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AutorenbildMichael H. Schöne

Gutscheine der German Service Organisation (GSO)

Keine andere Notgeld-Epoche in Deutschland hat so viele unterschiedliche Ersatzgelder, Gutscheine u. a. hervorgebracht wie die aus der Zeit der fünf Nachkriegsjahre. Sie sind alle zurückzuführen auf den von Deutschland 1939 ausgegangenen Krieg und die bedingungslose Kapitulation der deutschen Streitkräfte 1945.


Neben den Notgeldscheinen von Gemeinden, Städten und Ländern, von Privaten und Sparkassen, Firmen und Banken sind Militärgeldscheine der Siegermächte und Lagergeldscheine bekannt. Zusätzlich aber auch Kantinenscheine. Selten werden solche beachtet – von Heimatsammlern und Spezialisten jedoch schon. Selten kommen auch die wenigen bekannten Kantinengelder der GSO (German Service Organisation) aus dem Jahr 1950 oder später vor. Was aber war die GSO? Diese Diensteinheit ging am 21. Oktober 1950 aus der German Civil Labour Organisation (GCLO) hervor.


Konrad Adenauer (CDU), erster Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, antwortete auf eine entsprechende Anfrage der SPD im März 1951:


„Die Anfrage beantworte ich namens der Bundesregierung wie folgt: Die GSO (German Service Organisation) ist eine Einrichtung der britischen Besatzungsmacht. Die dort schon seit langem vorhandenen – ohne Beteiligung deutscher Stellen – geschaffenen Dienstgruppen waren bislang unter dem Namen GCLO (German Civil Labour Organisation) zusammengefaßt. Die GSO (früher GCLO) besteht aus Transport-, Arbeits- und Handwerkerabteilungen. Außerdem werden besondere Einheiten für Wachaufgaben gebildet. Die Angehörigen der Dienstgruppen leisten diese Dienste auf Grund der von ihnen freiwillig unterschriebenen Einstellungsbedingungen.

Die besonderen Wacheinheiten der GSO (GSO Wachdienst) sollen sich aus Freiwilligen der GSO zusammensetzen. Da zur Zeit für jeden Bezirk gesonderte Lohnvergütungen festgesetzt sind, richtete die britische Besatzungsmacht an den Bundesminister der Finanzen und den Bundesminister für Arbeit die Bitte, nach Fühlungnahme mit den Gewerkschaften Vorschläge für einheitliche Entlöhnung des GSO-Wachdienstes zu machen.

In einer Besprechung in Wahner-Heide am 8. Dezember 1950 haben die britischen Vertreter auf die von den beteiligten Bundesressorts gestellten Fragen über Charakter und Aufgabenbereich des GSO-Wachdienstes folgende Auskünfte gegeben:

Der GSO-Wachdienst sei eine rein zivile Organisation. Er werde nicht für persönliche Schutzaufgaben, sondern lediglich für die Bewachung wichtiger Objekte in der Britischen Zone, z. B. von Depots, Werkstätten und militärischen Anlagen benötigt. Die Wachleute sollen uniformiert werden und – wenn nötig – im Dienst Waffen tragen.

Der GSO-Wachdienst solle auf eine Stärke von 5.000 bis 10.000 Mann gebracht werden.

Er werde nur ältere Männer umfassen. Das Durchschnittsalter der Angehörigen der bisherigen GCLO betrage 37 Jahre. Die bisherige Altersgrenze von 45 Jahren könne überschritten werden. Es würden Verheiratete und Unverheiratete aufgenommen werden.

Die gesundheitlichen Anforderungen seien nicht sehr scharf. Die Bezahlung solle günstiger sein als in der bisherigen GCLO. ...“


Schon im November 1944 war im legendären Plan „Operation Eclipse“ des SHAEF vorgesehen, wie man nach dem Krieg mit den Angehörigen der deutschen Wehrmacht umgehen sollte. Diese sollten die künftigen Besatzungstruppen in Deutschland unterstützen. Der Plan ging auf die Anregungen des britischen Generalleutnants Sir Frederick E. Morgan aus dem Frühjahr 1943 zurück. Die Briten wollten Arbeitskommandos aus den Kriegsgefangenen bilden – z. B. als Minenräumer.


Schon am 1. Oktober 1945 wurde ein „Labour Service“ von Hamburg aus organisiert, dem u. a. die Aufrechterhaltung von Disziplin und Ordnung sowie die Sicherung des öffentlichen Lebens in der britischen Besatzungszone zukam. Anfang 1946 umfasste dieser Arbeitsdienst etwa 140.000 deutsche Gefangene. Diese als „Surrendered Enemy Personnel“ eingestuften Deutschen mussten sich für einen Diensteintritt in der am 1. August 1947 gebildeten German Civil Labour Organisation oder einer Unterbringung in einem britischen Kriegsgefangenenlager entscheiden. Für die über 1.000 Kriegsgefangenenlager in Großbritannien ließ das War Department einheitliche Lagergeldscheine drucken, die meist mit einem Lagerstempel versehen wurden.



