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AutorenbildUwe Bronnert

Die 200-Pesos-Banknote der Banco Alemán Transátlantico – Deutsche Uebersee-Bank von 1888

Anfang des Jahres 1870 verdichteten sich an der Berliner Börse die Gerüchte, dass eine Gruppe von Bankiers für eine große Aktiengesellschaft die Konzession beantragt habe –

eine Bank, die sich speziell der Finanzierung des deutschen Außenhandels widmen wolle. Nachdem der preußische König Wilhelm I. am 10. März 1870 der Deutschen Bank die Konzession erteilt hatte, öffnete sie am 9. April in einem kleinen Etagen-Büro in Berlin ihre Schalter.

„Die Deutsche Bank entwickelte sich anders, als es sich ihre Gründer gedacht hatten. Zwar wurde das Auslandsgeschäft mit der Gründung von Filialen in Shanghai und Yokohama (1872) und in London (1873), ferner mit der Beteiligung an der German Bank of London (1871) und an der Deutsch-Belgischen La Plata Bank (1874, Anm. d. Verf.) energisch begonnen; es brachte aber infolge der Wirtschaftskrise und der Depression mehr Verluste als Erfolge. Deshalb wurden die beiden ostasiatischen Filialen schon 1875 liquidiert; die Beteiligungen an der German Bank of London wurde 1879 abgestoßen, und die Deutsch-Belgische La Plata Bank wurde 1885 liquidiert.“[1]

Trotz der wenig ermutigenden Erfahrung wurde das Finanzgeschäft mit Südamerika nicht aufgegeben. Am 2. Oktober 1886 trafen sich die Direktoren der Deutschen Bank, Georg Siemens, Paul Jonas und Hermann Wallich, mit dem Geh. Kommerzienrat Delbrück, dem Kommerzienrat Hergersberg, dem Konsul Freiherr von der Heydt und dem Bankier Adolph vom Rath zur Gründung einer Aktiengesellschaft unter dem Namen „Deutsche Uebersee-Bank“ mit Sitz in Berlin und einem Grundkapital von 10 Millionen Mark, das zu 25 % eingezahlt wurde. Die Satzung der Bank nennt den Zweck der Gesellschaft mit „Betrieb von Bankgeschäften, insbesondere die Beförderung des überseeischen Handels-, Geld- und Wechselverkehrs.“[2]


Den ersten Vorstand bildeten Eisenbahn-Direktions-Präsident a. D. Paul Jonas, Direktor Georg Siemens, Direktor Hermann Wallich und Direktor Max Steinthal. Den Vorsitz im Aufsichtsrat übernahm der Geh. Kommerzienrat Adalbert Delbrück.


Die Gründung von Auslandsfilialen sah die Banksatzung ausdrücklich vor, und so dauerte es nicht lange, bis am 17. Januar 1887 der formelle Beschluss gefasst wurde, eine Filiale in Buenos Aires zu errichten. Als fast 100-prozentige Tochter der Deutschen Bank nahm die Deutsche Uebersee-Bank unter dem Namen „Banco Alemán Transátlantico“ hier am

5. August 1887 ihre Arbeit auf. Die Leitung übernahm Georg Eduard Maschwitz (geb. 1. August 1838 in Hamburg; gest. 8. Mai 1909 in Buenos Aires).


Argentiniens Wirtschaft wurde im 19. Jahrhundert von zahlreichen Inflationen und Währungskrisen erschüttert. Die verschiedenen Währungsreformen beruhigten nur vorübergehend die Verhältnisse. Seit den 1860er Jahren suchte das Land Anschluss an die westliche Welt. Die weltweite Währungsentwicklung fand daher auch in Argentinien ihren Niederschlag. Das lange Zeit gültige Wertverhältnis von Gold zu Silber von 1:15½ wurde hinfällig. Wegen des Silberpreisverfalls gingen immer mehr Staaten zur Goldwährung über;

so schränkte auch Argentinien den Bimetallismus durch Gesetz 1130 vom November 1881 ein und ging mit dem Goldpeso – der ein Gewicht von 1,6129 g und 90 % Feingehalt hatte –

zur „hinkenden“ Goldwährung über. Nach dem Gesetz 1354 vom Oktober 1883 durften Banken fortan nur noch Banknoten emittieren, die in Gold zahlbar waren.

