Ein Beitrag von Dr. Oliver Herzberg und Dr. Andreas Schroyen
Teil 1: Das Kaiserreich
Einleitung
Der Maler und Zeichner Arthur Kampf (Abb. 1) war bis 1945 der prominenteste deutsche Künstler, der Entwürfe für deutsches Papiergeld lieferte. Und dies nicht nur zu einem konkreten Anlass, sondern konsequent vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1920er Jahre hinein. Dies ist insofern erstaunlich, da Kampf in erster Linie als Maler und Akademieangehöriger in leitender Position europaweit große Erfolge feiern konnte und von 1907 bis 1918 als vielleicht „der“ deutsche, akademisch-traditionell arbeitende Künstler wahrgenommen wurde. Heute ist diese ehemals enorme Popularität allerdings weitgehend vergessen.

Inhalt
Arthur Kampf wirkte, wie kaum ein anderer Künstler seiner Generation, seit den 1880er Jahren aktiv bis zu seinem Tod im Jahr 1950. Er war das, was man heute als „workaholic“ bezeichnet. So ist nachvollziehbar, dass er ein quantitativ kaum zu überblickendes Œuvre hinterließ, das durch eine enorme Motivvielfalt unter Verwendung einer Vielzahl von Techniken charakterisiert ist. Am 28. September 1864 in Aachen als Sohn des königlichen Hoffotografen August Kampf geboren, besuchte der Künstler von 1879 bis 1892 die Königliche Kunstakademie in Düsseldorf. Bereits als Schüler schuf er hier großformatige Historiengemälde zu Ereignissen aus den Befreiungskriegen gegen Napoleon I. Sie wurden bis in die 1940er Jahre durch die enorme Verbreitung als Kunstdrucke und die propagandistische Verwendung während beider Weltkriege von einer breiten Öffentlichkeit rezipiert. Kampf wurde deshalb früh mit dieser bedeutendsten Bildgattung identifiziert, obwohl er sich noch einer Vielzahl anderer Motive, insbesondere dem Porträt und der Genremalerei widmete. Der Ruf, einer der letzten prominenten Historienmaler Europas zu sein, ebnete ihm den Weg zu einer beispiellosen Karriere: 1898 erfolgte die Übernahme eines Meisterateliers an der Königlichen Akademie der Künste in Berlin, 1907 und 1911 wurde er deren Präsident sowie von 1915 bis 1924 Direktor der Königlichen Hochschule für die bildenden Künste in Berlin. Mehr konnte man als preußischer Künstler kaum erreichen. Mit dem Ende der Monarchie 1918 begann Arthur Kampfs Popularität allerdings zu schwinden. Mittlerweile als älterer Vertreter einer überwundenen Epoche angesehen, musste er 1924 von seinem Posten zurücktreten. Seine Ausstellungsmöglichkeiten und damit auch seine Verkäufe gingen in den kommenden Jahren rapide zurück, die Kunstkritik – falls sie ihn überhaupt noch wahrnahm – übte scharfe, bisweilen verhöhnende Kritik und sein Lebenswerk drohte angesichts einer Bevorzugung der Moderne durch staatliche Institutionen der „Weimarer Republik“ in Vergessenheit zu geraten. Als dann gegen Ende der 1920er Jahre die akademisch-traditionelle Malerei von Seiten der politischen Rechten eine neue Wertschätzung erfuhr, begrüßte Kampf ihren Aufstieg und engagierte sich massiv für die neue Bewegung. Er wurde mit bedeutenden Preisen geehrt und erhielt sogar als über 70-jähriger Künstler an der Berliner Kunstakademie einen neuen Wirkungskreis. Seine aktuell entstandenen Werke waren allerdings für das Regime uninteressant. Kampf erhielt vom NS-Staat auch keine bedeutenden Aufträge oder Ausstellungsmöglichkeiten. Stattdessen wurden seine Bildwerke aus der Zeit bis 1915 von den Machthabern lediglich bei der medialen Berichterstattung anlässlich seiner Geburtstage als vorbildhaft für das deutsche Kunstschaffen hervorgehoben. Der Künstler galt als wichtigster noch lebender Vertreter einer „wahren deutschen“ Kunst, da nicht nur seine historischen Motive im kollektiven Gedächtnis verankert waren, sondern auch seine Porträts von berühmten Zeitgenossen wie Paul von Hindenburg, Mustafa Kemal Pascha (nachmalig Atatürk) oder Kaiser Wilhelm II.
