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AutorenbildHans-Ludwig Grabowski

Das Ende der DDR-Banknoten

Aktualisiert: 26. März 2021

In einer Untertageanlage bei Halberstadt in Sachsen-Anhalt lagerten seit Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts die Restbestände an Banknoten der DDR.

Die ehemalige Staatsbank der DDR war nach der Währungsunion damit betraut worden das DDR-Geld aus dem Verkehr zu ziehen und hatte die Einlagerung der Geldscheine in unterirdische Stollen angeordnet. Seit der Übernahme der Staatsbank war die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Eigentümerin des DDR-Papiergelds, das in den Stollen hinter einer zwei Meter dicken Betonwand verrotten sollte.

Angelegt wurden die Stollen im Jahr 1944 als Teil eines Außenlagers des Konzentrationslagers Buchenwald. Das sog. Projekt „Malachit“ diente ausschließlich der unterirdischen Rüstungsproduktion in den Thekenbergen bei Halberstadt. Anfang 1945 befanden sich bereits über 5.000 Häftlinge im Lager Langenstein-Zwieberge, das eigentlich nur für 2.000 Häftlinge konzipiert war. Unter schwierigsten Bedingungen mussten sie am Ausbau des ausgedehnten Stollen-Systems arbeiten. Insgesamt umfassten die Haupt- und Querstollen eine Länge von etwa 13 km in einer Tiefe von 30 bis 50 m unter der Erde. Zur Rüstungsproduktion, dem Geheimprojekt „Makrele“ im Rahmen der V2-Produktion, kam es nicht mehr. Kurz vor der Befreiung durch US-Truppen wurde das Lager evakuiert und über 3.000 Häftlinge auf einen 330 km langen „Todesmarsch“ geschickt, den die meisten nicht überlebten.


Ein Bündel der nicht mehr ausgegebenen 500-Mark-Scheine der Staatsbank der DDR in Originalverpackung mit 1000 Stück im Gesamtwert von 500.000 Mark.



Zu DDR-Zeiten wurde das weitverzweigte Stollen-System von der Nationalen Volksarmee (NVA) als Munitionsbunker genutzt. Das Mitte der 1980er Jahre aufwendig sanierte und technisch modern ausgestattete Objekt, die sog. „Untertage-Anlage Halberstadt“, wurde schließlich 1994 von der Bundeswehr an eine private Verwaltungs- und Verwertungsgesellschaft (GEVA GmbH) verkauft. In den Stollen lagerten etwa 100 Milliarden Ostmark.

Nach der deutschen Einheit 1990/1991 hatte man die Banknoten mit Hilfe der Bundeswehr und NVA in die Stollen eingelagert. Hierzu waren immerhin 300 LKW-Ladungen nötig. Säckeweise endeten die Geldscheine im Dunkel des Berges. Experten der Staatsbank rechneten damals damit, dass sich die Scheine binnen kurzer Zeit zu Humus zersetzen würden. Die geringe Temperatur von 8 bis 10 °C und die fehlende Luftfeuchtigkeit im Sandstein-Massiv verhinderten dies jedoch und so hielt sich das „Ost-Geld“ erstaunlich lange.



Das plötzliche Auftauchen von bisher unbekannten und nie ausgegeben 200- und 500-Mark-Noten der Staatsbank der DDR „verdanken“ die Sammler nicht ganz legalen „Abfällen“ der Einlagerungs-Aktion genauso, wie das Bekanntwerden von DDR-Militärgeld.


Mit einem Radlader wurden insgesamt 600 Millionen alte DDR-Banknoten aus einem Stollen in den Theken­bergen bei Halberstadt geholt.


Im Sommer 2001 bemerkte ein Wachmann einen Durchbruch der Betonmauer und schnappte zwei Einbrecher auf frischer Tat als sie gerade dabei waren, bündelweise DDR-Banknoten aus dem Stollen zu schleppen. Die beiden Einbrecher, die ganz offensichtlich gezielt 200- und 500-Mark-Noten im Gesamtwert von 600.000 Mark entwendet hatten, landeten im Juli 2001 vor einem Magdeburger Gericht. Schnell wurde klar, dass einige technische Sicherheitsmängel der Anlage schon in der Vergangenheit Dieben leichtes Spiel erlaubten und schon am ersten Verhandlungstag musste man sich eingestehen, dass die Angeklagten nur durch reinen Zufall gefasst werden konnten. So war über lange Zeit der Zugang durch offene Lüftungsschächte in die verzweigten Gänge relativ problemlos möglich, und das Gelände hatte sich zu einem regelrechten Tummelplatz für Jugendliche aus Halberstadt und der Umgebung entwickelt. Party feiern am „Milliardengrab“ war keine Seltenheit. Hinzu kamen die Sorgen des einschlägigen Fachhandels, dass der Sammlermarkt für DDR-Geldscheine völlig einbrechen könnte, wenn immer neue Stücke in derartigen Mengen angeboten würden. Tatsächlich haben sich die Preise denn auch in dieser Zeit stetig nach unten entwickelt.

