top of page
AutorenbildUwe Bronnert

Die Regiefrankenaffäre

Am 9. Mai 1924 verhaftete die badische Polizei in Ludwigshafen einen Dienstmann, der gefälschte "Regiefranken" umzutauschen versuchte.[1] Die Beamten konnten nicht ahnen, dass sie mit ihrer Verhaftung in ein Wespennest stachen und die so genannte "Regiefrankenaffäre" auslösten. Es war klar, dass dieser einfache Arbeiter nicht der Urheber der Fälschungen war. Zu professionell war ihre Ausführung, als dass sie dem normalen Publikum aufgefallen wären. Erst bei genauerer Betrachtung fallen die kleinen Unterschiede auf. Die Farben sind bei der Fälschung weniger leuchtend, die Schrift ein wenig verschwommen. Bei der Dampflokomotive fehlt die Rauchfahne und Vater Rhein blickt grimmiger. Das Papier hat einen leicht anderen Farbton.


Abb. 1: Fälschung, 20 Francs, Vorderseite.


Abb. 2: Fälschung, 20 Francs, Rückseite.


Abb. 3: Original, 20 Francs, Vorderseite.


Abb. 4: Original, 20 Francs, Rückseite.



Bei den Ermittlungen stieß man auf den Zahnarzt Dr. Hermann Eberlein. Gleichzeitig gelangte die „Pfalzzentrale“ in den Fokus der Untersuchungen.[2] Sie unterstützte nicht nur den passiven Widerstand gegen die französische Besatzung, sondern schmuggelte wiederholt Waffen, Munition und Sprengstoff in die Pfalz, mit denen Sabotageakte durchgeführt und im Kampf gegen die Separatisten eingesetzt wurden. Leiter der Organisation war der Vater des Zahnarztes, Hauptmann d. R. Dr. August Ritter von Eberlein (1877–1949), ehemals Direktor der höheren Mädchenschule Pirmasens.


Die Organisation ging aus der „Bayerische Zentralstelle für pfälzische Angelegenheiten“ hervor. Ihr Gründer war der am 31. Mai 1919 wegen seines Widerstands gegen die französische Pfalzpolitik ausgewiesen Speyerer Regierungspräsident Theodor von Winterstein (1861–1945). Die Zentralstelle hatte ihren Sitz in Mannheim und verfügte als Propaganda-, Nachrichten- und Auskunftsdienst über ein dichtes Netz von Informanten in den pfälzischen Behörden sowie über einen geheimen Kurierdienst in der Pfalz. Die Arbeit der Zentralstelle wurde parteiübergreifend durch einen Aktionsausschuss aus Vertretern der SPD, BVP, DVP und DDP sowie Repräsentanten der pfälzischen Wirtschaft unterstützt.

Die notwendigen finanziellen Mittel stellten das Reich und die bayerische Staatsregierung zur Verfügung. Der Sitz wurde im März 1921 nach Heidelberg verlegt und der Name in „Zentralfürsorgestelle für das besetzte Gebiet“ umbenannt. Auf Betreiben der Alliierten wurde die Organisation am 1. Oktober 1921 offizielle aufgelöst. Insgeheim bestand sie jedoch in der Firma „August Müller Nachf., Kommissionshandlung für Lebensmittel, insbesondere Kartoffeln“ in Mannheim weiter und arbeitete später als „Haupthilfsstelle für die Pfalz“, kurz „Pfalzzentrale“ genannt, in Heidelberg.


Nach der Aufdeckung ihrer fragwürdigen Aktivitäten und der Verwicklung in die Falschgeldaffäre schloss der badische Innenminister Adam Remmele (1877–1951), gestützt auf einen Kabinettsbeschluss, in den frühen Morgenstunden des 10. Mai 1924 die Pfalzzentrale. Dr. Hermann Eberlein, der in Reutlingen als Assistenzarzt tätig war, fand milde Richter.

Ein Heidelberger Schöffengericht verurteilte ihn wegen Urkundenfälschung und Gebrauchs gefälschter Urkunden lediglich zu einer dreimonatigen Bewährungsstrafe.


Uwe Bronnert


Anmerkungen [1] Helmut Gembries, Regiefranken, 1923/24, publiziert am 16.04.2007; in: Historische Lexikon Bayerns. URL:<https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Regiefranken,_1923/24> (11.05.2020).

[2] S. Helmut Gembries, Bayerische Zentralstelle für pfälzische Angelegenheiten, 1919–1924, publiziert am 3.7.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayerische_Zentralstelle_für_pfälzische_Angelegenheiten,_1919-1924> (12.5.2020).

コメント


bottom of page