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AutorenbildUwe Bronnert

Die D-Mark lebt!

Die Banknoten der Zentralbank von Bosnien und Herzegowina

Mehrere Jahrzehnte lang hatte der ehemalige Partisanenführer Tito als Staatspräsident den Vielvölkerstaat Jugoslawien mit eiserner Hand regiert und zusammengehalten. Titos Tod beendet die Diktatur, aber mit dem Fall des Kommunismus blüht auch der unterdrückte Nationalismus auf. Teilrepublik um Teilrepublik löste sich aus der „Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien“ und forderte Eigenständigkeit ein. Den Anfang machten 1991 Slowenien und Kroatien.


Auch in der jugoslawischen Teilrepublik Bosnien-Herzegowina wurden Stimmen laut, die eine völkerrechtliche Souveränität forderten. Allerdings lebten in vielen Landesteilen von Bosnien-Herzegowina die verschiedenen Ethnien Tür an Tür. Nach der Volkszählung von 1991 waren von den 4,36 Millionen Einwohnern 43,7 Prozent muslimische Bosniaken, 31,4 Prozent orthodoxe Serben, 17,3 Prozent katholische Kroaten, 5,5 Prozent bezeichneten sich als Jugoslawen und 2 Prozent gehörten anderen Minderheiten an.

Im Referendum vom 29. Februar und 1. März 1992 sprachen sich 99,7 Prozent der abgegebenen Stimmen für die Unabhängigkeit aus. Die bosnischen Serben blieben der Abstimmung mehrheitlich fern, sodass die Wahlbeteiligung nur 63,4 % betrug. Das bosnisch-herzegowinische Parlament, das die meisten serbischen Abgeordneten bereits Ende 1991 verlassen hatten, erklärte am 5. März 1992 die Unabhängigkeit.


Bereits Anfang 1991 hatte der serbische Präsident Slobodan Milošević öffentlich gedroht,

er werde ganze Territorien Kroatiens und Bosniens annektieren, wenn jemand den Versuch unternähme, die Bundesstruktur Jugoslawiens durch eine lockerere Bündnisstruktur zu ersetzen. Bereits am 9. Januar 1992 hatte die serbische Volksvertretung in Bosnien die Srpska Republika Bosna i Hercegovina proklamiert und sich am 28. Februar als Teilstaat der Bundesrepublik Jugoslawien angeschlossen.


Nach dem Referendum brachen schwere Unruhen in Bosnien aus. Im April eskalierten die Gefechte zwischen den von Radovan Karadžić geführten bosnischen Serben und der Jugoslawischen Volksarmee auf der einen Seite sowie der von Kroaten und Bosniaken gebildeten bosnischen Miliz auf der anderen Seite. In der Nacht vom 4. auf den 5. April begann die fast vierjährige Belagerung Sarajewos. Im April und Mai brachen auch im Osten und Nordwesten des Landes schwere Kämpfe aus. Innerhalb von drei Monaten besetzten die bosnischen Serben mit Unterstützung aus Serbien etwa 70 Prozent des Landes. Beide Seiten gingen rücksichtslos gegeneinander vor und begannen die jeweils andere Volksgruppe aus ihrem Gebiet zu verdrängen. Diese Vertreibungen und Massenmorde wurden später beschönigend „ethnische Säuberung“ genannt. Städte wie Vukovar oder Sarajewo wurden zerstört. In Srebrenica kam es zum schlimmsten Massaker seit dem Zweiten Weltkrieg. Serbische Soldaten brachten fast 8000 Menschen um.


Auch internationale Vermittlungsbemühungen sowie der Einsatz von UN-Truppen konnten den Krieg über lange Zeit nicht eindämmen. Unter dem internationalen Druck zeigten sich im Sommer 1995 die inzwischen ermüdeten Kriegsparteien bereit, ernsthaft über die Beendigung des Konfliktes zu verhandeln. Unter Vermittlung des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton und unter Beteiligung der Europäischen Union wurde am 21. November 1995 auf der Wright-Patterson Air Force Base bei Dayton (Ohio) der Friedensvertrag paraphiert und am 14. Dezember 1995 im Pariser Invalidendom vom serbischen Präsidenten Slobodan Milošević, dem kroatischen Präsidenten Franjo Tuđman und dem Vorsitzende im bosnisch-herzegowinischen Präsidium Alija Izetbegović unterzeichnet.


