Am Mittwoch, den 10. Dezember 1947, begrüßten die österreichischen Zeitungen ihre Leser mit einer schlechten Nachricht zum bevorstehenden Weihnachtsfest: Vom 10. bis zum 24. Dezember 1947 würde ein Umtausch aller bisher in Österreich umlaufenden Zahlungsmittel erfolgen. Für drei alte Schillinge würde es einen neuen Schilling geben. Zudem würden auch bestehende Bankguthaben im Verhältnis 3:1 abgewertet werden. Das bedeutete für die zumeist in schlechten wirtschaftlich Verhältnissen lebende Bevölkerung Nachkriegsösterreichs eine Hiobsbotschaft.
Warum standen Regierung und Nationalbank Ende 1947 vor der Herausforderung, nach nurmehr zwei Jahren erneut eine Währungsreform durchzuführen?
Republik Österreich, Oesterreichische Nationalbank: Banknote zu 100 Schilling vom 29. Mai 1945, ausgegeben ab 13. Dezember 1945, Vorder- und Rückseite.
Im Dezember 1945 hatte es eine erste Währungsumstellung in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben. Das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiet der Währung (Schillinggesetz) vom 30. November 1945[1] legte die rechtlichen Grundlagen für die Ausgabe neuer Banknoten nach Kriegsende fest. Es regelte zum einen die Wiedereinführung des Schilling als alleinige österreichische Währung ab dem 21. Dezember 1945. Zum anderen wurde ein Umtausch von Reichsmark und Alliierten Militärschillingen in den Wertstufen ab 10 RM/Schilling und darüber in neue Schillingnoten im Verhältnis 1:1 im Zeitraum vom 13. bis zum 20. Dezember 1945 (für Einzelhändler bis zum 22. Dezember 1945) verfügt. Natürlichen Personen wurde im Rahmen des Geldumtauschs ein Betrag von 150 Schilling in neuen Noten bar ausbezahlt. Darüber hinausgehende Beträge wurden auf ein beschränkt verfügbares Konto gutgeschrieben.
Durch das Schillinggesetz vollzog Österreich die währungsrechtliche Trennung vom Umlaufgebiet der Reichsmark, welche durch Verordnung vom 17. März 1938[2] in Österreich als alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt worden war. Das Land verfügte wieder über eine eigene Währung. Allerdings blieb der Banknoten- und Münzumlauf weiterhin nicht vollständig unter der Kontrolle der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), denn Zahlungsmittel blieben neben den Alliierten Militärschillingnoten zu 50 Groschen sowie 1, 2 und 5 Schilling[3] auch die Noten zu 1 und 2 Rentenmark der Deutschen Rentenbank der Ausgabe 1937, die Scheine zu 5 Rentenmark der Ausgabe 1926 sowie die Banknoten zu 5 Reichsmark der Deutschen Reichsbank der Ausgabe 1942[4]. Die durch die Alliierten in Deutschland ausgegeben Militärmarknoten zu ½, 1 und 5 Mark galten in Österreich nicht, auch wenn sie 1945 auf Teilen des Gebietes von Österreich umliefen. Gültig waren zudem weiterhin die Münzen der Reichsmark-Währung. Zwar war mit der Einführung der Schilling-Währung die Einfuhr von Reichs- und Rentenmark-Noten im Nennwert bis 5 RM nach Österreich auf 10 RM pro Kopf beschränkt worden. Dennoch bestand Druck auf den Zahlungsmittelumlauf durch die Einfuhr solcher Scheine und Münzen durch Kriegsheimkehrer, Flüchtlinge sowie durch eine illegale Verbringung aus den Umlaufgebieten der Reichswährung etwa im vormaligen Sudetenland, in denen diese als Zahlungsmittel ungültig geworden waren. Auch war für die österreichischen Behörden nicht kontrollierbar, in welchem Umfang die Besatzungsmächte solche Zahlungsmittel in Umlauf brachten. Perspektivisch galt es, den gesamten Zahlungsmittelumlauf vollständig unter österreichische Kontrolle zu bringen.
