Fortsetzungsreihe, Teil 20
Ab 1976 war dann ein dauerhaft deutlicher Anstieg der anfallenden Fälschungen zu verzeichnen. Sehr dazu beigetragen hatten hier die als Fälschungsklassen C2, C5 und D7 in die Kriminalgeschichte eingegangenen, legendären italienischen Nachahmungen der 100-DM-Note. Die D7-Fälschung wurde ab 1983 verbreitet, Interpol hatte sie mit dem Indikativ 11A215 klassifiziert. Mittlerweile trat auch ein Wandel in Bezug auf die Hersteller falscher Banknoten ein. Die deutschen Ermittlungsbehörden verzeichneten nun einen erheblichen Rückgang der Einzeltäter, die Herstellung und der Vertrieb von falschem Geld war mehr und mehr zur Domäne der Banden aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität, hauptsächlich aus dem Ausland, geworden. Die überwiegende Mehrzahl der auftauchenden falschen DM-Banknoten, vorwiegend Hunderter, kam nun – wie oben bereits erwähnt – aus Italien. Dort wurde 1977 in Bologna die Werkstätte ausgehoben, in der die ebenfalls genannten C2- und C5-Hunderter hergestellt worden waren. Falschgeld im Gesamtwert von sage und schreibe 28 Millionen DM wurde dabei beschlagnahmt, jedoch nur die Druckunterlagen der C 5-Fälschung sichergestellt. Die Offsetplatten für die „Vorgängerserie“ C2 hatte man bereits vernichtet. Die Bosse dieser Bande saßen in Genua und Mailand, die Verteilung übernahmen insbesondere Gastarbeiter, die in die Bundesrepublik und andere europäische Länder einreisten. Experten schätzten, dass von diesen beiden Fälschungsklassen für jeweils 100 Millionen DM Nachahmungen hergestellt worden waren, von denen nur ca. 34 Millionen DM sichergestellt werden konnten. Von der nur mäßig gut gelungenen, in insgesamt drei Varianten existierenden D7-Fälschung wurden noch bis Mitte der 1990er Jahre im In- und Ausland innerhalb und außerhalb des Zahlungsverkehrs Fälschungen im Wert von 14,8 Millionen DM beschlagnahmt. Bereits im Oktober 1987 war die Druckerei dieser Fälschungsklasse in Mailand ausgehoben worden.
Das Merkblatt der Deutschen Bundesbank beschreibt die ab 1976 aufgetauchte italienische Fälschung der 100-DM-Note mit der Klasse C5.
Als gegen Ende der 1980er Jahre die ersten leistungsfähigen und einfach zu bedienenden Farbkopiergeräte auf den Markt kamen (damals berühmt: der Canon Laser Copier CLC 200), verschärfte sich die Situation nochmals. Nicht nur die organisierten Banden konnten sich nunmehr eines recht einfachen Herstellungs-verfahrens bedienen, auch mancher Hobbybastler sah sich nun in die Lage versetzt, ohne große Mühe „Do-it-yourself-Noten“ von täuschungsfähiger Qualität zu produzieren, da er keinerlei technische Vorkenntnisse besitzen musste. Viele bis dahin unbescholtene Bürger wurden plötzlich zu Tätern, sei es aus einer finanziellen Notlage heraus, sei es aus Neugier oder weil sie dem Reiz der technischen Machbarkeit erlegen waren. Die in den Copyshops meist unbeaufsichtigt zu bedienenden Geräte verlockten nachgerade dazu, Banknoten zu kopieren. 