Da ein wesentlicher Geldcharakter neben der allgemeinen Akzeptanz auch im Geldumlauf, also der Zirkulation, besteht, geht Geld im wahrsten Sinne des Wortes von Hand zu Hand. Schon frühe Münzen erfüllten deshalb nicht nur Geld-, sondern auch Symbol- und Propagandafunktionen. Durch sie konnten Herrscher sich mit ihrem Bildnis erstmals all ihren Untertanen zeigen und so ihren Machtanspruch dokumentieren und festigen. In ihren Motiven spiegelte sich aber auch weltliche und religiöse Symbolik wider, womit Geld bereits in einer Zeit ohne die uns bekannten modernen Medien zu einem wichtigen Mittel von Kommunikation und Propaganda wurde.
Im Dreißigjährigen Krieg gab der auf protestantischer Seite als „toller Christian“ bekannt gewordene Feldherr Herzog Christian von Braunschweig und Lüneburg 1622 diesen „Pfaffenfeindtaler“ aus. Die Botschaft dieses Geldstücks war klar „Gottes Freundt –
Der Pfaffen Feindt“. (Fotoarchiv Helmut Kahnt)
Thüringen, Sachsen-Gotha: Friedrich II., 1691 – 1732,
sog. „Kornjuden-Medaille“ von 1695, Stempel von Chr. Wermuth.
In einer Landschaft mit Scheune und reichen Feldern steht ein Baum, an dem der Kornjude erhängt wurde oder sich erhängt hat; über seinem Kopf sitzt ein Teufelchen im Baum, das den Strick festzurrt oder nach dem Juden greift, um ihn zu holen.
In der Scheune links hinten steht: LUC 12, Umschrift
DU KORN IUDE, im Abschnitt WOLFEILE ZEIT 1695 / Ein waagerecht stehender Getreidescheffel, dessen Flächen beschriftet sind: Oben (hinten innen): ABER SEEGEN / KOMMT ÜBER DEN DER ES VERKAVF, unten SPRUCHE SALOMO XI 26, Umschrift:
WER KORN INNHAELT DEM FLUCHEN DIE LEUTHE. Als Kornjuden bezeichnete man Wucherer, die Korn aufkauften, zurückhielten und sogar Hungersnöte in Kauf nahmen, um den Preis dafür in die Höhe zu treiben. (Fotoarchiv Helmut Kahnt)
Musternote der Rostocker Bank über 100 Mark vom 1. Januar 1874.
Die Vorderseite zeigt links Allegorien und Symbole für die Seefahrt und den Handel (Merkur bzw. Hermes), rechts Allegorien und Symbole für die Landwirtschaft und mittig unten eine weibliche Allegorie mit einem Buch als Verkörperung der Wissenschaften.
(Sammlung Manfred Kranz)
Waren die frühen Geldscheine in Europa meist noch sehr schlicht, nahm mit deren Bedeutung und dem wirtschaftlichen Aufschwung auch die künstlerische Gestaltung und Symbolik zu. Häufig wurden Allegorien dargestellt, die etwa für Landwirtschaft, Handel, Handwerk, Industrie, Bergbau, Verkehr, Wissenschaft, das Bauwesen, Militär oder den durch ein Füllhorn symbolisierten Überfluss im Sinne von wirtschaftlichem Erfolg und Reichtum standen. Mit der Herausbildung von Nationalstaaten wurde die Darstellung meist weiblicher Allegorien wie der Germania, der Britannia, der Helvetia oder der Marianne (Frankreich) auf Geldscheinen gleichsam zur stolzen Botschaft nationalen Selbstbewusstseins. Geldscheine werden deshalb bis heute auch Visitenkarten einer Nation und deren Kultur genannt. Selbst deutsche Territorialstaaten schufen sich eigene „National-Allegorien“, die sich auch auf historischen Geldscheinen wiederfinden, wie die Askania für Anhalt, die Badenia für Baden, die Bavaria für Bayern, die Borussia für Preußen, die Brema für Bremen, die Hammonia für Hamburg oder die Saxonia für Sachsen.
Deutsche Reichsbank, Reichsbanknote über 100 Mark vom 7. Februar 1908, sog. „Flotten-Hunderter“, Rückseite mit der gekrönten Germania in Rüstung, mit Schwert und Reichsschild unter einer Eiche am Meer, auf dem Schiffe der kaiserlichen Flotte fahren sowie mit Symbolen der Industrie (Zahnrad), der Landwirtschaft (Pflug), des Handwerks (Amboss
und Hammer) und des Handels (Merkur- bzw. Hermesstab und Warenballen). (Sammlung des Autors)
Das wohl beeindruckendste und symbolträchtigste Beispiel einer deutschen Banknote des Kaiserreichs ist der sog. „Flottenhunderter“ von 1908. Er zeigt auf der Rückseite eine gerüstete und selbstbewusste Germania, an der Schiffe der kaiserlichen Flotte vorüberziehen. Der schon bei seiner Ausgabe im Reichstag – und nicht nur dort – umstrittene Schein bezieht sich auf das sog. Flottenprogramm Kaiser Wilhelms II., mit dem Deutschland sich seinen „Platz an der Sonne“ sichern wollte. Viele Historiker sehen in der damaligen deutschen Flottenrüstung mit einen Grund für die Zuspitzung der Konflikte, die schließlich zum Ersten Weltkrieg führten. Fakt ist jedoch, dass Deutschland Überseekolonien hatte, die es zu verteidigen galt, die Flottenrüstung des Osmanischen Reichs bedeutend umfangreicher war und Großbritannien sogar jederzeit über viermal so viele Kriegsschiffe verfügen wollte, wie jede andere Macht der Welt, um sein Weltreich zu erhalten und auszudehnen. Bekanntlich wurde Britannia als Herrscherin der Meere (Britannia rule the waves) besungen.