Aber auch als Entwerfer von Motiven für das deutsche Papiergeld war Arthur Kampf bekannt. Bereits während seines Studiums kam er Ende des 19. Jahrhunderts mit prominenten, in Düsseldorf tätigen Künstlern in Kontakt, die schon Entwürfe für Geldscheine angefertigt hatten. So gestaltete der Maler Wilhelm Sohn, seit 1874 Professor für Genremalerei an der dortigen Kunstakademie, die 1882 erschienenen Reichskassenscheine, die wiederum von dem ebenfalls an der Düsseldorfer Kunstakademie tätigen Druckgrafiker Carl Ernst Forberg gestochen wurden.[1] Forberg, der ab 1879 die Kupferstecherklasse unterrichtete, zählte ab 1882 auch zu Kampfs Lehrern. Sein enormes Talent auf diesem Gebiet sowie das enge Verhältnis zwischen beiden Künstlern ermöglichten die vertretungsweise Übernahme des Unterrichtes durch den Schüler in den 1890er Jahren.[2] So verwundert es kaum, dass Arthur Kampf bis zu seinem Fortgang nach Berlin 1898 neben seinen Arbeiten auf Leinwand ein enorm großes und technisch vielfältiges druckgrafisches Werk anfertigte. Wolfgang von Oettingen, der 1895 einen ersten biografischen Artikel über den Künstler verfasste, bemerkte dazu:
„Wie bei seinen Erinnerungsskizzen und Sittenbildern fixirt er auf der Platte was ihn anregt oder sonst beschäftigt; daher erscheinen die Gegenstände seiner Radierungen vielfach wie Späne, die ihm bei der Arbeit an den Gemälden über die Hand fielen, und seine ganze Thätigkeit als Maler lässt sich an ihnen wie in einem Hohlspiegel überschauen.“[3]
Die Grundlage dafür bildete seine hoch entwickelte Zeichenkunst, die Arthur Kampf sowohl in Skizzen und Vorstudien zu seinen Werken der Malerei als auch in eigenständigen Arbeiten in noch größerem Maße umsetzte. Die Grundlage dafür bildete seine hoch entwickelte Zeichenkunst, die Arthur Kampf sowohl in Skizzen und Vorstudien zu seinen Werken der Malerei als auch in eigenständigen Arbeiten in noch größerem Maße umsetzte.
Bereits 1901 urteilten Felix Becker und Erich Haenel in ihrem Verzeichnis der Gegenwartskünstler, die „Kraft seiner Charakterisierung [hat] manchmal etwas Altmeisterliches , die Gediegenheit seiner Zeichnung spottet jeder Schwierigkeit.“[4]
So war es naheliegend, dass neben seinen prominenten Gemälden auch seine Zeichnungen als Kunstdrucke reproduziert wurden. Nach 1906 und 1923 gab die Reichsdruckerei ausgewählte Handzeichnungen als Faksimiledrucke heraus.[5] Darüber hinaus setzte sich die Kunstkritik mit Kampfs grafischen Arbeiten in einer Vielzahl von Fachartikeln auseinander.[6]
Kontakt zu Berliner Kreisen, knüpfte Arthur Kampf sicherlich nicht nur durch seine Düsseldorfer Beziehungen. Er wird sich zu Ausstellungen seit den frühen 1890er Jahren mehrfach in Berlin aufgehalten und dabei über den Kulturbereich auch Zugang zu Persönlichkeiten der Politik und Verwaltung gefunden haben. 1895 war er Gast im Berliner Hause Gustav Hansemanns, dessen Bruder Adolph von Hansemann einer der angesehensten und wohlhabendsten Bankiers der Bismarckzeit war. Dieser war Gastgeber für die gesellschaftliche Elite Berlins, darunter auch Kaiser Wilhelm II.[7]
Papiergeld und Kunst
„Sicher müssen sie sein – schön können sie sein“, mit diesen Worten umschreibt Willibald Kranister in seinem Buch „Die Geldmacher“ die bis heute gültigen Anforderungen zur Gestaltung von Wertpapieren und insbesondere für offizielle Geldzeichen wie Banknoten und Kassenscheine.[8] Dabei werden sowohl technische als auch künstlerisch-gestalterische Mittel des Fälschungsschutzes eingesetzt. Beides sollte möglichst auf dem neuesten Stand sein, um den besten Schutz zu gewährleisten.
