Mit Beginn des Ersten Weltkriegs verschwanden die Gold- und Silbermünzen aus dem Zahlungsverkehr. Ab 1916 wurden dann auch die Nickel- und Kupfermünzen als willkommene Rohstoffreserve eingezogen. Die staatlichen Ersatzprägungen aus Eisen, Zink und Aluminium reichten bei Weitem nicht aus, um den Bedarf zu decken. Städte, Kreise und Unternehmen ließen daher ebenfalls Notmünzen aus Eisen und Zink prägen, und als sich die Beschaffung dieser Rohstoffe immer schwieriger gestaltete, überschwemmte eine wahre Flut von Papier-Notgeld das Land.
Die große Arten- und Variantenvielfalt machte nach Kriegsende das Sammeln von „Kriegsgeldzeichen“ sehr populär. Immer häufiger wandten sich Sammler an die Kommunalverwaltungen mit der Bitte um Überlassung von Notgeldscheinen und Notmünzen. Mancher Kämmerer witterte die Chance und ließ nun besonders ab 1921 eigens für Sammler Notgeld herstellen. In der Regel wurden vom einzelnen Nominal nicht nur ein Schein, sondern gleich mehrere – durch Abbildungen und/oder Farbgestaltung – unterschiedliche Gutscheine gedruckt und häufig in einem besonderen Kuvert mit genauer Beschreibung der Darstellungen, zu weit über dem Nominalwert liegenden Preisen verkauft. „Das aus der Not geborene Geld entartete zum bunten Sammelobjekt. Geld wurde selbst zur Handelsware.“ Dabei versuchte man, immer ausgefalleneres Geld zu schaffen. Druckereien und private Prägeanstalten taten das ihrige, um den Boom anzuheizen.
Auch die Gemeinde Frose (Anfang der 1920er Jahre 2.300 Einwohner),1 die im nordöstlichen Harzvorland östlich der unteren Selke liegt und auf eine tausendjährige Geschichte zurückblickt, beteiligte sich an der Emission dieser sog. Serienscheine. Um sich aus der Masse der Notgeldausgaben hervorzuheben, ließ man sich etwas ganz Besonderes einfallen: die Gutschein-Serie vom 27. Juni 1921 als Preisrätsel in sechs Folgen.
Das mitgelieferte Informationsblatt „Wichtig für den Erwerber dieser Serie!“ vermittelt dem Erwerber den Eindruck, nicht nur eine große nationale Idee beim Kauf zu unterstützen, sondern ermöglicht es ihm darüber hinaus durch interessante Gewinne seine Sammlung zu bereichern, falls er das Ratespiel richtig löste und die Lösung möglichst bald an den Gemeindevorsteher Henke bzw. an Willy Dockhorn in Frose einsandte. Voraussetzung war jedoch, dass bei der Einsendung auch die Kontroll-Nummer des 1-Mark-Scheins angegeben wurde. Dies garantierte, dass jeder Einsender auch eine Serie erworben hatte. Im Merkblatt wurde versprochen, den Verlosungs-Termin und die Preisträger in den Fachzeitschriften zu nennen. Ebenso sollten die Gewinner auch schriftlich benachrichtigt werden.
Als Preise waren zahlreiche Buch-Exemplare von
Dr. A. Keller, Das deutsche Notgeld, Teil I und III,
G. Prange, Deutsches Kriegsnotgeld von 1914 bis zur Gegenwart,
H. Lütckens, Notgeldpoesie,
H. Treseburg, Spruchscheine im deutschen Notgeld,
K. Skowronek, Wie sammelt man Notgeld
sowie ferner Notgeld-Alben für 1000, 500, 200 usw. Scheine, Jahres- und Quartal-Gratis-Abonnements auf die bisher erschienen fünf Notgeld-Fachzeitschriften sowie wundervolle Serien-Zusammenstellungen einzelner Landschaftsgebiete und Staaten usw. ausgelobt.
Das war aber noch nicht alles. Das i-Tüpfelchen stand noch aus:
„Als Schluß-Schein der anliegenden Rätsel-Serie gelangt nach stattgefundener Verlosung ein 75 Pfg.-Schein an alle Sammler zur Verteilung, welcher in künstlerischer Ausführung die Lösung des Preisrätsels bringen wird. Die Vorbestellung auf diesen interessanten Schein wird bei der Einsendung der Lösung erbeten unter Beifügung eines bereits frankierten Briefumschlages und Einsendung des Betrages von 80 Pfennig in Briefmarken.“
Es ist anzunehmen, dass weniger die Gemeinde Frose als der Lehrer Willy Dockhorn der Initiator der Ausgabe war, von dem auch die Entwürfe zu den Scheinen stammen. Gedruckt wurden sie von der Druckerei Louis Koch in Halberstadt.
Dockhorn entwarf bereits früher für die Gemeide Frose die Serie vom 15. März 1921 (25 und 4 x 50 Pfennig) und war auch für weitere Emittenten tätig, so z.B. für die Gemeinde Königsaue (40, 2 x 50, 75 und 100 Pfennig mit Datum vom 10. Juni 1921) und den Kreis Ballenstedt am Harz (25, 30, 2 x 50, 75 und 100 Pfennig vom 22. August 1921). Von ihm stammt auch die Wilhelm-Busch-Serie der Gemeinde Gatersleben
(25, 4 x 50 und 75 Pfennig vom 30. Juli 1921) mit der Bildergeschichte „Max und Moritz“.
Der erste Schein der Rätselserie ist der Wert zu 1 Mark, der an der Perforation in zwei 50-Pfennig-Scheine getrennt werden konnte. Auf der Vorderseite ein Bilderrätsel und rückseitig wird Bezug auf das Mönchskloster von 950 und das Nonnenstift von 961 genommen.
Mit einem Einsetz-Rätsel auf der Vorderseite des Scheins zu 75 Pfennig wird die Aufgabe fortgesetzt, rückseitig wird der Ortsname im Laufe der Jahrhunderte aufgelistet.
Die Rätselteile 3 – 5 (Bildrätsel, Rösselsprung und Bildrätsel) folgen auf den 50-Pfennig-Nominalen, auf den Rückseiten auf die germanische Siedlung (1000 vor Chr.), die Stauung der Bode durch Bischof Gebhardt aus Halberstadt(1478) und die Trockenlegung des Sees 1703 – 1709 bezugnehmend.
Beim 25-Pfennig-Schein sind bei der Aufgabe schließlich nur einige Worte in die richtige Reihenfolge zu bringen. Die Rückseite steht in der Bergmannstradition des Ortes.
Vielleicht haben Sie ja Lust und Muse, das Geheimnis der Scheine selbst zu lösen.
Da Dockhorn bei der Beschriftung das Sütterlin verwendet hat, das vielen heute nicht mehr geläufig ist, hilft hier die Wiedergabe des Alphabets. Ich wünsche Ihnen viel Spaß und Erfolg.
Alle anderen können das Ergebnis sofort dem undatierten Abschluss-Schein zu 75 Pfennig entnehmen. Dieser Schein wurde nicht mehr von der Gemeinde emittiert, sondern wohl nur noch von Herrn Dockhorn.
Wir haben ihn kopfstehend dargestellt, denn ganz so einfach wollen wir es dann doch nicht machen.
Anmerkung:
Am 15. Juli 2009 bildete Frose zusammen mit vier weiteren Orten die neue Gemeinde Seeland.
Uwe Bronnert
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