Ein Beitrag von Dr. Oliver Herzberg und Dr. Andreas Schroyen
Teil 2: Die "Weimarer Republik"

Der Maler und Zeichner Arthur Kampf war bis 1945 der prominenteste deutsche Künstler, der Entwürfe für deutsches Papiergeld lieferte. Und dies nicht nur zu einem konkreten Anlass, sondern konsequent vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1920er Jahre hinein.
Nach den abgewiesenen Entwürfen zu einem Reichskassenschein über 5 Mark und einer Reichsbanknote zu 100 Mark von 1900, wurden zwei seiner Vorlagen für Reichsbanknoten
zu 20 und 50 Mark 1914 genehmigt.
Die Reichsbanknote wurde mit dem Datum vom 4. November 1915 ab dem 19. Dezember 1916 ausgegeben, die Note zu 50 Mark aber vorerst zurückgehalten.
In diesem zweiten Teil des Artikels betrachten wir sein Wirken auf diesem Gebiet nach dem Ende des Deutschen Kaiserreichs.
Die "Weimarer Republik"
Erst nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde der Entwurf des 50-Mark-Scheins wieder aufgegriffen. Nachdem sich die Bargeldmenge gegen Ende des Sommers 1918 verknappt hatte, beschloss die Reichsbankdirektion eine Hilfsbanknote mit Datum vom 20. Oktober 1918 auszugeben. Diese wurde in rein grafischer Form gestaltet, ohne alle aufwendigen Schutzmerkmale der bisherigen Reichsbanknoten einzusetzen. Aus diesem Grund sollte diese Hilfsbanknote nur eine kurze Zeit umlaufen. Im Volksmund wurde sie wegen ihrer Gestaltung auch „Trauerschein“ oder „Todesanzeige“ genannt. Schon kurz nach der Ausgabe tauchten Fälschungen auf. Es folgten zwei weitere Hilfsbanknoten vom
30. November 1918 („Eierschein“ oder „Bilderrahmen“) und 24. Juni 1919, die aber auch häufig gefälscht wurden. Die Reichsbankdirektion sah einzig eine Note im Kupferstich mit figürlichen Darstellungen als ausreichend an und griff auf die 1914 genehmigte Note nach dem Entwurf von Arthur Kampf zurück.



Zwei Druckproben lagen dem Reichskanzler mit dem Vermerk vor, dass der Entwurf als besonders gelungen gelte und gegen Fälschungen als Kupferdrucknote gut geschützt sei.[1] Doch anstatt die Note, wie vom Reichsbankdirektorium erhofft, durchzuwinken, reichte das Kanzleramt die Druckproben an Reichskunstwart Edwin Redslob weiter. Dessen Stelle als Kunstsachverständiger und -verantwortlicher für die künstlerischen Arbeiten des Reiches war erst kurz vorher geschaffen worden.
In seiner offiziellen Antwort vom 30. März 1920 wurde der Entwurf abgelehnt, da die Öffentlichkeit nicht verstehen könne, dass jetzt noch eine Banknote in Umlauf gegeben werde, „die keinerlei Besserung gegen frühere Scheine aufweise“.[2] Dazu ist anzumerken, dass der Zeitpunkt, an dem die Note dem Reichskunstwart vorgelegt wurde, mehr als ungünstig war. Während des Lüttwitz-Kapp-Putsches, der von reaktionären Kräften vom
13. bis zum 17. März 1920 gegen die neue Republik gerichtet war, erreichte der Entwurf am
15. März den Reichskunstwart. Man griff auf eine Note zurück, die der ebenfalls von Arthur Kampf entworfenen Reichsbanknote zu 20 Mark von 1915 (siehe Abb. 2) ähnelte und die Handschrift des alten Kaiserreichs trug. Ein Neubeginn war so nicht zu erreichen. Entsprechend zynisch war der Kommentar von Redslob. Von Stuttgart aus schrieb er an Otto Baur, der das Amt geschäftsführend innehatte, dass er den Schein in aller Schärfe ablehne. Diese Art der Aufmachung sei nur möglich, wenn „eine Seite die Bildnisse von Kapp und Lüttwitz“ erhielte.[3]
Lebende Politiker und Staatsoberhäupter, geschweige denn Putschisten, haben es bis heute nicht auf die deutschen Banknoten geschafft.


