Man kennt Städte in den früheren Ostblockländern, die nach kommunistischen Führern umbenannt wurden. Historische oder neugegründete Orte erhielten neue Namen: Karl-Marx-Stadt in Sachsen (1953–1990, davor und heute Chemnitz), Gottwaldov in Mähren (1949–1990; nach dem stalinistischen Diktator Klement Gottwald, davor und heute Zlín), Sztálinváros in Ungarn (1951 –1961; nach dem Diktator Josef Stalin, bis 1951 Dunapentele, Neustadt an der Donau, heute Dunaújváros), Gheorghiu-Dej in Rumänien (1965–1990; nach dem Politiker Gheorghe Gheorghiu-Dej, davor und heute Onești), Leningrad in Russland (nach dem Revolutionär Wladimir Iljitsch Uljanow [genannt "Lenin"], 1914–1924 Petrograd, 1924–1991 Leningrad, davor und heute Sankt Petersburg sowie Stalingrad in Russland (1925–1961; nach dem sowjetischen Diktator Josef Stalin, davor Zarizyn und ab 1961 Wolgograd).
Aber Bismarck? Es gibt eine Stadt mit dem Namen des früheren preußischen Ministerpräsidenten und ersten deutschen Reichskanzlers Otto Fürst von Bismarck. Und die heißt heute noch so und ist eine Hauptstadt und dort wurden auch Banknoten ausgegeben – in den USA.
Namensgeber waren aber keine deutschen Auswanderer des 19. Jahrhunderts, sondern die Bosse der dort ehrgeizig handelnden Eisenbahngesellschaft. 1872 hatte die Northern Pacific Railroad (NPRR) einen vorläufigen Endpunkt am Ostufer des Missouri River bestimmt und nachdem mit der „Ida Stockdale“ erste Arbeiter in die Gegend kamen, wurde am 14. Mai 1872 ein Ort abgesteckt und nach Edwin Ferry Johnson, dem ehemaligen Chefingenieur der NPRR, Edwinton benannt. Der Name Bismarck wurde dann 1873 von der NPRR eingeführt.
Schon 1859 wurde das gesamte Gebiet zur Besiedlung freigegeben und am 2. März 1861 als Territory of Dakota eingerichtet; die Stadt Yankton war der damalige Verwaltungssitz im Territorium bis 1883. Aus dieser Zeit sind 2-Dollars-Territory-Noten der National Currency nur aus Dakota bekannt.
Abb. 1: 2 Dollars, 18. Dezember 1872, in der Zeit von 1872 bis 1875 (John Allison/F. E. Spinner) für die First National Bank in Yankton gedruckt; Unterschriften: Mark M. Parmer/ M. K. Armstrong.
Yankton blieb bis 1883 Hauptort des Dakota-Territoriums, dann richtete man den Verwaltungssitz im aufstrebenden Bismarck ein. Am 2. November 1889 entstanden aus dem Dakota Territory die beiden neuen US-Bundesstaaten South Dakota und North Dakota; Bismarck wurde zur Hauptstadt von Nord-Dakota erklärt.
Der Stadt gab man Anfang Juli 1873 den neuen Namen Bismarck in der Hoffnung auf Geldgeber aus dem neugegründeten Deutschen Reich. Am 11. Juli 1873 erschien die Nr. 1 der „Daily Bismarck Tribune“. James Davis, der Archivar des Staatsarchivs von North Dakota bestätigte: „Die Stadt hieß zuvor Edwinton und wurde dann 1873 in Bismarck umbenannt – ein Versuch, mehr deutsche Investoren für die damals in der Gegend tätigen Northern Pacific zu finden“. Die Eisenbahngesellschaft war in Geldnöten; große Finanzeinlagen deutscher Geldgeber gab es jedoch nicht.
Abb. 2: Bismarck, Hauptstadt von North Dakota, Stadtansicht von 1883.
In den folgenden Jahren, besonders nach den Gold- und Silber-Funden 1874 in den Black Hills, entwickelte sich die Stadt zu einem wirtschaftlichen, kulturellen und Finanz-Zentrum.
