Das Fürstentum Liechtenstein erlangte 1806 mit der Niederlegung der Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation durch Franz II. seine Souveränität.
Es wurde Mitglied des Rheinbunds sowie des Deutschen Bunds 1815. Nach der verlorenen Schlacht von Königgrätz musste Österreich am 23. August 1866 im Prager Frieden die Vorherrschaft Preußens in Deutschland und die Auflösung des Deutschen Bundes anerkennen. Das kleine Ländchen (160 km2), dessen Grenze der Alpenrhein zur Schweiz bildet, lehnte sich in einer Zollunion an den östlichen Nachbarn Österreich an.
Österreichische Münzen und Banknoten waren in Liechtenstein allgemein im Umlauf. Bereits 1858 bestimmte Fürsten Johann II. die österreichischen Landes- und Scheidemünzen zu gesetzlichen Zahlungsmitteln im Land. Dennoch war die fürstliche Regierung darauf bedacht, ihre Souveränität im Münz- und Geldwesen zu bewahren.
Als 1886 die Oesterreichisch-Ungarische Bank eine Niederlassung in Vaduz eröffnen wollte und das Noten-Privileg für das Fürstentum anstrebte, winkte der Fürst dankend ab. Zwischen 1898 und 1915 ließ der Fürst eine Anzahl von Kronen-Münzen nach österreichischem Vorbild in Wien prägen: Goldmünzen zu 10 und 20 Kronen sowie Silbermünzen zu einer, zwei und fünf Kronen.
Obwohl das Fürstentum im Ersten Weltkrieg neutral blieb, konnte es sich den wirtschaftlichen Auswirkungen nicht entziehen. Touristen blieben aus und die Textilindustrie litt unter Rohstoff-Knappheit infolge der alliierten Seeblockade. Zudem machte sich der Wertverfall der Kronenwährung bemerkbar. Wurden bei Kriegsausbruch in Zürich für 100 Kronen noch 30 Franken gezahlt, so sank der Kurs bis Ende 1919 auf 3,30 Franken, bis Ende 1920 auf 1,55 Franken und bis Ende 1921 auf 20 Rappen.
Fürstentum Liechtenstein, o. D., 10 Heller, Vorder- und Rückseite
Die fürstliche Regierung war daher bestrebt, das Land aus der Bindung zu Österreich zu lösen. Die Zollunion wurde am 2. August 1919 gekündigt und ab 1. September war das Land zoll- und devisenrechtlich Ausland für Österreich und bildete ein eigenständiges Zollgebiet. Die Einfuhr österreichischer Banknoten einzuschränken und damit der Inflation zu entgehen, war ein untauglicher Versuch, da man sich nicht so schnell von der Kronenwährung trennen konnte. Um den auftretenden Kleingeldmangel abzuhelfen, beschloss der Hohe Landtag am 25. November 1919 einstimmig die Regierung mit der Ausgabe von je 200.000 Notgeldscheine zu 10, 20 und 50 Heller sowie einer Krone zu beauftragen, von denen jeweils 30.000 Scheine für den Verkauf an Sammlern bestimmt waren.
Der liechtensteinische Gesandte in Wien, Prinz Eduard von Liechtenstein nahm sich der Sache an und gewann Prof. Kasimir, der auch die damaligen liechtensteinischen Briefmarken entwarf, für das Projekt. Der Professor versprach, innerhalb von zwei Tagen Entwürfe mit heimatlichen Ansichten abzuliefern. Der Kronen-Wert scheint zu diesem Zeitpunkt nicht mehr opportun gewesen zu sein. Kurze Zeit später müssen die Scheine im Offset- und Buchdruck in Wien gedruckt worden sein, da sie bereits am 5. Januar 1920 ausgegeben wurden. Allerdings veröffentlichten die Oberrheinischen Nachrichten vom 21. Januar 1920 ihre Ausgabe. Nach einer fürstlichen Verordnung vom 24. Dezember 1919 war ihr Umlauf auf das Inland beschränkt.
