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Ein Startup-Unternehmen aus dem späten Mittelalter veränderte die Welt

Autorenbild: Michael H. SchöneMichael H. Schöne

Der Georg Christoph Lichtenberg (1742–1799) zugewiesene Spruch „Mehr als das Blei in den Kugeln hat das Blei in den Setzkästen die Welt verändert“ deutet auf die Erfindung des Buchdrucks hin. Dieses Lichtenberg-Zitat bezog sich vor allem auf die Verbreitung von Nachrichten und die spätere Epoche der Aufklärung.


Unbestritten war die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gensfleisch zum Gutenberg, Sohn des Mainzer Patrizier Friedrich Gensfleisch, eine revolutionäre und grundlegende. Immerhin kürte 1997 das Magazin „Time“ den Buchdruck zur bedeutendsten Erfindung des zweiten Jahrtausends und 1999 benannte das US-amerikanische TV-Unternehmen A+E Television Networks den heute nur noch als Johannes Gutenberg bekannten als „Mann des Jahrtausends“.


In seiner Chronik von 1474 schrieb der Kölner Mönch Werner Rolevinck schon:

„Die sinnreiche Kunst des Bücherdruckens ward in Mainz erfunden: sie ist die Kunst der Künste, die Wissenschaft der Wissenschaften, durch deren geschwinde Wirksamkeit ein trefflicher Schatz an Wissen und Weisheit aus dem Dunkel gehoben wurde, die Welt zu bereichern und zu erhellen.“ 

Die Herstellung einzelner Metallbuchstaben, die zu Worten, Sätzen und ganzen Seiten aneinandergefügt werden konnten war revolutionierend. Die Druckletter konnten nach dem Druck wieder in die Setzkästen zurückgelegt und wiederverwendet werden. Auch die Zusammensetzung des Metalls aus Blei, Zinn und Antimon war von großer Wichtigkeit.

Zuvor nutzte man eigens gefertigte stempelähnliche Druckplatten für Vervielfältigungen. Auch die Entwicklung einer Druckpresse geht auf Gutenberg zurück – Vorbild waren die damaligen Weinpressen. Gutenbergs Leistung machte eine fortschrittliche gesellschaftliche Entwicklung erst möglich. Anfangs waren theologische Schriften die Hauptarbeiten und förderten später auch die bürgerliche Bildung. Durch die Verbreitung der Schriften und ihren Weltanschauungen von Martin Luther, Thomas Müntzer, Ulrich von Hutten und anderer Reformatoren waren die Bauernaufstände 1524 bis 1526 erst möglich, Schon 1502 erschienen als „newe zeytung“ die ersten gedruckten Nachrichtenblätter.


Das Geburtsdatum von Johannes Gutenberg ist nicht bekannt. Auch eine zeitgenössische Abbildung als Gemälde oder Zeichnung existiert nicht – erst 116 Jahre nach dem Tod Gutenbergs fertigte der Franzose A. Thévet einen Stich an. Lediglich sein Todesdatum kennt man: 3. Februar 1468 (in einem Vermerk auf der letzten Seite eines Druckes von Peter Schöffer stand „... uff sant Blasius tag starp der ersammenster Henne Genßfleiß ...“ [1]


Abb. 1: erste bildliche Darstellung Gutenbergs – Zeichnung von André Thévet,

in der Reihe „Wahre Porträts“, 1584 veröffentlicht (IEAN GVTTEMBERG, Inventeur dʼImprimerie chapitre 97); alle späteren Porträts Gutenbergs gehen auf die Arbeit von Thévet zurück und sind ebenso erdacht.



Und seit über 350 Jahren nutzt man für die Geldscheinherstellung den Buchdruck – im Englischen „letter press“ genannt; im Russischen steht „Высокая печать“ für die andere Bezeichnung = Hochdruck.


Deutsche Banknoten mit einem Bildnis Gutenbergs findet man nicht, weder aus der Bundesrepublik noch aus der DDR – nur Notgeldscheine aus Gutenbergs Geburtsstadt Mainz würdigen den großen Deutschen: z. B. 10 und 50 Pfennig 1921 oder 5 Milliarden Mark von 1923, die Gutenbergs Wappen, das Gutenberg-Denkmal am Gutenbergplatz oder ein erdachtes Porträt zeigen.


