Die Entwürfe und Noten der zweiten Serie der Bank deutscher Länder von Max Bittrof und Hermann Virl Im zweiten Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens vom 20. Juni 1948 (Emissionsgesetz) wurde die Bank deutscher Länder verpflichtet, Noten, die nicht ihren Namen tragen, für eine Übergangszeit von höchstens zwei Jahren auszugeben. Nach diesem Artikel musste die Bank deutscher Länder, die erst im März 1948 gegründet worden war, die Noten der Erstausstattung ersetzen und Banknoten mit der Bezeichnung „Bank deutscher Länder“ ausgeben. Die Erstausstattung war knapp bemessen und der Bedarf hoch. Zudem musste möglichst bald Ersatz für die besonders fälschungsanfälligen Ausgaben beschafft werden. Der Zentralbankrat der Bank deutscher Länder nahm in der 19. Sitzung vom 6. Oktober 1948 unter dem Tagesordnungspunkt 11 das Thema Notendruck auf:
„Die Bank deutscher Länder beabsichtigt, den Druck eigener Noten sofort in Angriff zu nehmen, um baldmöglichst die leicht zu fälschenden Bird-Dog-Noten aus dem Verkehr ziehen zu können. Der Zentralbankrat billigt daher die vom Direktorium vorgelegten Pläne und beschliesst:
Die Vorbereitungen für die Anfertigung von DM-Noten in der Stückelung zu 100, 50, 20, 10, 5, 2 und 1 DM, die den Namen der Bank deutscher Länder tragen, sind mit größtmöglicher Beschleunigung voranzutreiben. Als erste Note, die den Namen der Bank deutscher Länder trägt, ist der Abschnitt zu 5 DM in einer Auflage von 150 Millionen Stück in Auftrag zu geben, wobei Voraussetzung ist, daß für die unbrauchbaren Bird-Dog-Noten zu 50 und zu 20 DM der Bank deutscher Länder sofort Ersatz geleistet wird. Wird dieser Ersatz nicht geleistet, so ist anstelle des Abschnittes zu 5 DM der Abschnitt zu 20 DM, ebenfalls in der Auflage von 150 Millionen Stück in Auftrag zu geben. Über die Auftragserteilung für den Druck von DM-Noten der anderen Abschnitte wird von Fall zu Fall besonders Beschluß gefaßt."[1]
"Die Voraussetzungen für den fristgerechten Druck der dringlich benötigten hochwertigen Banknoten im Tiefdruckverfahren bestehen zurzeit in Deutschland nicht; die Herstellung solcher Banknoten muß daher, bis diese Voraussetzungen geschaffen sind, ausländischen Firmen von Ruf übertragen werden. Mit der Herstellung der 5 DM-Noten oder an deren Stelle der 20 DM-Noten ist vorbehaltlich des Einverständnisses der Alliierten Bankkommission und der Bereitstellung der notwendigen Devisen die Firma Thomas de la Rue und Co., London, zu beauftragen."[2]
Da man den Noten wieder ein deutsches Gesicht geben wollte, wurde für die Entwürfe ein beschränkter Wettbewerb ausgeschrieben, zu dem folgende Grafiker herangezogen wurden:
Max Bittrof, Frankfurt am Main
Hermann Virl, München
Albert Gänzle, Neu-Isenburg
Hans Bohn, Frankfurt am Main
Heinrich Jost, Frankfurt am Main
Die ausgewählten Künstler waren schon seit den 1920er Jahren als Gebrauchsgrafiker sowie Schrift- und Buchkünstler etabliert. Hans Bohn und Max Bittrof waren seit März 1949 als Künstler Mitglieder des Prüfungsausschusses für Postwertzeichen des Bundesministeriums für Post- und Fernmeldewesen, Hermann Virl als Kunstsachverständiger.[3] Heinrich Jost war schon Ende September 1948 verstorben.[4]
Aufgrund der Entwürfe der Vorderseite einer Note zu 20 DM wurden die Grafiker Max Bittrof und Hermann Virl beauftragt, Entwürfe für eine ganze Serie mit den Nennwerten von 5, 10, 20, 50 und 100 DM zu liefern.[5] Die Noten zu ein und zwei DM werden in dieser Quelle nicht weiter erwähnt.