Gegen künstlerische Neuerungen wurde allerdings vom Reichsbankdirektorium und auch von der Reichsdruckerei gerne argumentiert, dass sie den Erfordernissen des Fälschungsschutzes nicht genügten. So führte in der Regel der Weg zurück zu Althergebrachtem und stilistisch traditionell arbeitenden Künstlern, die schon mit der Materie vertraut waren. Zwar wurde vom Reichskunstwart Edwin Redslob 1920 die These aufgestellt, dass der Fälschungsschutz sich mit der Kunst entwickeln müsse, um einen Vorsprung vor den Fälschern zu behalten[9], überzeugen konnte er damit allerdings nur die Reichsdruckerei[10], weniger die Verantwortlichen der Reichsbank.
Kritiker an der künstlerischen Gestaltung des deutschen Papiergelds zu Beginn des 20. Jahrhunderts vermuteten, dass nur zweitrangige Künstler für diese Aufgabe zu gewinnen seien. Allerdings waren die Reichsschuldenverwaltung und die Reichsbank durchaus bemüht, bekannte Künstler für die Entwürfe von Geldscheinen zu verpflichten. Dazu zählte Arthur Kampf als einer der prominentesten deutschen Maler des Wilhelminischen Kaiserreichs.
Der Reichskassenschein zu 5 Mark von 1904
Arthur Kampf wird in den Akten, in denen es um die Gestaltung von Papiergeld des Deutschen Reichs geht, nach derzeitigem Kenntnisstand erstmals im Jahr 1900 im Zusammenhang mit der Gestaltung neuer Reichskassenscheine erwähnt.
Nachdem im Juni 1899 der 50-Mark-Reichskassenschein, der von Emil Doepler dem Jüngeren entworfen wurde, ausgegeben worden war[11], hatte die Reichsdruckerei in Übereinstimmung mit der Reichsschuldenverwaltung im selben Jahr begonnen, an neuen Reichskassenscheinen zu 20 und 5 Mark zu arbeiten. Wie schon bei dem 50-Mark-Reichskassenschein sah man von einem allgemeinen Entwurfswettbewerb ab. Stattdessen sollte der Direktor der Reichsdruckerei, Ulrich Karl Johann Wendt, geeignete Künstler kontaktieren. Am 2. April 1900 wurden ausgewählte Künstler angeschrieben, damit diese bis zum 15. Juni des Jahres Entwürfe zu Reichskassenscheinen lieferten.[12] Wendt wandte sich an jeweils fünf Künstler pro Wertstufe. Für den 5-Mark-Reichskassenschein waren dies Professor Woldemar Friedrich aus Berlin, Professor Arthur Kampf aus Charlottenburg, Professor Hermann Prell aus Dresden, Maler Hermann Vogel aus Loschwitz bei Dresden und Maler Alexander Zick aus Berlin.
Es gingen Entwürfe von Woldemar Friedrich, Arthur Kampf und Alexander Zick bei der Reichsdruckerei ein. Hermann Prell und Hermann Vogel beteiligten sich nicht.
Die vorgelegten Entwürfe wurden positiv beurteilt. Die Gestaltung von Woldemar Friedrich erschien am besten geeignet und wurde zur Ausführung empfohlen.[13] Bis jetzt lassen sich keine Abbildungen zu den drei Einsendungen nachweisen, allerdings werden sie kurz in einem Schreiben der Reichsdruckerei vom 8. Juli 1900 beschrieben. Zum Entwurf Kampfs heißt es, dass der Künstler den Schwerpunkt auf die figürliche Darstellung gelegt hatte. Für die Kupferdruckseite hätte er eine prächtige Figur aus dem Volksleben gezeichnet, Schrift und Ornament dagegen nur angedeutet. Der Kopf sei durch den aufgelegten Reichsadler etwas entstellt und wäre für einen Reichskassenschein geeignet, wenn sich Kampf nicht im Maßstab vergriffen hätte. Die Figuren würden bei einer Verkleinerung winzig ausfallen, sodass sich kein charakteristischer Gesamteindruck mit figürlicher Deutlichkeit einstelle. Kampfs finaler Entwurf ist nicht mehr nachweisbar, allerdings haben sich in seinem Nachlass Ideenskizzen erhalten (Abb. 2).

Kampf griff in seinen Vorstudien auf Motive älterer Geldscheine zurück, wie beispielweise den sitzenden Merkur (Abb. 3), der auf den Scheinen des Berliner Kassenvereins von 1850 zu finden ist. Die Figur auf dieser separaten Skizze zeigt ebenfalls den Götterboten als Aktfigur mit geflügeltem Helm und einem Gegenstand in den Händen. Für den Reichsadler sah Arthur Kampf unterschiedliche Lösungen vor und positionierte neben dem aufgelegten Reichsadler auf der Wertzahl einen weiteren dominierenden Adler in Frontansicht.