Die Währungsreform gelang, Goldpeso und Papierpeso wurden 1883 pari gehandelt.

Wie Mitte der 1870er Jahre, leisteten die Banken, allen voran die Nationalbank, durch eine allzu freigiebige Kreditpolitik der Inflation Vorschub. Das durch Auslandsanleihen ins Land fließende Kapital trug zu einer optimistischen Stimmung bei. Man übersah jedoch, dass das Gold wieder abfloss, weil die Einfuhren stiegen und Auslandsanleihen zu bedienen waren. Gleichzeitig missachteten die Banken die Spielregeln der Goldwährung und gaben zu viele Banknoten aus. Statt sich in Kreditrestriktion zu üben, zahlten die Banken neue Darlehen mit immer neuen Banknoten.

„Das bedenkenlose Entwicklungsfieber im Zeichen einer politisch geeinten Nation, die Einwanderer aufnahm, neue Ländereien erschloss, Wege baute und vor allem Eisenbahnen mit ausländischem Kapital erstellte, störte sich nicht an der Tatsache, dass die Kreditexpansion bald das bittere Ende der Inkonversion finden musste, die schon im Oktober 1885 zunächst für zwei Jahre verfügt und dann verlängert wurde.“ [3]

Zum wiederholten Male musste Argentinien eine Währungsreform durchführen. 1887 folgte der Nationalkongress dem Vorschlag des Finanzministers Wenceslao Pacheco und billigte das Gesetz 2215 über die „national garantierten Banken“. Das Gesetz erlaubte unter bestimmten Voraussetzungen der Nationalbank, den Provinzbanken und jeder Handelsbank mit einem Mindestkapital von 250.000 Pesos, Banknoten auszugeben. Das Schatzamt ließ

für jede Bank, die nach diesem Gesetz Banknoten ausgeben wollte, bei der Londoner Wertpapierdruckerei Bradbury, Wilkinson & Co. Noten drucken, die auf den 1.1.1888 („1º de enero de 1888“) datiert waren und die Unterschrift des „Presidente de la Oficina Inspectora“ Pedro Agote trugen, der gleichzeitig „Presidente del Crédito publico nacional“ war, sowie die Unterschrift eines Vertreters der ausgebenden Bank.


Zur Ausgabe gelangten Noten zu 1, 2, 5, 10, 20, 50, 100, 200, 500 und 1000 „Pesos Moneda Nacional“. Alle Scheine sind ähnlich gestaltet: Auf der Vorderseite ein Kopf-/Brustbild (meist von Politikern) sowie eine allegorische Darstellung, auf der Rückseite. Im Einzelnen:

Tab. 1: Gestaltung der Pesos-Moneda-Nacional-Noten


Der Direktor des Banco Alemán Transátlantico sah in der Notenausgabe die Möglichkeit, die Geschäftstätigkeit der Bank auszuweiten. Daher beantragte er am 11. Juli 1888 beim argentinischen Finanzministerium, an der Ausgabe von Banknoten nach dem Gesetz der Nationalgarantiebanken beteiligt zu werden. Aufgrund der positiven Berichte verschiedener staatlicher Stellen und des vorhandenen Kapitals von 1,3 Mio. Pesos erhielt die Zweigstelle der Deutschen Uebersee-Bank am 15. September 1888 das Recht eingeräumt[4], „gegen Hinterlegung von 4½ %ige innere Goldanleihe (sogenannten Freibank-Titeln) bei dem staatlichen Aufsichtsamt die gleiche Summe in von der Regierung gelieferten Banknoten auszugeben.“[5] Die Bank erwarb zum Kurs von 85 % Anleihen im Nennwert von 1 Mio. Pesos.


Abb. 1: Banco Alemán Transátlantico, 200 Pesos Moneda Nacional vom 1.1.1888, Vorderseite.

Abb. 2: Banco Alemán Transátlantico, 200 Pesos Moneda Nacional, gemeinsame Rückseite.