Es gründeten sich sechs Privatbanken in Bismarck, die eigene Banknoten ausgaben:
The First National Bank of Bismarck
Die Bank wurde 1879 eröffnet, erhielt im selben Jahr unter der Charter-Nr. 2434 das Recht zur eigenen Banknoten-Ausgabe (National Currency). Die zweitälteste Bank von North Dakota bestand bis 1935 und war eine der wenigen, die sowohl Territorial- wie auch Staats-Banknoten ausgaben. Das Bankgebäude brannte am 8. August 1898 ab und wurde später am gleichen Ort wieder errichtet. Die FNB Bismarck ließ Banknoten verschiedener Typen drucken:
10 $ – Typ 1875 | 6.060 Banknoten | mit „Territory of Dakota“ |
20 $ – Typ 1875 | 2.020 Banknoten | mit „Territory of Dakota“ |
10 $ – Typ 1875 | 9.192 Banknoten | mit „North Dakota“ |
20 $ – Typ 1875 | 3.064 Banknoten | mit „North Dakota“ |
10 $ – Typ 1882 | 16.030 Banknoten | mit „North Dakota“ |
20 $ – Typ 18821) | 2.010 Banknoten | mit „North Dakota“ |
10 $ – Typ 188222) | 5.008 Banknoten | mit „North Dakota“ |
20 $ – Typ 18822) | 8.336 Banknoten | mit „North Dakota“ |
10 $ – Typ 19023) | 25.008 Banknoten | mit „North Dakota“ |
20 $ – Typ 19023) | 8.336 Banknoten | mit „North Dakota“ |
10 $ – Typ 19024) | 23.289 Banknoten | mit „North Dakota“ |
20 $ – Typ 19024) | 7.763 Banknoten | mit „North Dakota“ |
Von den 1875er Territorial-Noten zu 10 und 20 Dollars wurden bis heute keine Stücke gefunden. Auch die sog. Smal size notes, die kleinformatigen 1929er Banknoten, wurden von der First National Bank ausgegeben.
Abb. 3: 10 Dollars Staats-Note, 2. November 1889, in der Zeit von 1889 bis 1891 (W. S. Rosecrans/J. N. Huston) für die First National Bank of Bismarck gedruckt; Unterschriften: O. H. Whitaker/H. R. Porter.
Abb. 4: 20 Dollars Staats-Note, 2. November 1889, in der Zeit von 1889 bis 1891
(W. S. Rosecrans/J. N. Huston) für die First National Bank of Bismarck gedruckt; Unterschriften: W. A. Dillon/Asa O. Fisher.
Abb. 5: 20 Dollars Staats-Note, 4. September 1899, in der Zeit von 1899 bis 1905
(J. W. Lyons/Ellis H. Roberts) für die First National Bank of Bismarck gedruckt; Unterschriften: F. E. Shepard/Clarence B. Little.
Abb. 6: 20 Dollars Staats-Note, 3. September 1919, im Jahr 1919
(Houston B. Teehee/John Burke) für die First National Bank of Bismarck gedruckt;
Unterschriften: Frank E. Shepard/Clarence B. Little.
Abb. 7: Anzeige der FNB of Bismarck in der „Daily Bismarck Tribune“ vom 3. April 1900.
Abb. 8: Hauptgebäude der FNB of Bismarck, um 1920; heute: Standort der BNC National Bank, 322 E. Main Avenue/4th St., Bismarck.
The Bismarck National Bank
Die zwischen 1882 und 1888 existierende Bank gab nur 5-Dollars-Noten des Typs 1875 aus:
5 $ – Typ 1875 | 6.652 Banknoten | mit „Territory of Dakota“ |
Im Jahre 1886 waren davon 2.250 Scheine im Umlauf; nur ein Exemplar ist bis heute nachweisbar.
Abb. 9: 5 Dollars Territorial-Note, 3. Mai 1882, in der Zeit von 1882 bis 1883 (B. K. Bruce/James Gilfillan) für die Bismarck National Bank gedruckt; Unterschriften: W. B. Bell/J. W. Raymond.
The Capital National Bank of Bismarck
Auch die CNB bestand nur wenige Jahre. Zwischen 1883 und 1896 gab die Bank ebenfalls Territorial- und Staats-Noten zu 5 Dollars aus. Es sind aber nur zwei Banknoten bekannt, eine davon ist eine Territorial-Note, die andere eine Staats-Note – beide vom Typ 1882. Die Bank ließ in den 14 Jahren Banknoten im Wert von nur 74.260 Dollars in Nutzen zu vier Noten auf einem Druckbogen drucken:
5 $ – Typ 1882 | 5.348 Banknoten | mit „Territory of Dakota“ |
5 $ – Typ 1882 | 9.504 Banknoten | mit „North Dakota“ |
Abb. 10: 5 Dollars Territorial-Note, 23. Juni 1883, in der Zeit von 1883 bis 1885
(B. K. Bruce/A. U. Wyman) für die Capital National Bank Bismarck gedruckt; Unterschriften: E. H. Wilson/N. G. Ordway.
Abb. 11: 5 Dollars Staats-Note, 2. November 1889, in der Zeit von 1889 bis 1891
(W. S. Rosecrans/J. N. Huston) für die Capital National Bank Bismarck gedruckt; Unterschriften: ?
