Seit der Gründung der Tschechoslowakei im Oktober 1918 wurden auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik vier Währungsumstellungen vorgenommen: Im März 1919, im November 1945, im Juni 1953 und schließlich im Oktober 1992, als – nachdem sich die Tschechoslowakische Föderative Republik (ČSFR) Ende 1991 aufgelöst hatte und die beiden Nachfolgestaaten Tschechische Republik und Slowakei entstanden waren – eine Separierung der Währung in eine tschechische und eine slowakische Krone erfolgte.
Im Rahmen einer Beitragsreihe sollen Ursachen, Hintergründe und die Durchführung der einzelnen Währungsumstellungen beleuchtet, und dabei natürlich auch Geldscheine vorgestellt werden, die im Rahmen dieser Umtauschaktionen ausgegeben wurden.
Der erste Teil der Reihe beschäftigt sich mit der Neuordnung der Währungsverhältnisse
in der Tschechoslowakei nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Im Mai 1945 liefen auf dem Gebiet des wiedererstandenen Staates Tschechoslowakei insgesamt fünf verschiedene Währungen um: In den 1938 im Zuge des Münchner Abkommens von 1938 an das Deutsche Reich angegliederten Gebieten des Sudetenlandes und Niederschlesiens die Reichs- und Rentenmark sowie seit Frühjahr 1945 Alliierte Militärmarknoten[1]. Auf dem Gebiet des sogenannten Protektorats Böhmen und Mähren kursierten auf Kronen lautende Staatsnoten zu 1, 5, 10, 20, 50 und 100 Kronen sowie die Banknoten der Nationalbank für Böhmen & Mähren in den Wertstufen 500, 1000 und 5000 Kronen[2]. Die Krone des Protektorats war im Verhältnis 10:1 an die Reichsmark gebunden, die im Protektorat neben der Krone ebenfalls gesetzliches Zahlungsmittel war. Auf dem Gebiet der Slowakei (und nur dort[3]) galten die auf slowakische Kronen lautenden Staatsnoten sowie die Banknoten der 1939 gegründeten Nationalbank der Slowakei[4],
in den der Slowakei angegliederten Teilen Ungarns der ungarische Pengö. Daneben waren in den von deutschen und ungarischen Truppen geräumten Gebieten ab Februar 1945 in der Sowjetunion durch die Druckerei Gosnak gedruckte sogenannte Anweisungen (Poukaszka) mit Datum 1944[5] ausgegeben worden.
Anweisung zu 1000 Kronen von 1944, ausgegeben ab Februar 1945, Pick Nr. 50. Gedruckt bei Gosnak in Moskau. Bildnachweis: Aus der 6. Auktion Bankovky, Prag.
Rechtsgrundlage hierfür war das Dekret Nr. 16 der tschechisch-slowakischen Exilregierung in London vom 12. November 1944 über die Verwaltung der Währung und die Ausgabe von Zahlungsmitteln in den befreiten Gebieten. Die Komplexität des Geldumlaufs wurde zudem noch weiter dadurch erhöht, dass die Slowakische Nationalbank im Juli 1945 eine Kennzeichnung der umlauffähigen Noten zu 100, 500 und 1000 slowakischen Kronen durch Klebemarken vorgenommen, sowie am 24. August 1945 eine nur auf dem Gebiet der Slowakei umlauffähige Kassenanweisung der Tschechoslowakei zu 2000 Kronen[6] ausgegeben hatte. Schließlich waren durch Erlass des Finanzministeriums[7] die offiziell bereits eingezogenen Banknoten der Vorkriegszeit zu 20 Kronen (vom 1. Oktober 1926),
zu 50 Kronen (vom 1. Oktober 1929) und zu 100 Kronen (Ausgabe vom 10. Januar 1931)[8]
ab 25. August 1945 erneut für umlauffähig erklärt, vermutlich weil die Bevölkerung auf dem Gebiet des vormaligen Protektorats, wo diese Banknoten teilweise noch Jahre nach Kriegsbeginn umlauffähig waren, Bestände gehortet und nicht gegen Protektorats-Kronen umgetauscht hatte.
Gemäß Dekret Nr. 7/1945 vom 19. Mai 1945 verlor die Reichsmark auf dem Gebiet des ehemaligen Protektorats bereits am selben Tag ihre Gültigkeit. Noten und Münzen in Reichs- und Rentenmark konnten (nur) von tschechoslowakischen Bürgern bei den Postämtern gegen Quittung hinterlegt werden. Entsprechende Guthaben blieben zunächst gesperrt.