Hinzu kamen die wirtschaftlich desaströsen Verhältnisse im Österreich der Nachkriegszeit. Die Güterproduktion lag deutlich unter Vorkriegsniveau, der Wert der Im- und Exporte ebenfalls[5]. Um die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Bedarfsartikeln stand es schlecht. Schon Ende 1945 trat in Österreich eine starke inflationäre Entwicklung ein, weil die bis 1945 eingefrorenen Preise sich inflationsbedingt deutlich erhöhten. Im Jahr 1947 lag die Inflationsrate bei 97 %. Zudem führten die sehr hohen Besatzungskosten, die 1946 etwa ein Drittel der Staatsausgaben ausmachten (allein im Zuge der Währungsumstellung 1945 erhielten die Alliierten als Erstausstattung einen Betrag von knapp 2 Milliarden Schilling in neuen Banknoten[6]), sowie die Freigabe gesperrter Guthaben aus der Währungsumstellung 1945 zu einem deutlichen Anstieg des Banknotenumlaufs. Während der gewerblichen Wirtschaft oft Liquidität fehlte, da die Banken infolge des Rückgangs der Sparguthaben nur sehr eingeschränkt Kredite vergaben, verfügten Privatpersonen aufgrund des fehlenden Warenangebots oft über Liquidität, die in den Schwarzmarkt floss. Diese Entwicklung musste gestoppt werden, wenn es zu einer nachhaltigen Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse und des Lebensstandards der Bevölkerung kommen sollte.
Die Notwendigkeit der Durchführung einer weiteren Währungsreform war damit jedenfalls Anfang 1947 in Fachkreisen sowie bei der OeNB bereits absehbar[7].
Am 19. November 1947 beschloss der Nationalrat das Bundesgesetz über die Verringerung des Geldumlaufs und der Geldeinlagen bei Kreditunternehmungen (Währungsschutzgesetz)[8], das aber wegen eines Einspruchs der sowjetischen Besatzungsmacht erst am 9. Dezember 1945 veröffentlicht werden konnte und am Folgetag, dem 10. Dezember 1947, in Kraft trat, wenngleich die Grundzüge des Gesetzes seit seinem Beschluss in der Öffentlichkeit bekannt waren[9]. Danach sollte im Zeitraum vom 10. bis 24. Dezember 1947 ein erneuter Geldumtausch stattfinden. Natürliche Personen waren berechtigt, einen Betrag von bis zu 150 Schilling 1:1 gegen neue Banknoten umzutauschen. Für darüber hinausgehende Beträge kam ein Umtauschverhältnis von 3:1 zur Anwendung, das auch für sämtliche Geldbeträge juristischer Personen galt. Ebenso wurden Kontoguthaben im Verhältnis 3:1 umgestellt.
Die gemäß Schillinggesetz vom 30. November 1945 gesperrten Kontoguthaben von Unternehmen und Privaten wurden durch das Währungsschutzgesetz endgültig gestrichen.
Löhne und Preise wurden durch das Gesetz dagegen nicht berührt.
Das Währungsschutzgesetz hatte damit allein den Zweck, Bargeldvermögen und Kontoguthaben auf ein Drittel ihres Wertes zu reduzieren.
Die OeNB informierte die Bankenverbände und gab zum Geldumtausch ein Merkblatt für Banken als Umtauschstellen heraus, in denen die Einzelheiten des Umtauschs bis hin zur Form der Verschnürung der Banknotenpakete detailliert geregelt wurden. Umgetauscht werden konnte in der Hauptstelle der OeNB in Wien (aber nicht in deren Zweiganstalten in den Ländern, die nur als Ausgabestellen der neuen Noten für die örtlichen Banken fungierten), ferner bei allen Banken, Postsparkassen und Postämtern mit Postsparkassendienstleistungen, Hypothekaranstalten, Raiffeisen- und Kreditgenossenschaften mit Zahlungsverkehr. Je Haushalt war ein Umtauschschein für eine Gebühr von 1 neuen = 3 alten Schilling zu erwerben, der auszufüllen und in drei Ausfertigungen (eine davon ging an das Finanzamt) zusammen mit den alten Geldzeichen einzureichen war. Um einen Betrag von bis zu 150 Schilling im Verhältnis 1:1 in neue Banknoten umtauschen zu können, war für jede Person die zu Beginn der Umtauschperiode gültige Lebensmittelkarte vorzulegen.
Muster eines Umtauschscheins.
Die Umtauschstellen erhielten durch die Zweiganstalten der OeNB Zuweisungen an neuen Noten und Münzen, die vor Ort an den Schaltern der OeNB abgeholt werden mussten.
