Mit Inkrafttreten des Versailler Vertrags am 10. Januar 1920 wurde gegen den Willen der überwältigenden deutschen Bevölkerungsmehrheit das Gebiet um Danzig vom Deutschen Reich abgetrennt. Nach Artikel 100 übernahmen die alliierten und assoziierten Mächte die Herrschaft über das Gebiet; in diesem Fall erhielt Danzig mit seinem Hinterland eine vorübergehende britische Besatzung. Eigentlich widersprach die Abtrennung Danzigs dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, das US-Präsident Wilson in seinem Vierzehn-Punkte-Programm proklamiert hatte, andererseits sollte die neu errichtete Polnische Republik einen freien Zugang zur See mit einem funktionierenden Hafen erhalten. So wurde am 15. November 1920 die Freie Stadt Danzig unter dem Schutz des Völkerbundes gegründet, in der Polen weitreichende Rechte erhielt.
Das Gebiet der Freien Stadt Danzig wurde Teil des polnischen Zollgebiets, ihre Bürger wurden diplomatisch und konsularisch im Ausland durch Polen vertreten, ein Gemeinsamer Ausschuss verwaltete den Hafen und die Wasserwege, die Eisenbahn kam unter polnische Regie und für die Verbindung mit Polen durfte ein eigener Postdienst eingerichtet werden.
Gebiet der Freien Stadt Danzig nach Artikel 100 des Versailler Vertrags.
Auch nach der Trennung vom Reich blieb Danzig Teil des deutschen Währungsgebiets. Die Reichsbank unterhielt hier weiterhin eine Hauptstelle. Die Danziger Bevölkerung und Wirtschaft machte somit alle Kapriolen der Inflation mit, einschließlich diverser Notgeldausgaben in den Jahren 1922 und 1923. Neben der Verwaltung der Stadtgemeinde Danzig beteiligte sich auch die Stadtgemeinde Zoppot (poln. Sopot) an der Ausgabe.
1823 erhielt der elsässische Arzt Johan Georg Haffner (* 21. September 1775 in Colmar; † 20. April 1830 in Danzig) von der preußischen Regierung die Genehmigung im Fischerort Zoppot einen Strandbadbetrieb mit Kursanatorium zu betreiben. Das für den Betrieb notwenige Gelände wurde ihm in Erbpacht überlassen. Die Wahl des Ortes erwies sich als ausgesprochen glücklich. Die bewaldeten Höhenzüge schützten den Ort vor Nord- und Westwind, sodass die Luft nicht nur milder, sondern auch mückenfrei ist. Auch das Meerwasser ist wärmer und hat einen deutlich geringeren Salzgehalt als im westlichen Teil der Ostsee. Die große Zeit des Ortes kam freilich erst mit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. 1901 wurde Zoppot Stadt, entwickelte sich zu einem mondänen Seebad und verfügte bereits 1919 über ein Spielkasino. In der Zwischenkriegszeit gewann die 1909 eröffnete Zoppoter Freilichtbühne an internationaler Bedeutung. 1922 wurde hier Wagners Oper „Siegfried“ aufgeführt.
Die begeisterten und überschwänglichen Kritiken riefen ein jährlich stattfindendes Wagner-Festival ins Leben. Die Waldoper wurde zum Mekka der europäischen Opernszene und man nannte Zoppot auch das „Bayreuth des Nordens“.
1923 hatte Zoppot weniger als 30.000 Einwohner. Der Wertverfall der Mark Anfang August veranlasste die Stadtverwaltung unter dem Datum des 13. August 1923 Notgeldscheine zu 500.000 und 5 Millionen Mark deutscher Reichswährung auszugeben. Es folgte mit Datum vom 20. September noch ein Wert zu 50 Millionen Mark. Diese drei Ausgaben haben die gleichen Formate (149 mm x 100 mm), unterscheiden sich jedoch durch Druckfarbe und Gestaltung.
Die Vorderseite des Wertes zu 500.000 Mark zeigt in der Mitte die von Theodor (Phillip) von Gosen [* 10. Januar 1873 in Augsburg; † 30. Januar 1943 in Breslau] geschaffene Medaille zur Jahrhundertfeier des Ostseebades. Eine weibliche Figur wird auf einer Muschel von Wassergöttern getragen. Und auf der anderen Seite der Medaille das Zoppoter Wappen von 2 Muscheln getragen. Beim Original handelt es sich um einen Bronzeguss mit 80,5 mm Durchmesser. Die Rückseite bildet die Strandpromenade und den Seesteg ab.
