top of page
AutorenbildHans-Ludwig Grabowski

Der deutsche Beitrag zur finnischen Unabhängigkeit am Ende des Ersten Weltkriegs

Aktualisiert: 1. Feb. 2023

Deutsche Intervention im Ersten Weltkrieg (3. April – 16. Mai 1918)


5 Markkaa der Suomen Pankki von 1897, Vorder- und Rückseite

(G+D Stiftung Geldscheinsammlung).


Im Jahr 1808 hatten russische Truppen Finnland besetzt und unter Gewährung von Autonomie 1809 dem Zarenreich einverleibt. Finnland blieb bis zum Ersten Weltkrieg als Großherzogtum Teil Russlands.


1918: Verlassene russische Batterie an der Küste Finnlands.

Nach der russischen Oktoberrevolution übernahm der finnische Landtag am 15. November 1917 die Regierungsgewalt und erklärte das Land am 6. Dezember 1917 für souverän.

Am 31. Dezember 1917 hatte Sowjetrussland die Unabhängigkeit Finnlands anerkannt. Damit hielt Lenin zwar sein Versprechen, einer Unabhängigkeit Finnlands nicht im Wege zu stehen, doch hatte er zuvor die finnischen Sozialisten aufgefordert, unverzüglich eine Revolution zu beginnen.


Dokument der Anerkennung der Unabhängigkeit Finnlands durch Sowjetrussland vom 31. Dezember 1917, (Abb. Wikipedia).



Um die russischen Truppen und die sie unterstützenden Roten Garden aus dem Land zu treiben, wurde mit der sog. Weißen Garde ein Bürgerheer aufgestellt und dem Befehl des Freiherrn von Mannerheim unterstellt. Im Januar 1918 brach ein blutiger Bürgerkrieg um die Unabhängigkeit aus. Am 27. Januar übernahm ein Volkskommissariat die Herrschaft über den Süden des Landes mit dem Ziel, eine Sozialistische Proletarische Republik Finnland zu bilden. Der finnische Senat war unterdessen nach Vaasa geflohen.


Notgeld der Firma Ph. U. Strengberg aus Jokobstad über 1 Finnmark auf die Förenings Banken i Finland in Jakobstad vom 15. Februar 1918.


In diesen turbulenten Zeiten kam es auch zu Problemen in der Geldversorgung, was zu privaten Notgeldausgaben führte.


Notgeld (Vexelmärke = Wechselmarke) der Firma Ensio & Lagerboom über 15 Pen

ohne Datum (1918) und ohne Ortsangabe (Oulu), Vorder- und Rückseite identisch.



Nach dem Brest-Litowsker Frieden vom 3. März 1918 zwischen Russland und den Mittelmächten wurde am 7. März auch ein deutsch-finnischer Friedensvertrag geschlossen, und die Finnen baten durch Ersuchen des finnischen Politikers und Staatsmanns Pehr Evind Svinhufvud das Deutsche Reich um Unterstützung im Kampf gegen die Rotgardisten, die den Anschluss an Sowjetrussland forderten. Daraufhin wurde ein deutsches Expeditionskorps unter General von der Goltz entsandt, das am 3. April 1918 mit Unterstützung der Seestreitkräfte in Hangö landete und bereits am 14. April in Helsingfors (Helsinki) einrückte, wo es von einer begeisterten Menschenmenge empfangen wurde.

Ende April haben deutsche Verbände Tawastehus von den Roten Garden befreit und nach dem Fall der Festung Wyborg blieb den Russen nur noch die Kapitulation. Der Versuch vieler „Revolutionäre“ mit dem Schiff nach Russland zu entkommen, wurde durch die deutsche Flotte verhindert. Am 16. Mai 1918 hielt General von Mannerheim mit seinen Truppen feierlichen Einzug in die Hauptstadt, Finnland war befreit.


Deutsche Soldaten in einem offenen Güterwagen als Begleitschutz eines Eisenbahntransports in Finnland.


Deutsche Soldaten am 13. April 1918 in Helsinki nach der Befreiung der Stadt.

Foto Gunnar Lönnqvist, Wikipedia (Gemeinfrei).



Freiherr Carl Gustaf Emil Mannerheim (1867–1951).


Der Finnische Bürgerkrieg dauerte vom

27. Januar bis 15. Mai 1918. Von den 36.600 Toten und Vermissten starben rund 9.700 durch Hinrichtungen und 13.400 wegen der entsetzlichen Bedingungen in den Straflagern.

Während auf Seiten der Weißgardisten rund 5.200 Opfer zu beklagen waren, verlor die Rote Garde rund 27.000 Menschen. Die restlichen 4.400 Opfer waren weder Weiß-, noch Rotgardisten, unter ihnen dann wohl auch deutsche Soldaten, die in Finnland gefallen sind.

Am 21. Juni 1919 nahm das Parlament eine republikanische Verfassung an. Sowjet-Russland erkannte 1920 im Frieden von Dorpat die Unabhängigkeit Finnlands an.



Suomen Pankki (Finlands Bank), Volkskommissariat 1918

Die Herstellung von Münzen und Banknoten fiel am 28. Januar 1918 an das Volkskommissa-

riat im Süden Finnlands. Erst am 20. Mai 1918 konnte die rechtmäßige finnische Regierung wieder die volle Kontrolle über die Geldzeichenproduktion übernehmen.

