Was kann man in Namibia, dem ehemaligen Deutsch-Südwestafrika, an einem freien Samstag im März unternehmen? Natürlich könnte man auf eine der zahlreichen Safaris gehen, um die "Big Five" (Löwe, Leopard, Spitzmaulnashorn, afrikanischen Buschelefanten und afrikanischen Büffel) und darüber hinaus Giraffen, Zebras, Strauße und vieles mehr in einem nahe gelegenen Reservat zu sehen. Oder man könnte einen Tagesausflug von der Hauptstadt Windhuk zum berühmten Swakopmund an der Atlantikküste machen.
Ankunft in Swakopmund.
Mein eintägiges Abenteuer in Swakopmund begann um 5 Uhr morgens in Windhuk, als mich mein Fahrer abholte und wir die ca. 360 km lange Strecke bis zur Küstenstadt fuhren. Wir kamen um 8:30 Uhr bei bedecktem Himmel an. Am frühen Nachmittag klarte das Wetter auf und es wurde ein schöner, sonniger und warmer Tag.
Swakopmund bedeutet auf Deutsch "Mündung des Swakop-Flusses". Die Stadt wurde 1892 von Kapitän Curt von François als Haupthafen von Deutsch-Südwestafrika gegründet und ist die Hauptstadt des Verwaltungsbezirks Erongo. Swakopmund hat ca. 45.000 Einwohner und erstreckt sich über eine Fläche von 196 Quadratkilometer Land. Die Stadt liegt am Rand der Namib-Wüste und ist das viertgrößte Bevölkerungszentrum des dünn besiedelten Landes. Swakopmund ist heute ein Badeort mit vielen wunderschönen Beispielen deutscher Kolonialarchitektur.
Swakopmund: Altes Amtsgericht, erbaut 1906.
Swakopmund: Hohenzollern-Gebäude, erbaut 1906.
Swakopmund: Altes Hansa-Hotel, erbaut 1905.
Swakopmund: Fachwerk Biergarten, erbaut 1899 und Adler-Apotheke in der ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Straße.
Gebäude der Swakopmunder Buchhandlung, erbaut 1911.
Swakopmund: Altstadthof.
Wenn man durch die Stadt läuft, sieht man überall deutsche Namen und Architektur.
Die Hauptstraße in Nord-Süd-Richtung, die am Meer entlangführt, heißt passenderweise "Strandstraße". Andere Straßen, denen man bei einem Spaziergang durch die Stadt begegnet, heißen z. B. Berg-, Bismarck-, Hafen-, Ludwig Koch- und Werft-Straße.
Die deutsche Kolonialarchitektur ist in der Stadt wunderschön erhalten geblieben.
Zu den Höhepunkten gehören das Alte Amtsgericht, das Hohenzollernhaus (1906 erbaut, ursprünglich ein Hotel), die Deutsche Evangelische Kirche (1912 eingeweiht), das Woermann-Haus und die bei Geldscheinsammlern bekannte Swakopmunder Buchhandlung (1911 gegründet).
Bevor ich fortfahre, werfen wir einen kurzen Blick auf die Geschichte von Deutsch-Südwestafrika:
1881 gründete der deutsche Kaufmann Adolf Lüderitz aus Bremen eine Fabrik in Lagos in Britisch-Westafrika, die jedoch nicht erfolgreich war. Er und sein Bremer Kaufmannskollege Heinrich Vogelsang wollten dennoch in Afrika Fuß fassen und beschlossen, eine deutsche Kolonie in Südwestafrika zu gründen, das damals noch von keiner Kolonialmacht beansprucht wurde. Sie wollten den deutschen Siedlern, die zu dieser Zeit in Scharen ihr Mutterland in Richtung Nordamerika verließen, wo sie nicht mehr unter deutschem Einfluss standen, eine Alternative bieten. Am 16. November 1882 beantragte Lüderitz bei Reichskanzler Bismarck Schutz für eine Station, die er in Südwestafrika errichten wollte. Nachdem ihm dieser gewährt worden war, kaufte sein Mitarbeiter Heinrich Vogelsang von einem Eingeborenenhäuptling Land und gründete in Angra Pequena eine Siedlung, die in Lüderitz umbenannt wurde.
Am 24. April 1884 stellte er das Gebiet unter den Schutz des deutschen Kaiserreichs, um ein mögliches Vordringen anderer europäischer Mächte zu verhindern. Die deutsche Flagge wurde schließlich am 7. August 1884 in Südwestafrika gehisst. Die deutschen Ansprüche auf das Land wurden auf der Berliner Konferenz bestätigt.
Deutsch-Südwestafrika war von 1884 bis 1919 offiziell eine Kolonie des Deutschen Reiches, jedoch von 1915 bis 1919 besetzt. Am 9. Juli 1915 kapitulierte die kleine deutsche Schutztruppe vor den Union Defence Forces (Briten und Südafrikaner) unter dem Kommando des Premierministers der Südafrikanischen Union, General Louis Botha. Entsprechend dem Versailler Vertrag von 1919 musste Deutschland alle seine Kolonien abtreten. Mit einer Gesamtfläche von 835.100 km² war es anderthalb Mal so groß wie das damalige Deutsche Reich auf dem europäischen Festland. In der Kolonie lebten 1913 etwa 200.000 Einwohner, davon rund 12.500 Deutsche. Nach dem Krieg wurde die Verwaltung von der Südafrikanischen Union (Teil des britischen Empire) als Völkerbundmandat übernommen.
Am 21. März 1990 wurde das Land als Namibia unabhängig.