Letztendlich wurde nach Intervention des Kaisers die Arbeit des Malers Alexander Zick ausgewählt. Die Rückseite sollte auf Wunsch des Kaisers neu gestaltet werden, wobei erneut Alexander Zick sowie die Maler Franz Stassen und Hans Anker Entwürfe liefern sollten. Aus der Reichsdruckerei berücksichtigte man auch den Zeichner Paul Waldraff, der kurz vorher die Germania-Briefmarke entworfen hatte. Arthur Kampf wurde hierfür nicht herangezogen. Letztendlich setzten sich für die Rückseite auch die Entwürfe Alexander Zicks durch.
Der Reichskassenschein zu 5 Mark wurde dann komplett nach seinen Entwürfen mit dem Datum 31. Oktober 1904 ausgeführt und ab Juni 1906 ausgegeben (Abb. 4).[14]


Ende Juni 1900 verlangte das Reichsbankdirektorium neue Entwürfe zu einer Reichsbanknote zu 100 Mark. Der blaue Hunderter von 1883, der von Paul Thumanns stammte, war schon über 15 Jahre mit nur geringen Veränderungen im Verkehr. Er zeigte Schwächen im Aufbau, die man beheben musste. Immer wieder beanstandete man die eichenlaubumkränzte Germania, da sie, die als detailliertes Porträt einen besonderen Fälschungsschutz lieferte, direkt in die typischen Knickfalten ragte und so schnell unkenntlich wurde. Somit verloren die Banknoten mit längerem Umlauf einen wichtigen Faktor, der vor Fälschungen schützen sollte. Der Bedarf, eine Banknote auszugeben, die auf dem neusten Stand der Technik war und eventuell auch die aktuellen Zeitumstände besser repräsentierte, war gegeben.
Nachdem Arthur Kampf nicht weiter am Reichskassenschein arbeitete, wurde er zusammen mit dem Kunstmaler Hans Koberstein und Regierungsbaumeister Hugo Hartung am 11. Juli 1900 aufgefordert, Entwürfe für eine neue Reichsbanknote zu 100 Mark anzufertigen. Am 6. Dezember setzte sich die künstlerische Sachverständigenkommission der Reichsdruckerei, die am 1. Dezember 1900 ihre Tätigkeit aufnahm, in ihrer zweiten Sitzung mit den gelieferten Entwürfen auseinander. Die Kommission bat nach der Diskussion, die Entwürfe von Hans Koberstein und Arthur Kampf umarbeiten zu lassen. Dafür sollten weitere 1000 Mark von der Reichsbank bereitgestellt werden. Das Reichsbankdirektorium wollte die Entwürfe jedoch erst sehen, bevor sie die Mittel bewilligte. Nachdem die Entwürfe Ende Dezember an die Reichsbank geschickt worden waren, verwarf sie die Entwürfe am 21. Januar 1901. Stattdessen bat sie, einen alten Entwurf von Professor Friedrich Wanderer zu einem Reichskassenschein zu 50 Mark aus dem Jahre 1895 zu übersenden. Aus diesem Entwurf ging der „lange Hunderter“ oder auch „Flottenhunderter“ nach etlichen Anpassungen hervor, der mit den Daten vom 7. Februar 1908, 10. September 1909 und 21. April 1910 ab dem
10. Februar 1911 in den Umlauf gelangte.
Erneut kam Arthur Kampf mit seinem Entwurf nicht zum Zug. Wie schon beim Reichskassenschein zu 5 Mark, sind die Entwürfe verschollen. Ob die Vorstudien des Merkurs für die Reichsbanknote zu 100 Mark vorgesehen war, ist nicht mehr zu sagen.
