Die CP3-Token zu ½ d und 1 d der British Armed Forces. Bereits bei der Besprechung am 5. März 1946 im Kriegsministerium waren sich die Teilnehmer darüber einig, dass zur Ergänzung der geplanten British Armed Forces Special Voucher (BAFSV) Wertmarken[1] zu ½d und 1d ausgegeben werden sollten. Man dachte dabei an Token, wie sie bereits seit längerer Zeit in Frankreich von den NAAFI-Einrichtungen verwendet wurden.
2023 versorgte die Navy, Army and Air Force Institutes – kurz NAAFI – britische Militärangehörige und ihre Familien in Großbritannien, Nordirland, Deutschland, auf den Falkland-Inseln, auf Ascension, Brunei und Gibraltar. Die 1920 von der britischen Regierung gegründete NAAFI war ein Zusammenschluss früherer Organisationen zur Versorgung der britischen Streitkräfte. Sie unterhält Erholungs-, Sport- und Freizeiteinrichtungen für Angehörige der britischen Streitkräfte und ihre Familien im In- und Ausland. Die NAAFI betreibt Clubs, Bars, Restaurants, Cafés, Wäscherein, Geschäfte und Supermärkte auf den meisten Militärstützpunkten, außerdem Kantinen auf größeren Schiffen der Marine.
Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges stieg die Zahl der Einrichtungen von 1.350 auf fast 10.000, darunter 800 Kantinen auf Schiffen und 900 mobile Kantinen. Nach Kriegsende sank die Zahl der Einrichtungen schnell und die Zahl der Beschäftigten halbierte sich auf nahezu 65.000 im Jahr 1947. 1955 verlegte NAAFI ihren internationalen Hauptsitz ins JHQ Rheindahlen bei Mönchengladbach, dem Hauptquartier der Britischen Rheinarmee.
[Angaben nach WIKIPEDIA]
J. R. Trevaldwyn war nicht nur für das Papiergeld zuständig, sondern auch für die Beschaffung der ½d- und 1d-Token. Es war bekannt, dass De La Rue bereits 1944 für die NAAFI Wertmarken gefertigt hatte, die in Frankreich im Gebrauch waren. Hierbei handelte es sich um achteckige, braune ½-Franc-Marken [möglicherweise auch um 1-Franc-Münzen] aus Laminat, einem Material, das mit CP3 bezeichnet wurde. Vermutlich handelt es sich um einen Verbundstoff aus einem Kunstharz (möglicherweise Phenol), das entweder mit Papier oder Stoff verbunden ist, daher die sichtbare Struktur. Die daraus hergestellten Münzen sind leicht, aber stark und steif, haltbar und wasserfest.[2] Ihre Ausgabe war wegen des Mangels an Kleingeld notwendig.
Abb. 1: NAAFI, o. D., ½ Franc, Vorder- und Rückseite, Ø 24 mm, Material: CP3,
aufgedruckte Schrift.
Abb. 2: NAAFI, o. D., ½ Franc, Vorder- und Rückseite, Ø 24 mm, Material: CP3, aufgedruckte Schrift. Anhand der Schriftgröße können drei Ausgaben unterschieden werden: 0,5, 1,5 und 2,5 mm.
Trevaldwyn lud De La Rue-Vertreter ein, um über die Lieferung von Token an die britische Armee zu verhandeln. Bei dem Treffen, das am 22. März 1946 stattfand, legte er den beiden Firmenvertretern auch farbige Kunststoffmarken über 10 und 20 Groschen vor. Es stellte sich heraus, dass die in Österreich verwendeten Marken nicht von De La Rue stammten.
Sie waren wohl erst kurze Zeit vorher von der Firma Wollen & Co. Ltd. aus Sheffield angefertigt worden.[3]
Abb. 3: NAFFI, o. D., 10 Groschen, Vorder- und Rückseite, Ø 25 mm, Material: Plastik.
Abb. 4: NAFFI, o. D., 20 Groschen, Vorder- und Rückseite, Ø 25 mm, Material: Plastik.
Die De La Rue-Vertreter waren der Meinung, dass diese aus Plastik bestehenden Stücke leicht zu fälschen seien und rieten daher entschieden davon ab, die neuen Marken aus diesem Material herstellen zu lassen, dagegen seien die „französischen“ Laminatmarken ausreichend gegen Fälschungen gesichert und auch der vom Kriegsministerium gewünschte Metallfaden überflüssig. Bei einer Menge von 2 Millionen Stück rechnete man mit Kosten von 7 Shillings pro 1000 Stück. Wie es scheint, war man jedoch nicht besonders an dem Auftrag interessiert, denn De La Rue wies darauf hin, dass man nicht der einzige größere Hersteller dieser Tokens sei und schlug vor, die Produktion auf mehrere Unternehmen zu verteilen, wenn das Kriegsministerium einen größeren Auftrag schnell erledigt haben wolle.