Werfen wir auch noch einen Blick auf die Währungsgeschichte von Deutsch-Südwestafrika:
Von 1884 bis 1901 war die Hauptwährung von Deutsch-Südwestafrika das britische Pfund Sterling. Im Jahr 1885 wurde die deutsche Mark in Umlauf gebracht. 1893 wurde ein offizieller Kurs festgelegt (1 Pfund zu 20 Mark) und die Mark wurde als offizielle Währung eingeführt.
Die Mark des Deutschen Reichs war bis 1914 im Umlauf. Wenige Tage nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde eine eigene deutsch-südwestafrikanische Papiergeld-Emission von Kassenscheinen mit der Währungsbezeichnung "Mark" genehmigt und in den Stückelungen 5, 10, 20, 50 und 100 Mark ausgegeben (allgemein bekannt als "Seitznoten", benannt nach Theodor Seitz, der 1910 Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika geworden war). Als die Besetzung Südafrikas 1915 begann, wurde die Mark offiziell durch das Britische Pfund ersetzt.
Die besetzte Kolonie war auf einen so plötzlichen Währungswechsel nicht vorbereitet und die Münzen waren knapp. Viele Unternehmen und Betriebe begannen, ihre eigenen Kleingeldscheine im Wert von 10 Pfennig bis 3 Mark auszugeben. Die vielen Ausgaben sorgten für Verwirrung. Die Handelskammer in Windhuk beauftragte daher die Swakopmunder Buchhandlung mit der Ausgabe einer Reihe von Gutscheinen, die ab dem
25. April 1916 in der gesamten Kolonie in Umlauf gebracht wurden. Sie zirkulierten bis Januar 1918, als die Briten sie verbieten ließen. Diese kleinen Scheine wurden in den Stückelungen 10, 25 und 50 Pfennig sowie 1, 2 und 3 Mark ausgegeben. Da sie unter südafrikanischer (britischer) Verwaltung ausgegeben wurden, werden diese Gutscheine von vielen sowohl als deutsch-südwestafrikanische als auch als britische Empire/Commonwealth-Ausgaben betrachtet. Siehe dazu Hans-Ludwig Grabowski: "Die deutschen Banknoten ab 1871" (Spezialkatalog), 22. Auflage (2021), Seiten 508-519 für detaillierte Informationen über alle diesen Ausgaben.
Impressionen aus dem Swakopmunder Museum.
Kissenbezug mit gestickter Abbildung einer sog. Seitznote zu 100 Mark von 1914.
Diese Arbeit wurde im Freundeskreis der Gouverneursgattin Ada Seitz um 1915 angefertigt.
Der Höhepunkt meines Besuchs in Swakopmund war der Besuch der Geldausstellung im Museum: https://www.museums.com.na/museums/coast/swakopmund-museum.
Das Swakopmunder Museum, das größte private Museum in Namibia, wurde 1951 von dem Zahnarzt Dr. Alfons Weber gegründet. Es zeigt Exponate aus den Bereichen Zoologie, Geologie, Archäologie und Technik sowie aktuelle und historische Exponate über die namibische Kultur und sein Volk. Zwei Glasvitrinen illustrieren die Geldgeschichte Namibias mit Scheinen und Münzen aus dem Deutschen Reich, Deutsch-Südwestafrika, Südwestafrika und Namibia, wobei der Schwerpunkt bei den Gutscheinen der Swakopmunder Buchhandlung liegt.
Die Seitznoten, Gutscheine der Swakopmunder Buchhandlung und die älteren südwestafrikanischen und südafrikanischen Banknoten sind als Fotokopien gezeigt.
Die Original-Banknoten befinden sich nicht in den Vitrinen. Dies geschah, um sie nicht nur vor Licht, sondern auch vor Diebstahl zu schützen. Im Jahr 2009 wurde ein äußerst seltener, einzigartiger und nicht ausgegebener 10-Mark-Schein der Swakopmunder Buchhandlung angeblich aus dem Museum gestohlen und befindet sich nun in der Privatsammlung eines prominenten Kolonial-Sammlers in Deutschland. Nach Angaben des Sammlers hat er die Note rechtmäßig von den Erben des ehemaligen Besitzers erworben. Nach Angaben des Museums wurde ein Museumsangestellter durch einen deutschen Besucher/Händler bestochen, den Schein aus der Sammlung zu stehlen. Dieser verkaufte ihn dann an den jetzigen Besitzer weiter. Selbstverständlich kann nach deutschem Recht kein Eigentum an Diebesgut erworben werden. Seit 2009 bemüht sich das Museum aktiv um die Rückgabe des Muster-Scheins.
Eine Fotokopie davon ist ausgestellt und auf einem Etikett sind die Geschichte des Diebstahls und die Namen zweier Personen in Klartext aufgeführt: der Person, die an dem Diebstahl bzw. dem unrechtmäßigen Verkauf/Erwerb beteiligt war, sowie die des Sammlers, der die Notausgabe jetzt besitzt und deren Rückgabe bis heute verweigert.
Es bleibt zu hoffen, dass dieser seltene Schein eines Tages seinen Weg zurück nach Swakopmund findet, wo er hingehört.
Mein Tagesbesuch endete mit einem köstlichen Mittagessen im Village Café, das sich gegenüber der Swakopmunder Buchhandung befindet, einem Besuch der Kristallgallerie, einem Spaziergang auf der Mole und einem durch die Dünen in der Namib-Wüste südlich der Stadt. Diese Dünen sind die höchsten der Welt und ragen stellenweise mehr als 300 Meter über den Wüstenboden hinaus.
Wenn Sie einen Besuch in Namibia planen, sollten Sie Swakopmund unbedingt auf die Liste der zu besuchenden Orte setzen!
Donald Ludwig
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