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AutorenbildMichael H. Schöne

Der ungeeignetste US-Präsident auf Geldscheinen

Washington/DC im Jahr 1872: an der Kreuzung 13th/M Street stoppte der schwarze Polizist William Henry West den damals amtierenden US-Präsidenten Ulysses S. Grant. In der Nähe des Weißen Hauses war Grant mit seiner Pferdekutsche wieder einmal zu schnell gefahren – wie am Tag zuvor.

Es tut mir sehr leid, Herr Präsident, dass ich es tun muss, denn Sie sind der Chef der Nation, und ich bin nichts anderes als ein Polizist, aber Pflicht ist Pflicht, Sir, und ich muss Sie unter Arrest setzen.“ Präsident Ulysses S. Grant wurde verhaftet und musste eine Kaution von

20 Dollars hinterlegen, die heute etwa 450 bis 500 Dollars entsprechen. Nach Ansicht von West war Präsident Grant mit seinem schnellen Fahren ein schlechtes Beispiel für andere Einwohner von Washington. „Der Präsident nahm oft an Geschwindigkeitswettbewerben mit seinen Freunden teil“, behauptete West, und „die Straße war zeitweise gefährlich für Frauen und Kinder.“ Immer wieder beschwerten sich Bürger bei der Polizei über die Zustände, die in ihrer Straße aufgrund der heftigen Rennen herrschten, und es wurde angeordnet, dass die Polizei die Rennfahrer anhalten müsse.[1]


Abb. 1: Präsident U. S. Grant mit dem Verleger Robert E. Bonner im Jahr 1868.


Eine Beliebtheitsumfrage aus dem Jahr 2008 in den USA brachte Grant auf Platz 18 der damals 43 US-amerikanischen Präsidenten ... zwischen William McKinley und Grover Cleveland. Mit Schärfe charakterisierten Peter Schäfer und Ulrike Skorsetz[2] den ehemaligen Bürgerkriegsgeneral Grant: „Ulysses Simpson Grant gilt als einer der von der Persönlichkeit her ungeeignetsten Männer für das Amt des Präsidenten in der Geschichte der USA.

Er besaß weder Erfahrung auf dem Gebiet der Politik noch das geistige Format und die für ein solches Amt notwendige Sensibilität, noch die erforderliche Menschenkenntnis. Was ihn zum Präsidenten machte, war seine Popularität, die aus seinen militärischen Erfolgen während des Bürgerkrieges resultierten, sowie die in den Augen der Wähler fehlende Alternative.“

In Washington war man 1885 völlig anderer Meinung. Die Verantwortlichen entschieden im US-Finanzministerium, Präsident U. S. Grant erstmals auf Geldscheinen abzubilden: auf den

5-Dollars-Noten von 1886.


Abb. 2: 5 Dollars 1886, Vs., Silver Certificate 1899, gedruckt zwischen 1891 und 1893.


Es folgten weitere Geldscheine – jeweils mit einem ähnlichen Porträt des Präsidenten:

5 Dollars 1896 SC, 1 Dollar 1899 SC, 50 Dollars 1913 GC, 50 Dollars 1914 FRN rotes Siegel, 50 Dollars 1914 blaues Siegel, 50 Dollars 1918 FRB/NC, 50 Dollars 1928 GC, 50 Dollars 1929 NC Typ I und II, 50 Dollars 1934–1993 FRN, 50 Dollars 1996–2001 FRN und 50 Dollars 2004 FRN bis heute.











Abb. 3: Ulysses S. Grant (1822–1885),

1869–1877; 18. Präsident der USA, zwischen 1870 und 1880 fotografiert © Brady-Handy Collection, Library of Congress, Prints and Photographs Division – nach dieser Fotografie gravierte Lorenzo J. Hatch den Präsidenten für einige Geldscheine.




Abb. 4: 5 Dollars 1896, Rs., Silver Certificate,

Bürgerkriegsgeneräle U. S. Grant/links und P. H. Sheridan/rechts.


Abb. 5: 1 Dollars 1899, Vs., Silver Certificate,

Präsidenten A. Lincoln/links, U. S. Grant/rechts.


Abb. 6: 50 Dollars 1913, Vs., Gold Certificate,

ähnliche Gold-Scheine im Großformat wurden mit dem Datum 1922 ausgegeben.


