Für den Entwurf von Geldscheinen mit Porträts bedarf es der Verwendung bereits vorhandener Darstellungen, eine Banalität sollte man meinen. Doch oft genügten die greifbaren Vorlagen nicht den idealen Vorstellungen der Banknoten-Entwerfer. Mitunter entstanden dann Scheine mit Kopfbildnissen, die zwar nicht exakt den Originalvorlagen wie z. B. einem Ölgemälde entsprachen, aber dennoch bekannter werden konnten, als diese.
BRD-28a (SCWPM: FRG-34c): 100 DM der Deutschen Bundesbank vom 2. Januar 1980 mit Porträt von Sebastian Münster, Vorder- und Rückseite, Sammlung Grabowski.
So staunte schon mancher Museumsbesucher in Berlin, zuerst noch im Bezirk Dahlem,
vor dem Werk des Augsburger Porträtmalers Christoph Amberger (ca. 1505–1561/62) mit
dem Porträt[1] des Kosmographen, Humanisten und Hebraisten Sebastian Münster (1488–1552) und fragte sich, sofern er noch im 20. Jahrhundert aufwuchs, weshalb ihm der Abgebildete so seltsam vertraut vorkam. Er kannte ihn vom blauen Hunderter[2] der ersten Gemäldeserie der Deutschen Bundesbank (BBk I) in Frankfurt am Main, zuerst ausgegeben am 26. Februar 1962, außer Kurs gesetzt 1995, drei Jahre nach der Einführung der sog. Persönlichkeitsserie BBk III.
Aber der elegant gekleidete ältere Herr auf dem Originalölgemälde aus Lindenholz in den Abmessungen 54 cm x 42 cm schaut nach rechts aus dem Bild heraus. Auf dem Geldschein in dem für deutsche Hunderter traditionellem Blau dagegen schaut er nach links zur Bildmitte und auf die Wertangabe. Ein Kennzeichen auch der anderen Wertstufen dieser Serie. Nur der „bärtige Mann“ auf dem Tausender schaut den Betrachter direkt an.
Der Grafiker Hermann Eidenbenz (1902–1993) hatte sich also viel Mühe gegeben, das Kunstwerk nach den Vorgaben der Bundesbank und einer Lithographie aus dem 19. Jahrhundert (Abb. links)[3] in gedrehter Form zu erarbeiten.
Die Kupferstecher Egon Falz (1932–2010) und der 1950 bis 1992 bei der Bundesdruckerei in Berlin beschäftigte Hans Joachim Fuchs setzten seinen Entwurf beeindruckend würdevoll um.
Dies umso mehr, wenn man zeitgenössische Stiche des Gelehrten betrachtet, die auch schon in gedrehter Form veröffentlicht wurden.
Im Vergleich zu diesen, wie der abgebildete Kupferstich aus Basel (Abb. 5)[4], erscheint der Sebastian Münster auf dem Hunderter schmeichelhaft getroffen.
Rückseite des Cosmographia-Titels von 1544 (Sebastian Münster als Sechzigjähriger).
In der nachfolgenden Persönlichkeitsserie BBk III schaut nur noch Annette von Droste-Hülshoff aus ihrem grünen Zwanziger nach links. Die anderen Damen und Herren blicken zumeist leicht rechts am Betrachter vorbei, bis auf Frau Merian, die schaut ebenfalls halb nach links. Die Gebrüder Grimm auf ihrem Tausender schauen in unterschiedliche Richtungen. Aber auf all diesen Scheinen sind die Namen und Lebensdaten der abgebildeten Berühmtheiten angegeben. Das war bei den Scheinen der ersten Gemäldeserie von 1960 bis 1980 noch nicht der Fall. Man war sich dabei wohl noch nicht so ganz sicher gewesen, welche historisch belegbare deutsche Persönlichkeit man da eigentlich mit Geldscheinen massenhaft unters Volk brachte.
Der blaue Hunderter mit Sebastian Münster wurde 1962 erstmals ausgegeben und dann noch viermal neu aufgelegt. Die Buchstaben I und O wurden nicht verwendet, aus Gründen der Verwechslungsgefahr mit einer Eins bzw. einer Null. Der Buchstabe Z blieb den Ersatznoten vorbehalten, die bei Giesecke & Devrient in München gedruckt wurden und nicht in der Berliner Bundesdruckerei. Die ersten Unterschriften stammen vom Präsidenten der Deutschen Bundesbank in Frankfurt am Main Karl Blessing (1958–1969) und seinem Stellvertreter Dr. Heinrich Troeger. Für Blessing wahrscheinlich eine späte Genugtuung, da er 1939 seinen Posten in der Reichsbankdirektion hatte aufgeben müssen. 1970 gab es andere Unterschriften vom neuen Bundesbankpräsidenten Karl Klasen (1970–1977) und seinem Vize Otmar Emminger. Man kam nicht mehr ins Zuchthaus, sondern erhielt eine Freiheitsstrafe bei Geldfälscherei und es gab Scheine mit gleichen und unterschiedlich großen Buchstaben und Kontrollnummern. 1977–1979 war Otmar Emminger an die Spitze der Bundesbank aufgerückt und 1980–1991 von seinem Stellvertreter Karl Otto Pöhl abgelöst worden.
Das Staatstragende an diesem Hunderter sollte die Rückseite sein, mit seinem beeindruckenden Adler mit ausgebreiteten Schwingen, scharfen Fängen und leicht geöffnetem Schnabel ohne Zungenspiel. Auch dieser Greifvogel schaut nach links zur Zahl Einhundert. 1980 kam es dann auch zu einer zweiten Auflage mit den Unterschriften Pöhl – Schlesinger wegen der Einführung eines © Deutsche Bundesbank 1962 auf der Rückseite links unten. Helmut Schlesinger folgte Pöhl plötzlich 1991 nach und vollendete damit eine Laufbahn, die 1952 noch bei der Bank Deutscher Länder begonnen hatte.
Für 1980 existieren also – für ungeübte Anbieter und Sammler verwirrend – zwei Ausgaben von 1980, mit und ohne Copyright 1962. Dafür ist dies aber auch die letzte Ausgabe vor der Serie BBk III im Jahr 1989.
Christian Merker
Anmerkungen [1] Berlin, Staatliche Galerien [2] BRD 10, Rosenberg 266, Pick 22. Abmessung 160 mm x 80 mm
[3] Heidelberg, Universitätsarchiv
[4] Heidelberg, Universitätsarchiv Kupferstich Theodor de Bry (1528–1593)
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