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AutorenbildKarlheinz Walz

Fälscher & Falschgeld: Euro-Fälschungen

Aktualisiert: 26. März 2021

Fortsetzungsreihe, Teil 3


Die Herkunft der Euro-Fälschungen


Während seit den 1930er bis weit in die 1960er Jahre hinein Paris und Marseille die Drehscheiben der Herstellung und Verteilung von Falschgeld in Europa waren, hat sich heute die Situation gewandelt. Frankreich verzeichnet zwar mit 279.753 registrierten Euro-Falschnoten im Jahr 2010 wieder das höchste Aufkommen von Euro-Fälschungen unter den EU-Mitgliedsstaaten. Dies resultiert aber hauptsächlich aus der Tatsache, dass dort seit etwa zwei Jahren massenhaft falsche 20-Euro-Noten verbreitet werden, die mit ziemlicher Sicherheit aus einer Fälscherwerkstätte in Südfrankreich stammen. Bislang sind die französischen Behörden diesem hohen Aufkommen an Fälschungen nicht Herr geworden.

Neben Italien als nachgerade „klassischem“ Land der falschen Scheine, das im europäischen Aufkommen mit 164.262 angehaltenen Falschnoten 2010 auf Platz zwei liegt, kommt derzeit sehr viel falsches Geld aus Bulgarien. Während sich im Land von Pizza, Pasta und Chianti derzeit hauptsächlich um Neapel herum Fälscherwerkstätten etabliert haben, hat sich in den letzten Jahren in der Gegend um die bulgarische Stadt Plovdiv ein weiterer europäischer Schwerpunkt gebildet. Dort wurden bereits mehrfach Falschgelddruckereien entdeckt und ausgehoben. Aus beiden Ländern kommen die weitverbreiteten, qualitativ hochwertigen Fälschungsklassen, die auch einzelne Sicherungsmerkmale wie Wasserzeichen, Hologramm oder Mikroschrift in täuschungsfähiger Qualität aufweisen. Es handelt sich hierbei ausschließlich um Druckfälschungen. Dennoch versuchen die Fälscher in der Regel nicht, die absolut perfekte Imitation mit Nachahmung aller Echtheitserkennungsmerkmale in Top-Qualität herzustellen. Man arbeitet nach dem „Kosten-Nutzen-Prinzip“ und belässt es meist bei guten Eindrucksfälschungen mit ein oder zwei gut nachgestellten Sicherheitsmerkmalen. Es wird also nur der Aufwand betrieben, den man für erforderlich hält, ein Falsifikat relativ risikolos in Umlauf bringen zu können. Hierbei gilt die Faustregel „Je höher der Nennwert, desto besser die Fälschung“. Aus Bulgarien kam, um ein Beispiel zu nennen, 2007 die ausgezeichnet gelungene Nachahmung der 200-Euro-Note. Sie war im Offsetdruck ausgeführt und wies ein genial gefälschtes und täuschend echt aussehendes Folien-Patch auf. Die EZB hatte die common class EU/P3a für diese Falsifikate vergeben. Die Fälscher und Hintermänner blieben zwar im Dunkeln, könnten aber durchaus aus ehemaligen Geheimdienstkreisen kommen. Diese Leute, nach der politischen Wende und dem Ende des „Kalten Krieges“ arbeitslos geworden, verfügen über ein enormes Wissen auf allen Gebieten der Agententätigkeit und drängten in den Jahren ab 1990 in Ermangelung einer anderen Beschäftigungsmöglichkeit vehement in alle Bereiche der Kriminalität, auch in die Fälscherkriminalität. Bei der genannten 200-Euro-Fälschung bestand ein Herstellungszusammenhang mit noch zu DM-Zeiten aufgetauchten falschen 500- und 1000-DM-Noten, das heißt, sie stammten aus ein und derselben Quelle, wie man anhand der Ausführung des Drucks feststellen konnte.


Die Fälscherbande, die diese sehr gut gelungenen 200-Euro-Blüten hergestellt hatte, wurde 2006 in der bulgarischen Stadt Plovdiv ausgehoben. Die Falsifikate wiesen sogar das OVI-Merkmal der rückseitigen großen Wertzahl in täuschungsfähiger Qualität auf. Das industriell gefertigte Hologramm-Patch stammte aus Fernost.