Abb. 1.1: Stadtgemeinde Zoppot, 13. August 1923, 500.000 Mark, Vorderseite.
Abb. 1.2: Stadtgemeinde Zoppot, 13. August 1923, 500.000 Mark, Rückseite.
Abb. 2: Bronzeguss-Medaille zur Jahrhundertfeier des Zoppoter Ostseebades. Quelle: Auktion 189 (11./12.09.2019) Münz-Zentrum Rheinland, Los 5687.
Die beiden anderen Werte sind bildgleich. Auf der linken Vorderseite die bereits beschriebene Medaille und auf der rechten die Strandpromenade mit Segelboot und Möwe. Die Rückseite zeigt den Gründer des Seebades.
Johann Georg Haffner kam 1808 als Chirurg mit der Grande Armée Napoleon Bonapartes nach Danzig. Im gleichen Jahr heiratete er Regina Karoline Bruns, Witwe des Johann Christoph Böttcher. Ab 1811 war er als freipraktizierender Arzt in Danzig tätig und blieb auch nach Abzug der Franzosen in der Stadt.
Abb. 3.1: Stadtgemeinde Zoppot, 13. August 1923, 5.000.000 Mark, Vorderseite.
Abb. 3.2: Stadtgemeinde Zoppot, 13. August 1923, 5.000.000 Mark, Rückseite.
Abb. 4.1: Stadtgemeinde Zoppot, 20. September 1923, 50.000.000 Mark, Vorderseite.
Abb. 4.2: Stadtgemeinde Zoppot, 20. September 1923, 50.000.000 Mark, Rückseite.
Die beiden Werte zu 100 und 500 Millionen Mark vom 28. September 1923 erinnern an die Opernaufführung 1922 in der Waldoper. Die Rückseite zeigt den schwertschmiedenden Siegfried. Mit gleichem Datum ließ die Stadt auch einen Scheck über 20 Milliarden Mark drucken. Hierbei verwendete die Druckerei die Druckplatte der Vorderseite des Scheins zu 500 Millionen Mark. Allerdings erhielt der Wert eine gelb/grüne Farbe und zusätzlich einen neuen diagonalen, roten Wertaufdruck.
Die Rückseite blieb frei. Die drei Werte haben die Formate 175 mm x 75 mm.
Abb. 5.1.: Stadtgemeinde Zoppot, 28. September 1923, 100.000.000 Mark. Vorderseite.
Abb. 5.2.: Stadtgemeinde Zoppot, 28. September 1923, 100.000.000 Mark. Rückseite.
Abb. 6.1.: Stadtgemeinde Zoppot, 28. September 1923, 500.000.000 Mark. Vorderseite.
Abb. 6.2.: Stadtgemeinde Zoppot, 28. September 1923, 500.000.000 Mark. Rückseite.
Abb. 7.: Stadtgemeinde Zoppot, 28. September 1923, 20.000.000.000 Mark. Vorderseite.
Die Scheine wurden auf Papier mit dem Wasserzeichen „Tropfen“ (186) gedruckt. Einzig beim Nominal zu 20 Milliarden Mark verwendete die Druckerei Papier mit dem Wasserzeichen „verschlungene Quadrate“ (160). Nach Keller stammt das Papier mit dem Wasserzeichen „Tropfen“ aus der Papierfabrik Emil Hoesch, Düren, und das Papier mit dem Wasserzeichen „verschlungene Quadrate“ von der Patentpapierfabrik Hohenofen[1] Eine Besonderheit der Zoppoter Notgeldscheine sind die Unterschriften. Während die drei niedrigen Wertstufen von je zwei Personen handschriftlich unterzeichnet wurden, finden sich bei den drei höheren Werten neben den beiden gedruckten Unterschriften noch jeweils zwei handschriftlichen Unterschriften. Dabei kommen zahlreiche verschiedene Kombinationen vor.
Keller merkt in seinem Katalog an, dass die Ausgabe der drei höher wertigen Schecks vom Danziger Senat verboten worden seien. Ob sie noch in Verkehr gelangten, ist nicht bekannt.
Uwe Bronnert
Anmerkungen [1] Dr. Arnold Keller, Deutsche Wertpapierwasserzeichen, Die Wasserzeichenpapiere des deutschen Notgeldes 1914 – 1948, Abbildungen gezeichnet von Kurt Lehrke, Berlin-Wittenau 1955, S. 46 f. und 50 sowie Tafel 8 und 10.
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