Eckehard Gottwald:
Zum Umlaufgebiet von
Ersatzzahlungsmitteln
dargestellt am Beispiel der beiden Gutscheine über 500 Mark und 1000 Mark des Dillkreises vom 15. September 1922.
Ein Beitrag zur Geschichte des ehemaligen Dillkreises. 2. Auflage,
Hofheim am Taunus 2021. 94 Seiten, durchgehend farbig bebildert, Klebebindung und Papp-Einband,
ohne ISBN.
Zu beziehen beim Autor zum Preis von 29,00 € + 4,00 € Porto und Verpackung, Brückenstraße 45, 65719 Hofheim a. T.
24 Jahre sind seit der ersten Auflage dieser Studie vergangen. Nun stellt der Autor, der durch seine Bücher über das Frankfurter, Offenbacher und Hanauer Notgeld bekannt ist, der Sammlergemeinde eine überarbeitete Darstellung des auf den ersten Blick recht begrenzten Themas vor. Bereits beim ersten Durchblättern des Buches wird klar, dass der Autor so manches über die 500- und 1000-Mark Scheine des Dillkreises zu sagen hat.
Viele Abhandlungen zur Numismatik der Antike, des Mittelalters und der frühen Neuzeit beschäftigen sich mit der Frage des Umlaufgebietes bestimmter Münzen. Beim Papiergeld und hier besonders beim Notgeld wird diese Thematik, wenn überhaupt nur am Rande behandelt, obwohl das Notgeld häufig weit außerhalb des eigentlichen Ausgabebezirks anzutreffen war. Dies ist vielfach durch zeitgenössische Berichte und Zeitungsmeldungen belegt. Erhalten gebliebene Briefe mit Einlösungsbitten auswärtiger Notgeld-Inhaber legen ebenfalls Zeugnis vom Verbreitungsgebiet ab. Alle diese Hinweise stellen jedoch nur Momentaufnahmen dar.
Gottwald wählte daher einen anderen Weg bei seiner Studie. Die Notgeldscheine des Dillkreises über 500 und 1000 Mark vom 15. September 1922 geben selbst darüber Auskunft, wo man sie benutzte, denn sie sollten von jedem Inhaber vor Weitergabe auf der Rückseite indossiert werden. Eine Auswertung dieser Indossamente müsste demnach ein genaues Bild ihres Verbreitungsgebietes ergeben. Dem stand jedoch die relative Seltenheit dieser Scheine entgegen. Konnte Gottwald bei der 1. Auflage nur 173 Scheine (97 vom 500er und 76 vom 1000er) auswerten, so sind es nun allein 355 Gutscheine zu 500 Mark von wahrscheinlich ursprünglich 68.854 Exemplaren und 226 Gutscheine zu 1000 Mark von ursprünglich 25.865 Stück. Auf den insgesamt 581 ausgewerteten Scheinen waren 3947 Unterschriften und Firmenstempel vorhanden. Er schreibt: „Überaus schwierig gestaltete sich meist die Auflösung der einzelnen Unterschriften. Das ‚Adressbuch des Stadt- und Landkreises Wetzlar, des Dillkreises sowie der Stadt Weilburg, Ausgabe 1922‘ und das ‚Westerwald Adressbuch, Führer mit Branchen- und Telefon-Verzeichnis für Ober- und Unterwesterwaldkreis und den Kreis Westerburg sowie für die Stadt Altenkirchen und die Bürgermeistereien Dierdorf und Puderbach‘ waren eine unverzichtbare Hilfe“ (S. 30). Wahrlich ein kriminalistischer Kraftakt.
Von den 2264 Indossamenten beim Gutschein zu 500 Mark entfielen fast die Hälfte auf den Dillkreis selbst, knapp 17 % auf den Oberwesterwaldkreis, 7 % auf andere Kreise, darunter auch weit entfernte, wie Kassel, Wiesbaden, Siegburg und Limburg. Allerdings konnten ca.
28 % der Vermerke trotz der akribischen Nachforschung örtlich nicht zugeordnet werden. Beim Wert zu 1.000 Mark entfielen fast 70 % auf den Dillkreis, 5 % auf den Kreis Biedenkopf, 23 % konnten örtlich nicht zugeordnet werden und nur 3 % auf Wetzlar, Siegen, Wuppertal und andere.
Nach den amtlichen Unterlagen sollten die Gutscheine im Wesentlichen nur an die größeren Werke zu Lohn- und Gehaltsauszahlungen abgegeben werden. Davon ist man wohl abgewichen, denn bemerkenswert ist die große Zahl von privaten und unbekannten Erstnutzern. Bei den 500-Mark-Gutscheinen fällt auf, dass erhebliche Mittel direkt an die Landesbankstelle Marienberg bzw. an die Eisenerzgrube „Eisenkaufte“ im Oberwesterwaldkreis flossen.
Der eigentlichen Untersuchung ist eine Geschichte des Dillenburger Notgeldes vorangestellt, die auch das Firmennotgeld nicht ausspart. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang der seltene Schein zu 1000 Mark des Hessen-Nassauischen Hüttenvereins in Steinbrücken.
Den detaillierten Angaben liegen die Archivalien des Hessischen Hauptstaatsarchivs in Wiesbaden und historische Ausgaben der Dill-Zeitung aus dem Stadtarchiv Dillenburg zu Grunde.
Bei seinen Recherchen löste Gottwald auch ein kleines Geheimnis. Zur Verhütung von Fälschungen und zur Kennzeichnung der echten 500-Mark-Scheine, brachte die Druckerei ein Geheimzeichen an, das durch die unmerkliche Zerstörung an irgendeinem Punkte der Umrahmung erfolgte. Er fand bei allen 355 Scheinen, die er untersuchte, den gleichen „Fehler“: Im Rahmen der Vorderseite fehlt links bei der vierten Rosette von unten ein Punkt. Bisher waren vier Varianten beim 1000-Mark-Gutschein bekannt, die sich aus der unterschiedlichen Stellung der Zierstücke bei den Randleisten ergeben. Gottwald fand bei Durchsicht der Scheine zwei weitere Varianten.
Bestand die erste Auflage aus kopierten Blättern in einer Klemmmappe, so kommt die neue Auflage als wohlfeil gebundenes Buch im DIN-A4-Format daher. Die Notgeldscheine werden farbig abgebildet, Bekanntmachungen der Notgeldausgaben und amtliche Preisverzeichnisse ergänzen die Ausführungen. Zusätzlich werden viele Indossanten durch die Wiedergabe zeitgenössischer Zeitungsannoncen vorgestellt.
Das Buch ist nicht nur für den Heimatsammler wichtig, sondern stellt für jede numismatische Bibliothek eine Bereicherung dar.
Uwe Bronnert
Könnten Sie freundlicherweise die Kontaktdaten des Autors immer dann zur Verfügung stellen, wenn ein Werk direkt ab Autor zu beziehen ist? Danke!