Die gemeinsame Notgeldausgabe der Stadt Limburg a. d. Lahn und des Kreises Limburg (1923)
- Uwe Bronnert
- vor 6 Stunden
- 4 Min. Lesezeit
Am 12. Juli 1923 besetzten französische Einheiten für eineinhalb Jahre Limburg. Hauptquartier wurde das beschlagnahmte Gymnasium. Bereits am 15. Mai 1923 waren französische Truppen in Limburg eingedrungen und hatten Bürgermeister Dr. Krüsmann
und fünf seiner Mitarbeiter entführt und mehrere Monate im Koblenzer Untersuchungsgefängnis inhaftiert. Auch nach ihrer Entlassung wurde ihnen die Rückkehr nach Limburg verwehrt. Am 29. Juni wiederholte sich der Vorgang. Diesmal verschleppten die Franzosen u. a. Dr. Jöris, den Direktor des Gymnasiums.
Seit der endgültigen Besetzung kontrollierten die Franzosen den Eisenbahnverkehr ins unbesetzte Gebiet des Deutschen Reichs äußerst scharf und unterbanden ihn schließlich vollkommen. Die Folge war: Eschhofen und Elz wurden Endbahnhöfe für Lahn- und Westerwaldbahn. Dorthin pilgerten die Limburger Reisenden so lange, bis auch zu diesen Orten hin Grenzsperren aufgerichtet wurden. Neben Limburg wurde auch der „Flaschenhals“ und im August 1923 die anderen Orte der neutralen Zone – Oberbrechen, Camberg, wo eine Zollstation errichtet wurde und Dauborn, wo Marokkaner das Hauptkontingent der Besatzungseinheit stellten – besetzt. Das Gebiet wurde dem Koblenzer Brückenkopf angeschlossen. Erst am 22. Oktober 1924 verließen die letzten französischen Truppen Limburg und die anderen Gemeinden des Kreises.
In diese Zeit fällt der Beginn der galoppierenden Inflation in Deutschland.
Die Reichsdruckerei kam trotz Tag und Nacht arbeitender Druckerpressen mit der Herstellung der benötigten Zahlungsmittel nicht nach. Der preußische Handelsminister verkündete daher:
„Soweit zur Behebung von Zahlungsschwierigkeiten, besonders für Löhne, Notgeld erforderlich ist, ersuche ich, Stadt- und Landkreise und in dringenden Fällen auch größere Gemeinden und große Betriebe, gegebenenfalls auch Handelskammern, zu telegraphischer Beantragung von Notgeld mit Angabe des erforderlichen Betrages und der erforderlichen Stückelung beim Reichsfinanzminister und mir zu veranlassen. Druckbeginn für Stadt- und Landkreise, ausnahmsweise auch für große Betriebe, im Notfall auch Beginn der Ausgabe, können Sie genehmigen unter Drahtbericht an mich. In Eilfällen kann eingezogenes aufbewahrtes Notgeld durch Aufstempelung höherer Werte zu neuer Ausgabe herangezogen werden. Stückelungen 100.000 bis 5 Millionen Mark. Das Notgeld ist, soweit durchführbar, zur Ausgabe der nächsten Reichsbankstelle zuzuführen.“[1]
Auch in Limburg sah man sich gezwungen, wieder Notgeld auszugeben. Der Magistrat der Stadt und der Kreisausschuss des Kreises Limburg vereinbarten am 13. August 1923 eine gemeinsame Emission.
Die Scheine wurden von der Limburger Vereinsdruckerei G.m.b.H auf Papier ohne Wasserzeichen gedruckt. Sie haben die Größe 176 x 90 mm und sind einheitlich gestaltet.
Der Unterdruck zeigt in der Scheinmitte in einem rechteckigen Rahmen den Limburger Dom. Die restliche Fläche zieren Jugendstil-Ornamente.
Zur Ausgabe gelangten einseitig bedruckte Scheine zu 100.000 Mark (Serie A), 500.000 Mark (Serie B), 1 Million Mark (Serie C), 5 Millionen Mark (Serie D), 20 Millionen Mark (Serie E) und 50 Millionen Mark (Serie F). Auffallend ist, dass Scheine einer Serienbezeichnung häufig verschiedene Ausgaben desselben Nominales zuzuordnen sind, die sich in der Farbe unterscheiden. Zudem ergeben sich Varianten bezüglich der Länge des Druckereivermerks, der Größe und Farbe der Kontrollnummern sowie dem Feld für die Nummerierung – entweder ist hier eine weiße Aussparung oder eine Anzahl waagerechter Striche.
Wahrscheinlich wurde der Schein zu 500.000 Mark zuerst gedruckt und mit fünf (!) handschriftlichen Unterschriften in Verkehr gebracht. Die weiteren Auflagen erfolgten dann in der oben beschriebenen Art mit den sechs gedruckten Namen der „Unterzeichner“.
![Abb. 1: Auszug aus dem Katalog[2] Die unterschiedliche Papierstärke ist bei gebrauchten Scheinen kaum feststellbar!](https://static.wixstatic.com/media/d464b6_9a322416d55b40aca90179cc9df36103~mv2.jpg/v1/fill/w_980,h_417,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_avif,quality_auto/d464b6_9a322416d55b40aca90179cc9df36103~mv2.jpg)















Leider liegt zu diesen Notgeldscheinen in den Akten nur der folgende Vermerk vom 5. November 1923 vor:
„Genehmige im Einvernehmen mit Preußischen Handelsminister Ausgabe von 10 Billionen Mark Notgeld durch Kreis Limburg. Stücke bis 100 Millionen Mark Gegenwert tatsächlich ausgegebenen Notgeldes ist auf gesperrtes Konto bei der Reichskreditgesellschaft Berlin zu überweisen oder in gesperrten Reichsschatzanweisungen anzulegen Punkt Genauere Mitteilung folgt Reichsfinanzminister röm fünf C 6578“.[3]
Wahrscheinlich wurde nur das bereits ausgegebene Notgeld nachträglich genehmigt. Denn 100- Millionen-Mark-Scheine waren zu diesem Zeitpunkt nur noch wertlose Papierfetzen. Anfang November zahlte man bereits mit Scheinen, die über Milliarden und Billionen Mark lauteten.
Am 13. Dezember 1923 meldet der Kreisausschuss an den Regierungspräsidenten in Wiesbaden, dass bis zum 1. Dezember vom Kreis und der Stadt Limburg gemeinschaftlich zusammen 7,2 Billionen Mark an Notgeld ausgegeben wurden und am 24. Dezember 1923 die Einlösungsfrist abliefe. Allerdings sei es größtenteils bereits eingelöst.[4]
Uwe Bronnert
Anmerkungen:
Zitiert nach Dr. Arnold Keller, Das Notgeld der deutschen Inflation, 1923, Band I, Reprint – Unveränderter Nachdruck der Originalausgabe, Berlin-Wittenau 1954, Regenstauf 2004, S. 11.
Ebenda, S. 623, Kat.-Nr. 3278.
Hess. HStA Wiesbaden, Akte 405 Nr. 6099, Bl. 1084.
Ebenda, Akte 405 Nr. 6101, Bl. 122.
Comments