Mit dem Vertrag wurden die beiden Entitäten Föderation Bosnien und Herzegowina (50 % des Territoriums) und Republika Srpska (49 % des Territoriums als Bestandteile von Bosnien-Herzegowina festgeschrieben. Über die Zugehörigkeit des Brčko-Distrikts (etwa 1 % des Territoriums) sollten die beiden Teilrepubliken erst später entscheiden. Inzwischen ist diese Entscheidung dahingehend gefallen, dass Brčko ein Kondominium zwischen beiden Teilrepubliken ist, tatsächlich untersteht der Distrikt jedoch der Bundesregierung bei lokaler Selbstverwaltung. Der Vertrag sicherte allen Bürgern des Landes völlige Bewegungsfreiheit zu. Flüchtlinge und Vertriebene hatten das Recht, in ihren ursprünglichen Wohnort zurückzukehren. Gleichzeitig wurde eine internationale militärische und zivile Kontrolle des Landes vereinbart.


01: Karte Bosnien-Herzegowina


Nach der Zession von Jugoslawien gab sowohl die „Narodna Banka Republike Srpske“ im serbischen wie auch die „Narodna Banka Bosne i Hercegovine“ im nicht serbischen Teil des Landes eigene Banknoten aus. Der wirtschaftliche Niedergang und die kriegerischen Auseinandersetzungen führten zu einem inflationären Wertverfall des jugoslawischen, kroatischen und bosnischen Dinars. War 1992 der höchste Wert 1000 Dinara, so kletterte er 1993 im serbisch kontrollierten Gebiet auf 500.000.000 Dinara und im nicht serbischen Teil auf 100.000.000 Dinara. Seit 1994 galt hier die D-Mark als Parallelwährung. Die Notenbank tausche ihre alten Noten gegen eine zweite Serie im Verhältnis 100.000 Bosnische Dinar zu einem neuen Bosnischen Dinar, der an den Wert der D-Mark gekoppelt war (100 Dinar = 1 DM). Ende März 1996, vier Monate nach dem Dayton-Friedensabkommen, mussten alle bosnischen Zölle in D-Mark gezahlt werden.


Ein Jahr später wurde durch Gesetz vom 20. Juni 1997 die Zentralbank von Bosnien und Herzegowina (bosnisch Centralna banka Bosne i Hercegovine, kroatisch Središnja banka Bosne i Hercegovine, serbisch Централна банка Босне и Херцеговине, auch als CBBH/ЦББХ abgekürzt) mit Sitz in Sarajewo gegründet. Heute unterhält die Bank drei Großfilialen in Sarajewo, Banja Luka und Mostar sowie zwei Zweigniederlassungen der Regionaldivisionen (CBBH Bosna und CBBH Republika Srpska) in Brčko und Pale.


Zu ihren wesentlichen Aufgaben zählt die Geldmengen-Kontrolle, die Verwaltung der Devisenreserven und die Anbindung der eigenen Währung an die D-Mark und heute an den Euro. Mitte Juni 1998 war es so weit: Gestützt auf 130 Millionen D-Mark Reserven entstand die neue Währung mit der Bezeichnung „Konvertibilna Maraka“ (Konvertible Mark), abgekürzt KM, die im Verhältnis 1:1 an die D-Mark gebunden war – und mit dieser den Fening (Pfennig) als kleinste Einheit gemeinsam hatte. Seit Einführung des Euros gilt ein Wechselkurs von 1 KM = 0,51129 € bzw. 1 € = 1,95583 KM. Dieser Kurs galt auch bei Euro-Einführung in der Bundesrepublik Deutschland.