Der Reichskunstwart sollte auf seine Ablehnung hin alternative Künstler benennen, die künstlerisch und technisch geeignete Geldscheinentwürfe vorlegen könnten. Was dabei unter „künstlerisch und technisch geeignet“ von der Reichsbank verstanden wurde, schilderte Redslob in seinem Schreiben vom 6. Oktober 1920 an den Maler Hermann Tiebert:
„Sie müssten der Reichsdruckerei den Beweis geben, dass Sie sehr wohl in der Lage sind, den Wettkampf mit dem 20 Markschein auszuhalten, den Arthur Kampf mit dem Kopf „Tag und Nacht“ ausgestattet hat. Dieser Schein ist für die Reichsbank das Ideal. Bis jetzt sind an seinen Köpfen alle Fälschungen gescheitert. Auch die Verteilung, die auf die Faltung Rücksicht nimmt, ist günstig, weil der Kopf in der Mitte nicht durchgescheuert werden kann.“[4]
Ferner erwähnte der Reichskunstwart, dass er hoffe, Tiebert könne einen Gegenentwurf zu diesem 20-Mark-Schein liefern. Er hätte seinem Schreiben einen dieser Scheine beigelegt, den er jedoch nur mühsam bekommen habe, da gerade diese Zwanziger beim Publikum wegen ihrer Zuverlässigkeit besonders beliebt seien.
Die Popularität zeigte sich auch darin, dass das Motiv des Arbeiters auf Notgeldscheinen auftauchte. 1923 nutzte die Stadt Düren diese Darstellung in einer Variante für einen
20-Billionen-Mark-Gutschein (Abb. 3). Der Arbeiter schultert nun einen Vorschlaghammer,
im Hintergrund befinden sich ein Zahnrad und rauchende Schornsteine. Ebenso lässt sich das Bildnis auf Notgeldscheinen verschiedener Wertstufen des „Hotel und Kaffee Kaiserhof“ in Münster nachweisen, nun wieder vor einem Sonnenaufgang, allerdings mit ebenfalls geschultertem Hammer (Abb. 4). Auf Grund stilistischer Merkmale kann davon ausgegangen werden, dass Arthur Kampf beide Variationen nicht gestaltet hatte.


Edwin Redslob wollte beim Papiergeld eine neue Tradition beginnen, die für das neue, republikanische und demokratische Deutschland stehen sollte. Der Bruch mit dem Althergebrachten des Kaiserreichs sollte auch stilistisch ausgedrückt werden. Tiebert und auch die anderen Künstler sollten dem Kampf’schen 20-Mark-Schein einen zeitgemäßen, modernen Entwurf gegenüberstellen. Wie sich herausstellte, war das kein einfaches Unterfangen.
Nachdem alle Entwürfe der vom Reichskunstwart vorgeschlagenen Künstler als ungeeignet abgelehnt wurden, erhöhte sich der Handlungsdruck. Die Reichsbank beklagte, dass sie aufgrund der vielen Fälschungen gerade bei den 50-Mark-Scheinen Millionen verlöre und deshalb nicht länger warten könne. Redslob akzeptierte unter Vorbehalt die Ausgabe der neuen 50-Mark-Reichsbanknote nach dem Entwurf Arthur Kampfs, um den Schaden zu begrenzen. Zu seinen Bedingungen zählte, dass direkt an neuen, der Republik entsprechenden Noten gearbeitet werde und die Ausgabe der Reichsbanknote alten Stils nicht unkommentiert geschehe. So wurde die Reichsbanknote zu 50 Mark mit dem Datum vom 23. Juli 1920 am 21. Dezember 1920 zusammen mit einer neuen Reichsbanknote zu