Der Transport speziell der bulgarischen Fälschungen nach Deutschland, um sie hier in Umlauf zu bringen bzw. in weitere Länder zu transferieren, erfolgt überwiegend über die Fernrouten. Dazu werden in Bulgarien Bus- oder Lkw-Fahrer angeheuert. Es wird ihnen ein Paket und eine Anzahlung als Lohn übergeben. Dabei werden sie angewiesen, sich an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Uhrzeit an einem bestimmten Treffpunkt an ihrem Zielort aufzuhalten. Dort nimmt dann unter Nennung eines Codewortes der Übernehmer Kontakt auf und übergibt, im Gegenzug gegen das Paket, den Rest des vereinbarten Lohnes für diese Gefälligkeit. Weigert sich ein Fahrer, den Transport durchzuführen, wird er nicht selten unter Androhung von Repressalien, auch gegenüber seiner Familie, dazu gezwungen. Meist wissen die Kuriere nicht, was sich in dem Paket befindet. Da diese Transportrouten über Bayern laufen, führt das Bayerische Landeskriminalamt in den letzten Jahren verstärkt Hinterlandkontrollen durch, bei denen regelmäßig neben Falschgeld auch Drogen beschlagnahmt werden. Dagegen holen deutsche Verbreiter das aus Italien stammende Falschgeld auch sehr oft selbst dort ab. Die offenen Grenzen zwischen den Ländern des Schengener Abkommens machen es nahezu risikolos möglich. Viele solcher Eigentransporte aus Neapel und Umgebung, aber auch aus Bulgarien, sind in den letzten Jahren den deutschen Ermittlungsbehörden bekannt geworden. Dabei reisen meist mehrere Täter im Pkw oder im Kleinbus und führen mehrere Hundert Stück einer Fälschung mit sich, oftmals versteckt im Transportfahrzeug. In Baden-Württemberg wurden darüber hinaus 2009/2010 mehrere litauische Großverteiler ermittelt, die die Verbreitung von Fälschungen übernommen hatten. Durch erfolgte Festnahmen ist die Anzahl der Mitglieder dieser Tätergruppierung aber zurückgegangen, wie das LKA in Stuttgart mitteilte.

Doch auch Südamerika ist noch „im Geschäft“. In Kolumbien beschäftigt man sich nicht nur mit der Herstellung und Verteilung von Drogen, auch falsche Euros und Dollars gehören zum Sortiment der verschiedenen Kartelle.


Ein Schlag gegen den internationalen Falschgeldhandel gelang 1989 dem Bayerischen Landeskriminalamt: Bei der Verhaftung von sechs „Blüten-Händlern“ wurden 6439 falsche 100-Dollar-Noten im Wert von damals umgerechnet rund 1,2 Millionen Mark sichergestellt. Foto Süddt. Verlag


Die Bundesrepublik Deutschland lag in 2010 mit inner- und außerhalb des Zahlungsverkehrs insgesamt registrierten 90.824 Euro-Falschnoten im europäischen Vergleich an vierter Stelle. Dies bedeutet einen Anteil von rund 11% am Gesamtaufkommen innerhalb der EU. Insgesamt wurden bei der EZB 872.535 falsche Euro-Banknoten im Nennwert von rund 51 Mio. Euro registriert. Auf dem ersten Platz lag dabei mit 45% die 50-Euro-Note (in Deutschland: 60%), gefolgt vom 20er mit 36% (Deutschland: 21%). So gut wie keine Rolle spielen 200- und 500-Euro-Note. Ihr Anteil lag zusammen bei nur 4% des Gesamtaufkommens (Deutschland: 7%), diese waren aber durchweg von ganz ausgezeichneter Qualität. Der Trend hin zu Fälschungen der mittleren Notenwerte verstärkt sich nach wie vor, da zum Beispiel eine 20- oder 50-Euro-Note im Publikum bei ihrer Entgegennahme bei Weitem nicht die Aufmerksamkeit erfährt wie etwa ein 200- oder ein 500-Euro-Schein. Mehr als 90% der innerhalb des deutschen Zahlungsverkehrs im Jahr 2010 angehaltenen Fälschungen wurden bei Banken, im Handel sowie bei der Bundesbank entdeckt. Privatpersonen erkennen ein Falsifikat meist nicht. Dies kann an der Güte der Fälschungen liegen, aber auch an der mangelnden Aufmerksamkeit, die die Menschen angebotenen Banknoten entgegenbringen. In insgesamt 1.100 Fällen wurde Falschgeld im Rahmen polizeilicher Maßnahmen außerhalb des Zahlungsverkehrs, also bei Durchsuchungen und bevor hergestellte Fälschungen verausgabt werden konnten, beschlagnahmt.