1988 wurden erstmals Farbkopiefälschungen angehalten, insgesamt 1823 Stück. Bereits 1989 war der Anfall dann sprunghaft auf 11.804 Stück angestiegen! Erst mit der Zeit wurden die Hersteller der Farbkopierer, die Druckereibesitzer und Copyshop-Inhaber dafür sensibilisiert, die Benutzung der Geräte einer gewissen Kontrolle zu unterziehen. Dass ab etwa 1995 die Kopierfälschungen von DM-Noten zugunsten von Druckfälschungen wieder erheblich zurückgegangen waren, lag an zwei Dingen: erstens an den mit speziellen Schutzmerkmalen gegen das Kopieren ausgestatteten damaligen neuen Bundesbanknoten der Serie BBk III bzw. IIIA, die sich zwischenzeitlich im Zahlungsverkehr durchgesetzt hatten. Zweitens waren nun die Kopiergeräte der neueren Generation mit speziellen Schutzvorrichtungen ausgestattet worden, die beim Kopieren von Wertdrucken griffen. Die seinerzeitigen neuen DM-Scheine als auch unsere heutigen Euro-Noten und viele Fremdwährungen weisen als Kopierschutz den sogenannten Omron-Code auf. Hinter diesen auf Vorder- und Rückseite der Geldscheine in scheinbar willkürlicher Anordnung aufgedruckten kleinen Kreisen verbirgt sich ein Code, die den Kopiervorgang der damit programmierten Geräte stoppt bzw. diese eine geschwärzte Kopie ausgeben lässt. Wohl ist auch diese Sicherung durch Experten zu überlisten, doch der „Mann von der Straße“ konnte und kann damit auf die Schnelle keine Blüten mehr produzieren. Während die Zahl der angehaltenen Fälschungen in den 1980er Jahren zwar zunahm, jedoch in Bezug auf die Gesamtmenge des umlaufenden Bargeldes noch nicht als besorgniserregend einzustufen war, schnellte sie ab etwa 1991/92 nochmals gewaltig in die Höhe. Grund dafür war hauptsächlich der Fall des „Eisernen Vorhangs“, denn nun drängten auch die osteuropäischen Banden auf den Falschgeld-Markt, vornehmlich aus Polen und einigen damaligen GUS-Staaten. Auch in Ungarn und Bosnien saßen zu dieser Zeit Fälschergruppen, die 100-DM-Falsifikate in großen Mengen und recht guter Qualität produzierten. Unrecht hatten allerdings die überaus kritischen Stimmen, die die Bundesbank ob ihrer Aussage hinsichtlich der unfälschbaren Sicherheitsmerkmale der ab 1990 ausgegebenen neuen Notenreihe BBk III ebenso scharf wie unsachlich angegriffen hatten. Natürlich konnten diese neuen Banknoten immer noch gefälscht werden und wurden es auch, waren nun jedoch viel, viel leichter als Nachahmungen zu erkennen. Da es – wie heute noch – auch schon damals vielen Fälschern nur darauf ankam, sogenannte Eindrucksfälschungen unter die Leute zu bringen, Scheine also, die bei flüchtigem Hinsehen den Eindruck echten Geldes erwecken und damit keine nähere Prüfung provozieren, war und ist ein gewisses Mindestmaß bei der Annahme von Banknoten immer erforderlich. In der Bevölkerung aber war nach Ausgabe der neuen DM-Scheine fälschlich der Eindruck entstanden, die neuen Noten würden, da zu schwierig, überhaupt nicht mehr gefälscht werden (können) und man brauche deshalb auch keine besondere Aufmerksamkeit mehr bei ihrer Annahme walten zu lassen. Einer der bekanntesten und erfolgreichsten deutschen Falschgeldfahnder, Eduard Liedgens vom Bayerischen Landeskriminalamt (er befindet sich zwischenzeitlich im wohlverdienten Ruhestand), hat dies seinerzeit sehr treffend formuliert:
„Die Leute nehmen arglos fast alles entgegen, was irgendwie nach Geldschein aussieht – von der Schwarz/Weiß-Kopie bis zur High-Tech-Blüte.“
Das vermehrte Auftauchen von Falschgeld just zum Zeitpunkt der Ausgabe der neuen DM-Serie und danach war aber keinesfalls in Zusammenhang zu bringen, diejenigen, die diese Meinung bis heute vehement verteidigen, lagen und liegen damit gewaltig daneben.
Fortsetzung folgt …
Karlheinz Walz: Fälscher & Falschgeld, 280 Seiten, Hardcover, ISBN: 978-3-86646-084-3.
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