10 Mark und einer zu 100 Mark im Deutschen Reichsanzeiger angekündigt.
Kritik an dieser Note ließ nicht auf sich warten. Der „Berliner Börsenkurier“ vom 4. Februar 1921 kommentierte, dass man Kampfs Banknote „bei allen Einwänden, die wohl leicht zu erheben seien, die eine Eigenschaft nicht absprechen könne: Sie repräsentiere einen gewissen Zeitstil, vielleicht den von gestern oder vorgestern, aber diesen doch unverfälscht“[5] Auch die „Vossische Zeitung“ äußerte sich eher negativ über diesen Schein. Er halte noch „die bedenkliche Verwandtschaft mit dem alten Papiergeld der Kaiserzeit aufrecht, das an Ungeschmack einen Rekord schlug.“ Weiterhin hoffe man, dass „jetzt, wo eine beaufsichtigende Kunstinstanz im Reiche vorhanden sei, Stücke so zweifelhaften Charakters künftig nicht mehr herausgebracht werden.“[6]
Dass Kampf selbst nicht zufrieden mit den umgesetzten Entwürfen war, äußerte er indirekt in der Sitzung der künstlerischen Sachverständigenkommission der Reichsdruckerei am
27. November 1919. Als es darum ging, geeignete Künstler zu finden, die Reichsbanknoten mit neuen Hoheitszeichen gestalten sollen, warf der Künstler ein, dass auf den deutschen Geldscheinen zu viele Details angebracht seien. Der Künstler sei durch die Vorgaben zu gebunden. In dieser Beziehung seien die englischen Banknoten mit ihrem einfachen Druck („die sogenannten „White Notes“) vorzuziehen.[7] Mit dieser Kritik stand Kampf nicht allein.[8] In der Veröffentlichung „Die amtliche Graphik“ von Fritz Helmuth Ehmcke werden die deutschen Geldscheine stark kritisiert, während ausländische Banknoten im einfachen, grafisch übersichtlichen Design, wie die aus England oder Dänemark, als vorbildlich bewertet werden.[9]
Nicht nur als entwerfender Künstler, sondern auch als Mitglied der künstlerischen Sachverständigenkommission der Reichsdruckerei hatte Arthur Kampf auf die Gestaltung des Papiergelds des Deutschen Reichs Einfluss. So unterstützte er den Vorschlag des Reichskunstwarts Redslob, anstelle allegorischer Figuren die Wiedergabe eines „wertvollen“ Kunstwerkes zu verwenden.[10] Eine Idee, die half, bei dringendem Bedarf an neuen, fälschungssicheren Banknoten schnell Entwürfe zu schaffen. Die deutschen Banknoten wurden in ihrer Gestaltung bis in die 1980er Jahre durch diese Idee immer wieder geprägt.[11] Seine eigenen Erfahrungen mit der Gestaltung von Banknoten, wie die praktische Positionierung der Bildnisköpfe oder der Hinweis, kein Künstler könne Figur, Ornament und Schrift gleich gut beherrschen, ließ Arthur Kampf in die Besprechungen einfließen. Er schlug Künstler für neue Banknoten vor und regte an, Versuche mit Holzstichen durchzuführen.[12]
Kampf stellte sich trotz einer Anfrage des Direktors der Reichsdruckerei 1921 für die künstlerische Sachverständigenkommission nicht wieder zur Verfügung und schied aus der Kommission aus.[13] Ob die Kontroversen um den 50-Mark-Schein von 1920, seine später geäußerte Abneigung gegen den Reichskunstwart Redslob, die fehlende Berücksichtigung seiner Person auf der Vorschlagsliste für den Werkrat zur Unterstützung des Reichskunstwarts[14] oder der schwindende Einfluss der Kommission und eine Neuorientierung bei öffentlichen Arbeiten diesen Entschluss gefördert haben, ist nur zu vermuten. Da er weiterhin für die Reichsdruckerei arbeitete und auch Entwürfe zu Geldscheinen einreichte, hatte Arthur Kampf sicherlich weiterhin Interesse an diesen öffentlichen Aufträgen.
