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AutorenbildUwe Bronnert

Das Lied der Deutschen wurde vor 100 Jahren zur deutschen Nationalhymne

Aktualisiert: 20. Feb.

Die deutsche Nationalhymne ist bei vielen Anlässen zu hören – bei staatlichen Feiern, bei Staatsempfängen, bei Siegerehrungen oder auch vor Anpfiff von Länderspielen. Mal eher getragen gespielt, mal mit etwas mehr Schwung vorgetragen. Vor 100 Jahren rief der sozialdemokratische Reichspräsident Friedrich Ebert dazu auf, das Deutschlandlied und die Farben Schwarz-Rot-Gold als nationale Symbole der Weimarer Republik anzuerkennen; „… so wie einst der Dichter, so lieben wir heute ‚Deutschland über alles‘. In Erfüllung seiner Sehnsucht soll unter den schwarz-rot-goldenen Fahnen der Sang von Einigkeit und Recht und Freiheit der festliche Ausdruck unserer vaterländischen Gefühle sein …“ In seiner Proklamation vom 11. August 1922 erklärte er das Deutschlandlied zur Nationalhymne.

Abb. 1: Bundesrepublik Deutschland, Gedenkmünze zu 5 DM von 1975. 50. Todestag des Reichspräsidenten Friedrich Ebert.


Den Text der Hymne schrieb der Dichter August Heinrich Hoffmann [* 2. April 1798 in Fallersleben, Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg (Hannover); † 19. Januar 1874 in Corvey], der sich nach seinem Geburtsort von Fallersleben nannte, am 26. August 1841 auf der Insel Helgoland, die damals zu England gehörte.


Abb. 2: Das Lied der Deutschen, Handschrift aus dem Nachlass von Fallersleben.1)


Abb. 3: Das Lied der Deutschen, Transkription.


Abb. 4: Bundesrepublik Deutschland, 2016, 20 Euro, 175 Jahre Deutschlandlied,

Brustbild Hoffmann von Fallersleben.

Am 6. Oktober 2016 gab das Bundesministerium der Finanzen eine 20-Euro-Gedenkmünze heraus, auf deren Vorderseite ein Porträt von Hoffmann von Fallersleben mit dem Text EINIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT zu sehen ist. Als Vorlage diente ein Stich von Christian Hoffmeister, nach einem Bild von E. Fröhlich. Der Rand ist mit … SIND DES GLUECKES UNTERPFAND beschriftet.


Als sein Hamburger Verleger Campe ihn auf Helgoland besuchte und „Das Lied der Deutschen“ las, kaufte er es spontan für vier Louis d’or. Nur fünf Tage später veröffentlichte es Campe als Einblattdruck, indem er dem Text Joseph Haydns Melodie „Gott erhalte Franz den Kaiser“ (1797) beigab.


Das „Lied der Deutschen“ wurde zu einem vielgesungenen und -rezitierten Lied des Vormärz. Öffentliche Premiere hatte es schon im Oktober 1841 anlässlich eines Fackelzugs, den die Hamburger Sänger- und Turnerschaft zu Ehren des Professors Karl Theodor Welcker veranstaltete.


Das „Lied der Deutschen“ ist eigentlich ein „Liebeslied an seine Heimat“, dessen Strophen man nur verstehen kann, wenn man sich den geschichtlichen Hintergrund vor Augen führt. Deutschland war seit 1815 nur durch ein lockeres föderatives Band verbunden. Der Deutsche Bund bestand aus 38 souveränen Staaten. Es gab kein gemeinsames Staatsoberhaupt, keine einheitliche Verwaltung und Gesetzgebung, keine einheitliche Wirtschafts-, Währungs- und Zolleinheit und auch kein einheitliches Heer. Mit den Bürgerrechten war es nicht weit her und von einer demokratischen Mitbestimmung war noch nichts in Sicht. Die Gefängnisse füllten sich schnell, da Metternich und die deutschen Fürsten alle demokratisch und freiheitlich denkenden Menschen verfolgen ließen.


Das Lied fordert sanft zur Einigkeit und Freiheit auf und nicht, wie von nationalen und nationalistischen Kreisen vor und im Ersten Weltkrieg sowie später von den Nationalsozialisten missbraucht, zur brutal erstrebten Vorherrschaft der Deutschen über den Rest der Welt. Vielmehr bringt der Dichter in den Zeilen „Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt“ seine uneingeschränkte Liebe zu Vaterland zum Ausdruck.

Auch wenn in der ersten Strophe „von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt“ gesungen wurde, so erhebt der Dichter damit keinen territorialen Herrschaftsanspruch, sondern beschreibt lediglich das Territorium des damaligen Deutschen Bundes und Deutschen Zollvereins.


