Fortsetzungsreihe, Teil 1
Einführung
Geldfälscher..... Schon das Wort als solches hat für viele immer noch etwas Aufregendes, Prickelndes, den Reiz des Ungewöhnlichen. Es verheißt atemlose Spannung, Dramatik, Gefahr und Abenteuer, Auseinandersetzung mit der Polizei und perfekte Beherrschung der Technik. Keine Krimireihe im Fernsehen der vergangenen Jahrzehnte kam ohne eine Folge aus, in der die Thematik der Geldfälschung nicht Gegenstand der Handlung war. Allerdings hatten die Drehbuchautoren dabei meist kein gängiges Klischee ausgelassen. Wir werden in den folgenden Kapiteln einige Fälscher der alten Schule kennen lernen, ihren Lebensweg ebenso nachzeichnen wie ihre Fälschungsmethoden, die manchmal schon fast Fälschungskünste waren. Aber auch den meist „unromantischen“ Fälschern aus der Organisierten Kriminalität unserer Tage und ihren Produkten werden wir begegnen.
Ein Falschgeldexperte hat einmal gesagt:
„Zweifellos ist die prähistorische Erfindung des Geldes älter als die Erfindung des Falschgeldes, aber wahrscheinlich ist sie es nur um wenige Minuten.“
Das falsche Geld ist dem echten derart schnell gefolgt, dass das Wettrennen zwischen beiden bis heute nicht beendet ist. Die Fälscher sind bis heute, gleichauf mit den Dieben und Betrügern, der zahlreichste und unausrottbarste Verbrechertypus. Häufig im Lauf der Geschichte sind es aber nicht nur die kleinen und großen Gauner gewesen, die falsches oder verfälschtes Geld unter die Leute gebracht haben, sondern die Herrscher oder Münzherren selbst. Denken wir dabei beispielsweise an den Tyrann Polykrates, der von seinen Sklaven im 6. Jahrhundert v. Chr. auf Samos Geld aus Blei herstellen ließ, das mit einem hauchdünnen Überzug aus Gold versehen war. Angeblich hat er damit sogar seine Insel von den sie belagernden Doriern freikaufen können. Die Feinde zogen mit der vermeintlich reichen Kriegsbeute triumphierend von dannen.
Im Jahre 1470 ließ Graf Galeazzo Sforza von Mailand venezianisches Geld fälschen, um den Ruf der Lagunenstadt zu schädigen. Oder denken wir an eines der dunkelsten Kapitel der Geldgeschichte, nämlich an die Zeit der Kipper und Wipper im Deutschland des 17. Jahrhunderts, die ihren Namen vom Kippen = Abschneiden und vom Wippen = Schnellen, Wiegen erhielten. Die Münzhoheit war, entsprechend der politischen Zersplitterung, in den Händen zahlloser Münzherren und –pächter. Um hohe Gewinne einzuheimsen, beschnitten und befeilten sie hochwertige silberne Reichstaler oder schmolzen sie zu immer geringhaltigeren Münzen um, was eine stetig steigende Flut dieses minderwertigen Geldes mit allen inflatorischen Erscheinungen hervorrief. Um diese zum Schluss fast wertlosen Geldmassen zu beseitigen, wurde das Kippergeld nach dem tatsächlichen Silbergehalt bewertet und 100 Taler schlechtes Kippergeld für 13,3 neue, gute Taler eingezogen. Der Bürger war durch diese Art der Geld(ver)fälschung um 86,7 % seines Vermögens betrogen, ehrliche Leute arm und Gauner reich geworden. Heutzutage greifen manche Staaten zu ganz ähnlichen Mitteln, um an das ersparte Geld ihrer Bürger zu kommen und gleichzeitig die immensen Staatsschulden loszuwerden.
Selbst der Erfinder des Mikroskops, mit dessen Hilfe man heute falsches Geld untersucht, der holländische Brillenmacher Zacharias Janssen, saß im 16. Jahrhundert wegen Geldfälscherei im Kerker, wenn man zeitgenössischen Berichten glauben darf.
Continental Bill zu 20 „Spanish milled Dollars“ aus dem Jahr 1775. Die zur Finanzierung des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges ausgegebenen Scheine wurden unter tatkräftiger Mithilfe der Engländer massenhaft gefälscht. (Abbildung mit freundlicher Genehmigung des Verlags Österreich der Print Media Austria AG, Wien).
Das Paradebeispiel der Geldfälschung aus politischen Gründen lieferten 1776 die USA, als sie während des Unabhängigkeitskrieges englisches Geld fälschten, um so die Währung des Inselreiches zu erschüttern und weitere militärische Aktionen der Engländer zu erschweren. England revanchierte sich prompt und setzte auf Anordnung des Königs George III. (Regentschaft von 1760 – 1820) massenweise falsche Scheine der nach Unabhängigkeit strebenden nordamerikanischen Kolonien in Umlauf.