Mit der steigenden Inflation und einer immer schnelleren Nachfrage nach höheren Werten wurde es schwieriger, den Bedarf an neuen, künstlerisch voll ausgestalteten und fälschungssicheren Reichsbanknoten zu decken. So wurden vermehrt Hilfsbanknoten im einfachen grafischen Design ausgegeben. Zudem schwand nach 1922 der Einfluss der Reichsdruckerei auf die Gestaltung der Reichsbanknoten durch die Unabhängigkeit der Reichsbank, die von den Alliierten in den Verhandlungen zu den Reparationszahlungen gefordert wurde, immer stärker. 1924 schlug schließlich der Direktor der Reichsdruckerei anlässlich der Neubesetzung der künstlerischen Sachverständigenkommission vor, sie aufzulösen.[15]
Diese neue Unabhängigkeit versuchte die Reichsbank nun in der Gestaltung ihrer Banknoten umzusetzen. Ende 1923 forderte der Reichskunstwart Edwin Redslob, bei der Gestaltung des wertbeständigen Geldes als Berater mitzuwirken.[16] Er stellte in Absprache mit dem Direktor der Reichsdruckerei, Franz Helmberger[17], und nach Aussprache mit der Reichsbank[18] zunächst eine Liste mit Persönlichkeiten zusammen, um eine Sammlung mit deren Kopfbildnissen für den Gebrauch auf Geldscheinen vorbereitend aufzubauen. Am 14. Februar 1924 besprachen Reichsbankdirektor Stefan Schott und der Direktor der Reichsdruckerei Helmberger, wie neue Banknoten gestaltet werden könnten. Man beschloss, drei Künstler zu beauftragen, um je zwei „Köpfe“ zu liefern. Weiterhin wurden Motive aus Bergbau, Handel, Industrie, Kunst, Landwirtschaft, Schifffahrt, Wissenschaft und Wohlfahrt vorgeschlagen.[19] Auf einer handschriftlichen Notiz vermerkte Redslob einige Künstler, die ihm geeignet schienen. Darunter befanden sich Marcus Behmer, Lucian Bernhard, Max Körner, Oskar Hermann, Werner Hadank, Klaus Richter, Paul Scheurich, Eddy Smith und die Buchgewerbeschule in Leipzig mit ihrem Direktor W. Tiemann, aber nicht Arthur Kampf. Kampf war trotz seiner Arbeiten und Erfahrung bei der Gestaltung von Banknoten nicht mehr in der ersten Auswahl. Er galt mit seinem akademisch-traditionellen Malstil als Repräsentant des als überwunden angesehenen Wilhelminischen Kaiserreichs.
