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AutorenbildHans-Ludwig Grabowski

Die deutsche Besetzung der Ukraine im Ersten Weltkrieg von März bis Dezember 1918

Aktualisiert: 3. März 2022

Im Ersten Weltkrieg waren weite Teile der Ukraine, die damals noch zum russischen Zarenreich gehörte, von den Truppen der Mittelmächte besetzt worden.

Eine nach der bürgerlichen russischen Revolution im Frühjahr 1917 gebildete Zentral-Rada

unter Prof. Michajlo Gruschewski rief am 20. November 1917 die Autonomie als Ukrainische Volksrepublik im Bestand der Russischen Föderation und am 22. Januar 1918 die Unabhängigkeit der Ukraine aus. Der neuen Regierung der unabhängigen Ukraine stand jedoch eine pro-sowjetische Regierung gegenüber, die sich im Dezember 1917 in Charkow gebildet hatte und den Anschluss des Landes an die Russische Sowjetrepublik verfolgte.

Als Ende Januar 1918 die Rotgardisten kurz vor der Einnahme Kiews standen, fuhr eine ukrainische Delegation unter Leitung von Gruschewski zu Verhandlungen nach Brest-Litowsk und schloss am 9. Februar 1918 einen Separatfrieden mit den Mittelmächten.

Der Friedensvertrag beinhaltete die Anerkennung der Selbständigkeit der Ukraine unter dem Schutz deutscher und österreichischer Truppen. Im Gegenzug sollte Deutschland umfangreiche Getreidelieferungen erhalten.


Ukraine 1918: Brennendes Munitionsdepot vor der Festung Kiew (unten links).


Mit Unterstützung deutscher und österreichischer Einheiten unter Führung des Feldmarschalls von Eichhorn konnte die Ukraine im April 1918 von den Bolschewisten befreit werden und die Macht wurde erneut der Zentral-Rada übergeben, die jedoch nicht mehr lange bestand.


Die militärische deutsche Intervention dauerte vom 1. März bis Ende April 1918. Als man am

29. April 1918 die Verfassung beschloss und Gruschewski zum Präsidenten wählte, forderte

zeitgleich der Bauernkongress der Ukraine eine Politik gegen die Zentral-Rada sowie die

Wiedereinführung des Hetmanats. Das letzte ukrainische Hetmanat (ein Hetman war ein

gewählter Führer aus den Reihen der Kosaken) war 1764 durch die Russen beseitigt worden. Innerhalb weniger Tage ergriff das Hetmanat unter Führung des in Wiesbaden geborenen, ehemaligen zaristischen Generals Pawlo Skoropadski ohne nennenswerten Widerstand und mit Unterstützung der Deutschen die Macht über die gesamte Ukraine. Die Mitglieder der Zentral-Rada verweigerten eine Zusammenarbeit mit dem Hetmanat und wurden vollständig entmachtet. Skoropadski erklärte die alte Regierung als abgelöst und rief den „Staat Ukraine“ aus. Nach dem Waffenstillstand vom 11. November 1918 mussten die Truppen der Mittelmächte auch die Ukraine räumen und die „Herrschaft der Kosaken“ wurde schon Ende 1918 gestürzt. Es bildete sich ein kurzlebiges sog. Direktorium unter Simon Petljura, das der Entente nahestand.


Die meisten deutschen Truppen verließen von Dezember 1918 bis Januar 1919 das Land, das nun praktisch ohne Schutz war, während in anderen Teilen Russlands französische, britische, kanadische, US-amerikanische und japanische Truppen den Kampf der Konterrevolution gegen die Bolschewiki unterstützten. Ende Dezember 1918 wechselten aber auch deutsche Arbeiter in Uniform die Seiten und kämpften für die Rote Armee in Charkow.

Im Januar 1919 zogen die Roten Garden in Kiew ein und proklamierten die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik. Ende 1922 wurde die Ukraine Teil der Sowjetunion.


Als deutsche „Besatzungszeit“ ist quasi nur die Zeit des unabhängigen ukrainischen Hetmanats anzusehen, in der deutsche Truppen nach Abschluss des Separatfriedens das Land besetzt hielten. Neben der kompletten Ukraine waren auch kleinere Teile Russlands und die Krim besetzt.


Die ersten eigenständigen ukrainischen Geldscheine waren staatliche Kreditscheine und Schatzscheine der Ukrainischen Volksrepublik, die vom 20.11.1917 – 29.4.1918 bestand.

Der auf den Zahlungsmitteln abgebildete Dreizack (Wappenornament) ist ein Symbol des Kiewer Rus, das am 1. März 1918 zum Staatsemblem der Ukraine erhoben wurde.