In den ethnisch kontrollierten Teilgebieten Bosniens und Herzegowinas waren zu diesem Zeitpunkt drei verschiedene Währungen im Gebrauch: der Bosnische Dinar, der Kroatische Kuna und der neue Jugoslawische (serbische) Dinar. Der stabile Bosnische Dinar wurde im Verhältnis 100 zu 1 KM umgewechselt. Dagegen mussten der Jugoslawische Dinar und der Kroatische Kuna zunächst in D-Mark gewechselt werden: 1 Kuna = ca. 0,28 DM, 1 Jugoslawischer Dinar = ca. 0,166 DM. Auch die Republika Srpska, wo man bereits Ende März 1998 die D-Mark als zweites Zahlungsmittel eingeführt hatte, ging am 27. November aufgrund des Belgrader Inflationsdrucks zur Bosnischen KM über.


Am 22. Juni 1998 wurden Banknoten zu 50 Fening (auf der Banknote heißt es Pfeniga) sowie 1, 5 und 10 KM ausgegeben und am 27. Juli 1998 folgten die Scheine zu 20, 50 und 100 KM. Die Noten-Serie wurde am 15. Mai 2002 mit dem Wert zu 200 KM vervollständigt.

Eine Besonderheit der bosnisch-herzegowinischen Banknoten ist, dass mit Ausnahme des 200-KM-Nominals jeder Geldschein in zwei Varianten, nämlich in einer für die Republika Srpska und in einer für die Föderation, gefertigt wurde. Jedoch gelten alle uneingeschränkt im ganzen Land. Bei den Wertzeichen für die Föderation wird der Bankname und die Währungsbezeichnung zuerst in lateinischer Schrift und kroatischer Sprache aufgeführt, dann folgen die Angaben in serbischer Sprache mit kyrillischen Buchstaben. Bei der serbischen Ausgabe ist die Reihenfolge genau umgekehrt.


Alle Noten sind auf Papier mit Wasserzeichen gedruckt, dabei wird das Kürzel „CBBH“ mit ineinander verschlungenen lateinischen und kyrillischen Buchstaben gezeigt. Es findet sich ebenfalls auf dem Sicherheitsfaden wieder und ist bei Betrachtung im Gegenlicht erkennbar. Auf der Vorderseite der Geldscheine fällt rechts ein etwa 1 cm breiter, glänzender Streifen auf, der beim Kippen seine Farbe verändert und im Papier sind Farbteilchen eingearbeitet, die unter UV-Licht sichtbar werden. Die Nominale ab 20 KM haben zusätzlich eine Art Hologramm. Alle Scheine bilden auf der Vorderseite das Brustbild eines Schriftstellers ab, während die Rückseiten unterschiedliche Motive zeigen. Lediglich beim Wert zu 5 Konvertibilnih Maraka sind beide bildgleich.


0.2: Beschreibung der Banknoten.



Wohl der Dringlichkeit geschuldet, schlichen sich bei einigen Noten Fehler ein. Beim 5er ist die Wertbezeichnung auf der Rückseite bei beiden Versionen fehlerhaft. Die kyrillische Schreibweise für FÜNF ist nicht PET sondern ПET. Interessanterweise ist die Schreibweise auf der Vorderseite korrekt. Beim 100er stehen im Sicherheitsstreifen die Buchstaben ЏББХ (DžBBH) anstelle von ЦББХ (CBBH für „Centralna Banka Bosne i Hercegovine“). Beim 1er der serbischen Republik wurde der Name des Nobelpreisträgers, Ivo Andrić, statt Андрић falsch АндриЂ geschrieben. Wohl aus diesem Grunde, wurde die Note nicht ausgegeben.


Abb. 1: Mappe, in der die Zentralbank die erste Ausgabe an Sammler abgab.

Abb. 2.1: 50 F, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Föderation, Vorderseite.

Abb. 2.2: 50 F, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Föderation, Rückseite.


Abb. 3.1: 50 F, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Republika Srpska, Vorderseite.

Abb. 3.2: 50 F, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Republika Srpska, Rückseite.

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Abb. 4.1: 1 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Föderation, Vorderseite.

Abb. 4.2: 1 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Föderation, Rückseite.


Abb. 5.1: 1 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Republika Srpska, Vorderseite.

Abb. 5.2: 1 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Republika Srpska, Rückseite.


Abb. 6.1: 5 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Föderation, Vorderseite.

Abb. 6.2: 5 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Föderation, Rückseite.


Abb. 7.1: 5 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Republika Srpska, Vorderseite.