Abb. 1: 2 Shillings/6 Pence, Vs. des Camps Nr. 78 = High Garrett Camp, Braintree, Essex, England.


Abb. 2: 5 Shillings, Vs. des Camps Nr. 124 = Wapley Camp, Yate, Gloucestershire, England.



Die German Service Organisation (GSO) war eine nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffene Organisation, der alle deutschen Zivilangestellten der britischen Besatzungsmacht in Deutschland angehörten. Sie war am 21. Oktober 1950 aus der German Civil Labour Organisation (GCLO) hervorgegangen. Bezahlt wurden die GSO-Angehörigen vom deutschen Staat. Die GSO wurde im Oktober 1950 auf 60.000 Zivilangestellte reduziert. Die Männer trugen anfangs eine dunkelgrüne Uniform – die sog. "Battledress Uniform" aus britischen Beständen – mit dem Zeichen „G. S. O.“ auf dem linken Ärmel. Meist wurden die Leute als Kraftfahrer, Automonteure, Köche oder als Wachpersonal eingesetzt.

Abb. 3: Ärmelabzeichen der GSO-Mannschaften.



Aus den in Westberlin stationierten GSO-Einheiten wurde ab 1. Dezember 1950 die GSO Berlin (Watchmens Service = 248 German Security Unit) ausgegliedert.

Bisherige Recherchen konnten kein Kantinengeld für die GSO-Einheiten in Niedersachsen, Schleswig-Holstein oder Westberlin nachweisen. Lediglich für die GSO-MTU-Kantinen in Nordrhein-Westfalen sind Gutscheine in D-Mark belegt. Die GSO-Transporteinheiten wurden 1957 zu Mobile Civilian Transport Groups (MCTG). Deshalb kann man schlussfolgern, dass die Kantinengelder zwischen 1950 bis 1957 verwendet wurden. Bekannt sind nur wenige Ausgaben: aus Mülheim Nr. 517, Düsseldorf-Reisholz Nr. 526, Bochum Nr. 536 und St. Tönis/Camp Forsthaus Nr. 721 sowie eine einseitig 6-eckig geprägte Wertmarke ohne Orts- und Datumsangabe.


Abb. 4: Kantinengeld 10 (Pfennig) o. O., o. D., Aluminium 23 × 25 mm.



Sind die meisten Scheine einfach gestaltet, so sind die Kantinengelder aus Mülheim schon aufwendiger. Die Serie umfasste fünf Wertstufen, die durch verschiedene Farben unterschieden wurden: 0.10 DM Dunkelgrün, 50 Pfennig Hellrot, 1 DM Dunkelrot, 2 DM Hellgrün sowie 5 DM Blau. Außerdem wurden wurden die einseitig gedruckten Scheine mit zwei Faksimile-Unterschriften versehen.

Zweisprachige Aufdrucke in Stempelform zeigen „517 MTU GSO VERWALTUNG“ und

„517 MTU GSO STAFF SUPERINTENDENT“. In den Ecken wurden Schraubenschlüssel und Lenkräder abgebildet. Bei heute noch vorkommenden Scheinen wurde handschriftlich vermerkt: „ungültig / nur für Sammlerzwecke“.


Abb. 5: Kantinengeld über DM 0.10, Vs., Düsseldorf, 526 MTU-GSO.


Abb. 6: Wertschein über 0,50 DM, Vs., Düsseldorf-Reisholz, Kantinenverwaltung der 526 MTU-GSO.


Abb. 7: Wertheftchen über 10 Marken zu –,50 DM, Kantinengeld über 0,50 DM, St. Tönis/Camp Forsthaus, 721 MTU-GSO; 81 x 62 mm (Inh.: hellgrüne Wertmarken).


Abb. 8/9: Kantinengeld über 0,50 DM, Vs., St. Tönis/Camp Forsthaus, der 721 MTU-GSO; meist 67 x 62 mm, hellgrün mit 4-st. KN – gelblich mit 6-st. KN.


Abb. 10/11: Kantinengeld über 0,05 DM, Vs./Rs., Bochum, der 536 MTU-GSO; 74 x 55 mm,

Vs. mit Stempel und Unterschrift der Verwaltung – Rs. mit Werbung „Dortmunder Ritter-Bier“.