Abb. 2: 10 Pfennig, 1. April 1921, Vs., Notgeldschein der Stadt Mainz, mit dem Aufdruck „Johannes Genßfleisch – genannt Gutenberg“ als Umschrift um das Wappen und dem Text „Wappen des Erfinders der Buchdruckkunst“ links davon.


Abb. 3: 50 Pfennig, 1. April 1921, Rs., Notgeldschein der Stadt Mainz, rechts Gutenberg-Denkmal mit der Inschrift „Johannes Gensfleisch zum Gutenberg, dem Mainzer Patrizier, haben seine Mitbürger aus Beiträgen ganz Europas dieses Denkmal 1837 errichtet.“, das Denkmal wurde von Bertel Thorvaldsen geschaffen.


Abb. 4: 5 Mrd. Mark, 8. Oktober 1923, Vs. Notgeldschein der Stadt Mainz mit einem fiktiven Porträt Gutenbergs und dem angenommenen Jahr seiner Erfindung: 1450.


Auch sind wenige ausländische Banknoten bekannt, die auf das Druckerhandwerk, ihren Erfinder und dessen Unterstützer sowie Geräte und Maschinen hinweisen. Abbildungen einer Gutenberg'schen Spindelpresse für den Buchdruck gibt es nicht; die erste Darstellung gibt es erst seit dem Jahr 1507; Albrecht Dürer zeichnete 1511 eine Handhebelpresse.


Abb. 5: 20 Dollars 18__ (ca. 1850), Vs., sog. Reminder der Commonwealth Bank Philadelphia/PA, mit der Abbildung der ersten Mainzer Drucker „Faust“ (= Geldgeber Johann Fust), „Guttenberg“ (= Erfinder Johannes Gutenberg) und „Schoeffer“ (= Verleger Peter Schöffer).


Abb. 6a/b: 50 Krónur, 29. März 1961 (erst 1981 in Island ausgegeben), Rs., Buchdrucker („Jünger Gutenbergs“ beim Einfärben des Drucksatzes an einer Kniehebelpresse).


Abb. 7a/b: 50 Leva, 1992, bulgarische Banknote mit der Abbildung einer älteren Tiegeldruckmaschine auf der Rückseite.


Interessant sind jedoch die wirtschaftlichen Verhältnisse Gutenbergs. Wie sooft bei Neugründungen fehlte auch Gutenberg das nötige Geld für Erweiterungen seines Unternehmens. Die ersten Druckaufträge für die Herstellung seiner Bibeln verbrauchten seine kompletten Geldmittel: nicht nur die Löhne für etwa 20 Mitarbeiter, auch Materialkosten für Papier und Pergament sowie die Herstellung der Buchstaben und Verbesserung der Druckerpressen überstiegen seine finanziellen Möglichkeiten. Er fand im Mainzer Advokaten Johannes Fust einen solventen Geldgeber.


Ein erstes Darlehen in Höhe von 800 Gulden vergab Fust nach dem Vertrag vom 22. August 1450 mit einem Zins von 6 Prozent; ein zweiter Kredit folgte im Jahr 1452 über ebenfalls 800 Gulden. Da Gutenberg die geforderte Rückzahlung samt Zinsen nicht leisten konnte, verklagte ihn Fust im Herbst 1455 zur Pfändung der Schulden. Nach dem Rechtsstreit musste Gutenberg aufgeben, Fust übernahm die Druckerei im Mainzer „Hof zum Humbrecht“ und holte später seinen Schwiegersohn Peter Schöffer ins Unternehmen. Schöffer wurde nach dem Tod von Fust alleiniger Eigentümer der Druckerei.


Das Druckwesen nahm in den folgenden Jahren europaweit [2] seinen Siegeslauf. Später in Übersee: es entstanden 1539 in Mexiko-Stadt, 1556 im portugiesisch/indischen Goa, 1584 im südamerikanischen Lima, 1591 im japanischen Nagasaki, 1638 in Cambridge/Massachusetts und 1795 im australischen Sydney Buchdruckereien Mainzer Art. Die technische Entwicklung brachte viele Neuerungen und neue Druckverfahren hervor: Alois Senefelder (1771–1834) erfand die Lithografie, die später den Offsetdruck ermöglichte; gleichzeitig entwickelte sich der Tiefdruck. Alle diese Druckverfahren fanden in der Herstellung von Papiergeld ihre Anwendung. Das Verfahren des heute üblichen Stahlstichdrucks nutzte schon 1820 der amerikanische Goldschmied Jacob Perkins erstmals zum Druck von Banknoten.