Das Volkskommissariat hatte Helsinki im April 1918 verlassen und war vor den deutschen Truppen nach Wyborg geflohen, wobei auch Prägemaschinen für neue Münzen mitgenommen wurden, die aber samt Münzproduktion der Weißen Garde und den verbündeten Deutschen in die Hände fielen.

In der Zwischenzeit wurden verschiedene Banknotenwerte ausgegeben, die Dank der Aufzeichnungen der Bank anhand der Kontrollnummern klar dem Volkskommissariat zugeordnet werden können. Sie sind die einzigen Banknoten-Ausgaben des Finnischen Bürgerkriegs und werden hier komplett aufgeführt, auch wenn nach der deutschen Intervention nur noch wenige Geldscheine gedruckt wurden.


1 Markkaa von 1916

Kontrollnummern 20232001 – 20880000 (Ausgaben vom 6. – 21.3.1918)



5 Markkaa von 1909

Kontrollnummern 19397001 – 20789000 (Ausgaben vom 26.2 – 6.4.1918)


20 Markkaa von 1909

Kontrollnummern 9874001 – 10019000 (Ausgaben vom 28.2. – 26.3.1918)



100 Markkaa von 1909

Kontrollnummern 2775001 – 2983000 (Ausgaben vom 23.2. – 2.4.1918)



500 Markkaa von 1909

Kontrollnummern 170001 – 262000 (Ausgaben vom 2.4. – 3.4.1918)


Friedrich Karl Ludwig Konstantin Landgraf von Hessen um 1918 (1868–1940) sowie Nachbildung des Entwurfs der finnischen Königskrone aus den 1980er Jahren aus der Juwelensammlung Kemi (Kemin Jalokivigalleria).



Der deutsche König von Finnland

Kaum bekannt ist, dass es im befreiten Finnland nicht nur Überlegungen, sondern sogar eine große Euphorie, zur Einführung einer Monarchie gegeben hat und dass mit Prinz Friedrich Karl von Hessen-Kassel als erster König Großfinnlands ein Schwager des deutschen Kaisers Wilhelm II. im Herbst 1918, als die deutschen Truppen im Westen schon fast geschlagen waren, den Thron besteigen sollte. Selbst als in Deutschland die Novemberrevolution die deutsche Monarchie beseitigt hatte und die Republik ausgerufen war, hielten die Finnen immer noch an ihrem deutschen König fest. Die Briten erklärten daraufhin, dass sie einen deutschen König von Finnland mit dem Erreichen eines Kriegsziels des Feindes gleichsetzen würden und die Franzosen froren ihre Beziehungen mit dem jungen finnischen Staat ein.

Nun hoffte man in Finnland, dass der Deutsche nach einem Friedensschluss zum finnischen König gekrönt werden könnte, doch Friedrich Karl erklärte am 20. November 1918 seinen Verzicht auf die finnische Königswürde.


Sowjet-Imperialismus unter Stalin

Finnlands Unabhängigkeit musste 1939/40 erneut verteidigt werden, als Stalin mit dem Finnisch-Russischen Krieg versuchte, finnische Gebiete der Sowjetunion einzuverleiben.

Der sowjetische Überfall begann am 30. November 1939 mit fünf Armeen. Die Finnen leisteten tapferen Widerstand, erlitten aber auch hohe Verluste.

Finnland verlor mit dem finnisch-russischen Friedensschluss vom 12. März 1940 mit einem großen Gebiet um die Stadt Wyborg (Karelien oder auch Alt-Finnland), dem Gebiet Ost-Salla, der Fischerhalbinsel sowie Inseln im Finnischen Meerbusen ein Zehntel seines Landes an die Sowjetunion (35.100 qkm), das bis heute zu Russland gehört.

Dem sowjetischen Eroberungsdrang war bis zum Beginn des Kriegs mit Deutschland am

21. Juni 1941 eine gewaltige Grenzverschiebung von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer Richtung Westen geschuldet, der neben einem Teil Finnlands auch die unabhängigen baltischen Länder Estland (45.300 qkm), Lettland (64.600 qkm) und Litauen (62.600 qkm, ohne das Memelgebiet), Ostpolen (201.000 qkm) sowie die Nordbukowina (nördliches Buchenland) und das Herza-Gebiet (zusammen rund 8.100 qkm) sowie Bessarabien (Moldawien, 45.600 qkm) von Rumänien zum Opfer gefallen waren. Insgesamt annektierte die Sowjetunion bis zum Einmarsch der deutschen Truppen im Sommer 1941 damit ein Gebiet

von rund 462.300 qkm, zum Vergleich: das ist mehr als die Fläche der heutigen Bundesrepublik Deutschland, Österreichs und Sloweniens zusammen.


Hans-Ludwig Grabowski


Literaturempfehlung



Hans-Ludwig Grabowski | Henning Huschka | Wolfgang Schamberg


Ausländische Geldscheine unter deutscher Besatzung im Ersten und Zweiten Weltkrieg


ISBN: 978-3-86646-505-3

Format: 14,8 x 21 cm

320 Seiten






Comments


bottom of page