Während der Entwurf Max Bittrof zu diesem 20 DM-Schein aus Artikeln bekannt ist[6], war der Entwurf Hermann Virls bislang nicht veröffentlicht.
Die Abbildung 1 zeigt den Entwurf Max Bittrofs, Abbildung 2 den von Hermann Virls.
Abb. 1: Entwurf einer Banknote der Bank deutscher Länder zu 20 DM von Max Bittrof.
Abb. 2: Entwurf einer Banknote der Bank deutscher Länder zu 20 DM von Hermann Virl.
Der Entwurf von Max Bittrof zeigt die Europa auf dem Stier, wie sie später auf dem 5 DM-Schein erscheinen wird. Sie ist ein Symbol für Europa, für den gemeinsamen Ursprung der Europäer und ihrer Kultur und für das Miteinander. Hermann Virl wählte den Bassenheimer Reiter, eine Martinsdarstellung des Naumburger Meisters um 1240, die ursprünglich am Westlettner des Mainzer Doms hing. Der Heilige Martin steht für christliche Kultur, Nächstenliebe, Bescheidenheit und soziales Denken.
Bittrofs weitere Entwürfe zeigen Goethe, einen Hermeskopf und ein antikisierendes Frauenporträt neben der Europa auf dem Stier auf dem 20 DM-Schein.[7]
Auch Hermann Virl griff auf Goethe für die Note zu 100 DM zurück.[8] Goethe ist auf der Vorderseite in einem Medaillon rechts abgebildet. Die linke Seite bildet mit einem leeren weißen Medaillon, das für ein Kopfwasserzeichen vorgesehen ist, das Gegengewicht.
Für die Rückseite existiert ein Entwurf, der rechts kein Medaillon, sondern einen Schaurand aufweist.[9] Die Kontrollummern der Vorder- und der Rückseite weichen voneinander ab, sodass man vermuten darf, dass es sich um unabhängige Entwürfe handelt, auch wenn Rahmen und Wertziffern sehr ähnlich sind. Zentral steht auf dieser Rückseite eine deutsche Eiche, die wie ein sich selbst erneuernder Phönix aus den Flammen steigt und dabei ein Kind als Sinnbild für den Neubeginn und das Leben umfasst. Rechts neben der Eiche ist die Silhouette mit Ruinen einer zerbombten Stadt unter einem unwetterartig bewölkten Himmel abgebildet, links der Kölner Dom im Sonnenschein. Virl schafft in dieser Rückseite eine pazifistische, positive Zukunftsversion für ein neuerwachendes Deutschland. Es ist leider nicht bekannt, ob die Entwürfe von Hermann Virl auch in dieser Form eingereicht wurden.
Abb. 3: Entwurf einer Banknote der Bank deutscher Länder zu 100 DM von Hermann Virl, Vorderseite.
Abb. 4: Entwurf einer Banknote der Bank deutscher Länder zu 100 DM von Hermann Virl, Rückseite.
Für die Note zu 50 DM, wie sie der Bank deutscher Länder vorgelegt wurde, bediente sich Hermann Virl des Kopfbildnisses des Kaufmanns Hans Imhof nach einem Gemälde von Albrecht Dürer für die Vorderseite, das schon für eine Reichsbanknote über 5000 Mark von 1922 (DEU-91) verwendet wurde. Der Kopf dominiert die ganze rechte Seite bis in die Mitte hinein. Daneben erscheint die Wertzahl „50“ in leicht versetzter Anordnung vor guillochiertem Hintergrund. Links befindet sich der unbedruckte Schaurand, der über das Wort „FUENFZIG“ in Großbuchstaben mit dem Druckfeld verbunden wird. In den vier Ecken des Druckfeldes erscheinen die Wertzahlen in gleicher Anordnung wie im zentralen Feld.