Obwohl Eddy Smith und der Grafiker Wilhelm Wieger schon im Februar 1924 an den Köpfen arbeiteten und auch der gesondert angefragte Künstler Hermann Kätelhön erst verspätet im Juni 1924 auf den Brief vom 16. Februar reagierte[20], wurde Arthur Kampf doch noch Ende Februar angefragt.[21] Redslob gab an, es müsse versucht werden, Begriffe wie Handel, Handwerk, geistiges Leben, Schifffahrt oder ähnliches zu veranschaulichen oder allgemeine Köpfe zu gestalten, die einen inneren Bezug zu Deutschland haben und für das Volkstum kennzeichnend seien: Etwa ein junger Mensch, der den Zukunftswillen energisch ausdrücke, ein Frauenkopf, in dem Empfindungen wie Vertrauen und Hoffnung zu finden seien, ein älterer Männerkopf oder eine mit einem Eichenzweig bekränzte Frau. Redslob bat Kampf um zwei oder drei Ideenskizzen. Die Grundform um den Kopf solle oval oder ein längliches Achteck ohne festen Rahmen sein, die rechts frei steht. Darunter käme ein Guillochestreifen mit Wertzahl. Die Note solle möglichst viel Grund frei halten. Für die Vorentwürfe stünden jeweils 100 RM zur Verfügung. Arthur Kampf nahm den Auftrag an.[22]
Redslob erfuhr anschließend über den Direktor der Reichsdruckerei Helmberger, dass jeweils ein Kopf von Wilhelm Wieger und einer von Arthur Kampf für die Banknoten ausgewählt worden seien. Für den Reichskunstwart stellte sich das Ergebnis bei der Auswahl der Köpfe in Übereinstimmung mit maßgebenden Fachleuten allerdings anders dar: Für die Aufgabe sei vom Standpunkt der Grafik keine größere Begabung und kein Künstler von zwingenderer Eigenart gefunden als Eddy Smith. Zu seiner Befremdung sei dieser nicht unter den ausgewählten Künstlern, obwohl doch ein vielversprechender Entwurf vorliege, der nur geringfügig angepasst werden müsse. Stattdessen sei final ein Kopf von Arthur Kampf gewählt worden, der aus seiner Sicht nicht für eine ausgeführte Abbildung geeignet sei, sondern eher wie eine handelnde Nebenfigur auf einem historischen Gemälde wirke. Redslob schlug aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen vor, auf Basis des Mädchenkopfes von Wilhelm Wieger und des Kopfes eines bärtigen Mannes von Eddy Smith weitere Vorschläge zu erarbeiten. Zudem bat er um die Gelegenheit, sich, wie vom Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht gewünscht, mit diesem über die Auswahl der Köpfe und die Banknotenfrage auszusprechen.[23]
Die Bezahlung für einen dritten entworfenen Kopf, der Merkur darstellt, werde erfolgen, sobald sich die Reichsdruckerei entschieden habe, ihn auszuführen. Redslob lobte diesen dritten Kopf, der ihm besonders wirkungsvoll und brauchbar erschien. Er habe ihn sofort zum Entwurf einer neuen Ausgabe von Wertpapieren vorgeschlagen. Die Entwürfe von Wilhelm Wieger und vermutlich auch der von Arthur Kampf wurden in den Banknoten der Golddiskontbank vom 20. April 1924 umgesetzt. Die Note zu fünf Pfund Sterling mit der Darstellung eines jungen Mannes kann Wilhelm Wieger zugeordnet werden[24], während die Note zu zehn Pfund Sterling möglicherweise Arthur Kampf zufällt (Abb. 5).


Laut einem Aufsatz der Reichsbank aus dem Jahr 1940, der die Geschichte der beiden Reichsmarkserien, die erste Ausgabe vom 11. Oktober 1924 und die zweite aus den Jahren 1929 bis 1936, anhand der damals noch vorhandenen Akten zusammenfasst, ersuchte die Reichsbank die Reichsdruckerei im Februar 1924 um Vorschläge zu neuen Reichsbanknoten. Darauf legte die Reichsdruckerei im Mai 1924 zwölf von Arthur Kampf stammende Entwürfe zu neuen Noten über 5, 10, 20, 50, 100 und 1000 Reichsmark zur Prüfung vor. Auf Wunsch des Reichsbankdirektoriums wurde Wilhelm Wieger aufgefordert, neue Kopfbildnisse anzufertigen.
Die ersten Reichsmark-Banknoten vom 11. Oktober 1924 entwarfen Künstler der Reichsdruckerei, die Gemäldeporträts von Hans Holbein dem Jüngeren als Vorlagen nutzten. Die Kopfbildnisse Kampfs und Wiegers wurden für diese Banknoten nicht genutzt, allerdings weisen die Rückseiten der Reichsbanknoten der Holbein-Serie und der beiden Banknoten der Golddiskontbank starke Ähnlichkeiten auf.