Arbeiten ab 1908
Als der Maler und Grafiker Albert Krüger 1908 aus der künstlerischen Sachverständigenkommission der Reichsdruckerei ausschied, wurde mit Kampf verhandelt, ob er ihn ersetzen wolle. Der Direktor der Reichsdruckerei, Christian Landbeck, betonte in einem Schreiben an den Staatssekretär des Reichspostamts im Juli 1908 dessen Eignung, da Kampf schon in der Vergangenheit mit der Reichsdruckerei zusammengearbeitet hätte. Landbeck erwähnte die bei der Reichsdruckerei angefertigten Lithografien für den Voigtländischen Verlag in Leipzig - bei denen es sich u. a. um die in hohen Auflagen hergestellten Reproduktionen seiner prominenten Historiengemälde „Einsegnung von Freiwilligen 1812“ (1891) und „Mit Mann und Roß und Wagen hat sie der Herr geschlagen“ (1895) handelte – sowie die derzeitige Arbeit des Künstlers an neuen Reichsbanknoten.[15]
Um welche Reichsbanknoten es sich dabei handelte, geht aus dem Schreiben nicht hervor. Wahrscheinlich betraf es Studien zu 20- und 50-Mark-Noten. Die in technisch einfacher Weise ausgeführten Reichsbanknoten zu 20 und 50 Mark von 1906 waren ursprünglich als Ersatznoten für „besondere Zwecke“, also für den Fall einer Mobilisierung hergestellt worden.[16] Einerseits bedurfte es aufwendiger und damit besser geschützter Banknoten, andererseits fehlten Ersatznoten, obwohl schon Darlehnskassenscheine vorbereitet und gedruckt wurden.[17]
Am 15. August 1908 wurde Arthur Kampf, nachdem er im Jahr zuvor Präsident der Königlichen Akademie der Künste in Berlin geworden war, in die künstlerische Sachverständigenkommission der Reichsdruckerei berufen.[18] Dieser gehörte er
bis Ende 1921 an.
Die Kommission bestand aus 13 Kunstsachverständigen verschiedener Gebiete, die die Reichsdruckerei in ihren Aufgaben künstlerisch berieten. Dies betraf u. a. amtliche Grafiken wie Briefmarken und Geldscheine, aber auch die Reichsdrucke, Schrifttypen amtlicher Veröffentlichungen und Bucheinbände.
Dabei beurteilte das Gremium nicht nur vorgelegte Entwürfe, sondern empfahl auch geeignete Künstler. So beriet die Sachverständigenkommission 1909, wie Kunstschaffende für die künstlerisch und technisch anspruchsvolle Gestaltung neuer Reichsbanknoten zu 20 und 50 Mark gewonnen werden könnten. Obwohl die Mitglieder der Kommission nur in Ausnahmefällen selbst Aufträge der Reichsdruckerei erhalten sollten, legte Arthur Kampf Entwürfe vor. Vermutlich hatte er schon vor seiner Berufung in die Kommission 1908 daran gearbeitet. Von den weiteren Einlieferern ist nur der Maler und Grafiker Johann Vincenz Cissarz bekannt, dessen Entwurf für die Reichsbanknote zu 20 Mark 1918 als Darlehnskassenschein zur Ausgabe kam.[19]
Eine Druckprobe der später auch so umgesetzten Reichsbanknote zu 20 Mark nach einem Entwurf von Arthur Kampf ist mit dem Datum vom 10. September 1910 bekannt (Abb. 5).[20]


Die künstlerische Sachverständigenkommission beurteilte die vorliegenden Entwürfe
am 16. November 1911 und legte fest, welche Künstler weitere Darstellungen anfertigen sollten. Arthur Kampf zählte dazu.
Sein Entwurf für den 20-Mark-Schein zeigt als figürliche Bildelemente auf der Vorderseite zwei männliche Aktfiguren mit Bändern im Haar, die in kniender Haltung spiegelbildlich jeweils neben dem gekrönten Reichsadler im Medaillon Füllhörner mit Geldmünzen ausschütten. Die Füllhörner sind seit der Antike ein Symbol des Glücks, wobei hier der Überfluss thematisiert wird. Die Nacktheit der Figuren soll Überzeitlichkeit verdeutlichen, ihr antikes Aussehen tradierte Seriosität. Völlig konträr dazu gestaltete Kampf die Rückseite des Scheins und wurde damit auch auf diesem künstlerischen Gebiet seinem Ruf gerecht, innerhalb der akademischen Formensprache neue Bildformen und
-motive umzusetzen. Figürlichen Darstellungen wurde hier ein derart großer Raum zugebilligt wie nie zuvor. Arthur Kampf symbolisierte die Gegensatzpaare Tag/ Nacht, Arbeit/Ruhe sowie Mann/Frau durch allegorische männliche und weibliche Figuren. Den Tag kennzeichnet der aktive Mann, der, unter Laubwerk vor der aufgehenden Sonne stehend, seine Hemdsärmel hochkrempelt. Rechts hinter ihm begrüßt ein singender Vogel im Geäst den neuen Tag. Es handelt sich hier jedoch nicht um eine historische oder mythologische Figur. Kampf zeichnete einen Zeitgenossen des frühen 20. Jahrhunderts, der den Betrachter direkt anblickt, also mit ihm kommuniziert und ihn so auffordert, es ihm gleichzutun. Auch dies war ein Novum in der Geldscheingestaltung. Die rechte Seite des Scheins ist der passiven Nacht zugeordnet, symbolisiert durch eine schlafende Frau unter Sternenhimmel. Ihre Hände sind gefaltet, die Arbeit ruht. Dazu lässt sich als Vorarbeit eine Studie nachweisen (Abb. 6).

