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AutorenbildErwin Beyer

Die International Banking Corporation in China

1901 taten sich Marcellus Hartley, ein Geschäftsmann und Inverstor in Connecticut, Thomas H. Hubbard, ein Anwalt und Geschäftsmann sowie einige weitere Unternehmer zusammen und bereiteten die Organisation der „International Banking Corporation“ vor. Diese Interessen-gruppe hatte es sich zum Ziel gesetzt, den Handel mit Ostasien zu fördern.


1882 war der Spanisch-Amerikanische Krieg zugunsten der USA ausgegangen, die Philippinen waren in den Besitz der USA gelangt. Man wollte die neu erworbenen Gebiete als Basis für die Märkte in Ostasien nutzen. Die International Banking Corporation (im Folgenden IBC genannt) war eine Manifestation dieser Ziele.


1902 wurde die IBC mit einem Schutzbrief („charter“) des Bundesstaates Connecticut offiziell gegründet. Hubbard wurde Vorstandsvorsitzender (chairman), Hartley wurde Bankdirektor (president). Hartley starb allerdings schon bald und Hubbard übernahm seinen Posten.

Im April 1902 wurde die erste Filiale in London eröffnet, aber schon im Mai folgte Shanghai, im Juli 1902 eröffneten Filialen in Singapur, Yokohama und Manila, im Oktober dann eine Zweigstelle in Hongkong. 1914 gab es schon 16 Filialen in Ostasien.

Vor dem Ersten Weltkrieg war die IBC zwar nicht die einzige US-Bank in Ostasien, aber sicherlich die größte und erfolgreichste.


Die IBC war auch der offizielle Vertreter der US-Regierung in Ostasien. So beauftragte 1902 die US-Regierung die IBC, die Wiedergutmachungszahlungen der durch den Boxeraufstand den USA entstandenen Schäden abzuwickeln.


Im chinesischen Volksmund war die Shanghaier Filiale der US-Bank überall bekannt als 花旗銀行, also Huāqí-Bank. “Huāqí” bedeutet “bunte Flagge”, das bezieht sich auf die rot-weiß-blaue US-Flagge, die auf dem Gebäude der Shanghaier Filiale wehte. So entschloss Bankdirektor Hubbart sich, das Finanzinstitut auf Chinesisch 美商花旗銀行 zu nennen, was Huāqí-Bank für US-Handel bedeutet.


In Hongkong dagegen war die Bank unter dem Namen 萬國寶通銀行 = Wànguó-Bǎotōng Bank bekannt. Der Name ist leider nicht bis ins Letzte deutbar, Wànguó heißt wörtlich „10.000 Länder“ und steht für „international“, aber „Bǎotōng“ ist auch für heutige Chinesen (ich habe mehrere gefragt) unverständlich. Da Canton in unmittelbarer Nachbarschaft zu Hongkong liegt, benutzte die dortige Filiale dann auch diesen Namen, wie auf den von ihr ausgegebenen Banknoten zu sehen ist (siehe Abb.4).


Die IBC hatte das Recht, Banknoten zu emittieren. Sechs Filialen machten von diesem Recht Gebrauch, wobei mir die Noten von Hā'ěrbīn (Harbin) nur als Specimen bekannt geworden sind, ob sie jemals ausgegeben wurden, ist ungewiss.


Es existieren zahlreiche Signatur-Varianten. Manche der Unterschriften kann man bestimmten Bankangestellten zuordnen, andere aber noch nicht.


Běijīng / PEKING (北京): - gegründet 1909


Abb.1a: 1 Yuan 1919 Filiale Běijīng / PEKING. Rechte Signatur C. R. Bennett (MANAGER).
Abb.1b: dito., Rückseite.

Hā'ěrbīn / HARBIN (哈爾濱)


Abb.2: Filiale Hā'ěrbīn / HARBIN, 5 Yuan 1920, Specimen.

Hànkǒu / HANKOW (漢口)


Abb.3: Filiale Hànkǒu / HANKOW, 1 Yuan 1919, Specimen.

Shāmiàn (Guǎngdōng) (沙面) – gegründet 1904


Abb. 4: Filiale Shāmiàn, 1 Yuan 1909.

Shànghǎi / SHANGHAI (上海) – gegründet 1902


Abb.5: Filiale Shanghai, 1 Yuan 1919. Unterschriften H.C.Gulland als MANAGER, J.M.Butt als ACCOUNTANT.

Tiānjīn / TIENTSIN (天津) - gegründet 1916


Abb.6: Filiale Tiānjīn / TIENTSIN, 10 Yuan 1918. Signatur J.M.Butt als MANAGER.

Die Noten, von ABNCo. gedruckt, zeigen alle dasselbe Motiv: Adler auf einer Säule, beiderseits eine Weltkugel (links: Neue Welt, rechts Alte Welt).


1915 erwarb die National City Bank of New York die Aktienmehrheit der IBC. Die Bank wurde reorganisiert, wobei die Struktur der Filialen in Ostasien fast unberührt blieb.

Für Sammler chinesischer Noten sind manche Scheine der IBC nicht schwierig zu erwerben. Aber aufgepasst: im Internet werden oft Scheine angeboten, die aus zwei Hälften zusammengeklebt sind! Vor vielen Jahren tauchten derartige Scheine plötzlich auf. Man hatte nämlich in den Safes der Pekinger Filiale Unmengen von unzirkulierten oberen Hälften aller Wertstufen von 1 bis 100 Yuan gefunden. Als diese Scheine ungültig wurden, wollte man sichergehen, dass die noch nicht ausgegebenen, aber schon unterschriebenen Scheine nicht gestohlen und zur Einlösung vorgelegt wurden. Man schnitt die Noten in zwei gleich große Teile und vernichtete die untere Hälfte mit den handschriftlichen Signaturen. Die obere Hälfte verwahrte man, um zu beweisen, dass diese Scheine wirklich ungültig gemacht worden waren. Als man dann viele Jahrzehnte später die oberen Hälften in den Banksafes entdeckte, wollte man sie zunächst wegwerfen. Doch kam jemand auf den Gedanken, man könne doch die beiden oberen Hälften wieder zusammenfügen und eine Geschichte erfinden, es handle sich um eine offizielle Notausgabe dieser Noten. Über Hongkong und Taiwan gelangten dann die Noten auf Verkaufsplattformen wie ebay oder Delcampe.


Abb.7a: Zusammengesetzte Note Filiale Běijīng / PEKING, 10 Yuan.
Abb. 7b: dito., Rückseite.

Erwin Beyer


Abbildungsnachweis:

Abb.1, 5 und 6 Yangming Auctions (Erlaubnis durch Cai Xiaojun)

Abb.2, 3 und 4: Peter Mösselberger

Abb.7 chinazhibi.com (Erlaubnis durch Wang Jie)

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