Fortsetzungsreihe, Teil 33
Die Herstellungstechniken falscher Banknoten, Teil 5
Hochdruck
Kommen wir zu den Hochdruckverfahren. Da wäre zunächst als klassischer Vertreter der Buchdruck. Er geht zurück auf das bereits von den Sumerern und Phöniziern benutzte sowie im 6. Jahrhundert von den Chinesen verfeinerte Abdrucken von aus Ton geformten oder in Holz geschnitzten Stempeln oder Tafeln. Als Erfinder des Buchdrucks mit beweglichen, damals aus Blei gegossenen Lettern gilt Johannes Gutenberg (eigentlich, nach seiner Mutter: Henne Gensfleisch vom Sorgenloch). Der Name dieses Druckverfahrens rührt daher, dass die Hauptaufgabe des Buchdrucks fast 500 Jahre lang die Herstellung von Büchern war.
Es ist ebenfalls ein direktes Druckverfahren. Heute verwendet man zur Herstellung der erhabenen, druckenden Teile meist eine polymerbeschichtete Kunststoffplatte, auf die man das Fotonegativ mittels UV-Licht aufbringt, die Teile, die später drucken sollen, härtet und die nichtdruckenden Teile auswäscht oder ausätzt. Als Druckmaschine dienten früher einfache hand- oder fußkraftbetriebene Geräte, sog. Boston-Tiegel, während in den 1950er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die motorbetriebenen Buchdruckmaschinen aufkamen.
In Deutschland waren zum Beispiel die sogenannten Heidelberg-Tiegel der Firma Heidelberger Druckmaschinen AG sehr bekannt, von denen heute noch Exemplare in Gebrauch sind. Wie auch beim Offsetdruck mit einfachen Geräten müssen Fälscher, die eine Banknote originalgetreu kopieren wollen, einzelne Farbauszüge herstellen, also die Motive mit den Einzelfarben der Note ausfiltern, davon jeweils einen Druckstock herstellen und den zu bedruckenden Papierbogen mehrmals möglichst passgenau durch die Druckmaschine laufen lassen. Beim Buchdruck zeichnen sich besonders die die Zeichnung abschließenden Ränder deutlich ab, das heißt sie sehen oftmals „gequetscht“ aus. An kräftigen Zeichnungsteilen wirkt der Farbverlauf oft unruhig. Heute bei Fälschern kaum noch gebräuchlich, war bis weit in die 1950er Jahre hinein der Buchdruck ein häufiges Fälschungsverfahren, in den Fahndungsblättern der Notenbank oft auch mit „photomechanische Reproduktion“ beschrieben. Hier waren manuelle Korrekturen am Fotonegativ oder der schon fertig ausgewaschenen Druckplatte nicht selten und spiegelten sich dann im Druckergebnis wider.
Bei echten Banknoten fluoreszieren unterschiedliche Bereiche bzw. Motive der Vorder-
und Rückseite. Diese Uneinheitlichkeit der Fluoreszenzmerkmale bei den sieben Euro-Stückelungen wurde bei der Einführung 2002 verschiedentlich kritisiert, hat aber auch Vorteile, da sie Fälschern größere Probleme bei der Nachahmung bereiten.
Ein Beispiel: Im Herbst 1950 stellte der 51-jährige Buchdrucker August F., bereits seit 1945 wegen der Fälschung von Lebensmittelmarken einschlägig bekannt, mittels eines Boston-Tiegels 2-DM-Scheine her. Die Druckstöcke bezog F. von einer Klischeeanstalt, wobei er zur Tarnung den Entwurf der Buchdruckplatten mit einer Randverzierung und einer Überschrift in Auftrag gab, sodass diese wie ein 2-DM-Gutschein aus einer Werbeanzeige erscheinen mussten. Der Inhaber der Klischeeanstalt schöpfte daher keinen Verdacht und lieferte die bestellten Platten an F. aus. Nachdem dieser die Verzierungen entfernt hatte, stellte er mehrere Serien 2-DM-Fälschungen her, wovon jedoch erst die dritte brauchbar ausgefallen war. Auf Wochenmärkten und in Lebensmittel- oder Tabakwarengeschäften gab er die insgesamt nur mäßig gelungenen Falsifikate aus, um echtes Wechselgeld zu erhalten.
Der Fälscher begründete nach seiner Verhaftung seine illegale Tätigkeit damit, dass ihm die Möglichkeit der Beteiligung an einer Druckerei angeboten worden war, um wieder wie vor dem Krieg eine selbständige Tätigkeit ausüben zu können, er aber das hierzu notwendige Kapital nicht aufzubringen in der Lage war. Das Geld für die Anschaffung des gebrauchten Boston-Tiegels sowie der Buchdruckplatten, insgesamt 100 DM, hatte ihm ein Bekannter geliehen. Dieser hatte ihm auch eine Ecke in einer Lagerhalle zur Verfügung gestellt, wo F. seine Druckmaschine betrieb, ohne dass der meist auf Geschäftsreise befindliche Freund wusste, was in seinem Lagerschuppen vor sich ging.
Falschgeld im Wert von 1,5 Millionen Mark stellte das Bayerische LKA im Januar 1994 auf einem Dachboden in Kempten sicher. Die 100-, 500- und 1000-DM-Banknoten waren auf einem Farbkopierer hergestellt worden. Stolz präsentiert Kriminalhauptkommissar Eduard Liedgens den außergewöhnlichen Fang, der auch gefälschte Euroscheckvordrucke enthielt. Foto: Süddt. Verlag
Eine verfeinerte Art des Buchdrucks ist der indirekte Hochdruck, der – wie beim Offsetdruck – das Druckbild zunächst auf einen mit einem Gummituch bespannten Druckzylinder überträgt und erst von dort auf das Papier. Aufgrund der Elastizität des Gummituches kann der Anpressdruck gegenüber dem klassischen Buchdruck deutlich zurückgenommen werden, so dass sich ein insgesamt mit klareren Konturen versehenes, saubereres Druckbild ohne Quetschränder ergibt. Diese Variante wird Letterset genannt und häufig auch beim Briefmarkendruck angewendet. Er fand im Übrigen für die Untergrundmuster der letzten Serie der DM-Bundesbanknoten ebenso Verwendung wie er heute für den Untergrund der Euro-Noten genutzt wird. Auch hier wird der vergrößerte Entwurf des Graphikers sowie die maschinell auf speziellen Maschinen nach komplizierten mathematischen Regeln erzeugten Guillochen mittels einer Reproduktionskamera in ein Negativ in tatsächlicher Größe umgesetzt und erforderlichenfalls nochmals manuell überarbeitet. Danach werden in einer Kopiermaschine so viele Kopien, wie der spätere Druckbogen enthalten soll, erstellt und zusammengesetzt. Dieses Gesamt-Diapositiv wird in ein für die Herstellung der Druckplatte benötigtes Negativ umgesetzt. Das Negativ wird über der späteren Druckplatte, die aus einem lichtempfindlichen Kunststoff auf einer Metallträgerschicht besteht, angebracht und mit UV-Strahlen behandelt. Die Platte härtet so nur an den Stellen aus, an denen das Negativ lichtdurchlässig ist, also an den Stellen, die später drucken sollen. Der ungehärtete Teil wird ausgewaschen, so dass nur die gehärteten Teile erhalten bleiben. Dieses Klischee mit den erhabenen Teilen stellt die eigentliche Druckplatte dar.
Fortsetzung folgt …
Karlheinz Walz: Fälscher & Falschgeld,
280 Seiten, Hardcover, ISBN: 978-3-86646-084-3.
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