Silbermedaille von August Hummel auf die Befreiung des zu Beginn des Ersten Weltkriegs von russischen Truppen besetzten Ostpreußens in den Schlachten bei Tannenberg und in den Masuren. Avers wird der „Sieger von Tannenberg“, Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, geehrt und revers erschlägt der nackte deutsche Recke den russischen Bären. (Fotoarchiv Helmut Kahnt)
Kaiser, Könige und Fürsten, aber auch Universitäten, Vereine, Firmen und Privatpersonen ließen sich schon seit Jahrhunderten Medaillen zu besonderen gesellschaftlichen und politischen Ereignissen und Gegebenheiten, zu Jubiläen und vielfältigsten Anlässen prägen.
In Kriegszeiten wuchs die Medaillenflut noch an, beschwor man mit ihnen doch eingegangene Bündnisse, verwies auf gewonnene Schlachten und ehrte siegreiche Feldherrn. Das war auch im Ersten Weltkrieg nicht anders, in dem zahlreiche Medaillen der Propaganda dienten – egal von welcher Seite.
Einseitiger Fantasieschein mit deutscher Kriegspropaganda aus dem Jahr 1915 über „Ein Hundert Markige Deutsche Hiebe“. In der Umschrift „Immer feste druff!“ und das bekannte Bismarck-Zitat aus dem Jahr 1888 „Wir Deutsche fürchten Gott, sonst nichts auf der Welt!“. (Sammlung des Autors)
Interessant ist, dass man sogar Fantasiegeld für Propagandazwecke benutzte und bis heute benutzt. Während des Ersten Weltkriegs gestaltete man z.B. 1915 einen „Kriegsschein“ nicht über Einhundert Mark, sondern über „Ein Hundert Markige Deutsche Hiebe – zahlbar durch unsere feldgrauen und blauen Jungen, sowie durch unsere Verbündeten“.
Geld übt als Propagandamittel einen ganz besonderen Reiz aus, da sich der Geldcharakter mit der politischen bzw. der Werbe-Botschaft verbindet. Uneingeschränkt trifft dies natürlich auf kursgültiges Geld zu, das bis in die jüngste Zeit in den verschiedensten Ländern der Welt von Parteien, Revolutionären und politischen Aktivisten immer wieder auch mit handschriftlichen Parolen oder Stempeln versehen wurde und so zirkulieren sollte, um möglichst viele Menschen mit der Botschaft zu erreichen. Der Sinn dahinter ist simpel. Menschen beachten kaum ein Flugblatt oder werfen es nach dem Lesen weg, es ist eben nur bedrucktes Papier. Das ebenfalls bedruckte Papier „Geldschein“ ist dagegen auch richtiges Geld, das man nicht wegwirft. Dieser Umstand macht einen Geldschein sogar noch dann als Propagandamittel interessant, wenn er schon längst nicht mehr gültig ist. Auch dann wird er immer noch als „Geld“ erkannt. Das gleiche trifft auf Fantasiescheine zu, die Merkmale echten Gelds kopieren, um als „Geld“ wahrgenommen zu werden.
Gültige Zahlungsmittel zu beschreiben oder in anderer Form zu verändern ist nicht ohne Grund unter Strafe gestellt. Werden solche Stücke auf der Bank entdeckt, dann werden sie aus dem Verkehr gezogen, ausgetauscht und vernichtet.
Dass eine Verbindung von Geld und politischer Aussage schon allein durch die Gestaltung des Gelds selbst gegeben sein kann, dafür wurden bereits einige Beispiele gezeigt.
Bei Geldscheinen kann man in diesem Zusammenhang auch an typische Motive sog. „Volksdemokratien“ sozialistischer Prägung denken, wie Nordkorea. Hier wurden und werden Geldscheine als staatliches Propagandamittel missbraucht.
Propagandageldscheine – egal ob bereits vom Emittenten politisch motiviert, nachträglich manipuliert oder fantasievoll kreiert – sind ganz besondere Belege zur Geld- und Zeitgeschichte.
Hans-Ludwig Grabowski
Literaturempfehlung:
Hans-Ludwig Grabowski /
Wolfgang Haney (Hrsg.):
"Der Jude nahm uns Silber, Gold und Speck …"
Für politische Zwecke und antisemitische Propaganda genutzte Geldscheine in der Zeit der Weimarer Republik und des Dritten Reichs
Titel: Battenberg Verlag
ISBN: 978-3-86646-122-2
Auflage: 1. Auflage 2015
Format: 17 x 24 cm
Abbildungen: durchgehend farbig
Cover-Typ: Hardcover
Seiten: 280
Preis: 29,90 Euro
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