Regierungsbanken gegründet, die ebenfalls eigene Scheine ausgaben. Als dann 1912 die Qingzeit endete, versuchten die Shanxibanken sich umzustellen, was sich als schwierig erwies. Die jeweiligen „warlords“ beraubten die Banken schamlos, um ihre militärischen Abenteuer zu finanzieren. Aus diesem Grunde musste das Bankhaus Xīntàihòu nach 95 Geschäftsjahren im Jahre 1921 endgültig schließen.

Zu den Scheinen des Bankhauses Xīntàihòu ist noch zu bemerken: Im Augenblick kenne ich verschiedene Wertstufen, 20 Liang (hier abgebildet), 100 Liang, 200 Liang und 2530 Liang. Sicher werden noch zahlreiche andere Wertstufen auftauchen. Da es verschiedene Silberstandards gab, war es nötig, die Art Silberstandards auf der Note anzugeben. Wir finden meist 平京 (Píngjīng), der „in Běijīng gültige Standard“; aber ich sah auch 松江 (Sōngjiāng), ein Standard, der in der Provinz Jilin üblich war.


Erwin Beyer

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