УKPAÏHCЪKA HAPOДHЯ PECПУЬЛIKA / УKPAÏHCЪKA ДEPЖABA

(Ukrainische Volksrepublik / Ukrainischer Staat, Hetmanat) 1918


Das unter deutschem Einfluss errichtete Hetmanat bestand vom 29. April – 14. Dezember 1918. In dieser Zeit kam es zu verschiedenen Geldschein-Ausgaben. Die ersten Ausgaben tragen noch die Staatsbezeichnung „Ukrainische Volksrepublik“, sie waren zum Teil noch von der Zentral-Rada in Auftrag gegeben. Die letzten Scheine (UA 10 – 12) sind mit der Landesbezeichnung „Ukrainischer Staat“ ausgeführt.

Während man anfangs dem Kleingeldmangel mit Briefmarkengeld begegnete und ab August 1918 staatliche Obligationen als Staatskassenscheine in Umlauf gab und sogar deren Kupons zu Geld erklärte (es handelt sich eigentlich um verzinsliche Wertpapiere), folgten schließlich in Berlin gedruckte staatliche Kreditnoten sowie Schatzscheine.

Ukraine: Briefmarkengeld zu 30 Schagiw ohne Datum (1918), Vorderseite mit Kopf der Demeter (Ceres), Rückseite mit Wappen und Gültigkeitsvermerk.


Briefmarkengeld 1918

Als Kleingeldersatz druckte man nach russischem Vorbild ukrainische Briefmarken auf Papier

ohne Wasserzeichen. Die Rückseiten sind mit einem Wappenornament (Dreizack) und Text (übersetzt: „Im Umlauf gleichberechtigt mit metallischer Münze“) versehen.

Die gesetzliche Grundlage zum Druck der Kleingeldmarken stammt vom 18. April 1918 und

wurde noch von der Zentral-Rada beschlossen. Hergestellt wurden die Marken, von denen es auch viele zeitgenössische Fälschungen gibt, in Kiew. In den Umlauf kamen sie ab Mai 1918.

Es gab Werte zu 10, 20, 30, 40 und 50 Schagiw.


Ukraine: Kreditschein über 100 Griwen von 1918, Vorderseite links Bäuerin mit Ährenbündel, rechts Arbeiter und Mitte Dreizack, im Blumenkranz, Rückseite mit Dreizack und Blumenkränzen (Abb. Sammlung Grabowski).


Ukraine: Kreditschein über 500 Griwen von 1918, Vorderseite mit Kopf der Demeter (Ceres) i

n der Mitte sowie dem ukrainischen Dreizack links in einem Getreide- und rechts in einem Blumenkranz, Rückseite mit Dreizack (Abb. Sammlung Grabowski).


ДEPЖABHИЙ KPEДИTOBИЙ БIЛET – Staatliche Kreditscheine 1918

Von der Reichsdruckerei in Berlin hergestelltes Staatspapiergeld für die Ukraine.

Die ersten Scheine trafen im Oktober 1918 in der Ukraine ein und wurden am 17. Oktober 1918 in Umlauf gegeben. Ausgehend von der Inflation im Land, hatte das Finanzministerium die

Bestellung der Volksrepublik abgeändert und statt einer hohen Anzahl niedriger Werte zu

5 und 20 Griwen mehr Tausender und auch einen zusätzlichen Wert über 2000 Griwen mit der neuen Staatsbezeichnung in Auftrag gegeben. In Umlauf waren Werte zu 2, 10, 100, 500, 1000 und 2000 Griwen. Eine in Österreich für das Hetmanat gedruckte Ausgabe mit der Jahreszahl 1920 (UKR-26 – 28, SCWPM) kam durch die politische Entwicklung nicht mehr zur Ausgabe.


Ukraine: Schatzschein über 1000 Griwen ohne Datum (1918), Vorderseite mit Ornamenten, rechts ukrainischer Krieger, Rückseite links und rechts weibliche Allegorien in Tracht mit Zepter und Füllhorn (Abb. Sammlung Grabowski).


ЗHAK ДEPЖABHOÏ CKAPБHИЦI – Staatliche Schatzscheine 1918

Die noch unter dem Hetmanat ausgegebenen Schatzscheine über 1000 Karbowantziw hat man in Kiew und Warschau gedruckt. Sie wurden auch unter dem Direktorium von Petljura weiter in Umlauf gegeben.

Scheine mit Wasserzeichen Wellenlinien, violettem Druck der Vs. und Serien AH oder AO sind Kiewer Drucke, die aber erst 1919 in Umlauf kamen. 1920 wurden dann in Kiew noch Scheine mit Sternwasserzeichen sowie ohne Wasserzeichen gedruckt. Aus Warschau kamen die ebenfalls erst 1920 ausgegebenen Scheine mit Wz. Zickzacklinien.


Hans-Ludwig Grabowski



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Ausländische Geldscheine unter deutscher Besatzung im Ersten und Zweiten Weltkrieg


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