Die erwähnten Gegensätze beziehen sich im Grunde aber auch auf den Gesamtentwurf. Während die figürliche Vorderseite durch den Bezug zur Antike die tradierte Gestaltungsweise des Papiergelds rezipiert, zeigt die Rückseite den Einfluss der künstlerischen Moderne seit dem Beginn des Jahrhunderts. Statt Personifikationen, mythologischen Figuren, Herolde, Ritter oder anderen Bildelemente höherer Sphären stellte Arthur Kampf Menschen aus der Alltagswirklichkeit dar und verwies damit auf ein Motivspektrum, mit dem er sich in seinen Genrebildern intensiv auseinandersetzte. Insbesondere die Wiedergabe von Szenen aus dem Leben der Arbeiter war über einen langen Zeitraum kennzeichnend für sein Schaffen. Die Art der Gestaltung des Mannes auf dem 20-Mark-Schein korrespondiert darüber hinaus mit dem neuartigen Entwurf des Geldscheins. Statt die Person als Staffagefigur mit einem bedeutsamen Blick in die Ferne anzulegen, legt der Künstler sie durch die frontale Darstellung des Gesichtes als Individuum an und wertet sie damit auf.
Der komplette Entwurf zu dieser 20-Mark-Reichsbanknote wurde in der Sitzung vom 30. April 1914 begutachtet.[21]
Die Reichsbanknote zu 50 Mark empfahl die künstlerische Sachverständigenkommission für den Druck nach einer Begutachtung am 28. April 1913.[22] Die Genehmigung dazu erfolgte im Erlass vom 12. August 1914 (Abb. 7).


Die Vorderseite zeigt als figürliche Darstellung das Brustbildnis eines Mädchens en face. Sie trägt auf ihrem Kopf einen Kranz aus Rosenblüten und hält in den Armen verschiedene Früchte vor dem Körper. Durch eine starke Beleuchtung von der linken Seite wird das Gesicht vor dunklem Hintergrund stark akzentuiert.[23]
Zu dem Bildnis lässt sich aus dem Nachlass Arthur Kampfs eine Vorstudie nachweisen, die ihm aufgrund der Beleuchtung von der linken Seite sowie der Physiognomie mit großer Wahrscheinlichkeit als Vorlage diente (Abb. 8).

Die Rückseite des Geldscheins zeigt, wie bei der Reichsbanknote zu 20 Mark, zwei Personen. Auch diesmal stehen sie zueinander in Beziehung und repräsentieren erneut die Lebenswelt der Werktätigen. Die beiden sich zugewandten Männer symbolisieren mit ihren Werkzeugen die wichtigsten Arbeitsbereiche des Deutschen Reichs, die Landwirtschaft und die Industrie. Links wetzt ein Mäher mit Backenbart und Hut im Getreidefeld stehend seine Sense. Das Modell zu dieser Figur wurde von Kampf bereits zuvor in Studien wiedergegeben, sowohl als Ganzfigur (Abb. 9) als auch im Porträt (Abb. 10).


Auf der rechten Seite des Geldscheins schultert ein Arbeiter einen Vorschlaghammer vor der Kulisse rauchender Industrieschornsteine. Beide Darstellungen werden von breiten waagerechten Bildelementen dominiert, links die Sense, rechts der kräftige Unterarm des Arbeiters.
Kurz nach dem Erlass vom 12. August 1914 wurde die Arbeit Kampfs allerdings erneut diskutiert, da auf dem Entwurf zu einem neuen Reichskassenschein zu 10 Mark von Professor Adolf Münzer auf der Rückseite ebenfalls ein „Schnitter“ vorgesehen war. Bedenken wurden geäußert, doch waren die Darstellungen so unterschiedlich, dass mit einer Verwechselung der beiden Noten nicht zu rechnen war. Da die Zeit für den 10-Mark-Schein drängte und die 50-Mark-Note genehmigt war, akzeptierte man diese Gemeinsamkeit der beiden Scheine.[24]
Obwohl die Vorbereitungen für die Reichsbanknote zu 50 Mark weiter fortgeschritten waren, wurde der Note zu 20 Mark eine höhere Priorität eingeräumt, da gefährliche Fälschungen der im Umlauf befindlichen 20-Mark-Scheine aufgetaucht waren. Den Kupferstich des figürlichen Teils besorgte Professor Hans Meyer.[25] Der Druckauftrag wurde im November 1915 erteilt, allerdings kam die Note erst im Dezember 1916 zur Ausgabe (Abb. 11).[26]


Der Druckauftrag zur Reichsbanknote zu 50 Mark erfolgte am 16. Dezember 1915 (Abb. 12).