Abb. 7.2: 5 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Republika Srpska, Rückseite.


Abb. 8.1: 10 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Föderation, Vorderseite.

Abb. 8.2: 10 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Föderation, Rückseite.


Abb. 9.1: 10 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Republika Srpska, Vorderseite.

Abb. 9.2: 10 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Republika Srpska, Rückseite.


Abb. 10.1: 20 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Föderation, Vorderseite.

Abb. 10.2: 20 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Föderation, Rückseite.


Abb. 11.1: 20 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Republika Srpska, Vorderseite.

Abb. 11.2: 20 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Republika Srpska, Rückseite.


Abb. 12.1: 50 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Föderation, Vorderseite.

Abb. 12.2: 50 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Föderation, Rückseite.


Abb. 13.1: 50 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Republika Srpska, Vorderseite.

Abb. 13.2: 50 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Republika Srpska, Rückseite.


Abb. 14.1: 100 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Föderation, Vorderseite.

Abb. 14.2: 100 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Föderation, Rückseite.


Abb. 15.1: 100 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Republika Srpska, Vorderseite.

Abb. 15.2: 100 KM, ohne Jahresangabe, Ausgabe der Republika Srpska, Rückseite.


Abb. 16.1: 200 KM, 2002, Vorderseite.

Abb. 16.2: 200 KM, 2002, Rückseite.


Bleibt noch anzumerken, dass die Banknoten der ersten Ausgabe undatiert waren und von der Zentralbank in einer Mappe an Sammler verkauft wurden. Die enthaltenen Noten unterscheiden sich von den umlaufenden Noten durch einen roten, diagonalen Aufdruck auf der Vorderseite (SPECIMEN) und auf der Rückseite (UZORAK). Zusätzlich wurden die Scheine mit dem Wort SPECIMEN perforiert und auf der Vorderseite mit einem roten zusätzlichen Aufdruck: No und fünfstelliger Ziffer, die ersten beiden Zahlen wohl immer 00. Daneben gibt es von diesen Scheinen auch Musterdrucke ohne roten Aufdruck.


Alle Banknoten wurden von Oberthur Technologies Fiduciary in Paris gedruckt, außer der Wert zu 200 KM, der von der Oesterreichischen Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH stammt. Robert Kalina, der auch die Euro-Banknoten entwarf, greift bei seinem Entwurf Elemente der nicht ausgegebenen 1-KM-Banknote auf. Die Nominale zu 10, 20, 50 und 100 KM wurden nach dem Erstdruck mit kleineren Änderungen wiederholt gedruckt und ausgegeben. Sie unterscheiden sich von ihnen nur durch verbesserte Sicherheitsmerkmale,

der Angabe des Ausgabejahrs und der Unterschrift des amtierenden Gouverneurs der Notenbank:

  • Peter Nicholl (20. Juni 1997 – 31. Dezember 2004)

  • Kemal Kozarić (1. Januar 2005 – 11. August 2015)

  • Senad Softić (11. August 2015 – heute)

Mittlerweile sind die kleinen Werte aus dem Verkehr gezogen: die Scheine zu 50 Fening am 31. März 2003, die Note zu 1 KM am 31. Dezember 2008 und die 5-KM-Note am 31. März 2010.


Zum Zeitpunkt der Einführung der Konvertiblen Mark waren als Kleingeld nur deutsche Pfennig- und Mark-Münzen anzutreffen. Dies änderte sich am 9. Dezember 1998. Erstmals wurden auch eigene Münzen zu 10, 20 und 50 Fening in Umlauf gesetzt. Am 31. Juli 2000 folgten 1- und 2-KM-Stücke und schließlich am 5. Januar 2006 Münzen zu 5 Fening und 5 KM.


Als am 1. Januar 2002 der Euro die D-Mark in der Bundesrepublik als Währung ablöste, dachte wohl kaum einer, dass sie zwanzig Jahre später als Konvertible Mark in Bosnien-Herzegowina weiterleben würde.


Uwe Bronnert


Literatur:

A. Jankovi u. A. Zidar, Katalog Papirnog Novca Bosne i Hercegovine – The Catalogue of Bosnia & Herzegovina Paper Money, Banjaluka 2017.


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