Abb. 7: 50 Dollars 1914, Vs.,

Federal Reserve Note, ähnliche Scheine mit blauem Stempel waren eine Nachauflage.


Abb. 8: 50 Dollars 1918, Vs., National Currency, nur zwei Ausgabestellen

sind von diesem Typ nachweisbar – hier FRB St. Louis/Missouri,

SBst. H; Ausgabe für Atlanta/Georgia hatte die Kennung 6-F.


Auch nach der Verkleinerung des Papierformats wurden 50-Dollars-Noten mit dem Porträt von U. S. Grant gedruckt. Die als „large-size notes“ bezeichneten US-Scheine von 1861 bis 1927 hatten die oft leicht abweichenden Maße 189 x 80 mm – die „small-size notes“ sind seit 1928 bis heute hingegen nur 156 × 67 mm groß.


Abb. 9: 50 Dollars 1928, Vs., Gold Certificate.


Abb. 10: 50 Dollars 1918, Vs., National Currency, nur sieben Ausgabestellen

sind von diesem Typ nachweisbar – hier FRB New York/NY, SBst B.


Abb. 11: 50 Dollars 1934, Vs., Federal Reserve Note, dieser Typ wurde

ab 1928 in 26 Varianten bis 1993 gedruckt– hier FRB New York/NY, SBst B.


Abb. 12: 50 Dollars 1996, Vs., Federal Reserve Note, dieser Typ wurde 1996 und

2001 in zwei Varianten gedruckt – hier Austauschnote der FRB San Francisco 12-L.


Abb. 13: 50 Dollars 2004, Vs., Federal Reserve Note, davon wurden seit 2004

Scheine in sechs Varianten gedruckt; hier Standardschein der FRB San Francisco 12-L.


Abb. 14: 15 Cents o. D. (1867–1869), Vs., Probedruck der Druckerei des US-Schatzamts; Unterschriften: Noah Lemuel Jeffries (links)/Francis Elias Spinner (rechts).


Erwähnenswert sind Probedrucke zu 15 Cents der sog. Fractional Currency. Diese Kleinbanknote mit den Porträts von Philip H. Sherman und Ulysses S. Grant kam nie in Umlauf. Das Gesetz des 39. US-Kongresses vom 7. April 1866 verbot eine Abbildung lebender Personen auf Geldscheinen.

Trotzt seiner militärischen Erfolge während des Bürgerkriegs war Grant mehr als umstritten. Korruptionsskandale, sein Versagen beim Kampf gegen den Ku-Klux-Klan und vor allem sein Generalbefehl Nr. 11 vom 17. Dezember 1862, nach dem allen Juden befohlen wurde, Mississippi, Kentucky und Tennessee binnen 24 Stunden zu verlassen, machten ihn beim

US-amerikanischen Volk mehr als unbeliebt. Nach Beschwerden in Washington wies Präsident Lincoln am 7. Januar 1863 Grant an, den Befehl umgehend zurückzunehmen.

1873 gewann Grant die Wiederwahl zum Präsidenten mit einem Erdrutschsieg, was vor allem auf das Unvermögen von Horace Greeley, Kandidat einer Abspaltung der Republikaner, der Liberal-Republikanischen Partei, geschuldet war.

1876 wollte Grant trotzdem nochmals antreten, doch die Republikaner verweigerten ihm die Gefolgschaft mit Verweis auf das Vorbild George Washingtons. Grant verstarb am 23. Juli 1885 an Kehlkopfkrebs.

Unterschiedliche Dollar-Redesign-Scheine mit dem Bildnis von U. S. Grant sind aus jüngster Zeit bekannt – dem ungeeignetsten US-Präsidenten aller Zeiten ... Stand 1999!


Abb. 15: 50 Dollars 2015, Vs., „Federal Reserve Note“ mit fiktiven Unterschriften, links „Treasurer Suzy Smith Due“/rechts „Secretary J. G. Doe“ – vergleichbar mit „Mustermann“

im Deutschen; Spielgeld und sog. Funny Notes werden heutzutage angeboten ...

auch in den Wertstufen bis 1 Mio. Dollars.


Michael H. Schöne


Quellen

[1] „Sunday Star“ Washington DC vom 27. September 1908 „Only Policeman who ever arrested a President“

[2] Schäfer, P./Skorsetz, U. „Die Präsidenten der USA in Lebensbildern“, Berlin 1999

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