Am 18. Juli 1936 putschte eine Gruppe konservativer, republikfeindlicher Generäle gegen die gewählte spanische Regierung. Obwohl sich die überwältigende Mehrheit der Armee und der Guardia Civil den Aufständischen anschloss, blieb der erwartete Erfolg des Staatsstreiches aus. Es folgte ein fast drei Jahre dauernder Bürgerkrieg, in dem sich die Republik verzweifelt wehrte. Mit zunehmender Dauer des Bürgerkrieges nahm der Mangel an Wechselgeld zu, da ein großer Teil der Münzen eingezogen und eingeschmolzen wurden, um den wachsenden Bedarf der Kriegsindustrie zu decken. Auf der anderen Seite hortete die Bevölkerung die Münzen, immerhin hatten sie einen bestimmten Metallwert. Zuerst verschwanden die Silbermünzen, später die Münzen aus Kupfernickel und schließlich die aus Bronze.
Betriebe, Genossenschaften, Gewerkschaften, Geschäfte und sogar Privatpersonen konnten bei den täglichen Zahlungsvorgängen nur dann Wechselgeld herausgeben, wenn sie eigene Gutscheine ausstellten. Straßenbahn- und Busunternehmen, Bars und Cafés bedienten sich ebenso des Notgeldes, das grundsätzlich nur bei der ausgebenden Stelle wieder eingelöst werden konnte. So hatten die Bürger Taschen voller Geldscheine für jeden denkbaren Zahlungsanlass. Natürlich war diese Situation unhaltbar. Die zahlreichen Beschwerden der Bevölkerung veranlassten Bürgermeister und Stadträte, sich des Problems anzunehmen und kommunales Notgeld – meist mit Werten zwischen 25 Céntimos und 5 Pesetas – auszugeben. Bis Ende 1937 hatten mehr als zweitausend verschiedene Gemeinden und Organisationen fast siebentausend Scheine und etwa fünfzig Münzen ausgegeben.
„Der Gesamtwert des auf diese Weise in Umlauf gebrachten Geldes betrug 22,7 Millionen Peseten.“[1]
Die Notgeldausgaben höhlten das staatliche Münzmonopol und das Monopol der Banknotenausgabe der Notenbank aus. Daher ordnete Finanzminister Juan Negrín Lopez mit Dekret vom 6. Januar 1938 den Einzug des Notgeldes bis zum 28 Februar an. Gleichzeitig vergab die Regierung weitere Druck- und Prägeaufträge an die Fábrica Nacional de Moneda y Timbre. Trotzdem reichten die abgelieferten Münzen und Kleingeldscheine nicht aus, um den Bedarf zu decken. Daher autorisierte die Regierung durch Dekret vom 24. Februar 1938 die Banco de España Pappscheiben mit aufgeklebten Marken als Geldersatz auszugeben.
Die runden, rotbraunen Kartons haben bei einem Gewicht von etwa 5 g einen Durchmesser von 35 mm. Der einseitige schwarze Druck zeigt in einem Kreis das spanische Wappen mit der Volkskrone, flankiert von den Säulen des Herkules mit einem Band, auf dem der Wahlspruch „PLUS ULTRA“ zu lesen ist. Gedruckt wurden sie in der Factoría D in Aspe (Provinz Alicante). Auf die freie Seite waren entsprechende „Wert“-Marken aufzukleben.
Bei den Nominalen zu 5 und 25 Céntimos waren Briefmarken (sello de correos) der „republikanischen“ Post zu verwenden. Sie tragen die Aufschrift „Republica Española – Correos“. Da keine bestimmten Briefmarken vorgeschrieben waren, können dabei alle damals gültigen Marken vorkommen, sodass es eine große Zahl verschiedener Ausgaben gibt.
Die Werte zu 10 und 15 Céntimos waren mit Gebührenmarken (timbre móvil) zu versehen.