Am 5. April 1946 informierte Trevaldwyn den Paymaster-in-Chief C. E. Key über den Stand der Dinge. Er schlug vor, auf einer Seite der Münze „BRITISH ARMED FORCES“ und auf der anderen die Wertbezeichnung anzubringen. Als Material käme das bewährte Laminat mit der Bezeichnung CP3 in Frage, das De La Rue Insulations Ltd. 1944 bei den NAAFI-Franc-Münzen verwendet hatte. Alle Wertmarken könnten auch in der gleichen Farbe hergestellt werden, da sie ja unterschiedlich groß seien. Für die Halfpenny-Münze schlug er die Größe der 6-Pence-Münze und für die Penny-Münze die eines Shillings vor.
Abb. 5: British Armed Forces, o. D. (1946), ½d, Vorder- und Rückseite, Ø 25 mm, Material: CP3.
Abb. 6: British Armed Forces, o. D. (1946), 1d, Vorder- und Rückseite, Ø 28 mm, Material: CP3.
Key war jedoch der Ansicht, dass die vorgeschlagenen Größen für eine einfache Handhabung zu klein seien. Für die ½d-Token wünschte er die Größe eines Shillings und für die 1d-Marken die einer Zwei-Shillings-Münze. Auch sollten die Münzen eine runde Form haben, um mögliche Verwechslungen mit den achteckigen ½-Franc-Token zu vermeiden. Ferner wünschte er auf beiden Seiten eine Wertangabe.
Obwohl Deputy Paymaster-in-Chief, Brigadier Harry Golding (1889 – 1969), eine Menge von knapp 2 Millionen Marken (jeweils 600 Kisten mit 1600 Token) für ausreichend ansah, hielt es Trevaldwyn für klüger gleich für jeden Wert 1.600.000 Token – also je Wert 1.000 Kisten – anzufordern, um auch den Bedarf für die britische Besatzungszone in Österreich abdecken zu können und noch eine Reserve für Deutschland zu haben.
Am 8. April 1946 bestellte Trevaldwyn beim Versorgungsministeriums die CP3-BAF-Token mit den von Key gewünschten Änderungen. Gleichzeitig bat er, die beiden Token möglichst verschiedenfarbig herstellen zu lassen. Es ist seltsam, dass das Ministerium diesem Wunsch nicht nachkam und weiterhin dem braunen Laminat-Werkstoff den Vorzug gab. Dies ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass sich der Manager der Overseas Institutes Services in einem Schreiben an den Chief Controller des Versorgungsministeriums darüber beschwerte hatte, dass die Marken für den normalen Gebrauch untauglich seien. Er bemängelte die winzige Schrift auf ihnen, die nur mit einer Lupe zu lesen sei. Besonders in Zeiten starken Andrangs sei das Verkaufspersonal kaum in der Lage, Fälschungen zu erkennen.
[Er übersah aber dabei, dass genau deshalb die winzige Schrift mit der Firma De La Rue vereinbart worden war. Das Fälschen der Münzen sollte damit erschwert werden.]
Überhaupt war der Manager vom Design der neuen Wertmarken enttäuscht. Er zweifelte an der Akzeptanz dieser Token, da die Truppe sich an den früheren mit der eindeutigen Aufschrift „Half Franc“ gewöhnt habe. Wegen des dringen Bedarfs müsse man sich mit neuen 5.000.000 Wertmarken arrangieren. Allerdings sollte man die Angelegenheit später wieder aufgreifen und wirklich gute, hellfarbige und entsprechend gekennzeichnete Wertmarken schaffen.
Abb. 7: NAAFI, 1944, ½ Franc, Vorderseite, Ø 24 mm, Vorder- und Rückseite, Material: CP3, incuse Schrift.
Im Februar 1946, als die Herstellung der Wertmarke für den Gebrauch in Österreich dringend notwendig wurde, beauftragte das Versorgungsministerium, zweifellos mit Blick auf die kritischen Bemerkungen der NAAFI, die Wollen & Co. Ltd. mit der Fabrikation der bunten Groschenmarken. Es wundert andererseits, dass das Versorgungsministerium bei den BAF-Token am unpopulären braunen Laminat-Material festhielt.
Die BAF-Token blieben auch nach der Außerkurssetzung der ersten Serie der BAFSV im Umlauf. Sie dürften spätestens am 15. Februar 1971 mit der Einführung der Dezimalwährung in Großbritannien ungültig geworden sein.
Uwe Bronnert
Anmerkungen
[1] Die Begriffe Wertmarke, Marke, Token, Münze usw. werden synonym verwendet.
[2] Vgl. British Armed Forces NAAFI tokens, <https://www.modip.ac.uk/blog/2022/09/british-armed-forces-naafi-tokens> (30.01.2024).
[3] Als die NAAFI am 6. Juli 1944 die Einführung der braunen französischen Wertmarken ankündigte, wurde die Firma Wollen & Co. Ltd. aus Sheffield, Hersteller von Wertmarken und Fahrkarten, beim Versorgungsministerium vorstellig und wünschte, bei zukünftigen Aufträgen von Wertmarken ebenfalls berücksichtigt zu werden.
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