Auf dem Schaurand wird im unteren Teil die Wertzahl wiederholt. Oben befindet sich die Kontrollnummer, die sich ein zweites Mal unter dem Kopfbildnis befindet.
Abb. 5: Entwurf einer Banknote der Bank deutscher Länder zu 50 DM von Hermann Virl, Vorderseite.
Der aufgeführte 10 DM-Schein ist nicht voll ausgestaltet. Er zeigt einen jungen Mann nach der Mode des 18. Jahrhunderts, wahrscheinlich einen Vertreter der Aufklärung wie Gottfried Wilhelm Leibniz oder Jean-Jacques Rousseau. Der Schein ist ähnlich aufgeteilt wie Virls Entwurf für die Note zu 50 DM und die 10 DM-Banknote vom 2. Januar 1960. Rechts das Kopfbildnis, das die ganze Höhe des Scheins einnimmt und nicht durch ein Medaillon eingeengt wird. Rechts daneben, mittig auf dem Schein die Wertzahl in Guillochen, abgetrennt durch den Wert in Buchstaben, der den Schaurand mit der Druckfläche verbindet. Der Rand der Druckfläche trägt die Inschrift Banknote über 10 Deutsche Mark. Die Ecken zeigen die Wertzahl.[10]
Abb. 6: Entwurf einer Banknote der Bank deutscher Länder zu 10 DM von Hermann Virl, Vorderseite.
An gleicher Stelle finden wir einen Entwurf zu einer Note von 2 DM.[11] Einem Protokoll des Zentralbankrats vom 5. Oktober 1948 ist zu entnehmen, dass die gesamte Notenserie der Erstausstattung mit den Nominalen von einer Deutschen Mark bis 100 Deutschen Mark ersetzt werden soll, auch wenn die Noten zu einer und zwei DM später nicht mehr ausgegeben worden sind. Dieser Entwurf passt in die ursprüngliche Anforderung der Bank deutscher Länder.
Der Entwurf zeigt zentral die Wertzahl „2“, die links von einer Ährengarbe und rechts von einer Bienenwabe inklusive arbeitsamer Bienen flankiert wird. Das Ganze ist auf einem strahlenförmigen Unterdruckmuster aufgebracht. Der Rand trägt den Text „Zwei Deutsche Mark“ und „Deutsche Banknote“ mit der Wertzahl 2, einer Sichel und Getreidehalmen in den vier Ecken. Auf der rechten Seite befindet sich ein unbedruckter Schaurand. Hier wird Platz für ein Wasserzeichen sowie für die Kontrollummer und den Ausfertigungskontrollstempel gelassen. Eine zweite Kontrollnummer ist über der Bienenwabe angebracht. Vage erinnert diese Note an den Schein zu zwei Rentenmark vom 30. Januar 1937.
Abb. 7: Entwurf einer Banknote der Bank deutscher Länder zu 2 DM von Hermann Virl.
Im Juli 1949 entschied sich das Gremium für die Entwürfe von Max Bittrof. Ihm wurde aufgetragen, Noten zu 5, 50 und 100 DM bis zur Druckreife durchzugestalten.
Das Ergebnis waren die Noten der Bank deutscher Länder mit dem Datum vom 9. Dezember 1948. Die Note zu 5 DM mit der barbusigen Europa auf dem Stier auf der Vorderseite wurde ab dem 22. März 1950 ausgegeben. Der 100-DM-Schein mit dem Bildnis des Ratsherrn Jakob Muffel nach einem Gemälde von Albrecht Dürer folgte ab dem 16. Mai 1951 und der Fünfziger mit dem Kopfbildnis des Kaufmanns Hans Imhof (die Person ist nicht sicher zugeordnet und es stehen noch der Patrizier Willibald Pirkheimer und der Rentmeister Lorenz Sterck zur Debatte; es taucht gelegentlich auch der Name des Jobst Planckfelt auf), ebenfalls nach einem Gemälde von Albrecht Dürer, schließlich ab dem 19. September 1951.