The Merchants' National Bank of Bismarck
Die Geschäftstätigkeit dieser Bank, 1884 gegründet, dauerte weniger als ein Jahr. Banknoten von ihr wurden noch nicht gefunden. Es müssten Territorium-Noten zu 5 Dollars der Ausgabe 1882 mit der Charter No. 3169 sein. Nur 1.125 Bögen zu 4 Nutzen à 5 Dollars wurden vom BEP Washington gedruckt:
5 $ – Typ 1882 | 4.500 Banknoten | mit „Territory of Dakota“ |
Davon waren bei der Bankschließung am 28. Oktober 1884 noch 414 Exemplare im Umlauf – 1891 waren es nur noch 134 und 1909 lediglich 37 Banknoten.
Abb. 12: 5 Dollars Territorial-Note 1884, Rückseite, Vergleichsstück/FNB Mayville (Territory of Dakota), hier mit Charter-Nr. 3673.
Die Unterschriften auf der Vorderseite waren B. K. Bruce und A. U. Wyman sowie die des Schatzmeisters Edward McMaron und des Bankpräsidenten John A. McLean. Auf der Rückseite wurden stets die Wappen der jeweiligen Bundesstaaten links abgebildet – im Fall der National-Banknoten vom Dakota-Territorium waren es ein Baum in der Landschaft, Pfeile und Bogen und ein fahrbarer Amboss – darüber die dreizehn Sterne mit dem Wahlspruch „Liberty and Union, now and forever, one and inseparable“.
Abb. 13: Jahresbericht des Finanzministers über die Finanzlage 1884, Bilanzübersicht
der MNB, Bismarck, der Währungs-Rechnungsprüfer an den US-Kongress.
The City National Bank of Bismarck
Die CNB wurde erst 1909 gegründet und erhielt das Recht einer eigenen Banknoten-Ausgabe im selben Jahr unter der Charter-Nr. 9622 (W = West). Der Unternehmer P. C. Remington war jahrelang Präsident der CNB. Die Bank bestand bis 1926 und gab in dieser Zeit drei verschiedene Wertstufen in einem Umfang von 456.200 Dollar aus.
5 $ – Typ 1902 | 34.100 Banknoten | mit „North Dakota“ |
10 $ – Typ 1902 | 17.142 Banknoten | mit „North Dakota“ |
20 $ – Typ 1902 | 5.714 Banknoten | mit „North Dakota“ |
Abb. 14: Außen- und Innenansicht der City National Bank of Bismarck
(aus einem Prospekt der Stadt Bismarck von 1916).
Abb. 15: 5 Dollars, Staatsnote vom 12. November 1909, in der Zeit von 1909 bis 1911
(W. T. Vernon/Lee McClung) für die City National Bank of Bismarck gedruckt; Unterschriften: J. A. Graham/P. C. Remington.
Abb. 16: Titelseite der »Bismarck Daily Tribune« vom 16. Juni 1915 mit Karikaturen zu drei lokalen Bankern (C. B. Little, P. C. Remington, I. P. Baker).
Von den beschriebenen Nationalbanken der 1880er Jahre in Bismarck hatte nur eine bis in die 1920er Jahre überlebt: die First National Bank of Bismarck. Unter der alten Zulassungsnummer 2434 gab man auch die kleinformatigen National-Banknoten aus.
The First National Bank of Bismarck
Die First National Bank of Bismarck ließ für insgesamt 440.820 Dollars Banknoten der 1929er Ausgaben drucken:
10 $ – Typ 1929 | 13.056 Banknoten | Typ 1, 1929–1933 |
20 $ – Typ 1929 | 3.720 Banknoten | Typ 1, 1929–1933 |
10 $ – Typ 1929 | 17.772 Banknoten | Typ 2, 1933–1935 |
20 $ – Typ 1929 | 2.910 Banknoten | Typ 2, 1933–1935 |
Abb. 17: 10 Dollars 1929 Typ 1, in der Zeit von 1929 bis 1933 (E. E. Jones/W. O. Woods) für die First National Bank of Bismarck gedruckt; Unterschriften: F. E. Shepard/C. B. Little.
Abb. 18: 10 Dollars 1929 Typ 2, zwischen 1933 bis 1935 (E. E. Jones/W. O. Woods) für die First National Bank of Bismarck gedruckt; Unterschriften: F. E. Shepard/C. B. Little.
Abb. 19: 20 Dollars 1929 Typ 1, in der Zeit von 1929 bis 1933 (E. E. Jones/W. O. Woods) für die First National Bank of Bismarck gedruckt; Unterschriften: F. E. Shepard/C. B. Little.
Abb. 20: 20 Dollars 1929 Typ 2, in der Zeit von Mai 1933 bis 1935 (E. E. Jones/W. O. Woods) für die First National Bank of Bismarck gedruckt; Unterschriften: F. E. Shepard/C. B. Little.
