Das wertbeständige Notgeld im Hyperinflationsjahr 1923 bestand überwiegend aus der Kunstwährung Goldmark. Die Goldmark hatte eine Dollar-Valutaklausel auf der Basis 1 Dollar = 4,20 Goldmark. Ab 23. Oktober 1923 gestattete die Reichsregierung Unternehmen bei Erfüllung bestimmter Bedingungen die Ausgabe von wertbeständigem Notgeld in Goldmark (Deckung durch Teile der Reichsgoldanleihe, formale Erfordernisse).
Es gab allerdings auch wertbeständiges Notgeld, das keiner Genehmigung durch das Reichsfinanzministerium bedurfte: Sachwert-Notgeld. Davon bestehen nur wenige Notgeldausgaben auf der Basis von Roggen, Weizen, Holz, Fett, Zucker etc. Eine neue Kunstwährung sehr eigener Art schuf 1923 ein westfälischer Schuhfabrikant: Die Weßlingschuhmark!
W. Weßling Aktien-Gesellschaft, vier Wertstufen von Gutscheinen über Weßlingschuhmark, ohne Datum, Blanko-Stücke. Bildquelle: Privat (2/2023).
Der Schuhhersteller W. Weßling Aktien-Gesellschaft mit Geschäftssitz in Gelsenkirchen gab auf dem Höhepunkt der Hyperinflation, vermutlich im vierten Quartal 1923, als wertbeständiges Notgeld „Gutscheine über Weßlingschuhmark“ aus. Die Gutscheine in den Wertstufen zu 5, 8, 10, 12 und 15 Weßlingschuhmark gaben dem Inhaber das Recht in den Verkaufsstellen der W. Weßling A.-G. in Gelsenkirchen, Bochum, Bernburg und Duisburg mit den wertbeständigen Gutscheinen Schuhe und Strumpfwaren zu erwerben.
W. Weßling Aktien-Gesellschaft, Gutschein zu 15 Weßlingschuhmark ohne Datum (1923), Vorderseite, Blanko mit Kontrollnummer 141. Wasserzeichen C-Muster.
Auf der Rückseite der Gutscheine ist vermerkt: „Dieser Schein kann nur vom Empfänger gegen Kauf von Schuh- oder Strumpfwaren eingelöst werden“. Weiterhin: „Die Ausgabe von Weßling-Schuhmark geschieht um unseren Kunden eine Möglichkeit zu geben, selbst kleinere Beträge für den Kauf von Schuh- und Strumpfwaren in unsern Häusern wertbeständig anzulegen. Die Umrechnung jeder Zahlung erfolgt auf Grund des am Tage der Zahlung gültigen Verkaufsmultiplikators. Durch Übernahme dieses Gutscheines erklärt sich unser Kunde mit der Umrechnung der Weßlingschuhmark in Papiermark einverstanden. Ausgesuchte Schuhwaren müssen nach 14 Tagen abbezahlt und abgeholt werden.
Dieser Gutschein muss innerhalb 4 Wochen nach Aufruf in den hiesigen Tageszeitungen eingelöst werden. Nach dieser Frist verliert er seine Gültigkeit“.
Hans-Georg Glasemann
Literaturempfehlung:
Manfred Müller:
Deutsches Notgeld, Band 12: Das wertbeständige Notgeld der deutschen Inflation 1923/1924
Titel: Gietl Verlag
ISBN: 978-3-86646-519-0
Auflage: 1. Auflage 2011
Format: 14,8 x 21 cm
Abbildungen: zahlreiche Schwarz-Weiß-Abbildungen
Cover-Typ: Broschur
Seitenanzahl: 608
Preis: 39,90 Euro
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