Bereits 1808 gründete Matthias Stinnes in Mülheim an der Ruhr ein Unternehmen für Schifffahrt und Kohlenhandel, das seine Geschäfte hauptsächlich mit Binnenschifffahrt an Rhein und Ruhr betrieb. Sein Enkel Hugo war seit 1892 ebenfalls im Kohlenhandel tätig und gründete 1903 die Hugo Stinnes GmbH um Kohlenhandel durch Umschlag auf Schiffen auch an der Küste betreiben zu können. Wichtige deutsche Niederlassungen entstanden in Berlin, Hamburg, Mannheim und Straßburg dazu Auslandsstützpunkte in Dänemark, Großbritannien, Italien, Russland, Schweden, der Schweiz und in den USA.
Das Unternehmen wuchs rasch und 1917 wurde die Hugo Stinnes AG für Seeschifffahrt und Überseehandel in Hamburg gegründet. Stinnes stand nun in direkter Konkurrenz zu den drei großen Reedereien HAPAG, Norddeutscher Lloyd und Hamburg Süd.
1920 wurde die Hugo Stinnes Schifffahrt GmbH gegründet, die in ihrer Flagge mit einem Bergbausymbol an den Kohlenhandel erinnert, auf den die Schiffahrt der Stinnes-Dynastie zurückgeht. Durch Beteiligung an der 1908 gegründeten Ozean-Linie der Reederei-Gruppe Schuldt, fuhren nun Stinnes-Schiffe im Liniendienst zwischen Europa und Kuba sowie Mexiko. Das Unternehmen wurde zu einem weltweit verzweigten Handels- und Schifffahrts-Konzern und weitete seine Geschäftsfelder auch auf Bergbau, Stahl- und Walzwerke, Holzwirtschaft, Chemie-Industrie, Brauerei-Wirtschaft, Druck- und Verlagswesen, Hotellerie und sogar das Filmgeschäft aus. Stinnes kontrollierte am Ende sogar Banken und Versicherungen und die "Deutsche Allgemeine Zeitung". Ihm gehörten 1.535 Unternehmen mit 2.888 Betrieben.
1923 blieben auch die Hugo Stinnes Linien nicht von der Inflation verschont. Vorstand und Aufsichtsrat beschlossen die Ausgabe von Notgeldscheinen der Niederlassungen Berlin und Hamburg.
Niederlassung Berlin
Mit Datum vom 10. August 1923 gab die Niederlassung Berlin Notgeldscheine über 1, 2 und 5 Millionen Mark aus, die ab 15. September 1923 zum Umtausch aufgerufen werden konnten. Alle Werte sind auf Papier mit Wasserzeichen C-Muster gedruckt und haben schwarze Kontrollnummern. Keller katalogisierte sie unter der Nr. 365.
Niederlassung Hamburg
Die Niederlassung in Hamburg gab Notgeldscheine über 1, 5 und 10 Millionen Mark mit Datum vom 18. August 1923 aus, die ab 25. September 1923 zum Umtausch aufgerufen werden konnten. Diese haben rote Kontrollnummern und wurden bei Keller unter der Nr. 2135a katalogisiert. Keller führt außerdem einen Schein zu 1 Million Mark mit gleichem Datum und schwarzer Kontrollnummer auf.
Eine zweite Ausgabe der Niederlassung Hamburg datiert auf den 1. September 1923. Der Notgeldschein über 1 Million Mark, konnte ab 15. Oktober 1923 zum Umtausch aufgerufen werden und hat eine grüne Kontrollnummer. Keller katalogisierte ihn unter 2135b.
Alle Hamburger Scheine haben ebenfalls das Wasserzeichen C-Muster.
Bis zum Tod von Hugo Stinnes im Jahr 1924 fuhren über 30 Schiffe unter der Stinnes-Flagge, hauptsächlich nach Mittel- und Südamerika sowie nach Ostasien.
Als das Unternehmen nach dem Tod von Hugo Stinnes in eine finanzielle Schieflage geriet, wurde 1926 die Hugo Stinnes Corporation gegründet, um US-amerikanisches Kapital aufnehmen zu können. In sie wurden alle wesentlichen Vermögenswerte der Familie Stinnes eingebracht. 1942 wurden alle Familienanteile am Vermögen der Hugo Stinnes Corporation als "Feindvermögen" beschlagnahmt und die Firma wurde versteigert.
Neben einem Containerdienst trägt heute nur noch die in Rostock ansässige Hugo Stinnes Schifffahrt GmbH den Namen Stinnes und führt als Spezialist für Überseetransporte die Tradition der Stinnes-Flotte aus den 1920er Jahren fort.
Die Notgeldscheine der deutschen Hochinflation findet man im Reprint des Keller-Katalogs aus der Reihe Deutsches Notgeld: Das Notgeld der deutschen Inflation 1923.
Text und Abb. Hans-Ludwig Grabowski
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