Im Laufe des Jahres 1916 wurden 100.000 Formulare gedruckt und eingelagert.
Sie gelangten aber nicht mehr zur Ausgabe, auch weil mit dem Darlehnskassenschein
vom 5. August 1914, der ab März 1916 ausgegeben wurde, der dringendste Bedarf gedeckt werden konnte.
Zwei Jahre später war Arthur Kampf erneut für künstlerische Entwürfe für Papiergeld gefragt. Diesmal ging es allerdings nicht um einen Auftrag für die Reichsbank, sondern für Notgeld-Ausgaben der Stadt Hameln. Am 1. und 2. Juni 1918 bat der ortsansässige Gerichtsassessor Wilhelm Bubenezer, der die Notgeldausgabe organisierte und auf künstlerische Qualität hohen Wert legte, namhafte Künstler um Vorlagen und schlug dazu Motive aus der Rattenfängersage vor. Eine Vergütung wurde den Künstlern zu diesem Zeitpunkt nicht in Aussicht gestellt. Ob Arthur Kampf unter diesen Voraussetzungen Skizzen lieferte oder überhaupt reagierte, ist nicht bekannt. Entwürfe von ihm zu dieser Anfrage sind nicht erhalten.[27]
Dr. Oliver Herzberg | Dr. Andreas Schroyen
Literatur:
Crous 1929: Ernst Crous, 50 Jahre Reichsdruckerei, Berlin 1929.
Gärtner 2015: Auktionshaus Christoph Gärtner, Bietigheim-Bissingen, Katalog der Sonderauktion vom 28.-30.04.2015, Los-Nr. P-32262.
Grabowski 2021: Hans-Ludwig Grabowski, Die Banknoten des deutschen Reichs ab 1871, 22. Auflage, 2021, Regenstaufen: Battenberg Gietl Verlag GmbH.
Kranister 1988: Willibald Kranister (Hg.), Die Geldmacher. Vom Gulden zum Schilling,
3. Aufl., [Wien] 1988, S. 30.
Lepke 1923: Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus, Berlin, Katalog der Versteigerung vom 2. Mai und 3. Mai 1923.
Lepke 1923: Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus, Berlin, Katalog der Versteigerung vom 25. und 26. September 1923.
Reichsarchiv 1930: Die militärische, wirtschaftliche und finanzielle Rüstung Deutschlands von der Reichsgründung bis zum Ausbruch des Weltkrieges / Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft, Anlagen zum 1. Band, Protokoll der Sitzung im Reichsschatzamt vom 01.04.1901, Berlin: E.S. Mittler & Sohn, 1930, S. 308-312.
Singer 1921: Hans W. Singer (Hg.), Zeichnungen von Arthur Kampf, Bd. I, Meister der Zeichnung, Bd. 9, Leipzig: A. Schumann’s Verlag [1921].
Abkürzungen:
BArchiv: Bundesarchiv
LAV: Landesarchiv Nordrhein-Westfalen
Bildnachweis:
Abb. 1 Foto E. Bieler.
Abb. 2, 3, 6, 8, 10: Foto A. Schroyen.
Abb. 4, 7, 11: Archiv für Geld- und Zeitgeschichte, Sammlung Besler (Grabowski).
Abb. 5 Auktionshaus Christoph Gärtner GmbH & Co. KG.
Abb. 9 Repro nach: Singer 1921, Abb. 32.
Abb. 12 Repro nach: Grabowski 22 2021, S. 51.
Anmerkungen:
[1] Crous 1929, S. 146.
[2] LAV NRW BR 0004 Nr. 1562 bzw. 1575, Bl. 229.
[3] Oettingen, Wolfgang von. 1895. „Arthur Kampf“. In: Die Kunst unserer Zeit, Bd.6, Heft II.,
2. Hlbbd., München, o.J. (1895), S. 37 f.
[4] Becker, Felix u. Erich Haenel. 1901. „Künstler der Gegenwart“. In: Spemanns goldenes Buch der Kunst. Eine Hausstunde für Jedermann, (Hg.) Felix Becker, W. Bode u. a., Berlin, Stuttgart: W. Spemann, 1380.