Bei Sitz in anderen Orten erfolgte ein Versand durch Wertbrief. Für die Postsparkasse war eine Verteilung der neuen Noten und Münzen über das Postabfuhrsammelamt vorgesehen.
Die eingezogenen alten Scheine und Münzen waren spätestens am Tag nach Abschluss des Umtauschs (also am ersten Weihnachtstag) zusammen mit den nicht benötigten neuen Scheinen bei den Zweiganstalten der OeBN wieder abzugeben bzw. nach dort zurückzusenden.
Das Merkblatt für die Postämter zum Geldumtausch enthielt neben Regelungen zum Ein- und Auszahlungsverkehr in neuen und alten Schilling während der laufenden Umtauschfrist (Ein- und Auszahlungen wurden nach einem zeitweisen Stopp von Auszahlungen bis zum 15. Dezember in neuen Schillingnoten gerechnet, die alten Scheine waren bis zum 24. Dezember zu einem Drittel ihres Wertes anzunehmen) u. a. auch den Hinweis, dass Postbedienstete bei der Annahme von gefälschten Noten ersatzpflichtig seien und dass mit einem Schnurrbart versehene (!) oder sonst verunstaltete Altnoten ohne die sonst übliche Gebühr eingelöst würden. Wahrscheinlich hatte man hier bereits entsprechende Erfahrungen gemacht.
Schillingumtausch in der Filiale Richard-Wagner-Platz 16 der Zentralsparkasse Wien. Bildnachweis: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Datei:Schilling.jpg (digital restauriert).
Umtauschfähig waren nach den Merkblättern der OeNB die Banknoten zu 10, 20, 100 und 1000 Schilling der Ausgabe vom 29. Mai 1945[10], die Alliierten Militärschillingnoten zu 5, 2, 1 Schilling sowie 50 Groschen, ferner Reichsmünzen im Nennwert von 50 Reichspfennig und darüber (die Werte zu 1, 2, 5 und 10 Reichspfennig blieben im Umlauf) einschließlich der Silbermünzen zu 2 und 5 Reichsmark der Ausgaben Luther, Potsdam, Schiller und Hindenburg. Die Rentenbankscheine zu 1 und 2 Rentenmark Ausgabe 1937 sowie zu 5 Rentenmark der Ausgabe 1926 sowie die Reichsbanknote zu 5 Reichsmark Ausgabe 1942 wurden nicht erwähnt und konnten entsprechend nicht umgetauscht werden. Die OeNB hatte schon in den Jahren 1946 bis 1947 versucht, diese Geldzeichen im Umtausch gegen Alliierte Militärschillinge einzuziehen.
Neu ausgegeben wurden Banknoten zu 10 Schilling und 100 Schilling mit der Angabe "ZWEITE AUSGABE" sowie zu 50 Schilling, alle mit Ausgabedatum 29. Mai 1945, zu 5 Schilling mit Ausgabedatum 4. September 1945 sowie zu 1000 Schilling mit Ausgabedatum vom 1. September 1947[11], ferner Münzen zu 50 Groschen, 1 und 2 Schilling in Aluminium der Prägejahre 1946 und 1947. Die Druckaufträge für die ausgegebenen Banknoten waren teilweise schon deutlich vor den Planungen zur Währungsreform erteilt worden, für die in der Staatsdruckerei Wien hergestellten Banknoten zu 50 und 100 Schilling etwa bereits Ende Dezember 1946. Auch hier wurde für alle Klischees auf die bereits vor März 1938 umlaufenden österreichischen Banknoten zurückgegriffen. Lediglich die Farbgebung,
das Ausgabedatum und der Unterschriftenblock wurde geändert.
Republik Österreich, Oesterreichische Nationalbank: Banknoten 100 Schilling Datum vom 29. Mai 1945, ausgegeben ab 10. Dezember 1947 mit zusätzlicher Angabe "ZWEITE AUSGABE" in Ornamentband auf Vorder- und Rückseite.
Als Erstausstattung stand den rund 3000 Umtauschstellen Anfang Dezember 1947 an neuen Noten und Münzen ein Betrag von insgesamt etwa 2,8 Milliarden Schilling zur Verfügung. Die Versendung der neuen Scheine und Münzen an die Niederlassungen der OeNB erfolgte am 4. Dezember 1947 mit zwei Sonderzügen von Wien aus. Von der Erstausstattung flossen rund 417 Millionen Schilling wieder an die OeNB in Wien zurück.