Die im Sudentenland und Niederschlesien umlaufende Reichs- und Rentenmark sowie Alliierten Militärmark-Noten waren dort ab 31. Juli 1945 keine Zahlungsmittel mehr und mussten im Zeitraum von 1. bis 10. August 1945 bei benannten Umtauschstellen ebenfalls hinterlegt werden. Natürliche Personen tschechischer Staatsangehörigkeit konnten sofort Beträge bis 100 RM im Verhältnis von 1:10 gegen Kronen-Noten umtauschen, für Angehörige der deutschen und ungarischen Nationalität war der Umtauschbetrag auf 30 RM begrenzt[9]. Später erfolgten monatlich gestaffelt weitere Freigaben. Auf dem der Slowakei angegliederten Gebiet Ungarns umlaufende ungarische Pengö wurden im Sommer 1945
in slowakische Kronen umgetauscht.
Vernichtung ungültiger Banknoten des ehemaligen Protektorats durch die Nationalbank
in Prag, Dezember 1945. Bildnachweis: Archiv der ČNB.
Übergangsweise war mit der Geldausgabe in der Tschechoslowakei das ebenfalls durch Dekret Nr. 16 vom 12. Dezember 1944 gegründete Währungsamt befasst worden, bevor
am 4. Oktober 1945 die Nationalbank der Tschechoslowakei als Emissionsbank und Nachfolgerin der Nationalbank für Böhmen und Mähren – die sich ab dem 8. Mai 1945 nur Nationalbank nannte – ihre Geschäftstätigkeit aufnahm, und die im November 1945 formell auch die Geschäfte der slowakischen Nationalbank übernahm, wobei die Zusammenlegung beider Institute sich bis April 1948 hinzog.
Während des Kriegs war der Bargeldumlauf in den Gebieten der Tschechoslowakei erheblich angestiegen. Betrug er Ende 1938 14,3 Milliarden Kronen, waren es am 31. Oktober 1945 123,5 Milliarden Kronen. Zugleich hatten sich die Kontoguthaben verdreifacht, ohne dass diesen Geldbeträgen ein entsprechendes Waren- und Dienstleistungsangebot gegenüberstand. Daher war es, wie in allen anderen vom Krieg betroffen Staaten Europas, auch in der Tschechoslowakei offensichtlich, dass der bestehende Geldüberhang der vorhandenen Warenmenge angepasst werden musste.
Ankunft der in England gedruckten neuen Geldzeichen in Prag, September 1945. Bildnachweis: Archiv der ČNB.
Schon 1944[10] war durch die tschechoslowakische Exilregierung in London der Druck von Staatsnoten in den Werten zu 5, 10, 20, 50, 100, 500 und 1000 Kronen[11] bei Bradbury, Wilkinson & Co in New Malden/England beauftragt worden. Diese nennen als Emittent nur die Tschechoslowakische Republik und tragen kein Ausgabedatum, wohl aber die Unterschrift von Dr. Ladislav Karel Feierabend, der seit 1941 Finanzminister zunächst der tschechoslowakischen Exilregierung, und dann der neuen tschechoslowakischen Regierung war, bis er nach dem kommunistischen Putsch 1948 in die USA emigrierte. Die Scheine waren im September 1945 per Flugzeug von London nach Prag transportiert worden.
Staatsnote zu 500 Kronen ohne Datum, gedruckt bei Bradbury, Wilkinson & Co. in New Malden/England und ausgegeben ab 1. November 1945, Pick Nr. 64. Es gibt eine Nachauflage mit Datum 12. März 1946 (Pick Nr. 73), die von den leicht modifizierten Platten der Erstauflage 1946 bei der Druckerei der Nationalbank in Prag hergestellt wurde. Bildnachweis: Aus der 6. Auktion Bankovky, Prag.