Abb. 8: Ausgeführte Banknote der Bank deutscher Länder zu 5 DM vom 9. Dezember 1948, Vorderseite, Muster der Firma De La Rue.
Abb. 9: Ausgeführte Banknote der Bank deutscher Länder zu 5 DM vom 9. Dezember 1948, Rückseite, Muster der Firma De La Rue.
Abb. 10: Ausgeführte Banknote der Bank deutscher Länder zu 50 DM vom 9. Dezember 1948, Vorderseite, Quelle: Archiv für Geld- und Zeitgeschichte.
Abb. 11: Ausgeführte Banknote der Bank deutscher Länder zu 50 DM vom 9. Dezember 1948, Rückseite, Quelle: Archiv für Geld- und Zeitgeschichte.
Abb. 12: Ausgeführte Banknote der Bank deutscher Länder zu 100 DM vom 9. Dezember 1948, Vorderseite, Quelle: Archiv für Geld- und Zeitgeschichte.
Abb. 13: Ausgeführte Banknote der Bank deutscher Länder zu 100 DM vom 9. Dezember 1948, Rückseite, Quelle: Archiv für Geld- und Zeitgeschichte.
Beide Künstler wurden eingeladen, die erste Serie der Banknoten der neu errichteten Bundesbank zu gestalten. Hermann Virl verstarb am 2. August 1958 und konnte keine Entwürfe mehr einreichen.[12] Max Bittrofs Entwürfe konnten überzeugen und wurden dann schließlich für die Ersatzserie BBk II für Westdeutschland im "Kalten Krieg" verwendet.
Kleine Anmerkung zum Abschluss:
Hermann Virl gestaltete auch eine Schutzmarke, die noch heute den meisten an Banknoten Interessierten geläufig sein sollte[13]:
Abb. 14: Schutzmarke/ Logo der deutschen Firma Giesecke und Devrient (traditionsreicher Hersteller von Banknoten sowie Wert- und Sicherheitsdrucken).
Oliver Herzberg
Anmerkungen
[1] 19. Sitzung des Zentralbankrats der Bank deutschen Länder, 5. Oktober 1948, Tagesordnungspunkt 11, Absatz I.
[2] 19. Sitzung des Zentralbankrats der Bank deutschen Länder, 5. Oktober 1948, Tagesordnungspunkt 11, Absatz V.
[3] Bundesminister für Post- und Fernmeldewesen, Beschluß des Deutschen Bundestages in seiner 30. Sitzung am 25. Januar 1950 zum Antrag der Fraktion der Bayernpartei - Nr. 158 und 336 der Drucksachen - betr. Amtliche Graphik, Münzen, Siegel usw. des Bundes, Drucksache Nr. 597 der ersten Wahlperiode des deutschen Bundestages,
24. Februar 1950.
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Jost, abgerufen am 1. April 2024.
[5] Die Noten der Deutschen Bundesbank, Deutsche Bundesbank, Frankfurt am Main, 1964, S. 14-16.
[6] Michael H. Schöne www.geldscheine-online.com/post/nicht-realisierte-geldschein-entwürfe.
[7] Artikel Bundesbank.
[8] Ulrich Rousseaux in Goethe. Auf. Geld, Deutsche Bundesbank, Frankfurt am Main, 2012, S. 24.
[9] Wertpapiere und Banknoten in Hermann Virl, 1903-1958, Verlag Fritz Schmidberger, München, 1961, S. 61.
[10] Wertpapiere und Banknoten in Hermann Virl, 1903-1958, Verlag Fritz Schmidberger, München, 1961, S. 62.
[11] Wertpapiere und Banknoten in Hermann Virl, 1903-1958, Verlag Fritz Schmidberger, München, 1961, S. 62.
[12] Friedel Virl-Gath in Hermann Virl – Jahresgabe für die Mitglieder der typographischen Gesellschaft, München, 1980, S. 10.
[13] Schutzmarken in Hermann Virl, 1903-1958, Verlag Fritz Schmidberger, München, 1961, S. 27.
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