Als in der Hyperinflation vor 100 Jahren die deutsche Markwährung zusammenbrach, mussten viele Kommunen nach kreativen Lösungen zur Schaffung von wertbeständigem Anleihekapital oder Notgeld suchen.
Eine aus der Not geborene Finanz-Innovation waren zu dieser Zeit „wertbeständige Anleihen“, in waldreichen Gegenden Holzwert-Anleihen. So brachte die Stadt Hildburghausen im Thüringer Wald Anfang 1924 eine wertbeständige Holzwert-Anleihe in den Umlauf.
Stadt Hildburghausen, Unverzinsliche Holzwert-Anleihe Litera C mit 6% Agio über den Geldwert von ¼ Festmeter Holz = 5,50 Goldmark mit Valutaklausel, ausgestellt in Hildburghausen am 15. Januar 1924.
Der Gemeinderat der Stadt Hildburghausen genehmigte am 14. Dezember 1923 die Begebung einer Holzwertanleihe. Das Thüringische Staatsministerium in Weimar stimmte am 10. Januar 1924 durch Verfügung dieser Anleiheemission zu. Hiernach emittierte Hildburghausen mit Ausgabedatum vom 15. Januar 1924 eine 6%ige Holzwert-Anleihe über 5000 Festmeter Holz über die Geldwerte von
1/10 Festmeter Holz = 2,20 Goldmark (Litera D),
¼ Festmeter Holz = 5,50 Goldmark (Litera C),
1 Festmeter Holz = 22,00 Goldmark (Litera B),
und 5 Festmeter Holz = 110,00 Goldmark (Litera A).
Die Anleihestücke waren über Goldmark abgesicherte Inhaberpapiere (Volumen: 5000 Festmeter Holz = 110.000 Goldmark mit Valutaklausel/ 1 Goldmark = 10/42 Dollar).
Es waren unverzinsliche Schuldverschreibungen mit einem Agio von 6% jährlich, d. h. der Zins wurde kumuliert bei der Endtilgung am 1. Januar 1926 gezahlt. Zinskupons entfielen dadurch. Zahlstellen waren die Städtische Sparkasse, die Kreis-Sparkasse und die Hessische Girozentrale in Hildburghausen.
Diese extrem seltenen Holzwert-Anleihestücke sind im Sammelgebiet der Historischen Wertpapiere bisher unbekannt, sie sind auf diesem Gebiet nicht katalogisiert.
Bei Geldscheinsammlern ist diese Emission im Sammelgebiet „Wertbeständiges Notgeld“ jedoch bekannt und mehrfach katalogisiert worden. Diese Anleihen hatten in der Hyperinflation des Jahres 1923 faktisch den Charakter eines Geldsurrogates. Sie wurden seinerzeit wegen des Fehlens besserer Alternativen als wertbeständiges Notgeld genutzt,
für das es allerdings keinen gesetzlichen Annahmezwang gab.
Hans-Georg Glasemann
Bildquelle: Privat
Informationen: Wilhelmy, Rudolf; Geschichte des deutschen wertbeständigen Notgeldes
von 1923/1924, Dissertation, Berlin, 1962
Literaturempfehlung:
Manfred Müller:
Deutsches Notgeld, Band 12: Das wertbeständige Notgeld der deutschen Inflation 1923/1924
Titel: Gietl Verlag
ISBN: 978-3-86646-519-0
Auflage: 1. Auflage 2011
Format: 14,8 x 21 cm
Abbildungen: zahlreiche Schwarz-Weiß-Abbildungen
Cover-Typ: Broschur
Seitenanzahl: 608
Preis: 39,90 Euro
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