Fortsetzungsreihe, Teil 36
Die Herstellungstechniken falscher Banknoten, Teil 8
Fotografie
Womit wir bei den Fotografien wären, die hauptsächlich nur bis in die 1950er Jahre vorkamen. Das dicke Fotopapier, mit dem der Fälscher sofort aufgefallen wäre, wurde gespalten oder abgeschmirgelt, um dünneres Papier zu erhalten. Es ergaben sich aber meist nur schlechte Reproduktionen. Ein typischer Fall von Fotografiefälschung aus der Zeit nach dem Krieg und der Währungsreform ereignete sich Anfang 1951 bei Stuttgart. In dem Städtchen K. nahe der Metropole sowie in Stuttgart selbst tauchten zu diesem Zeitpunkt gefälschte 5-DM-Scheine der ein Jahr zuvor neu ausgegebenen Serie BdL II mit dem Bild der Entführung der „Europa“ auf dem Stier auf. Aus dem von der Bank deutscher Länder erstellten Gutachten ging hervor, dass es sich bei den Falsifikaten um einen neuen Fälschungstyp handelte, der auf fotografischem Weg hergestellt und mit gewöhnlichen Wasserfarben koloriert worden war. Die Notennummern hatte der Täter mit einem Gummistempel aufgebracht, den jedes Bürofachgeschäft verkaufte. Mittlerweile waren über 20 Stück dieser Fälschung angehalten worden, die meisten davon in K., vier in Stuttgart und weitere drei in entfernteren Orten, die im regulären Zahlungsverkehr unerkannt dorthin gekommen waren, also sogenannte verschleppte Exemplare. Die Ermittler der Landespolizei (später: Landeskriminalamt) gingen daher davon aus, dass in oder in der Nähe von K. der Hersteller zu suchen war, vermutlich ein Berufs- oder ein versierter Hobbyfotograf. Die Überprüfung ergab jedoch, dass keine einschlägig Vorbestraften dort ihren Wohnsitz hatten. Die Geschäftsleute wurden nun mittels Handzettel vor den falschen Fünfern gewarnt, und der Inhaberin eines Lebensmittelgeschäftes gelang es daraufhin, eine Falschnote zu erkennen. Der Verausgeber, der Käufer einer Tafel Schokolade, hatte jedoch bereits das Geschäft verlassen und war außer Sichtweite. Die Geschäftsfrau konnte der Polizei aber eine recht gute Personenbeschreibung liefern. Demnach handelte es sich um einen älteren Mann mit weißem Spitzbart, was dazu führte, dass sich in der Folgezeit manch älterer Herr mit Spitzbart eine Personenkontrolle gefallen lassen musste. Aufgrund einer weiteren Verausgabung eines falschen Fünfers gelang es schließlich nach einigen Wochen, den Gesuchten in einem Dorf in der Nähe von K. aufzuspüren und festzunehmen. Es handelte sich um einen 70-jährigen Flüchtling aus Schlesien, der sich bislang nichts hatte zu Schulden kommen lassen. Die pure Not hatte ihn getrieben. Er lebte, wie so viele heimatvertriebene Menschen in diesen Tagen, in äußerst bescheidenen Verhältnissen. Zur Tatzeit bezog er eine monatliche Invalidenrente von 71 DM sowie 29 DM Soforthilfe. Das von ihm als Berufsfotograf immer noch betriebene kleine Fotogeschäft, das vor der Währungsreform leidlich gut gegangen war, warf im Monat gerade einmal 3 DM Gewinn ab – zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Der Beschuldigte hauste zusammen mit seiner Frau in einer armseligen Dachkammer und konnte sich nach eigener Aussage von dem ihm zur Verfügung stehenden Einkommen meist noch nicht einmal eine Tafel Schokolade leisten, die er doch so gerne essen würde. In der genannten Dachkammer hatte er sich eine primitive Werkstatt eingerichtet, wobei er eigentlich erst durch einen entsprechenden Zeitungsartikel auf die Idee gekommen war Falschgeld herzustellen, um seine finanzielle Situation etwas zu verbessern.
Die Fluoreszenzeigenschaften der ehemaligen 100-DM-Note der Ausgabe BBk III im Vergleich echt/falsch. Das Papier des echten Scheins (ganz oben) bleibt dunkelviolett („UV-dunkel“), während dasjenige der Fälschung durch die im Papier enthaltenen Aufheller hellblau leuchtet.