Sie haben die Aufschrift „Especial Movil“. Die Marken zu 10 Céntimos sind in braunem, die zu 15 Céntimos in rotem Druck ausgeführt.[2] Ein Dekret vom 22. Oktober 1938 bestimmte, dass anstelle der Gebührenmarken zu 10 Céntimos Briefmarken treten sollten, da es in der Vergangenheit häufig zu Verwechslungen mit der Marke zu 15 Céntimos gekommen war.
Ausgaben nach dem Dekret vom 24. Februar 1938:
Abb. 1: Cartón moneda, einheitliche Rückseite
Abb. 2: Cartón moneda, 5 Céntimos mit Sello de Correos (Briefmarke)
Abb. 3: Cartón moneda, 5 Céntimos mit Sello de Correos
Abb. 4: Cartón moneda, 10 Céntimos mit Timbre Móvil (Gebührenmarke)
Abb. 5: Cartón moneda, 15 Céntimos mit Timbre Móvil
Abb. 6: Cartón moneda, 25 Céntimos mit Sello de Correos
Abb. 7: Cartón moneda, 25 Céntimos mit Sello de Correos
Ausgaben nach dem Dekret vom 22. Oktober 1938:
Abb. 8: Cartón moneda, 10 Céntimos mit Sello de Correos
Abb. 9: Cartón moneda, 10 Céntimos mit Sello de Correos
Vom Publikum beklebte Pappscheiben:
Abb. 10: Cartón moneda, 15 Céntimos mit Sello de Correos
Abb. 11: Cartón moneda, 15 Céntimos mit Sello de Correos
Abb. 12: Cartón moneda, 20 Céntimos mit Sello de Correos
Abb. 13: Cartón moneda, 30 Céntimos mit Sello de Correos
Abb. 14: Cartón moneda, 30 Céntimos mit Sello de Correos
Abb. 15: Cartón moneda, 40 Céntimos mit Sello de Correos
Abb. 16: Cartón moneda, 40 Céntimos mit Sello de Correos
Abb. 17: Cartón moneda, 45 Céntimos mit Sello de Correos
Abb. 18: Cartón moneda, 45 Céntimos mit Sello de Correos
Abb. 19: Cartón moneda, 50 Céntimos mit Sello de Correos
Abb. 20: Cartón moneda, 50 Céntimos mit Sello de Correos
Abb. 21: Cartón moneda, 60 Céntimos mit Sello de Correos
In der Praxis sah es so aus, dass die Pappscheiben nicht nur, wie amtlich vorgeschrieben, mit den Marken zu 5, 10, 15 und 25 Céntimos beklebt wurden, sondern es wurden auch andere Werte, wie z. B. zu 20, 30, 45 Céntimos, aufgeklebt. Statt der Gebührenmarken wurden auch Briefmarken benutzt. Wie lässt sich dies erklären? Die Banco de España gab die leeren Pappschreiben an die Geschäftsbanken weiter, die sie mit den Marken beklebten und dann als Wechselgeld an das Publikum abgaben. Möglicherweise verfuhren die Banken ihrerseits ähnlich wie die Notenbank und überließen das Bekleben den Bankkunden.
Nach der Einnahme Madrids durch Francos Militär am 28. März 1939 brach der Widerstand der republikanischen Truppen zusammen und wenige Tage später war das ganze Land in der Hand der Putschisten. Geldpolitisch hatte dies weitreichende Folgen. Über Nacht wurde das Geld der Republik wertlos. Dies galt auch für das Briefmarkengeld. Die Cartón-monedas sind heute keineswegs selten. Im Fachhandel und auf den spanischen Flohmärkten sind die runden mit Marken beklebten Pappscheiben je nach Erhaltung für 3 bis 6 € zu haben.
Uwe Bronnert
Anmerkungen [1] Josep M. Bricall, Die spanische Wirtschaft, in: Der Spanische Bürgerkrieg,
Eine Bestandsaufnahme von Manuel Tuñón de Lara, Julio Aróstegui, Ángel Viñas,
Gabriel Cardona und Josep M. Bricall, Frankfurt am Main 1987, S. 572.
[2] S. Juan Bta. Miró Agulló, El Sello Moneda de la República, Monografía del Sello Moneda durante la Guerra Civil 1936-1939, Alcoy Febrero 2008.
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