In Unkenntnis des von der tschechoslowakischen Exilregierung in Auftrag gegebenen Banknotendrucks hatten auch Mitarbeiter der Notendruckerei der Nationalbank für Böhmen und Mähren seit Anfang 1945 heimlich mit der Vorbereitung von Entwürfen für Banknoten für einen Währungsumtausch nach Kriegsende begonnen. Entworfen wurde eine Staatsnote zu 100 Kronen sowie eine Banknote der Nationalbank im Nennwert von 1000 Kronen[12], die beide mit Datum 16. Mai 1945 ab Ende Mai 1945 in der Druckerei der Nationalbank in Prag im Offsetdruck sowie teilweise in privaten Druckereien hergestellt wurden[13]. Diese Noten standen für eine Währungsreform bereit. Eine ebenfalls durch die Druckerei der Nationalbank Prag entworfene und gedruckte Staatsnote zu 5000 Kronen[14] mit Datum 1. November 1945 wurde erst im Mai 1946 ausgegeben.
Banknote zu 1000 Kronen mit Datum 16. Mai 1945, gedruckt in der Druckerei der Nationalbank in Prag, Pick Nr. 74. Mit den Vorbereitungen für den Druck dieses Scheins war bereits Anfang 1945 begonnen worden. Bildnachweis: Aus der 6. Auktion Bankovky, Prag.
Durch das Dekret Nr. 91/1945 vom 19. Oktober 1945 wurden mit Wirkung vom 1. November 1945 die Tschechoslowakische Krone als neues gesetzliches Zahlungsmittel, sowie die Modalitäten des Geldumtauschs festgelegt. Das Dekret 92/1945 beschrieb die neu auszugebenden Geldscheine. Bis zum 15. November waren alle Beträge alten Geldes auf Konten einzuzahlen, die zunächst gesperrt wurden. In bar umgetauscht werden konnten in der Zeit vom 29. Oktober bis 4. November 1945 höchstens 500 Kronen je Person gegen Vorlage einer Haushaltskarte und einer Lohnabrechnung im Verhältnis 1:1 gegen altes Geld. Natürlichen sowie juristischen Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausübten, konnte daneben für Lohnzahlungen aus ihren Kontoguthaben einen Betrag in Höhe eines Monatsgehalts des Lohns ihrer Arbeitnehmer, maximal 500 Kronen je Person, ausgezahlt werden. Sonderregelungen gab es für politische Parteien, öffentliche Institutionen und die Streitkräfte einschließlich der Roten Armee. In der Folgezeit konnten von gesperrten Konten Freigaben beantragt werden, wovon sowohl von privater als auch gewerblicher Seite reichlich Gebrauch gemacht wurde. Es gab intensive politische Diskussionen darüber, ob und wie die aus der Währungsumstellung entstanden Einlagen abgewertet oder besteuert werden sollten. Durchgreifende Maßnahmen hierzu blieben weitgehend aus[15].
Der nach der Goldparität festgelegte offizielle Wechselkurs der Krone betrug 50 Kronen je US-Dollar, nachdem die ČSR im Dezember 1946 Mitglied des Internationalen Währungsfonds geworden war.
Ausgegeben wurden durch die als Wechselstellen fungierenden Banken und Postsparkassen die in London von der Exilregierung gedruckten Scheine, sowie die in Prag gedruckten Noten zu 100 und 1000 Kronen. Eingezogen wurden die Scheine des Protektorats, der Slowakei sowie die in Moskau gedruckten Anweisungen mit Ausgabedatum 1944. Im Umlauf blieb allein die Anweisung zu 1 Krone Ausgabe 1944, sowie die Staatsnote zu 1 Krone der Protektorats-Ausgabe[16]; beide waren bis zum 4. Mai 1946 gültig. Der Gesamtbetrag an neu ausgegeben Noten betrug etwa 19 Milliarden Kronen.
Ausgabe der neuen Banknoten in den Räumen der Nationalbank, November 1945. Bildnachweis: Archiv der ČNB.