Abb. 8: 0 Yen o. D. (1963), Rs., als „The Great Japanese Zero Yen Note“ vom avantgardistischen Künstler Genpei (Katsuhiko) Akasegawa mit Druckerpresse, Setzkasten, Winkelhaken und Farbwalze gestaltet – Gutenberg, Fust und Schöffer als Medaillon; trotz der Übergröße von nachempfundenen 1000-Yen-Noten in einer Ausstellung wurde er wegen Banknotenfälschung angeklagt.


9a/b: Werbeschein der VEB Wertpapierdruckerei der DDR (vormals Giesecke & Devrient

in Leipzig) ohne Wertangabe mit einem Porträt von Alois Senefelder auf der Vorderseite und einer modernen Planeta-Druckmaschine auf der Rückseite.


Abb. 10a/b Werbescheine des Volkseigenen Betriebs Deutsche Wertpapierdruckerei Leipzig mit Porträt von Johannes Gutenberg, ohne Datum (vor 1968), ohne Wertangabe,

Druck einseitig (Farbvarianten).


Abb. 11: 1 Pass, (o. D.), Vs. Testnote der Wertpapierdruckerei De La Rue Giori S. A. Lausanne mit dem Porträt Gutenbergs, dem Stich von A. Thévet nachempfunden – außerdem wurde ein Schriftsatz und eines der Buchdruckerzeichen abgebildet – die Rückseite zeigt eine Werkstattszene mit Gutenberg und seinen Druckern (ähnliche Varianten bekannt).



Abb. 12: Ausschnitt Wasserzeichen eines Werbescheins der Louisenthal Papierfarbrik GmbH (LongLife Paper von 2001) mit dem Porträt Gutenbergs im Schaurand.












Abb. 13: Testnote "varifeye" der Louisenthal Papierfarbrik GmbH von 2005 mit dem Porträt Gutenbergs, Vs.; Rs.: Ausschnitt Gutenberg-Denkmal und Einzelletter (Variante mit „Specimen“ bekannt).


Abb. 14: 0 MEMO-EURO von Mainz, 2018 der Firma Euroscope mit der ältesten Darstellung Gutenbergs auf der Vorderseite.


Abb. 15: Martin-Niemöller-Schule, Gymnasium Wiesbaden, Mai 2023: „Zahlreiche Schüler und Schülerinnen der 6. und 7. Klassen haben für den diesjährigen Schülerwettbewerb des Gutenberg-Museums in Mainz fantasievolle Gutenberg-Banknoten entworfen. Nach einer intensiven Beschäftigung mit Banknoten-Designs aus aller Welt wurde gedruckt, geklebt, gezeichnet und gemalt, um jeweils eine ganz individuelle Banknote zu gestalten.“



Abb. 16: Tiegeldruckmaschine mit Handanlage, Ende Juli 1944 wurden hier in der slowenischen Partisanendruckerei „Triglav“ am Goteníški Snežnik 10-Lire-Scheine nach dem Entwurf von Branko Simčič gedruckt [3]


Der Buchdruck hat heute weltweit völlig an Bedeutung verloren; technische Verfahren haben ihn über die Jahrhunderte überholt und nur noch sehr wenige Handwerksbetriebe sind beim Bundesverband Druck und Medien bekannt. Meist handelt es sich bei ihnen um museale Schauwerkstätten.



So verstummten die seit 1740 üblichen Grußworte der Drucker und Schriftsetzer „Gott grüß die Kunst“ seit den 1960er Jahren mehr und mehr.


Abb. 17: Druckergruß am Erker über dem Eingang der ehemaligen Druckerei Josef Matthäus Boegl, Oberer Markt 8, in Neumarkt/Oberpfalz; dort wurde ab 1911 das "Neumarkter Tagblatt" gedruckt.


Johannes Gutenberg gewidmete deutsche und internationale Münzen, Medaillen und Briefmarken gibt es mannigfach und Denkmale stehen außer in Mainz auch in Frankfurt a. M., Eltville und Straßburg.


Michael H. Schöne


Anmerkungen:

[1] Bodo Kühn: „Meister Gutenberg“, Berlin 1966

[3] Peter Kos: „Slovenska partizanska plačilna sredstva“, Ljubljana 1977, S. 25


Abbildungen:

Abb. 2, 6a/b, 7a/b, 9a/b, 10a/b: Archiv für Geld- und Zeitgeschichte

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