Das durch Aufdruck vorgetäuschte „Wasserzeichen“ ist deutlich zu erkennen. Die qualitativ deutlich bessere Druckfälschung der Klasse DF 34 (ganz unten) weist sowohl eine Reaktion des Papiers als auch eine Fluoreszenz auf, die nahezu der echten Banknote entspricht.
Die Herstellung an sich war recht primitiv: Er verwendete eine alte 13 x 18 Kamera, die es ihm ermöglichte, die Negative in natürlicher Größe des Banknotendruckbildes zu fertigen. Für die Notenrückseite benutzte er Pigmentpapier, das er selbst herstellte. Die Verwendung von Pigmentpapier, schon zur damaligen Zeit nicht mehr gebräuchlich, hatte auch die Bank deutscher Länder bei ihren Untersuchungen der falschen Scheine erkannt. Daraus folgte eine Anfrage der Kriminalpolizei bei der Firma Hanfstängl in München, die das Monopol für Pigmentpapier besaß, ob in letzter Zeit ein Käufer aufgefallen wäre, was aber mit dem Hinweis verneint wurde, dass Pigmentpapier kaum noch verlangt würde, da dieses Kopierverfahren nur noch alten Fachfotografen geläufig sei und auch von diesen nur noch selten angewendet werden würde. Der Fälscher mischte also einen Teil Plakatschwarz, einen Teil Gelatine und zwei Teile Wasser. Diese Mischung brachte er, leicht angewärmt, auf gewöhnliches Papier auf, das er in nassem Zustand auf eine Glasplatte aufgezogen hatte. Nach dem gleichmäßigen Verteilen und Trocknen der Masse behandelte er diese Schicht mit einer 4%igen Kalium-Bichromat-Lösung, um sie lichtempfindlich zu machen.
Eine Handzeichnung der 100-DM-Banknote, Ausgabe II der Bank deutscher Länder. Neben der teils unterschiedlichen Farbgebung fällt der veränderte Gesichtsausdruck des Muffel-Porträts auf.
Auf das so hergestellte Pigmentpapier kopierte der Fälscher nun die Rückseite des 5-DM-Scheines auf, legte es nach dem Belichten in Wasser und dann auf den vorher ebenfalls eingeweichten Abzug der Notenvorderseite. Beide Teile wurden dann aus dem Wasser genommen und auf einer flachen Unterlage vorsichtig aufeinandergepresst. Nachdem die beiden Teile etwas angetrocknet waren, wurden sie so lange in lauwarmes Wasser gelegt, bis sich das Pigmentpapier löste. Schließlich wurde der Abzug in klarem Wasser gewässert, bis die Zeichnung sauber erschien und anschließend getrocknet. Das Wasserzeichen hatte er als Negativ unter Durchbelichtung eines echten 5-DM-Scheins auf dünnem Brom-Silberpapier hergestellt. Dieses Negativ kopierte er auf ebenfalls selbst gefertigtes weißes Pigmentpapier und übertrug es im gleichen Verfahren wie oben geschildert auf die Fälschung. Dies ergab zwar keine besonders deutliche Nachahmung des Wasserzeichens, aber es reichte aus, um wenigstens ansatzweise ein solches vorzutäuschen. Nach diesen Arbeitsgängen kolorierte er seine Werke mit ganz normalen Anilinfarben und stempelte anschließend die Notennummern auf. Da jedoch die Stempelfarbe nicht genügend deckte, zog er die Buchstaben und Zahlen mit roter Tusche nach. Den bei echten Noten dieser in England hergestellten Serie vorhandenen metallähnlichen Sicherheitsfaden stellte der Fotograf durch einen feinen Strich mit einer Ziehfeder nach, wozu er Deckweiß verwendete. Der Absatz dieser eigentlich recht primitiven Fälschungen klappte nach Aussage des Täters meist reibungslos. Lediglich beim Einkauf in einem Kolonialwarengeschäft eines kleineren Dorfes sei die Ladeninhaberin misstrauisch geworden und habe gesagt, „der Schein sehe so komisch aus, den nehme sie nicht“. Daraufhin habe er seinen Einkauf mit echtem Geld bezahlt. Der Richter berücksichtigte die Situation und die wirtschaftliche Notlage des Mannes und verhängte die für ein Münzverbrechen relativ niedrige Strafe von nur fünf Monaten Gefängnis.
Fortsetzung folgt …
Karlheinz Walz: Fälscher & Falschgeld,
280 Seiten, Hardcover, ISBN: 978-3-86646-084-3.
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