Werfen wir zum Schluss noch einen kurzen Blick zurück in die Zeit der nationalen Währungen vor Einführung des Euro. In den 1990er Jahren waren die Niederlande als Herstellungsland hochaktuell. So kamen ab etwa Mitte 1996 vornehmlich 100- und 200-DM-Noten aus Amsterdam. Die seinerzeitige Fälschergruppe hatte ganz ausgezeichnete Scheine produziert, teilweise als so genannte Kombinationsfälschung, das heißt, der Untergrund mit seinen Irisfarben als Farbfotokopie, die Hauptbildteile und weitere Details der Note als Offsetdruck. Mit der Imitation des Wasserzeichens als Graudruck und dem Aufbringen der (unterschiedlichen) Notennummern ging ein solches Falsifikat bis zu sieben Mal durch die Druckmaschine. Der bei den seinerzeitigen DM-Noten der Ausgabe BBk III verwendete Fenstersicherheitsfaden wurde durch Aufkleben von Aluminiumfolie oder Lamettastreifen nachgeahmt und oftmals sogar – wenngleich primitiv – mit dem Notenwert beschriftet. Von diesen Fälschungen, die meist in Kraftfahrzeugen versteckt über die damals schon unkontrollierte EU-Grenze gekommen und vornehmlich im Norden und in der Mitte Deutschlands aufgetaucht waren, gab es zudem Ausführungen, bei denen durch die ausgeklügelte Drucktechnik das Durchsichtsregister perfekte Übereinstimmung der Bildelemente von Vorder- und Rückseite aufwies. Heute rät selbst die Deutsche Bundesbank, das Durchsichtsregister der Euro-Banknoten auf keinen Fall mehr als alleiniges Merkmal zur Echtheitserkennung zu nutzen, da die meisten Fälscher in der Lage sind, dieses perfekt zu imitieren. Umkehrschluss: Stimmt bei einer ersten Prüfung einer Note das Durchsichtsregister nicht überein, ist die Banknote mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit falsch. Im April 1996 wurde in Trier ein 31-jähriger Libanese verurteilt, der zusammen mit sechs Komplizen für 35.000 DM falsche Hunderter in Umlauf gebracht hatte. Er hatte die Fälschungen im niederländischen Amelo übernommen und nach Deutschland eingeschmuggelt. Anfang Dezember 1997 wurde in der Nähe von Aachen dann ein 38-jähriger niederländischer Falschgeldkurier geschnappt, der 500.000 DM in falschen 100-DM-Scheinen in seinem Pkw versteckt hatte. Ein absoluter Zufallsfund, denn ein Rauschgift-Spürhund hatte die Falsifikate entdeckt. Mit dem Auto war einige Wochen zuvor eine Kokain-Lieferung über die Grenze gekommen und der Hund hatte auf mikroskopisch kleine, noch vorhandene Spuren des Rauschgiftes angesprochen. Fast zeitgleich wurde der Komplize, ein 48-jähriger Belgier, durch die belgische Polizei festgenommen. Damit war dieser holländischen „Geldquelle“ im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser abgegraben.


Die schweizerische Banknote zu 1000 Franken war in der Vergangenheit der Traum aller Fälscher. Die Unterschiede der Fälschung zur echten Note: Das ganze Druckbild ist verschwommener, unklarer, dem Porträt fehlt die Ausdruckskraft der echten Stahlstichausführung. Die Fälschung wurde im Buchdruck hergestellt und Anfang 1954 beschlagnahmt.


Eine der besten Fälschungen in den letzten Jahrzehnten kursierte seit etwa Mitte der 1990er Jahre bis zur Euro-Einführung in Italien und einigen weiteren europäischen Ländern. Es handelte sich um exzellent gefälschte italienische 100.000-Lire-Noten. Sie hatten ihren Ursprung in der italienischen Organisierten Kriminalität und waren insofern extrem gefährlich, da die Wasserzeichen und Sicherheitsfäden nahezu perfekt nachgestellt worden waren. Der Trick: Die Falsifikate bestanden aus zwei absolut passgenau zusammengeklebten Papierblättern, die damit eine ähnliche Stärke und ähnliche Griff- und Klangverhalten wie das Originalpapier aufwiesen. Auf den Innenseiten der Einzelblätter waren Wasserzeichen und ein Faden mit der Beschriftung „Banca d’Italia“ durch entsprechende Aufdrucke imitiert worden. Der zweite Sicherheitsfaden, wie er sich in den hohen Wertabschnitten der Lire-Noten befand, war sogar körperlich zwischen die beiden Papierlagen eingebettet worden! In der Durchsicht sahen diese Sicherungselemente den echten zum Verwechseln ähnlich. Ebenso wurden die Fluoreszenzfasern durch einen gelblichen Aufdruck nachgeahmt, die rechte Notennummer fluoreszierte ebenfalls wie beim Original, auch farblich unterschieden sich die Fälschungen kaum von den echten Lire-Scheinen. Einziges Erkennungsmerkmal war die Herstellung im Offsetdruck anstelle des für die Hauptplatte der echten Banknoten verwendeten Stichtiefdrucks, wobei aber viele Stücke vorkamen, bei denen der Stichtiefdruck durch eine feine Papierprägung imitiert worden war. Diese ebenso genial wie aufwendig hergestellte Fälschung war von der Deutschen Bundesbank 1999 als Druckfälschung DF12 klassifiziert worden.


Fortsetzung folgt …





Karlheinz Walz: Fälscher & Falschgeld, 280 Seiten, Hardcover, ISBN: 978-3-86646-084-3.


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