„Blüten“ und andere Gewächse, Teil 2: Faksimile-Blüten
In Betrügerkreisen seit mehreren Jahrzehnten in verschiedenen Währungen gebräuchlich sind die so genannten Faksimile-Blüten. In früheren Zeiten waren dies Nachdrucke von 100-, 500- und 1000-DM-Noten sowie von verschiedenen ausländischen Währungen, zum Beispiel von italienischen 50.000- und 100.000-Lire-Noten. Sie waren mit einem schwarzen, meist vertikal mittig angebrachten Überdruck „Facsimile“ oder einer ähnlichen Kennzeichnung versehen. Sie existieren nun seit etwa zehn Jahren auch von den Euro-Banknoten, wenngleich in geringerem Anfall als früher. Ob es sich hierbei rechtlich nur um Nachdrucke handelt, wie sie zum Beispiel für Werbezwecke erfolgen, also um Blüten, oder um Falschgeld, war zumindest in den Nachbarländern Deutschlands in der Vergangenheit umstritten. In der Bundesrepublik jedenfalls sah die Rechtsprechung, trotz der Faksimile-Kennzeichnung, den Tatbestand der Geldfälschung als vollendet an, während in Italien die Herstellung dieser Scheine seinerzeit völlig legal erfolgen konnte. Diese Faksimile-Noten sollten auch nicht in herkömmlicher Art und Weise unter die Leute, sprich: in den Zahlungsverkehr gebracht werden. Sie dienten (und dienen als Euro-Blüten noch immer) als Vorzeigegeld bei der Abwicklung so genannter Rip-Deals oder Wash/Wash-Deals (engl. to rip = jemanden ausnehmen, neppen, betrügen, abzocken).
Faksimile-Blüten, wie sie heutzutage bei Betrügereien innerhalb so genannter „Rip-Deals“ Verwendung finden.
Vornehmlich Betrügerbanden aus Schwarzafrika (Stichwort: die berühmt-berüchtigte Nigeria-Connection), aber auch europäische Kriminelle beherrschen diese Betrugsmaschen perfekt und in vielerlei Varianten. Meist per Brief oder per E-Mail eingefädelt, wird dem Empfänger suggeriert, dass er einen Geldbetrag, nicht selten in Millionenhöhe, für einen Bruchteil des eigentlichen Nominalwertes erhalten könne. Gleichzeitig wird er – natürlich – um absolute Vertraulichkeit gebeten. Die Herkunft des Geldes wird dabei in fast allen Fällen mit veruntreuten Regierungsgeldern afrikanischer oder osteuropäischer Staaten, mit unversteuertem Geld, so genanntem Schwarzgeld oder mit Geld aus einem Nachlass, bei dem es keine Erben gibt, angegeben. Der zu zahlende Prozentsatz wird dabei so niedrig gewählt, dass bei vielen Menschen hinsichtlich ihres weiteren Handelns der Faktor „Gier frisst Hirn“ Platz greift, mit genau dem die Gauner auch rechnen. Geht der Angeschriebene also auf das Angebot ein, wird ein Treffen, üblicherweise im Ausland des Schengen-Raumes ohne Grenzkontrollen, vorgeschlagen. Bevorzugte Treffpunkte sind dabei Flughäfen oder Hotels der Fünf-Sterne-Kategorie, wobei die „Verkäufer“ großzügig die Reise- oder Logis-Kosten übernehmen, was nicht ohne Eindruck auf den „Käufer“ der angebotenen Geldsumme bleibt und für ihn die Seriosität seiner Geschäftspartner unterstreicht. Er führt in diesem Stadium bereits seinen Kaufpreis in bar mit sich, in der Regel handelt es sich um Summen zwischen etwa 50.000 und 250.000 Euro, für die er angeblich eine, zwei oder drei Millionen Euro bzw. US-Dollar erhalten soll. Während des Treffens zeigen nun sowohl der angereiste Käufer den Inhalt seines Geldkoffers wie auch die Betrüger den Inhalt des ihren. Allerdings mit dem Unterschied, dass der Kofferinhalt der Letztgenannten aus den Faksimile-Noten besteht, der Überdruck ist dabei von den Banderolen, mit denen die Geldbündel zusammengehalten werden, verdeckt. Oft sind sogar der erste und der letzte Schein eines Bündels echt, um den Betrug mit noch größerer