Der amerikanische Continental Congress hatte diese Scheine, die Continental Bills, 1775 ausgegeben, um den Unabhängigkeitskrieg zu finanzieren. Paul Revere hatte die Kupferdruckplatten für die Scheine graviert. Die viel zu große Menge der umlaufenden Noten in Bezug auf ihre Deckung in „Spanish milled Dollars“ (spanische 8-Reales-Stücke) und die durch die primitive drucktechnische Ausgestaltung einfach herzustellenden Fälschungen (vor allem der Engländer) zeigten bald Wirkung, die Scheine waren nach kurzer Zeit wertlos. Noch heute erinnert ein geflügeltes Wort an diese Aktion: Hält ein Amerikaner einen falschen Dollar oder eine fast wertlose Banknote eines anderen Landes in Händen, sagt er „Not worth a Continental“. Erst durch das Münzgesetz vom 2. April 1792 führte der Kongress den Dollar als allgemein gültige Währung der Vereinigten Staaten ein, im Übrigen das erste dezimale Münzsystem der Welt. Danach jedoch war England offensichtlich auf den Geschmack gekommen und fälschte 1789 auch französische Assignaten, um die Französische Revolution zu schwächen. Dies brachte wiederum die Franzosen auf die Idee, 1812 englische Pfundnoten nachzudrucken: Napoleons Polizeiminister Joseph Fouché bestach Beamte der englischen Notendruckerei, die ihm die erforderlichen Druckstöcke übergaben. Wenige Jahre zuvor hatte Napoleon russisches und österreichisches Geld nachmachen lassen, um seinen Kriegen gegen diese Länder durch Unterminierung der Feindwährung zu mehr Erfolg zu verhelfen. Als seine Truppen 1805 Wien besetzten, verschaffte der Gouverneur der Besatzungstruppen, General Clarke, mehreren Fachleuten geheimen Zugang zur Druckerei des Wiener Stadt-Banco, so dass später in Paris und sogar in Italien von exakten Kopien der Platten fleißig Stadt-Banco-Zettel gedruckt werden konnten. Gerüchte wollen wissen, dass es sogar Originaldruckplatten gewesen seien, die Napoleon einfach hatte konfiszieren lassen.
Wiener Stadt-Banco-Zettel zu 25 Gulden vom 1.6.1806. Während der Besetzung Wiens ließ Napoleon die Druckplatten entwenden, um diese Banknoten später zum Schaden der Feindwährung nachzudrucken.
Der Geheimdienst der Deutschen Reichswehr ließ in den 1920er Jahren französische Francs und sowjetische Tscherwonez-Noten drucken. General Max Hoffmann hatte hierzu unter anderem ehemalige Offiziere und kriminelle russische Emigranten angeworben, die mit Wissen deutscher Regierungsstellen fälschten. Die Aktion hatte 1925 in Ungarn begonnen. Eine „Filiale“ des deutschen Geheimdienstes unter der Leitung des ungarischen Ministers Prinz Ludwig zu Windischgrätz, Polizeichef Emmerich Nadossy und einem Oberst der ungarischen Armee namens Jankowich hatte die erforderlichen Geräte und Maschinen von dem Reichswehr-Oberst Max Bauer erhalten. Durch Zufall beschlagnahmte die Polizei in Frankfurt am Main falsche Tscherwonez-Noten im Wert von zwölf Millionen Rubel (1 Tscherwonez = 10 Rubel), Oberst Jankowich ließ sich unvorsichtigerweise in den Niederlanden mit einer riesigen Menge Falschgeld erwischen. Ein handfester, internationaler Skandal war die Folge, der nur mit Mühe beigelegt werden konnte.
Diese Liste der politischen Fälschung von Geld, um Kriege zu gewinnen, Waffen kaufen zu können oder ganz einfach einem gegnerischen Land zu schaden, ließe sich beliebig fortsetzen. Denn auch in unserer Zeit begaben sich Kaiser, Könige und Staatsmänner immer wieder einmal auf Abwege und fälschten die Währung des Feindstaates, um diesem Schaden zuzufügen und die Bevölkerung zu demoralisieren. So sind die Pfundnotenfälschungen der Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkrieges, worauf in einem der folgenden Kapitel noch näher eingegangen wird, das wohl populärste Beispiel dafür.
Fortsetzung folgt …
Karlheinz Walz: Fälscher & Falschgeld, 280 Seiten, Hardcover, ISBN: 978-3-86646-084-3.
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