[5] Acht Handzeichnungen von Arthur Kampf in Faksimiliedrucken herausgegeben von der Reichsdruckerei. [nach 1906]. (Hg.) Reichsdruckerei, Berlin: Reichsdruckerei sowie Rosenhagen, Hans. 1923. Arthur Kampf. Handzeichnungen. 29 Faksimiliedrucke der Reichsdruckerei auf 23 Tafeln, Berlin: Reichsdruckerei.
[6] Rosenhagen, Hans. 1927. „Arthur Kampf als Zeichner“. In: Daheim. Ein Familienblatt mit Illustrationen, 63. Jg., 1926-1927, Nr. 25, 16 f.; Zeichnungen von Arthur Kampf. [1921]. Einleitung von Hans Wolfgang Singer, Bd. 1-2, Leipzig: Schumann; Singer, Hans Wolfgang. 1924. „Arthur Kampf als Zeichner (Zum 60. Geburtstag des Künstlers)“. In: Velhagen & Klasings Monatshefte, 39. Jg., 1924-1925, Bd. 1, 201-208.
[7] Wikipedia. Die freie Enzyklopädie. 04.09.2004. „Adolph von Hansemann.“ <https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Adolph_von_Hansemann&oldid=189424691> (08.08.2015). Bassenge. Kunst-, Buch- & Fotoauktionen, Onlinekatalog der Auktion vom 11.04.2014, Nr. 2803 <http://www.invaluable.com/auction-lot/seyppel,-carl-maria:-mein-buch.-gastebuch-g.-hans-2803-c-6872b61e8a.> (07.04.2014). Kampf war ab den 1890er-Jahren ebenfalls Gast (Habitué) im Salon von Aniela Fürstenberg, Ehefrau von Carl Fürstenberg, einer der führenden Wilhelminischen Bankiers, Wilhelmy, Petra. 1989. Der Berliner Salon im 19. Jahrhundert (1780-1914), Berlin, New York: de Gruyter, 645-648.
[8] Kranister 1988, S. 30.
[9] Edwin Redslob, Schreiben an die Reichskanzlei vom 27.09.1920, BArchiv, R32/6,
Bl. 140 ff., auch BArchiv, R43-I/629, Bl. 189 ff.
[10] Handschriftlicher Vermerk zur Äußerung des Direktors der Reichsdruckerei Franz Helmberger, BArchiv, R43-I/629, Bl. 192.
[11] Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger, Nr. 144, 1899, 21.06.1899.
[12] Briefe der Reichsdruckerei an die Künstler vom 02.04.1900, BArchiv R2/41965, Bl. 174 ff.
[13] Schreiben der Reichsdruckerei an die Reichsschuldenverwaltung vom 08.07.1900, BArchiv, R2/41965, Bl. 168 ff.
[14] Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger, Nr. 95, 1906, 23.04.1906.
[15] Schreiben des Direktors der Reichsdruckerei, Christian Landbeck, an den Staatssekretär des Reichspostamts vom 27.07.1908, BArchiv, R4701/16550, Schreiben-Nr. 38045.
[16] Crous 1929, S. 147.
[17] Reichsarchiv 1930, S. 308 ff.
[18] Schreiben des Direktors der Reichsdruckerei, Christian Landbeck, an den Staatssekretär des Reichspostamts vom 23.10.1909, BArchiv, R4701/16550, Schreiben-Nr. M 2153.
[19] Schreiben von Johann Vincenz Cissarz an den Reichskunstwart Edwin Redslob vom 17.10,1920, BArchiv, R32/6, S. 201 ff.
[20] Gärtner 30.04.2015, Los-Nr. P-32262.
[21] Sitzungsprotokolle der künstlerischen Sachverständigenkommission, BArchiv, R4701/16550.
[22] Ebenda.
[23] Eine signierte Bleistiftstudie der Mädchenfigur in den Maßen 36 x 22 cm wurde 1923 beim Berliner Auktionshaus Lepke angeboten bzw. verauktioniert, Lepke 02.-03.5.1923, S. 12, Nr. 147 sowie Lepke 25.-26.9.1923, S. 8, Nr. 142a.
[24] Schreiben des Reichsbankdirektoriums an den Stellvertreter des Reichskanzlers vom 20.08.1915, BArch, R 3101/624, Bl. 42 ff.
[25] Berliner Börsen-Zeitung, 12.09.1917 [S. 4].
[26] Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger, Nr. 296, 16.12.1916.
[27] Für diesen Hinweis danken die Autoren Herrn Ulrich Schrock, Hameln.
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