Der Banco Alemán Transátlantico übte nur für kurze Zeit die Funktion einer Notenbank aus. Sie emittierte ausschließlich Banknoten zu 200 Pesos Moneda Nacional, die neben der bereits erwähnten Unterschrift die ihres Direktors Georg Eduard Maschwitz trugen.

Die Bank erhielt für ihre Noten die Serienbezeichnung „10“ zu geteilt. Der roten sechsstelligen Kontrollnummer ist „NoA“ vorangestellt und ein besonders Zeichen, das ebenfalls für A steht, angefügt. Die Note zählt zu den großen Raritäten, von denen nur wenige Exemplare bekannt sind: Colantonio beziffert ihre Auflagenhöhe mit 6000 Exemplaren.[6]


Insgesamt 24 Banken beteiligten sich an dem System der „nationalen garantierten Banken“, von denen jedoch vier keinen Gebrauch von ihrem Emissionsrecht machten. Von diesen sind nur Musternoten bekannt. Wie der Banco Alemán Transátlantico, gaben auch andere Banken nur einzelne Nominale aus. Über die Emissionstätigkeit der Banken gibt die Tabelle am Ende des Artikels Auskunft.


Eigentlich hätte ein Gleichgewicht zwischen der Papiergeldausgabe und der Goldreserve bestehen müssen. Das System wurde jedoch korrumpiert, weil anstelle des Goldes teilweise Wechsel für den Kauf der Goldanleihen zugelassen wurden. Außerdem nahmen vor allem Provinzbanken Auslandsanleihen in Gold auf, bei denen die nationalen Staatstitel als Sicherheit gegeben wurden, sodass das „Gold“ gleichzeitig zweimal als Sicherheit diente. Einige Banken, namentlich die Nationalbank, gab illegale Banknoten aus. Als das System in der Krise von 1890 zusammenbrach, hatte sich der Papiergeldumlauf innerhalb von zwei Jahren verdoppelt und 196,8 Mio. Pesos erreicht.


Auch der Banco Alemán Transatlántico blieb von dieser Krise nicht verschont, sodass in den Jahren 1890 und 1891 keine Dividenden ausgeschüttet werden konnten. Jedoch erholten sich die Umsätze; Einlagen und besonders das Wechselgeschäft nahmen bis 1893 erheblich zu, sodass man in Berlin an eine Kapitalerhöhung dachte. Dem stand aber das deutsche Aktienrecht im Wege, da vom Grundkapital von 75 Mio. Mark erst 60 % eingezahlt worden waren. Da man jedoch an einem möglichst hohen Nominalkapital interessiert war, entschloss man sich, die bisherige Deutsche Uebersee-Bank zu liquidieren und an ihrer Stelle am 17. Juni 1893 die „Deutsche Ueberseeische Bank“ mit Sitz in Berlin und einem Aktienkapital von 20 Mio. Mark zu gründen, wovon zunächst nur 40 % eingezahlt wurde. Der Banco Alemán Transatlántico war nunmehr eine Zweiganstalt der Deutschen Ueberseeischen Bank.


Tab. 2: Die nationalen garantierten Banken.


Uwe Bronnert

[1] Karl Erich Born, Geld und Banken im 19. Und 20. Jahrhundert. Stuttgart 1977, S. 161. [2] Zitiert nach: Deutsche Ueberseeische Bank 1886 – 1936, Aus Anlass des fünfzigjährigen Bestehens der Deutschen Ueberseeischen Bank ihren Mitarbeitern und Freunden gewidmet, 2. Oktober 1936. Berlin 1936, S. 17. [3] Roberto T. Alemann, Goldunze, Silberpeso und Papiergeld, 150 Jahre argentinische Währungen. Buenos Aires 1966, S. 49 ff. [4] Informe del presidente del Crédito Público National Pedro Agote sobre la Deuda Publica, Bancos, Acuñacion de Moneda Presupustos y Leyes de Impuestos de la Nacion y de las Provicias. Buenos Aires 1888, S. 333 f. [5] Deutsche Ueberseeische Bank 1886 – 1936, S. 18. [6] Eduardo Colantonio, Billetes Argentinos 1884 – 2016. Buenos Aires 2016, S. 51, Nr. 271.

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