Schon 1925 begannen die Arbeiten an der Nachfolgeserie zu den Reichsbanknoten mit den Holbein-Motiven. Es wurde befürchtet, dass die Ausführung im Buchdruck ungenügenden Schutz gegen Fälschungen bieten würde, sodass möglichst schnell Noten im Tiefdruck hergestellt werden sollten. Dafür wurde nach vergeblichen Versuchen der Reichsdruckerei, geeignete, künstlerisch anspruchsvolle Reichsbanknoten zu liefern, ein allgemeiner Wettbewerb ausgeschrieben. Ob auch Entwürfe von Arthur Kampf unter den 166 Einsendungen waren, ist nicht bekannt. Falls ja, zählten sie nicht zu den prämierten.
Da von den einfach gestalteten Scheinen zu 50 und 10 Rentenmark der ersten Serie vom
1. November 1923 schnell gute Fälschungen auftraten, musste, da man noch nicht auf die Rentenmark als stabilisierenden Faktor verzichten wollte, Ersatz für diese Nominale geschaffen werden. Der Schein zu 50 Rentenmark wurde zum 31. Mai 1925 aufgerufen und der 10-Rentenmark-Schein zum 24. November 1925. Am 4. Juni 1925 wurde bekanntgegeben, dass ein neuer Schein zu 50 Rentenmark ausgegeben werde.[25]
Dem folgte am 26. August ein neuer Schein zu 10 Rentenmark[26] sowie ein am 31. Mai angekündigter Schein zu 5 Rentenmark, der die Serie komplettierte.[27] Durch eine Vorstudie zur Darstellung des Mädchens, das ein Getreidebündel im Arm hält, geht dieser Entwurf eindeutig auf Arthur Kampf zurück (Abb. 6).

Aufgrund stilkritischer Merkmale sind auch die figürlichen Motive der 10- und 50-Rentenmark-Noten dem Künstler zuzuschreiben. Zusammen mit den Bildnissen der Frau sowie des Mannes auf den beiden anderen Geldscheinen bildet das Kind eine Familie, die auf dem Getreidefeld arbeitet. Alle Personen sind im Halbprofil wiedergegeben und schauen in unterschiedliche Richtungen. Während die männliche Figur eine Kopfbedeckung trägt und mit der Sense als Schnitter charakterisiert ist, deutet bei der weiblichen Figur nur das Kopftuch auf eine Feldarbeit hin. Im Hintergrund ist jeweils ein flacher Horizont in der unteren Bildhälfte angedeutet, sodass die Köpfe vor freiem Himmel erscheinen.
Die Darstellung von Menschen bei der Feldarbeit gehörte zum Motivrepertoire Arthur Kampfs, seitdem er ab 1898 Wandbilder im Kreishaus von Burtscheid (heute Aachen-Burtscheid) angefertigt hatte. Dort finden sich bereits der Schnitter im Halbprofil sowie die garbenbindenden Erntehelfer. Bis zum Ende seines Schaffens verarbeitete der Künstler diese Motive der Feldarbeit in seinem Œuvre, zumal die Landwirtschaft neben der Industrie der zweite bedeutende Wirtschaftszweig im Deutschen Reich war. Und genau das sollen die gewählten Figuren sowie die Ährengabe im Ornament auf der Rückseite versinnbildlichen: das ländliche Deutschland. Diese Symbolik passte auch zur Rentenmark, die sich nicht auf Gold und andere Edelmetalle stützte. Sie war durch Grundschulden gedeckt und wurde als Grund- und Bodenwährung angesehen. Die Vorgaben des Reichskunstwarts vom Februar 1924, „allgemeine Köpfe zu gestalten, die einen inneren Bezug auf Deutschland haben und für das Volkstum kennzeichnend seien. Etwa ein junger Mensch, der den Zukunftswillen energisch ausdrückt, ein Frauenkopf, in dem Empfindungen wie Vertrauen und Hoffnung zu finden sind, ein älterer Männerkopf“[28], finden wir in den Figuren der Noten der Rentenbank von 1925/26 wieder (Abb. 7–9).