Sicherheit verschleiern zu können. Die Gauner verstehen es dabei sehr geschickt, mit allerlei Argumenten und Ablenkungsmanövern ein genaueres Nachprüfen des Kofferinhalts oder gar ein gewünschtes Nachzählen des Betrags zu vermeiden bzw. zu verhindern. Findet der Austausch der beiden Geldbehältnisse dann schließlich statt, haben es anschließend die Geschäftspartner plötzlich sehr eilig und sind rasch von der Bildfläche verschwunden. Der Betrogene merkt erst zu spät, dass er mit wertlosem bedrucktem Papier hereingelegt worden ist. Die Abwicklung im Ausland macht die Angelegenheit für ihn nicht eben leichter. Man mag es kaum glauben, aber Dutzende von allzu Leichtgläubigen werden in Deutschland jedes Jahr Opfer solcher Machenschaften. Die bekannt gewordenen Fälle sind aber nur die Spitze des Eisbergs, die Dunkelziffer dürfte um einiges höher liegen. Denn häufig handelt es sich bei dem Kaufpreisgeld um an der deutschen Steuer vorbei geschleuste Einkünfte, sodass sich der Geschädigte mit einer Anzeige noch dazu selbst belasten würde. Insbesondere auch Verkäufer von Immobilien im Ausland, teurem Schmuck oder im Internet angebotener Luxuslimousinen und Antiquitäten werden sehr oft Opfer dieser Rip-Deal-Banden und mit wertlosem „Geld“ hereingelegt. Nach deutschem Recht sind die zu Betrügereien dieser Art verwendeten Faksimile-Blüten nach wie vor Falschgeld im Sinne von § 146 StGB. Die Bekämpfung dieser Gaunereien, werden sie denn angezeigt, ist schwierig. Zum einen sind die Offerten für diese Geschäfte per Brief oder E-Mail nach deutschem Recht lediglich Vorbereitungshandlungen, die nicht strafbewehrt sind. Zum anderen sind die Täter meist ausschließlich im nichteuropäischen Ausland ansässig und für die deutsche Justiz in der Regel nicht greifbar. Auch deshalb, da die Zusammenarbeit der ausländischen Behörden mit den deutschen Ermittlern oftmals durchaus zu wünschen übrig lässt.
Eine weitere Spielart aus dem Bereich der „Blüten“ sind die so genannten Film-Banknoten oder Theatergeldscheine. Im englischen Sprachraum werden sie Motion Picture Money, Stage Money oder auch Movie Prop Notes (engl. Prop = Requisit) genannt. Wenngleich auch und insbesondere in den USA strenge Regeln für die Nachbildung von Papiergeld zu Werbe- und sonstigen Zwecken gelten, existiert dort eine Menge dieses Filmgeldes, das bei mangelhafter Aufmerksamkeit durchaus mit echten Dollarnoten verwechselt werden kann.
Und eine Blüte im wahrsten Sinne des Wortes, aber gleichzeitig rechtlich gesehen ein Grenzfall, ist die Verfälschung einer surinamesischen 100-Gulden-Note. Die Originalbanknote, die vorderseitig die Blüten einer Frangipani (lat. Name: Plumeria rubra) zeigt, wurde durch geschicktes Wegschaben bzw. Rasieren des Originaldrucks an verschiedenen Stellen und anschließendes partielles Überkleben bzw. Überdrucken mit einem Ink-Jet-Drucker zu einem Pseudo-100-Euro-Schein gemacht. Es sind zwei Einzelstücke, die vor nicht allzu langer Zeit im Zahlungsverkehr angehalten und damit ebenfalls als Zahlungsmittel akzeptiert worden waren. Streng genommen fällt diese Manipulation des unbekannten Blütenfabrikanten bereits in den Bereich der Herstellung von Falschgeld. Der Verausgeber hatte möglicherweise damit argumentiert, dass diese Scheine bereits welche aus der angekündigten neuen Serie von Eurobanknoten seien und mit dieser Behauptung eine leichtgläubige Verkäuferin, eine Kellnerin, einen Imbissbuden-Besitzer oder einen Taxifahrer überzeugen können…
Fortsetzung folgt …
Karlheinz Walz: Fälscher & Falschgeld,
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