Das niederländische Wort „Tientje“ bezeichnete verniedlichend den Guldenschein im Nominalwert 10 und jetzt natürlich den Zehn-Euro-Schein.
Anm. 1) Pick 59, Mevius 43-1. Maße 143 mm x 68 mm, gedruckt bei Joh. Enschedé en Zonen JEZ. Vorder- und Rückseite
Der Zehner war und ist ein sehr gebräuchlicher Schein und so war er es auch von 1940–1945 zur Zeit der deutschen Besetzung der Niederlande. An der Spitze der deutschen Verwaltung in Den Haag stand der sogenannte Reichskommissar Artur Seyß-Inquart (1892–1946), ein Wiener Jurist, NSDAP-Parteimitglied und kurzzeitig österreichischer Bundeskanzler beim Anschluss der Alpenrepublik 1938. Die Zivilverwaltung in den Niederlanden erfolgte durch Reichsdeutsche in Führungspositionen, niederländische Kollaborateure, zumeist aus der Bewegung niederländischer Nationalsozialisten NSB[1] des Anton Adriaan Mussert (1894–1946) und durch das im Amt verbliebene niederländische Personal der Behörden.
Die Geldversorgung der einheimischen Bevölkerung einerseits und die Plünderung der niederländischen Staatskassen zur Finanzierung der deutschen Kriegswirtschaft andererseits oblag dem niederländischen Finanzfachmann Meinoud Marinus Rost van Tonningen (1894–1945), der sich schon für den Genfer Völkerbund in der Zeit der Weltwirtschaftskrise 1931–1936 in Österreich aufgehalten hatte, um mit internationaler Hilfe nach dem Konkurs der Wiener Creditanstalt die österreichischen Finanzen zu sanieren. Vor Ort hatte er das nationalsozialistische Gedankengut, führende NS-Politiker und die Idee eines Pangermanismus kennengelernt. Zurück in den Niederlanden schloss er sich dem NSB an,
lag aber mit einer Idee des Anschlusses an Deutschland nicht auf der Linie Musserts, der für einen unabhängigen niederländischen Faschismus eintrat.
Seyß-Inquart löste den seit 1931 amtierenden Präsidenten der Niederländischen Zentralbank DNB[2] Leonardus Trip[3] ab und betraute Meinoud Rost van Tonningen 1941 mit diesem Amt, das er als dreizehnte Führungsperson seit 1814 übernahm.
Um die Bargeldversorgung mit kleineren Scheinen für das „germanische Brudervolk“ zu sichern, ließ dieser 1943 einen neuen Zehn-Gulden-Schein drucken mit dem gespiegelten Bildnis des Volckert Jansz (1605–1681). Um dessen markantes Porträt allerdings auf den Druckstock für die Kriegsnote zu bringen, musste der Banknotendesigner Wubbo de Jonge (1897–1953) es nicht nur spiegeln[4], sondern zuerst noch aus einem Gruppenbild ausschneiden. Denn es befand sich in einem bekannten Spätwerk Rembrandts van Rijn,
den Staalmeesters[5] von 1662, das die fünf gut behüteten Qualitätsprüfer der Amsterdamer Tuchmachergilde und ihren barhäuptigen Hausverwalter zeigt.
Obwohl der Schein bis 1945 eine Auflage von 56 Millionen erreichte und noch bis heute für Sammler gut verfügbar und in allen Erhaltungsstufen bezahlbar ist, hatte er kriegsbedingt nur eine relative kurze Laufzeit, da bald nach Kriegsende für die Niederlande[6] am 26. September 1945 alles Papiergeld für ungültig erklärt und alle Konten eingefroren wurden. Damit sollte der vermehrte Geldumlauf unter der deutschen Besatzung und der Schwarzgeldbesitz bekämpft werden, was letztlich am 22. September 1949 in eine Währungsreform mündete.
Rembrandt: Staalmeesters, Volckert Jansz zweiter von links.
1945 ungültig gestempelter Schein.
Christian Merker
Anmerkungen [1] Nationaal-Socialistische Beweging (1931 – 1945)
[2] De Nederlandsche Bank NV, gegründet 1814 auf Anweisung König Willem I. (1772–1843), genannt der Kaufmannskönig, zur Wiederbelebung der niederländischen Wirtschaft nach den napoleonischen Kriegen und der französischen Besatzungszeit, mit dem Recht, Banknoten zu drucken.
[3] L. Trip (1876–1947) übernahm nach Kriegsende dieses Amt nochmals für ein knappes Jahr.
[4] Ausschnitt sw Digitale Bibliothek, Bildarchiv Marburg ca. 1920.
[5] Das 271 cm x 191,5cm große Auftragsbild mit dem irreführenden deutschen Titel „Die Vorsteher der Tuchmacherzunft“ befindet sich seit 1885 im Rijksmuseum. Volckert Jansz ist die zweite Person von links.
[6] „Bevrijdingsdag“ 5. Mai 1945, Kapitulation im Westen.
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