Als Arthur Kampf im letzten Lebensjahr 1949 seine Autobiografie „Aus meinem Leben“ verfasste[29], hätte er ein facettenreiches Künstlerleben reflektieren können. Stattdessen überblickte er in einer knappen, anekdotenreichen Schrift altersmild die vergangenen 85 Jahre, erwähnte nur bedeutende Ereignisse seines Werdegangs und vermied die unangenehmen Aspekte. So verwundert es kaum, dass seine künstlerischen Tätigkeiten auf dem Gebiet des Papiergelds vollkommen unerwähnt bleiben, obwohl die von ihm gestalteten Banknoten von 1916 bis 1948, also 32 Jahre im Umlauf waren. Spuren zu seiner Arbeit auf diesem Gebiet finden sich nur sporadisch in der Tagespresse, den nur lückenhaft überlieferten Archivalien der Reichsbank und der Sachverständigenkommission sowie der Korrespondenz zwischen beteiligten Personen. Arthur Kampf war ein ungemein produktiver Künstler und hinterließ eine unüberschaubare Anzahl von Vorstudien und Zeichnungen.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich zukünftig noch weitere Entwürfe von seiner Hand für die Gestaltung von Geldscheinen nachweisen lassen.
Dr. Oliver Herzberg / Dr. Andreas Schroyen
Literatur:
Ehmcke 1918: Fritz Helmuth Ehmcke, Amtliche Graphik, Flugschriften des Münchener Bundes, H. 4, Oktober 1918, München 1918.
Grabowski 2021: Hans-Ludwig Grabowski, Die Banknoten des deutschen Reichs ab 1871, 22. Auflage, 2021, Regenstaufen: Battenberg Gietl Verlag GmbH,.
Kampf 1950: Arthur Kampf, Aus meinem Leben. Einführung von August Gotzes und herausgegeben vom Aachener Museumsverein, Aachen 1950.
Kranister 1988: Willibald Kranister (Hg.), Die Geldmacher. Vom Gulden zum Schilling,
3. Aufl., [Wien]: Kremayr & Scheriau, 1988, S. 30.
Abkürzung:
BArchiv: Bundesarchiv
Bildnachweise:
Abb. 1a/b; 2a/b; 9a/b: Archiv für Geld- und Zeitgeschichte, Sammlung Grabowski
Abb 1c; 5a/b; 7a/b, 8a/b: Battenberg Bayerland Verlag
Abb. 3: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/89/Notgeld_der_Stadt_D%C3%BCren_1923_001.jpg (12.06.2024 abgerufen).
Abb. 4: Foto Thomas van Eck / Rohlof und Westermann GbR.
Abb. 6: Foto A. Schroyen.
Anmerkungen:
[1] Schreiben des Reichsbankdirektoriums an den Reichskanzler Gustav Adolf Bauer vom 02.03.1920, BArchiv, R 43/629, Bl. 91.
[2] Schreiben von Otto Baur, Büros des Reichskunstwarts, an den Geheimen Regierungsrat Brecht in der Reichskanzlei vom 30.03.1920, BArch, R43/629, Bl. 93.
[3] Schreiben von Edwin Redslob an Otto Baur vom 15.3.1920, BArch, R32/ 6 Bl. 232.
[4] Schreiben von Edwin Redslob an Hermann Tiebert vom 6.10.1920, BArch, R32/ 6 Bl. 146 ff.
[5] Die neuen Banknoten, in: Berliner Börsenkurier, 04.02.1921.
[6] M. O. [Max Osborn], „Das neue Papiergeld“, in: Vossische Zeitung, No. 71, Erste Beilage, 12.02.1921.
[7] Protokoll der Sitzung der künstlerischen Sachverständigenkommission vom 27.11.1919, BArch, R 4701/16550.
[8] Auch Johann Vincenz Cissarz kritisierte in einem Brief an den Reichskunstwart, dass sein Entwurf zu einer Reichsbanknote zu 20 Mark, die 1918 als Darlehnskassenschein ausgegeben wurde, durch zusätzlich eingebundene Elemente nicht mehr viel mit seinem ursprünglichen Entwurf zu tun hatte, BArch R 32/6, Bl. 201 ff.