Ihr Design entspricht den damaligen österreichischen Serienscheinen. Der Text der Vorderseite der undatierten staatlichen Gutscheine lautet:
"Fürstentum Liechtenstein, Gutschein über ... Heller. Dieser Gutschein verliert seine Gültigkeit, wenn er nicht innerhalb dreier Monate nach erfolgter Aufforderung bei der Landeskasse in Vaduz eingelöst wird."
Fürstentum Liechtenstein, o. D., 20 Heller, Vorder- und Rückseite
Unter dem Text die gedruckten Unterschriften des Landtagspräsidenten Friedrich Walser und des Landesverwesers Prinz Karl von Liechtenstein. Auf der linken Seite der 10- und 20-Heller-Scheine befindet sich ferner das große Staatswappen in barocker Kartusche, während beides im Unterdruck des 50-Heller-Scheins integriert ist.
Das große Wappen bildet sechs einzelne Wappenmotive ab, die auf die Geschichte und Herkunft des Hauses Liechtenstein hinweisen. Der Schild ist geviert mit unten eingepfropfter Spitze und belegt mit von Gold und Rot geteiltem Herzschild, dem Stammwappen der Liechtensteiner. Der Schild wir vom Fürstenhut gekrönt, der auf den Geldscheinen von zwei Putten gehalten wird. Das erste Feld ist ein in Gold mit kreuzbesetztem silbernen Kleeblattmond belegter gekrönter schwarzer Adler und verweist auf Schlesien. Das zweite Feld ist von Gold und Schwarz achtmal gestreift und mit grünem Rautenkranz belegt, dem Wappen der Kuenringe (österreichisches Ministerialengeschlecht). Das dritte Feld wird von Rot und Silber gespalten und steht für das Herzogtum Troppau. Das vierte Feld zeigt in Gold einen gekrönten, gold-bewehrten schwarzen Jungfernadler mit silbernem Kopf, das Wappen der ostfriesischen Familie Cirksena, es steht für die Grafschaft Rietberg. In der blauen Spitze das goldene Hifthorn (Jagdhorn) an gleichfarbiger Schnur steht für das Herzogtum Jägerndorf.
Die Rückseite des 10-Heller-Scheins zeigt den Innenhof des Schlosses in Vaduz, die des 20-Heller-Scheins das Schloss vor einem Panoramablick auf das Rheintal und der Wert zu 50 Heller im Hochformat eine Dorfgasse in Vaduz mit Brunnen und Blick hoch zum Schloss.
Fürstentum Liechtenstein, o. D., 50 Heller, Vorder- und Rückseite
Die Liechtensteiner Heller-Scheine spielten im Zahlungsverkehr keine große Bedeutung. Die tatsächlichen Verhältnisse gingen der gesetzlichen Regelung voraus. Man kümmerte sich begreiflicherweise nur noch wenig um die bestehenden Währungsgesetze und passte sich den gegebenen Verhältnissen an. Mit der fortschreitenden Entwertung der Kronenwährung kam bei der Bevölkerung immer mehr der Schweizer Franken in Gebrauch. Der Staat begann, in Franken zu bezahlen. Zur Überbrückung der drückendsten Not gab der Landesfürst im Februar 1920 dem Land ein Franken-Darlehen im Betrag von 550.000 Franken. Per Gesetzes-Beschluss vom 26. Mai 1924 wurde der Schweizer Franken in Liechtenstein gesetzliches Zahlungsmittel und die völlig entwerteten Heller-Noten zur Einlösung aufgerufen.
Literatur:
Herbert Rittmann, Kleine Münz- und Geldgeschichte von Liechtenstein, Hilterfingen 1977.
Jürg Richter und Ruedi Kunzmann, Die Banknoten der Schweiz, Regenstauf 2003.
Uwe Bronnert
Abb. Hans-Ludwig Grabowski
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