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AutorenbildKarlheinz Walz

Fälscher & Falschgeld: Teil 42

Fälschungen ohne Vorbild, Teil 1


Der Titel dieses Kapitels scheint ein Paradoxon zu sein. Und dennoch hat er seine Richtigkeit. Denn in der Zeit der großen deutschen Inflation, die mit dem totalen Zusammenbruch der Mark im Jahre 1923 ihr fulminantes Ende fand und über die Stabilisierung der deutschen Währung mittels der neuen Rentenmark schließlich zur Reichsmark führte, waren nicht nur Fälschungen der regulär ausgegebenen Banknoten ein Thema. Es kursierten auch Fantasienoten, die es so original nie gegeben hatte. Die Problematik bestand seinerzeit darin, dass in der Endphase der Hochinflation im Abstand von wenigen Tagen neue Scheine mit noch höheren Werten emittiert werden mussten, da die Nennwerte mit den galoppierenden Preisen nicht mehr Schritt halten konnten. Lohnzahlungen erfolgten damals oft mittels Wäschekörben voller Geldscheine, mit denen die Empfänger sofort in die nächsten Geschäfte rannten, um sie in Waren umzusetzen. Die, wie die Tageszeitungen, nur noch im Rollendruck und ohne Rückseite von einer Vielzahl privater Druckereien hergestellten Reichsbanknoten wiesen durch den bestehenden Zeitdruck und die ungeheure Menge der benötigten Stückzahlen kaum noch Sicherheitsmerkmale auf. Diese waren auch entbehrlich, denn unter Umständen gab es für einen solchen Schein bereits zwei Tage später noch nicht einmal mehr eine Semmel zu kaufen. Die für das Publikum bald unüberschaubare Vielzahl der in Umlauf befindlichen Notentypen sowohl der Reichsbank und der Länderbanken als auch der privaten Emittenten (Reichsbahn, Reichspost, Städte, Behörden, u.v.m.) brachten findige Leute auf die Idee, nicht existente „Banknoten“ und Gutscheine höherer und höchster Werte in eigenen Entwürfen nachzudrucken. Das Strafgesetzbuch sprach ja nur von Fälschungen von Geld,

also von gültigen Banknoten. Druckte man also Fantasienoten, die es eigentlich gar nicht gab, war zwar der Straftatbestand des Betrugs, nicht aber der der viel härter sanktionierten Geldfälschung vollendet, so die Vorstellungen dieser Fälscher.


Zeitgenössische Fantasienote zu 100 Mrd. Mark vom 25.7.1923.


Wie die Gerichte damals darüber urteilten, ist nicht überliefert, wenn denn die Urheber dieser Fantasieprodukte überhaupt geschnappt wurden. Man hatte damals andere Sorgen…. Aufgefallen sind diese Falsifikate, denn um solche handelt es sich rechtlich zweifelsfrei,

im Zahlungsverkehr jener Tage kaum. Die Bevölkerung hatte – wie erwähnt – über das genaue Aussehen kursgültiger Scheine völlig den Überblick verloren und trachtete nur danach, erhaltenes Geld so schnell als möglich wieder loszuwerden. So tauchen noch heute Milliarden- und Billionenscheine aus Großvaters Koffer im Dachboden auf, die der Enkel im Banknotenkatalog nicht finden kann und hinter denen er daher freudestrahlend die große Entdeckung, nämlich einen bislang unbekannten Notentyp, vermutet, der den nächsten Urlaub oder das neue Auto würde finanzieren helfen. Doch mitnichten. Sind diese Scheine zwar historisch durchaus interessant und können zudem eine Sammlung von Inflationsgeld abrunden, so haben sie doch in aller Regel keinen größeren Wert. Sie tragen oftmals nur zur Verwirrung bei, bis ihr eigentlicher Ursprung geklärt ist. Bis dahin haben aber möglicherweise schon einige Stücke zu horrenden Preisen über Internetplattformen ihren Besitzer gewechselt. Aber nicht nur Reichsbanknoten waren seinerzeit von diesen „Fälschungen“ betroffen, sondern auch Noten anderer emissionsberechtigter Banken. Auch niemals originär ausgegebene „Notgeldscheine“ von Städten, Gemeinden, Firmen oder sonstiger Institutionen waren im Verkehr und tauchen ebenfalls noch heute in vielen Sammlungen auf. Letztgenannte Nachahmungen sind besonders gefährlich, da die Gesamtheit der ausgegebenen Notgeldscheine bis heute nicht bis ins Letzte erforscht ist und durchaus auch noch bislang nicht bekannte (echte) Ausgaben auftauchen können, die selbst der geniale Arnold Keller in seinem berühmten Katalog seinerzeit nicht erfasst hat.


Fortsetzung folgt …




Karlheinz Walz: Fälscher & Falschgeld,

280 Seiten, Hardcover, ISBN: 978-3-86646-084-3.


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