[9] Ehmcke 1918.
[10] Sitzungsprotokoll der künstlerischen Sachverständigenkommission vom 22.04.1920, BArchiv, R4701/16550.
[11] Das erste Beispiel für die Umsetzung dieser Idee ist der „Bamberger Reiter“ auf dem
100-Mark-Schein vom 01.11.1920. Während der Inflation folgten weitere Reichsbanknoten mit Porträts von Werken alter Meister wie Beham, Dürer, Holbein oder Pencz. Es folgten ab 1924 vier Serien mit Porträts von Künstlern des 15. und 16. Jahrhunderts. Die erste Serie waren die letzten Papiermarkbanknoten von 1924 mit Porträts von Gemälden Albrecht Dürers. Ende 1924 wurde die erste Reichsmark-Serie mit Porträts von Werken Hans Holbeins des Jüngeren ausgeben. 1926 war eine Serie mit Porträts von Gemälden Hans Griens, Lucas Cranach und des Meisters BB vorbereitet, erschien aber nicht. Schließlich ist noch die Serie „Bundesbank I“ zu nennen, die den Zahlungsverkehr in der Bundesrepublik in den 1960er-Jahren bis in die frühen 1990er prägte.
[12] Sitzungsprotokoll der künstlerischen Sachverständigenkommission vom 22.04.1920, BArchiv, R4701/16550.
[13] Schreiben des Direktors der Reichsdruckerei Franz Helmberger an den Reichspostminister Johannes Giesberts vom 30.11.1921, BArchiv, R4701/16550,
O-Nr. 2000/2661.
[14] Namensliste für den graphischen Werkrat, undatiert [Mai 1921], BArch, R32/186 Bl. 4.
[15] Mitteilung des Direktors Franz Helmberger an das Reichspostministerium vom 26.06.1924, BArch, R 4701/16550.
[16] Schreiben des Reichskunstwarts Edwin Redslob an die Reichsdruckerei vom 09.11.1923, BArch, R 32/523, Bl. 41.
[17] Schreiben des Reichskunstwarts Edwin Redslob an den Reichsbankdirektor Stefan Schott vom 08.01.1924, BArch, R 32/6, Bl. 50.
[18] Schreiben des Reichskunstwarts Edwin Redlob an den Reichsbankdirektor Stefan Schott vom 21.12.1923, BArch, R 32/523, Bl. 110.
[19] Besprechungsnotiz zum Treffen vom 14.02.1924, BArch, R 32/6, Bl. 56.
[20] Schreiben Hermann Kätelhöns an den Reichskunstwart Edwin Redslob vom 24.06.1924, BArch, R 32/523, Bl. 97.
[21] Schreiben des Reichskunstwarts Edwin Redslob an Arthur Kampf vom 29.02.1924, BArch, R 32/523, Bl. 88.
[22] Schreiben Arthur Kampfs an den Reichskunstwart Edwin Redslob vom 02.03.1924, BArch; R 32/6, Bl. 36.
[23] Schreiben des Reichskunstwarts Edwin Redslob an das Reichsbankdirektorium vom 27.03.1924, BArch, R 32/6, Bl. 21 f.
[24] Schreiben an die Direktion der Reichsdruckerei: Besprechungsnotiz vom 23.08.1924 zum Treffen vom 22.08.1924 zum Thema der neuen Reichsbanknoten, BArch, R 32/523, Bl. 38 f.
[25] Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger, Nr. 130-1925, 06.06.1925.
[26] Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger, Nr. 205-1925, 02.09.1925.
[27] Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger, Nr. 124-1925,01.06.1925.
[28] Schreiben des Reichskunstwarts Edwin Redslob an Arthur Kampf vom 29.02.1924, BArch, R 32/523, Bl. 88.
[29] Kampf 1950.
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