Abb. 12: Kantinengeld über 0.10 DM, Mülheim, 517 MTU-GSO; 120 x 64 mm.


Abb. 13: Kantinengeld über 5 DM, Mülheim, 517 MTU-GSO; 120 x 64 mm.


Möglicherweise gab es auch in anderen westdeutschen Städten solche Kantinengelder; weitere als die vorgestellten wurden bisher jedoch nicht bekannt. GSO-Einheiten waren auch in Braunschweig, Celle, Hohne, Lohne, Minden, Mönchengladbach, Münster, Osnabrück, Paderborn und Werl stationiert. Und vielleicht gab es auch weitere Wertmarken – eventuell unterschiedlich in Metall und Wertstufe ...


Auch Männer aus Polen, Rumänen oder aus der Sowjetunion sowie sog. Staatenlose (meist Balten) arbeiteten in Diensteinheiten ähnlich der GSO; diese bezeichnete man daher auch "Mixed Service Organisation" (MSO).

Die Dienstgrade bei der GSO hatten englische Bezeichnungen und waren durch Ärmelstreifen sichtbar. Die Mannschafts- und Unteroffiziersränge hießen Recruit, Tradesman, Foreman, Head Foreman – die Offiziersränge Assistent Superintendent, Superintendent, Chief Superintendent und Staff Superintendent. Sie alle unterstanden letztlich dem britischen Kommando. Der GSO stand anfangs Major A. K. Steel vor. Seit November 1950 gehörte der ehemalige Bataillons-Kommandeur und Major der Wehrmacht J. H. Gohl zu den ersten Offizieren im Aufbauteam der GSO.


Abb. 14: GSO-Angehörige bei einer Inspektion 1961 durch britische Offiziere,

links: Johannes H. Gohl (GSO Staff Superintendent), Regimentschef Major J. A. Sanders und Brigade-General G. J. Hamilton.



Die verpflichteten GSO-Männer unterstanden der britischen und der bundesdeutschen Gerichtsbarkeit.

Entschieden sich GSO-Angehörige nach Ende ihrer Ausbildung und damit einhergehender Kasernierung ihren Wohnsitz außerhalb der Kaserne zu nehmen, durften sie aber nur im britisch kontrollierten Gebiet Deutschlands bzw. im britischen Sektor wohnen.


Obwohl die GSO offiziell keine paramilitärische Organisation darstellte, wurden jedoch früh klare Weichen für die Schaffung der Bundeswehr und für den Beitritt der Bundesrepublik zur NATO am 6. Mai 1955 gestellt.

Das sahen einige GSO-Männer damals nicht so, wie man aus einem Brief des Zivilangestellten Alfred K. aus Hildesheim stellvertretend herauslesen kann. DER SPIEGEL brachte in seiner Ausgabe 10/1951 den Abdruck des Briefes an die Redaktion:


„Ich befinde mich bei einer GSO-Einheit 518, Stammsitz Braunschweig, Salzdahlumer Straße 140. Bemerken möchte ich noch, daß wir einen Arbeitsvertrag haben, in dem geschrieben steht, daß die GSO eine zivile Arbeitsorganisation ist und keinen militärischen Charakter trägt.

Nun ereignete sich heute folgendes: Unser Zugführer, also ein Angestellter, ließ ein Schreiben am Eingang der Unterkunft anbringen, so daß es auch jede fremde Person, welche nicht zu unserer Gruppe gehörte, lesen konnte: »518. GSO und alle Detachements: Auf Grund allgemeiner unzulänglicher Sauberkeit der Stuben ordne ich für heute, Dienstag, den 20. 2. 51, ein generelles Stuben- und Spindreinigen von 18.30 Uhr bis 19.30 Uhr an.« (Feierabend ist um 17 Uhr!) »Alles nicht im Einsatz befindliche Personal hat an der Reinigung teilzunehmen. Unbegründete Abwesenheit zieht disziplinare Bestrafung nach sich. Stubendurchgang 19.30 Uhr. gez. Runge, Undermanager 1/C, 518 GSO Sub Group D.«

Nun frage ich Dich: ist das eine zivile Arbeitsorganisation? Wie weit kann sich ein Angestellter anmaßen, jemanden disziplinarisch zu bestrafen?“


Bleibt zu hoffen, dass künftige Nachforschungen und Recherchen zum GSO-Kantinengeld erfolgreich sein werden.


Michael H. Schöne


Quellen:

Deutscher Bundestag, 1. Wahlperiode, 1949, Drucksache Nr. 2033, BK 4285/50, Bonn, den 6. März 1951, Anfrage Nr. 148 der Fraktion der SPD an den Präsidenten des Deutschen Bundestages (Nr. 1710 der Drucksachen)

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