Im November 1945 fand also kein Währungsschnitt – eine Anpassung der Geldmenge an die verfügbare Warenmenge – statt, wie das etwa bei der Währungsreform in Westdeutschland am 20. Juni 1948 der Fall war, sondern lediglich eine Blockierung von Kontoguthaben sowie nachgelagert deren Besteuerung, die in der Folgezeit nicht konsequent umgesetzt wurde und sich insgesamt als zu gering erwies, um die Inflation einzudämmen. Hierin lag eine Schwachstelle der Währungsreform von 1945. Da zudem in der Folgezeit in immer größerem Umfang im November 1945 blockierte Kontoguthaben vom Finanzministerium freigegeben wurden, das Warenangebot aber nicht in gleichem Umfang zunahm, kam es auf dem freien, nicht staatlich kontrollierten Markt zu einem deutlichen Anstieg der Preise. Diese lagen 1948 für Konsumgüter etwa 3- bis 4-mal höher als die staatlich festgelegten Preise, was wiederum auf Druck der Gewerkschaften zu deutlichen Lohnerhöhungen führte. Die Nationalbank hatte aufgrund der Kontenfreigaben, für die das Finanzministerium verantwortlich war, keine vollständige Kontrolle über den Geldumlauf. Die Notwendigkeit einer erneuten Währungsreform war daher bereits im Februar 1948 offensichtlich[17], als die kommunistische Partei unter Klement Gottwald in einem Staatsstreich die Macht übernahm. Diese gestalteten innerhalb kurzer Zeit die tschechoslowakische Wirtschaft in eine kommunistische Planwirtschaft nach sowjetischem Vorbild um, und verfolgte mit einer anstehenden Geldreform vor allem politische Ziele, unter anderem die Enteignung privater Vermögen,
wie die heimlich vorbereite und am 31. Mai 1953 verkündete Währungsreform zeigen sollte. Sie fand auch eine Regelung bezüglich der gesperrten und noch nicht freigegeben Einlagen aus der Währungsreform vom November 1945: Sie wurden am 1. Juni 1953 ersatzlos gestrichen.
Dr. Sven Gerhard
Anmerkungen:
[1] Dazu Schöne, Die Militärmark-Scheine der Alliierten von 1944 bis 1948 in Deutschland, Pirna 2021, S. 97-99.
[2] Pick 3 – 15 und 17.
[3] Nach § 2 des Dekrets 7/1945 vom 19.5.1945 (https://www.e-sbirka.cz/sb/1945/7?odkazId=20637101&zalozka=text) galt nach der Wiederherstellung der Tschechoslowakei die slowakische Krone nur auf dem Gebiet der Slowakei, die Währung von Böhmen & Mähren nur in diesem Landesteil. Alle für die Geldausgabe wichtigen Dekrete sind aufgeführt bei Graichen, Die Geldzeichen der Tschechoslowakei, Berlin (Ost) 1983, S. 272 ff.
[4] Pick 2, 4 bis 14.
[5] Pick 45-50.
[6] Pick 50A
[7] Dekret 41/1945 vom 20. August 1945 (https://www.e-sbirka.cz/sb/1945/41?zalozka=text)
[8] Pick 21, 22 und 23.
[9] Rechtsgrundlage hierfür bildete die auf Basis des Dekrets 7/1945 erlassene Verordnung des Finanzministers der Tschechoslowakei vom 13. Juli 1945, die die Modalitäten des Umtausches und auch den Umtauschkurs festlegte (https://www.e-sbirka.cz/ul0/1945/103?zalozka=text.) Zu den auf Reichsmark lautenden Notgeldausgaben in Nordwestböhmen im Frühjahr 1945 s. Michael H. Schöne https://www.geldscheine-online.com/post/deutsches-notgeld-in-nordwestbo-hmen-1945. Nach Schöne a.a.O. soll der Umtausch erst am 27. Oktober 1945 abgeschlossen gewesen sein.
[10] Nach anderen Quellen bereits 1942.
[11] Pick 59-65.
[12] Pick 67 und 74. Der Schein zu 1.000 Kronen soll ursprünglich als Reservenote für die Nationalbank von Böhmen & Mähren geplant gewesen sein, s. Tomsik et. al, S. 242.
[13] 100 Kronen Serie H in der Druckerei Haase und Serie N in der Druckerei Neubert & Söhne, beide Prag.
[14] Pick 75
[15] S. dazu https://www.idnes.cz/finance/financni-radce/historie-financi-vazane-vklady-valecne-skody.A160804_150333_viteze_kho
[16] Die mit Hand- und Maschinenstempel des Protektorates versehen 1-Kronennote der Tschechoslowakei hatte bereits zum 31. Mai 1940 ihre Funktion als Zahlungsmittel verloren und konnte nur bis zum 31. August 1940 umgetauscht werden.
[17] Die Situation ist vergleichbar mit derjenigen in Österreich, wo es nach der Einführung der Schillingwährung im Dezember 1945 nur drei Jahre später, im Dezember 1947, zu einer erneuten Währungsreform verbunden mit einem Währungsschnitt von 3:1 kam, der allerdings nur Bargeld und Kontoguthaben betraf.
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