Die Unterschiede zwischen Typ 1 und Typ 2 kann man wie folgt erkennen: Typ-1-Noten haben eine Kontrollnummer, die mit dem Buchstaben A endet, und die Charter-Nr. wurde nur zweimal in Schwarz gedruckt; Typ-2-Banknoten haben eine Kontrollnummer, die mit einer Zahl endet, und die Charter-Nr. wurde zusätzlich zweimal in Braun gedruckt.
Eine weitere, neue Nationalbank nahm im Dezember 1929 in Bismarck ihren Geschäftsbetrieb auf und ließ kleinformatige Banknoten mit der Charter-Nr. 13398 drucken, von denen 191.220 Dollar ausgegeben wurden:
The Dakota National Bank and Trust Company of Bismarck
Die Dakota National Bank and Trust Company Bismarck hatte folgende Banknoten drucken lassen:
5 $ – Typ 1929 | 9.264 Banknoten | Typ 1, 1929–1933 |
10 $ – Typ 1929 | 6.288 Banknoten | Typ 1, 1929–1933 |
20 $ – Typ 1929 | 2.208 Banknoten | Typ 1, 1929–1933 |
5 $ – Typ 1929 | 18.192 Banknoten | Typ 2, 1933–1935 |
10 $ – Typ 1929 | 9.180 Banknoten | Typ 2, 1933–1935 |
20 $ – Typ 1929 | 2.220 Banknoten | Typ 2, 1933–1935 |
Abb. 21: 5 Dollars 1929 Typ 2, zwischen 1933 bis 1935(E. E. Jones/W. O. Woods) für die Dakota National Bank & TC of Bismarck gedruckt; Unterschriften: D. P. Wagner/J. E. Davis.
Abb. 22: 10 Dollars 1929 Typ 1, zwischen 1929 bis 1933 (E. E. Jones/W. O. Woods) für die Dakota National Bank & TC of Bismarck gedruckt; Unterschriften: D. P. Wagner/J. E. Davis.
Abb. 23: 20 Dollars 1929 Typ 1, zwischen 1929 bis 1933 (E. E. Jones/W. O. Woods) für die Dakota National Bank & TC of Bismarck gedruckt; Unterschriften: D. P. Wagner/J. E. Davis.
Ebenfalls im Jahr 1935 endete der Banknotendruck der Dakota National Bank & Trust Co.,
die die Vorgängerin von Wells Fargo in Bismarck war. Die Dakota National wurde im Dezember 1929 gegründet, als es die Kontrolle über die First Guaranty Bank übernahm.
Im Jahr 1974 wurde die Bank mit der neuen Bezeichnung Dakota Northwestern Bank National Association umstrukturiert. Andere Finanzinstitute übernahmen danach diesen Bankenverband, sodass das ursprüngliche Vermögen der DNBTCo. aufgelöst wurde.
Viele Bewohner von Bismarck kennen heute den Namensgeber ihrer Stadt kaum noch oder gar nicht mehr; vor 50 Jahren hatten noch über 50 Prozent deutsche Vorfahren – der heutige Bürgermeister heißt Mike Schmitz.
Dennoch hatten sich die Hoffnungen der Gründer der Stadt nicht erfüllt, viele Deutsche in Dakota anzusiedeln –interessanterweise kamen jedoch viele Deutschstämmige aus Russland. Zum Gedenken der Gründung Bismarcks vor 100 Jahren wurde eine Messing-Medaille geprägt: „Germans from Russia in Dakota Territory“.
Abb. 24: Gedenkmünze 1973 auf die 100-Jahrfeier der Stadt Bismarck, ND.
Und zur Hundertjahrfeier der Aufnahme North Dakotas in die Union wurden 1939 sog. Wooden Nickels ausgegeben. Solche Holznickel wurden in den 1930er Jahren populär, obwohl sie bis in die 1880er Jahre zurückreichen. Während der Weltwirtschaftskrise gaben Banken aufgrund von Münzknappheit Notgeld aus, das auf dünnen Holzschindeln gedruckt war.
Abb. 25/26: 1 Wooden Nickel 1939; es existieren auch Ausgaben zu 2 und 5 Wooden Nickels (= 10 und 25 Cents).
In den Vereinigten Staaten ist ein Holznickel eine Holzmünze, die normalerweise von einem Händler oder einer Bank als Werbeaktion ausgegeben wird und manchmal gegen einen bestimmten Gegenstand wie ein Getränk eingelöst werden kann.
Abb. 27: 1 Wooden Nickel o. D. = 5 Cents (1 Tasse Kaffee).
Michael H. Schöne
Anmerkungen:
1) braunes Siegel
2) blaues Siegel
3) rotes Siegel
4) blaues Siegel
Quellen:
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