Die mit Abstand geringsten Ausgabezahlen verzeichnete die Banknote zu 1000 Schilling.
Bei dieser liefen etwa die Hälfte der den Ausgabestellen zur Verfügung gestellten 482.000 Scheine wieder an die OeNB in Wien zurück.
Übersicht über die Erstausstattung mit neuen Banknoten und Münzen, und der in Reserve verfügbaren Stückzahlen je Wertstufe. Quelle: Bankhistorisches Archiv, Wien.
Trotz der Herausforderungen der Zeit, insbesondere knapper LKW-Kapazitäten für den Transport der neuen Noten (die Alliierten lehnten eine Beteiligung an der Umtauschaktion ab und stellten auch keine Transportkapazitäten zur Verfügung), scheint der Umtausch gemäß einem internen Bericht der OeNB vom 5. Januar 1948 insgesamt reibungslos verlaufen zu sein. Dass die Gerüchteküche vor und auch während der Umtauschfrist brodelte, zeigt etwa ein Fernschreiben der OeNB Zweiganstalt Salzburg an die Hauptverwaltung in Wien[12], wonach der Umtausch in Teilen des Bundeslandes Salzburg nachgelassen habe bzw. über den (1:1 umtauschbaren) Betrag von 150 Schilling pro Person nicht hinaus ginge, weil die Bevölkerung mit einer nachträglichen Korrektur der Umtauschrate rechne. Der Wunsch der Zweiganstalt Salzburg, diesen Gerüchten etwa durch Veröffentlichungen in der Presse entgegenzutreten, entsprach die Hauptverwaltung der OeNB in Wien nicht.
Mit Ablauf des 24. Dezember 1947 wurden alle alten Banknoten ungültig. Diese Regelung setzte die OeNB äußerst konsequent um und lehnte Anträge auf einen nachträglichen Umtausch verspätet eingereichter Banknoten regelmäßig ab, wie etwa Schriftverkehr aus dem Bankhistorischen Archiv belegt: Selbst den Österreichischen Bundesbahnen, einem Staatsbetrieb, wurde ein Umtausch verspätet vorgelegter Banknoten aus dem Verkauf von Fahrkarten verwehrt. Die zur OeNB zurückgelaufenen ungültigen Scheine wurden bereits ab Anfang Januar 1948 durch Verkollerung vernichtet.
Anders als die Währungsreform in Westdeutschland vom 20. Juni 1948 hat die zweite Währungsumstellung in Österreich im Dezember 1947 nicht zu einer Initialzündung der Wirtschaft geführt. Sie hat jedoch währungsseitig die Grundlagen zu einer Konsolidierung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Österreich gelegt, die parallel mit einem deutlichen Rückgang der Inflation ab Ende der 1940er-Jahre eintrat und in das österreichische Wirtschaftswunder nach 1953 mündete.
Dr. Sven Gerhard
Anmerkungen [1] StGBL 1945, Nr. 231
[2] RGBl 1938 I S. 253 [3] Pick (SCWPM): 102-105, Kodnar/Künstner: 207-210 [4] Grabowski: DEU 209, DEU-220, DEU-222, DEU-223
[5] 1946 wurden nominell lediglich 17%, preisbereinigt 7% der Im- und Exportwerte von 1937 erreicht, s. dazu Monatsberichte des österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung 1946, Heft 10-12, S. 238 [6] Genau waren es 1,98 Milliarden Schilling – s. Monatsberichte, a.a.O S. 177 [7] Monatsberichte a.a.O, S. 169 ff.
[8] BGBI.Nr.250/1947 [9] Hans Seidel, Währungsreform und Besatzung in Österreich 1945-47, Wirtschaft und Gesellschaft 25. Jahrgang 1999, S. 307
[10] Pick (SCWPM): 114, 116, 118, 120, Kodnar/Künstner: 221-224
[11] Pick (SCWPM): 115, 117, 119, 121, 125, Kodnar/Künstner: 225-229
[12] Fernschreiben der ÖBN NLÖ Salzburg vom 17.12.1947 an Dir. Klier, Bankhistorisches Archiv
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