Im Sommer 2001 entschloss sich deshalb die KfW dafür, das DDR-Geld aus Sicherheitsgründen endgültig zu entsorgen. Hierzu wurden verschiedene Möglichkeiten auch in der Praxis getestet. Eine Verbrennung erwies sich schließlich als das schnellste und kostengünstigste Verfahren.


Abtransport des DDR-Papiergelds. Drei Monate lange fahren jeden Tag sechs voll beladene LKW den „Währungsmüll“ in eine Müllverbrennungsanlage.


Ende März 2002 startete die KfW dann die endgültige Entsorgung der DDR-Banknoten. Hierzu wurden die Stollen mit Spezialgerät aufgebrochen, Radlader holten das Geld aus den Gängen, in einem Trommelsieb wurde Sand und Kies von den Scheinen getrennt. Dann wurde das Geld per Radlader in Container verladen und mit LKW nach Buschhaus gebracht, wo die Verbrennung der Scheine in der dortigen Müllverbrennungsanlage erfolgte. Abgeschlossen wurde die Vernichtung der Scheine Ende Juni 2002. Insgesamt mussten zwei komplette Stollen-Abschnitte von 300 m Länge geräumt werden. Das Volumen des eingelagerten Materials (600 Millionen Geldscheine mit einem Gewicht von mehr als 3000 Tonnen) betrug 4.500 Kubikmeter. Erschwert wurde die Arbeit durch den Umstand, dass die Scheine teilweise lose, gebündelt, in Säcken verpackt oder mit Sand und Kies bedeckt waren. Ein Container fasste 33 Kubikmeter Volumen. Im Durchschnitt wurden jeden Tag sechs Container (je ca. zehn Tonnen) beladen. Bedenkt man, dass insgesamt 300 Container für den Abtransport des Papiergelds nötig waren, so gäbe das aneinandergereiht eine LKW-Schlange von zwei Kilometer Länge. Nach etwa drei Monaten gingen dann die letzten Scheine mit Marx und Engels in Flammen auf.


Die TRV Buschhaus der BKB in Helmstedt ist Endstation für die ehemaligen DDR-Banknoten. Bei der Verbrennung der etwa 3000 Tonnen Geldscheine wurde Strom erzeugt, die Schlacke landete im Straßenbau.


Für einige der ostdeutschen Arbeiter war es am Anfang natürlich ein seltsames Gefühl, das alte Geld vernichten zu müssen. So ist es auch kein Wunder, wenn sich ein Kollege der Firma „Schachtbau Nordhausen“ erinnert:

„Wir haben schon in den 80er Jahren hier im Schacht gearbeitet. Als ich nun zum ersten Mal wieder hier runter kam und unser ganzes altes Geld sah, kamen da schon Emotionen hoch. Vor allem, als ich die ganz alten Banknoten sah, die ich noch aus meiner Kindheit kannte. Meine Mutter verdiente damals gerade ’mal 200 Mark im Monat, da war der 50-Mark-Schein das höchste und wertvollste, was wir kannten. Dass es auch einen Hunderter gab, habe ich erst jetzt gesehen, den kannte ich gar nicht, das war jenseits meiner Vorstellungskraft als Kind, dass es so etwas Wertvolles auch gibt.“

Der Feuertod der Geldscheine bei 1.200°C Hitze diente der Stromerzeugung. Der Ofen der Müllverbrennungsanlage konnte 22 Tonnen Müll pro Stunde verbrennen. Das DDR-Geld hätte ihn somit fast sechs Tage ununterbrochen unter Feuer halten können. Übrig blieben einige 100 Tonnen Schlacke, die im Straßenbau eingesetzt wurden.

Ohne die Leidenschaft der Sammler wäre dies dann also das endgültige Aus der DDR-Banknoten. Dem Sammlermarkt hat es gut getan und über kurz oder lang könnten Preise für das mittlerweile historische DDR-Papiergeld nicht nur stabil bleiben, sondern möglicherweise auch wieder steigen. Und sollte dem einem oder anderen Sammler ein leicht muffiger Geruch mancher alter DDR-Noten aufgefallen sein, so kann er nun mit Fug und Recht annehmen, dass auch dieses „Sammlerstück“ aus dem Stollen in den Thekenbergen bei Halberstadt stammt.


Hans-Ludwig Grabowski

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