Abb. 5: Karte des Deutschen Bundes.2)


Es gab kein staatliches Symbol, das von den Nationalsozialisten nicht missbräuchlich ins Gegenteil verkehrt wurde. Schon bald nach der Machtübernahme Hitlers am 30. Januar 1933 durfte die erste Strophe des Deutschlandlieds nur noch zusammen mit dem von Horst Wessel komponierten SA-Gesang „Die Fahne hoch“ erklingen.


Es ist verständlich, dass vielen Deutschen nach dem Krieg auch die Lust am Singen des Deutschlandlieds vergangen war. Dennoch stellte bereits am 29. September 1949 eine interfraktionelle Gruppe von Abgeordneten im Bundestag, anknüpfend an die demokratischen Traditionen der "Weimarer Republik", den Antrag, durch Gesetz das Deutschlandlied in seiner ursprünglichen Form zur deutschen Nationalhymne zu erklären. Anschließend entbrannte eine kontrovers geführte Debatte über die Nationalhymne. Dabei verliefen die Fronten quer durch die Parteien. Während sich sowohl Bundeskanzler Konrad Adenauer wie auch der SPD-Oppositionsführer Kurt Schumacher für das Deutschlandlied aussprachen, wünschte der damalige Bundespräsident Theodor Heuss eine neue Hymne.

Schließlich behielt Adenauer die Oberhand. In einem Briefwechsel vom 29. April und 2. Mai 1952 legten er und Heuss fest, dass die dritte Strophe bei offiziellen Anlässen zu singen sei. „Einigkeit und Recht und Freiheit“ schienen im gespaltenen Deutschland als Appell sehr zutreffend. Wie zu Zeiten des Dichters war Deutschland geteilt.


Nach dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung (Rest-) Deutschlands am 3. Oktober 1990 wurden Stimmen laut, die eine neue gesamtdeutsche Hymne forderten. Bundespräsident Richard von Weizsäcker schrieb Bundeskanzler Helmut Kohl in einem Brief vom 19. August 1991: „Die 3. Strophe des Liedes der Deutschen von Hoffmann von Fallersleben mit der Melodie von Joseph Haydn ist die Nationalhymne für das deutsche Volk.“ Kohl stimmte dem mit Schreiben vom 23. August 1991 „namens der Bundesregierung“ zu. Der Briefwechsel wurde zunächst im Bulletin der Bundesregierung vom 27. August 1991 veröffentlicht und als Bekanntmachung vom 19. November 1991 dann noch einmal im Bundesgesetzblatt Nr. 63 vom 29. November 1991.


Abb. 6.1: Gemeinde Fallersleben, 1. Oktober 1920, 10 Pfennig, Vorderseite.


Abb. 6.2: Gemeinde Fallersleben, 1. Oktober 1920, 10 Pfennig, Rückseite.


Abb. 7.1: Gemeinde Fallersleben, 1. Oktober 1920, 25 Pfennig, Vorderseite.


Abb. 7.2: Gemeinde Fallersleben, 1. Oktober 1920, 25 Pfennig, Rückseite.


Abb. 8.1: Gemeinde Fallersleben, 1. Oktober 1920, 50 Pfennig, Vorderseite.


Abb. 8.2: Gemeinde Fallersleben, 1. Oktober 1920, 50 Pfennig, Rückseite.


Die Gemeinde Fallersleben, die 1972 im Zuge der Gebietsreform in die Stadt Wolfsburg eingegliedert wurde, ehrte ihren großen Sohn mit einer Notgeldserie. Die Serienscheine zu 10, 25 und 50 Pfennig datieren vom 1. Oktober 1920. Sie haben eine einheitliche Größe von 80 x 55 mm und wurden von der Druckerei Appelhans, Braunschweig, gedruckt. Die Scheine bilden in der Mitte der jeweiligen Vorderseite in einem Kreis einen schreitenden Löwen mit der Umschrift „Magistrat zu Fallersleben“ ab. Ferner ist auf jedem Schein die Anfangszeile der ersten, zweiten bzw. dritten Strophe des Deutschlandlieds abgedruckt. Auf der Rückseite zeigen die Scheine in der linken oberen Ecke ein Brustbild Hoffmann von Fallersleben (um 1865). Der Schein zu 10 Pfennig bildet ferner ein Denkmal mit dem Titel „Denkmal von Hoffmann von Fallersleben“ ab. Der Wert zu 25 Pfennig zeigt das Schloss, das Amtsgericht und den Turm der Michaliskirche. Der Schein zu 50 Pfennig bildet schließlich das Geburtshaus des Dichters ab.


Uwe Bronnert


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